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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde 1. des Dr. W und 2. der C, beide in Innsbruck, vertreten durch Dr. G und Dr. J, Rechtsanwälte in I, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 28. Dezember 1998, Zl. I-8652/1998, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien:
1. D und 2. Dipl. Ing. J, beide in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben je zur Hälfte der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen von zusammen insgesamt S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 27. Oktober 1997 eingelangten Baugesuch vom 14. Oktober 1997 kamen die mitbeteiligten Parteien (in der Folge kurz: Bauwerber) um baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage auf einer Liegenschaft in Innsbruck ein. Die Beschwerdeführer sind nebst zahlreichen anderen Personen Miteigentümer (Wohneigentümer) eines benachbarten Grundstückes. Ein anderes, ebenfalls an die Liegenschaft der Bauwerber angrenzendes Grundstück steht im Eigentum des Nachbarn J.
Mit Erledigung vom 19. März 1998 wurde eine Bauverhandlung für den 8. April 1998 anberaumt, zu welcher auch die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen wurden.
Rechtzeitig vor der Bauverhandlung erhoben verschiedene Nachbarn, darunter auch die Beschwerdeführer, "Einspruch", in dem sie geltend machten, es seien ihres Erachtens nach "ungeklärt bzw. unerfüllt":
1.
"Die Servitutslage des Wege- und Leitungsrechtes",
2.
"Zu hohe Baumassendichte",
3.
"Baumassenermittlung",
4.
"Stimme die Angabe der Bauparzellengröße mit dem Grundbuch nicht überein",
5. "Die Verbauung des sensiblen Hanges in einem ökologisch wertvollen Grüngürtel mit Baumbestand (Schallschutz)", und
6. "Wasserrechtliches Gutachten".
In der Bauverhandlung vom 8. April 1998 erstattete ein Rechtsanwalt namens des Nachbarn J ein ergänzendes Vorbringen. In der Niederschrift heisst es sodann weiters, dass eine Beilage A zum Akt genommen werde und sich sämtliche Anrainer auch dieser Beilage A sinngemäß anschlössen (gemeint wohl: dem darin enthaltenen Vorbringen). In den Akten befindet sich ein Schriftstück vom 2. April 1998 mit der Bezeichnung Beilage A, in dem zusammengefasst vorgebracht wird, es mangle an einem entsprechenden Geh- und Fahrtrecht (über das auch im Miteigentum der Beschwerdeführer stehende Grundstück) und es sei auch der restliche Baumbestand auf der Bauparzelle in seiner Funktion als Schutz- und Grüngürtel weitestgehend zu erhalten.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 27. Oktober 1998 wurde den Bauwerbern die angestrebte Baubewilligung mit verschiedensten Vorschreibungen erteilt. Die Einwendungen der Nachbarn wurden teils zurückgewiesen, teils auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen und teils abgewiesen. In der Begründung verwies die Behörde unter anderem darauf, dass dem Nachbarn aus Vorschriften über die Eignung des Bauplatzes und der Zufahrt oder auch über die Sicherstellung von der Wasserversorgung der Abwasserbeseitigung kein Mitspracherecht erwachse.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer nebst zahlreichen anderen Personen in einem gemeinsamen Schriftsatz vom 8. November 1998 Berufung, in der sie geltend machten, entgegen der Annahme der Behörde I. Instanz bestehe keine rechtlich gesicherte Zufahrt zum Bauplatz, die vorgesehene Abwasserentsorgung (Kanal) beruhe auf unzutreffenden Annahmen und die Baumassendichte sei unrichtig ermittelt worden, wobei die Behörde überdies von einem unzutreffenden höchstzulässigen Wert ausgegangen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzliche Entscheidung "im Rahmen des Berufungsvorbringens" bestätigt.
Zusammenfassend schloss sich die belangte Behörde der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde an und verwies ergänzend eigens darauf, dass den Nachbarn hinsichtlich der Bestimmungen über die Zufahrt zum Baugrundstück kein Mitspracherecht zukomme. Davon abgesehen, sei vorliegendenfalls vom Bestehen eines entsprechenden Geh- und Fahrtrechtes auszugehen. Gleiches treffe auf das in Frage gestellte Kanaldurchleitungsrecht zu, welches mit näher bezeichneten Verträgen auf die jeweiligen Rechtsnachfolger übertragen worden sei. Es daher davon auszugehen, das die zu bebauende Liegenschaft als erschlossen im Sinne des § 4 der Tiroler Bauordnung 1989 (TBO) anzusehen sei.
Hinsichtlich des Einwandes, das Vorhaben überschreite die zulässige Baumassendichte, sei den Berufungswerbern entgegenzuhalten, dass auch diesbezüglich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Nachbarn dann kein Mitspracherecht eingeräumt sei, wenn gleichzeitig das in Rede stehende Objekt abstands- und höhenmäßig fixiert sei. Im Übrigen ergebe sich aus der Stellungnahme des im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren beigezogenen Sachverständigen, dass auch dieses Vorbringen nicht zu einer Versagung der Baubewilligung führen könne (wurde näher ausgeführt).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Bauwerber, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt:
Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u.v.a.).
Gemäß dem § 30 Abs. 4 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, sind derartige subjektiv-öffentliche Rechte als Rechte definiert, die in einer Bestimmung der Tiroler Bauordnung oder einer auf der Grundlage der Tiroler Bauordnung ergangenen Verordnung begründet sind, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dienen. Danach können subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, auf die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.
Den Verfahrensrügen der Beschwerdeführer ist zunächst entgegenzuhalten, dass ihre prozessualen Rechte als Nachbarn nicht weiter reichen als die ihnen durch das Gesetz gewährleistete Sphäre materieller Rechte (siehe dazu beispielsweise die in Hauer, Tiroler Baurecht2 in E 51 zu § 30 TBO wiedergegebene Judikatur, oder auch das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0115). Insbesondere wurden sie - jedenfalls vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles - nicht (schon) dadurch (allein) in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt, dass ihrer Auffassung nach nicht ausreichend klar ersichtlich sei, welche Einwendungen zurückgewiesen, welche abgewiesen und welche allenfalls auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen worden wären. Ebenso wenig wurden sie dadurch in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, dass die Behörden des Verwaltungsverfahrens allenfalls zu Unrecht Einwendungen abgewiesen statt zurückgewiesen hätten. Das gilt gleichermaßen für das weitere Vorbringen, die belangte Behörde sei der ihr gemäß § 115 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 obliegenden Begründungspflicht nicht gehörig nachgekommen, zumal die Bestimmungen des § 115 Abs. 1 und 2 leg. cit. den Nachbarn keine subjektiv-öffentliche Nachbarrechte vermitteln, wie im hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 97/06/0202, dargelegt wurde.
Die Beschwerdeführer haben den erstinstanzlichen Bescheid unter drei Gesichtspunkten bekämpft: Das von der Behörde I. Instanz angenommene Geh- und Fahrtrecht (zur Erschließung der zu bebauenden Liegenschaft) sei nicht gegeben, die Abwasserentsorgung sei nicht gesichert und schließlich sei die Baumasse unrichtig ermittelt bzw. es sei von einer unzutreffenden Baumassedichte ausgegangen worden.
Dem ist zu entgegnen, dass Bestimmungen über das Erfordernis einer rechtlich gesicherten Zufahrt kein Mitspracherecht des Nachbarn begründen, was auch für die Abwasserbeseitigung gilt, worauf die Behörden des Verwaltungsverfahrens zutreffend verwiesen haben (siehe dazu die in Hauer, aaO, in E 14 und 16 zu § 4 TBO wiedergegebene Judikatur).
Zutreffend hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass der Nachbar nach der TBO auf die Einhaltung der Geschossflächendichte keinen Rechtsanspruch besitzt, es sei denn, es wird mittels der Bebauungsdichte ein Abstand oder die Gebäudehöhe bestimmt (siehe dazu die in Hauer, aaO, in E 59 und 69 zu § 30 TBO wiedergegebene hg. Judikatur). Der Beschwerdefall gibt keinen Anlass, davon abzugehen und es zeigen die Beschwerdeführer insbesondere nicht auf, dass ihnen hier im Sinne dieser Judikatur ein diesbezügliches Mitspracherecht zukäme.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Oktober 1999
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999060019.X00Im RIS seit
02.07.2001