Entscheidungsdatum
07.09.2018Norm
FSG 1997 §26 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Kammerhofer als Einzelrichter über die Beschwerde des A gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 08.08.2017, Zl. ***, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und begleitende Maßnahmen nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 21.07.2017, Zl. ***, entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer aufgrund des Vorfalls vom 10.07.2017 seine Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen AM, AM, A, B, C1, C, F auf die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides. Gleichzeitig wurde eine Nachschulung und die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung angeordnet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 10.07.2017 um 23:36 Uhr einen näher bezeichneten PKW auf der *** im Gemeindegebiet von ***, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Seine Alkoholisierung sei auf Grund des positiv verlaufenen Alkotests mittels Alkomat, der einen Atemluftalkoholwert von 0,69 mg/l ergeben habe, erwiesen.
Der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.08.2017 nicht Folge gegeben, die Entziehungsdauer in vollem Umfang bestätigt und die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass im Zuge der Amtshandlung vom 10.07.2017 zahlreiche Ungereimtheiten aufgetreten und auch im Rahmen der Anzeigenlegung Umstände festgehalten worden seien, die nicht den Tatsachen entsprechen würden. Bereits im Rahmen der Vorstellung sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Alkoholkonsum im Sinne eines Nachtrunks vor den Augen der einschreitenden amtshandelnden Polizeibeamten erfolgt sei, nachdem diese verneint hätten, dass ein Alkotest notwendig oder gewünscht sei und sogar kundgetan hätten, dass die Amtshandlung beendet wäre. Der Beschwerdeführer habe das Fahrzeug keinesfalls in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, zumal er auf dem zuvor besuchten Konzert von *** lediglich ein Bier (0,5l) konsumiert habe, dies den Polizeibeamten auch in dieser Form angab und zum Beweis dafür sogar noch über die entsprechende Rechnung aus dem *** verfügt habe.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte eine öffentliche mündliche Verhandlung durch in der Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, das von der Landespolizeidirektion Wien vorgelegte Straferkenntnis vom 30.05.2018 samt der Information über die Nichterhebung eines Rechtsmittels sowie das Vorbringen des Beschwerdeführers.
4. Feststellungen:
Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 30.05.2018, Zl. ***, wurde über den Beschwerdeführer aufgrund des Vorfalls vom 10.07.2017 wegen Übertretung der §§ 5 Abs. 1 und 99 Abs. 1a StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 1.200 Euro zuzüglich Kostenbeitrag verhängt. Laut Tatvorwurf hat er am 10.07.2017 um 23:36 Uhr in ***, *** ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, da der Alkoholgehalt der Atemluft 0,69 mg/l betrug. Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zugestellt und kein Rechtsmittel dagegen erhoben.
5. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und das von der LPD Wien vorgelegte Straferkenntnis vom 30.05.2018 samt der Information über die Nichterhebung eines Rechtsmittels.
6. Rechtslage:
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7 FSG).
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.
Gemäß Abs. 3 Z 1 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen (Z 1) oder die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen (Z 2).
Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960 (Z 3).
Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.
Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 Z 4 FSG auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.
Gemäß § 99 Abs. 1a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.200 Euro bis 4.400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l
(1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.
7. Erwägungen:
Zum Vorliegen einer „bestimmten Tatsache“ iSd § 7 FSG:
Unabdingbare Voraussetzung für die Verneinung der Verkehrszuverlässigkeit (und der Zulässigkeit einer darauf gründenden Entziehung der Lenkberechtigung) ist, wie der Wortlaut des § 7 Abs. 1 FSG unmissverständlich zum Ausdruck bringt, das Vorliegen zumindest einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG (vgl. VwGH 23.11.2011, 2009/11/0263).
Durch eine rechtskräftige Entscheidung der Strafbehörde wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 steht für die Entziehungsbehörde (und damit auch für das Verwaltungsgericht) bindend fest, dass der Bestrafte eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen hat, dass er also ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, da der Alkoholgehalt der Atemluft 0,69 mg/l betrug (vgl. VwGH 21.04.2016, Ra 2016/11/0039).
Aufgrund des rechtskräftigen Straferkenntnisses der LPD Wien vom 30.05.2018 hat das Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 10.07.2017 eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen und auch zu verantworten hat; es liegt somit eine „bestimmte Tatsache“ iSd § 7 Abs. 3 Z 1 FSG vor. Aufgrund des rechtskräftigen Straferkenntnisses erübrigte sich auch eine Auseinandersetzung mit den aufgestellten Nachtrunkbehauptungen des Beschwerdeführers.
Zur Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose und den begleitenden Maßnahmen:
Da dem Beschwerdeführer eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 zur Last fällt, ist ihm seine Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 Z 4 FSG auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stehen die in § 26 Abs. 1 und 2 FSG normierten Mindestentziehungszeiten dem Ausspruch einer Entziehung für einen längeren Zeitraum dann nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen. Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber selbst in § 26 Abs. 2 FSG für die wiederholte Begehung von Alkoholdelikten Mindestentziehungszeiten vorgegeben hat, die auch für die Prognose der Dauer der Verkehrszuverlässigkeit im Falle der erstmaligen Begehung von Bedeutung sind (vgl. VwGH 20.02.2013, 2012/11/0005, und die dort wiedergegebene Vorjudikatur).
Derartige Umstände lagen nach Ansicht der belangten Behörde nicht vor, da mit der Mindestentzugsdauer vorgegangen wurde.
Auch aus Sicht des Verwaltungsgerichtes liegen keine Umstände vor, die eine längere Bemessung als die Mindestentzugsdauer erforderlich machen würden.
Die belangte Behörde war – infolge einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 – aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 24 Abs. 3 zweiter und FSG zur Anordnung einer Nachschulung verpflichtet. Auch die Anordnung der Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme findet im Führerscheingesetz Deckung (§ 24 Abs. 3 FSG), weshalb der angefochtene Bescheid diesbezüglich nicht zu beanstanden ist.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich auf den eindeutigen und klaren Normenwortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen zB VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095) und nur Fragen der Beweiswürdigung vorliegen, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht berufen ist (vgl. allgemein zur Beweiswürdigung zB VwGH 28.06.2017, Ra 2017/02/0038). Die Prognose der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung erfolgte in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundätze und ist somit als einzelfallbezogene Beurteilung ebenfalls nicht revisibel (vgl. zB VwGH 10.05.2017, Ra 2017/11/0042).
Schlagworte
Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Lenkberechtigung; Entziehung; Bindungswirkung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1169.002.2017Zuletzt aktualisiert am
24.10.2018