Entscheidungsdatum
21.09.2018Norm
BAO §279Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des A vom 25. April 2018 gegen den Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 4. April 2018, ohne Zahl, mit welchem eine Berufung vom 15. Oktober 2017 gegen einen Bescheid des Verbandsobmannes vom 3. Oktober 2017 als unbegründet abgewiesen wurde, zu Recht:
1. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Abs. 2 Z. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Schreiben vom 24. Dezember 2016 stellte Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) beim Gemeindeverband für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** den Antrag, als Eigentümer des Grundstückes in ***, ***, von der Pflicht zur Verwendung von Müllbehältern gemäß § 11 Abs. 7 NÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1992 ab 1.1.2017 ausgenommen zu werden.
Mit Bescheid vom 3. Oktober 2017 wurde dieser Antrag vom Obmann des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Bereits mit Antrag vom 2. November 2015 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausnahme von der Verwendung von Müllbehältern angesucht, welcher mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 29. Juni 2016, LVwG-AV-539/001-2016, abgewiesen und rechtskräftig erledigt worden sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers enthalte dazu nichts Neues, weshalb eine entschiedene Sache vorliege.
Dagegen richtete sich die Berufung des Beschwerdeführers vom 15. Oktober 2017, in welcher das Vorliegen einer entschiedenen Sache umfangreich bestritten und die Aufhebung des Zurückweisungsbescheides beantragt wurde.
Diese Berufung wurde vom Verbandsvorstand des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** in seiner Sitzung vom 4. April 2018 behandelt. Im Sitzungsprotokoll wurde dazu unter Tagesordnungspunkt 6. Folgendes festgehalten:
„B berichtet von der Berufung durch Hrn. A, ***, *** gegen den Bescheid des Obmanns vom 3.10.2017.
Beschluss: Der Vorstand beschließt einstimmig, die durch Hrn. A eingebrachte Berufung als unbegründet abzuweisen.“
Aufgrund dieses Beschlusses wurde der nunmehr angefochtene Bescheid vom 4. April 2018, ohne Zahl, ausgefertigt. Die Berufung wurde als unbegründet abgewiesen.
Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält eine umfangreiche Darstellung des Antragsvorbringens, des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes sowie der maßgeblichen Rechtsgrundlagen. In der rechtlichen Würdigung wird über zweieinhalb Seiten unter Bezugnahme auf angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausführlich dargelegt, dass sich im Verhältnis zur Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes vom 29. Juni 2016 am maßgeblichen Sachverhalt nichts geändert habe, weshalb von derselben bereits entschiedenen Sache auszugehen sei.
Gegen diesen Bescheid vom 4. April 2018 richtet sich die nunmehrige Beschwerde vom 25. April 2018 an das Landesverwaltungsgericht.
Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Landesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 25. Juli 2018 zur Entscheidung vorgelegt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Wie oben unter 1. zum Sitzungsprotokoll des Verbandsvorstandes vom 4. April 2018 dargestellt, hat das Landesverwaltungsgericht bei der Prüfung der von der Abgabenbehörde vorgelegten Aktenunterlagen festgestellt, dass in dem Protokoll zu dieser Sitzung (TOP 6), in welcher die Berufung des Beschwerdeführers behandelt wurde, kein Beschluss über die erforderliche Begründung der Entscheidung aufscheint bzw. die in der Bescheidausfertigung enthaltene Begründung nicht mit diesem Beschluss übereinstimmt.
Aus dem Protokoll ist zwar ersichtlich, dass der Verbandsvorstand beschlossen hat, die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Jedoch kann die in der Bescheidausfertigung umfangreich ausgeführte Begründung dem Sitzungsprotokoll nicht einmal ansatzweise oder zumindest in Grundzügen entnommen werden. Über die Begründung der Entscheidung sagt das Sitzungsprotokoll nichts aus bzw. ist die in der Bescheidausfertigung ausgeführte umfangreiche Begründung im Sitzungsprotokoll nicht enthalten. Es kann dem Sitzungsprotokoll auch nicht entnommen werden, dass dieser Sitzung des Verbandsvorstandes ein Erledigungsentwurf vorgelegen wäre bzw. dass der Verbandsvorstand auch eine Begründung für seine Entscheidung beschlossen hätte.
Aus dem Protokoll ist nur ersichtlich, dass der Verbandsvorstand beschlossen hat, die Berufung abzuweisen. Gegenstand der Abstimmung war also nur diese Frage, über die Begründung der Entscheidung sagt das Sitzungsprotokoll nichts aus.
Es wäre jedoch nach Maßgabe des Gesetzes zwingend erforderlich gewesen, dass der Verbandsvorstand seine Entscheidung auch entsprechend zu begründen und die maßgebliche Begründung in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen gehabt hätte, zumal der angefochtene Berufungsbescheid vom 4. April 2018, dem dieser Beschluss zugrunde liegt, sehr wohl eine umfangreiche Begründung enthält, welche sich im Sitzungsprotokoll jedoch nicht wiederfindet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwSlg. 11.366 A/1984, sowie VwGH vom 30. April 1985, Zl. 81/05/0090, sowie VwGH vom 19. März 1991, Zl. 86/05/0139, sowie VwGH vom 27. August 1996, Zl. 95/05/0186, sowie VwGH vom 17. Mai 2004, Zl. 2003/06/0149) hat Gegenstand der Beschlussfassung eines Kollegialorganes, wie es der Verbandsvorstand des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** ist, sowohl der Spruch der Entscheidung als auch die Begründung, zumindest in ihren Grundzügen, zu sein. Entspricht der Spruch und die Begründung eines Bescheides des Kollegialorganes nicht der vorangegangenen Beschlussfassung des Kollegialorganes, dann ist dies eine der Unzuständigkeit gleichkommende Rechtswidrigkeit, weil diesem Bescheid, welcher nach seinem Erscheinungsbild intendiert, dem Kollegialorgan zugerechnet zu werden, kein entsprechender Beschluss dieses Organs zugrunde liegt; ein solcher Bescheid ist in diesem Fall also so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre (vgl. u.a. VwGH vom 12. Juni 1991, Zl. 90/13/0028, sowie VwGH vom 17. September 1991, Zl. 91/05/0068, sowie VwGH vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/04/0188, sowie VwGH vom 8. März 1994, Zl. 93/08/0273, sowie VwGH vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0083, sowie VwGH vom 29. Mai 1996, Zl. 93/13/0008).
Der in Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses ergangene Bescheid vom 4. April 2018, der eine eingehende Begründung enthält, entspricht nicht dem Beschluss des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** vom 4. April 2018, der die in der Bescheidausfertigung ausgeführte Begründung nicht enthält, sodass der angefochtene Bescheid durch den im Sitzungsprotokoll dokumentierten Beschluss des Kollegialorganes nicht gedeckt und somit rechtswidrig ist.
Da im gegenständlichen Fall die rechtliche Begründung somit lediglich dem Ausfertiger des Berufungsbescheides überlassen worden ist, war der angefochtene Bescheid des Verbandsvorstandes des Gemeindeverbandes für Aufgaben des Umweltschutzes im Bezirk *** wegen Unzuständigkeit als rechtswidrig aufzuheben (vgl. u.a. VwGH vom 23. November 1976, Zlen. 2086, 2087/76, sowie VwGH vom 15. Februar 1977, Zl. 2266/76, sowie VwGH vom 30. April 1985, Zl. 81/05/0090), wobei Verletzungen von Rechten des Beschwerdeführers betreffend die Entscheidung durch eine unzuständige Behörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH vom 20. März 1984, Zl. 83/05/0137) selbst dann wahrzunehmen sind, wenn sie nicht geltend gemacht wurden.
Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde erweist sich bereits aus diesem Grund infolge Unzuständigkeit als rechtswidrig. Der Beschwerde war daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben, ohne auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Sache näher einzugehen.
3.2. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:
Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs.2 Z. 1 VwGVG unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und es steht bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
3.3. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Verfahrensrecht; Kollegialorgan; Beschlussdeckung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.793.001.2018Zuletzt aktualisiert am
25.10.2018