TE Bvwg Beschluss 2018/8/24 W199 2138025-2

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Veröffentlicht am 24.08.2018
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Entscheidungsdatum

24.08.2018

Norm

AVG §21
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §48
B-VG Art.130 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3
VwGVG §31 Abs1
ZustG §2 Z1
ZustG §5
ZustG §7
ZustG §9

Spruch

W 199 2138025-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael SCHADEN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.04.2018, Zl. 1094883506-151757935, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 12.11.2015 den Antrag, ihm internationalen Schutz zu gewähren.

1.2. Mit Bescheid vom 4.10.2016, 1094883506-151757935, wies das Bundesamt den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005, Art. 2 BG BGBl. I 100 (in der Folge: AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erkannte es dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II), gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilte es ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 4.10.2017 (Spruchpunkt III).

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 7.10.2016 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt.

1.3. Gegen Spruchpunkt I dieses Bescheides richtete sich eine Beschwerde vom 20.10.2016, der eine Vollmacht des Beschwerdeführers für "die juristischen Personen Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH [...] und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH [...] als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe" beigelegt war. Die Beschwerde wurde namens des Beschwerdeführers von der Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH (in der Folge: Diakonie) eingebracht.

Am 22.11.2016 brachte der Beschwerdeführer eine als Beschwerde bezeichnete Beschwerdeergänzung ein, der eine Vollmacht für den XXXX (in der Folge: Verein) und für dessen Obmann, einen Rechtsanwalt, beigelegt war. Dieser Rechtsanwalt brachte die Beschwerdeergänzung namens des Beschwerdeführers beim Bundesamt ein, und zwar offenbar deshalb, weil ihm nicht bekannt war, dass bereits Beschwerde erhoben worden war und er die Beschwerdeergänzung für eine Beschwerde hielt. Beim Bundesamt brachte der Beschwerdeführer, vertreten durch den Verein, am 3.10.2017 auch einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter ein.

1.4. Mit Beschluss vom 24.1.2018, W 199 2138025-1/15E, behob das Bundesverwaltungsgericht in Erledigung der Beschwerde vom 20.10.2016 Spruchpunkt I des Bescheides vom 4.10.2016 gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, Art. 1 BG BGBl. I 33/2013 (in der Folge: VwGVG), verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurück und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

Dieser Beschluss wurde dem Beschwerdeführer zu Handen des Vereins am 26.1.2018 zugestellt. Eine Kopie des Zustellnachweises übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Bundesamt, sie findet sich im vorgelegten Akt.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab. Ob diese mit "Bescheid" überschriebene Erledigung wirksam erlassen und daher tatsächlich ein Bescheid ist, dies ist Gegenstand dieses Verfahrens. (Soweit daher im Folgenden - der Einfachheit halber - von einem Bescheid die Rede ist, wird damit vorläufig keine Aussage über den Bescheidcharakter getroffen.) Am vorangegangenen Verfahren hatte das Bundesamt weder den Rechtsanwalt noch den Verein beteiligt, denen der Beschwerdeführer Vollmacht erteilt hatte, noch auch die Diakonie.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 27.4.2018 durch Hinterlegung beim Postamt an seiner Privatadresse zugestellt.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerechte Beschwerde vom 18.5.2018, der wieder eine Vollmacht des Beschwerdeführers für "die juristischen Personen Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH [...] und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH [...] als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe" beigelegt ist. Die Beschwerde wendet sich gegen "Spruchpunkt I" und spricht auch in den förmlichen Anträgen von "Spruchpunkt I"; das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass damit der einzige Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides gemeint ist, zumal da er auch dort mit der Ziffer "I." versehen ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten Sachverhalt aus.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (in der Folge: BFA-VG; Art. 2 Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz BGBl. I 87/2012) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

3.1.2. Das vorliegende Verfahren war am 31.12.2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen.

3.2. Gemäß § 1 VwGVG idF BG BGBl. I 122/2013 ist das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits kundgemacht waren, unberührt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG - wie die vorliegende - das AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teiles, die Bestimmungen weiterer, hier nicht relevanter Verfahrensgesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, welche die Verwaltungsbehörde in jenem Verfahren angewandt hat oder anzuwenden gehabt hätte, das dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangen ist. Dementsprechend sind im Verfahren über die vorliegende Beschwerde Vorschriften des AsylG 2005 und des BFA-VG anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - und somit auch das Bundesverwaltungsgericht - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Verwaltungsbehörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde "unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens" widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Verwaltungsbehörde ist dabei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von der das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl. I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine andere als die Zuständigkeit des Einzelrichters ist für die vorliegende Rechtssache nicht vorgesehen, daher ist der Einzelrichter zuständig.

Zu A)

1.1. Gemäß § 21 AVG sind Zustellungen nach dem Bundesgesetz über die Zustellung behördlicher Dokumente BGBl. 200/1982 (Zustellgesetz; in der Folge: ZustG) vorzunehmen.

§ 7 ZustG steht unter der Überschrift "Heilung von Zustellmängeln" und lautet:

"Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist."

Diese Gestalt erhielt § 7 ZustG durch Art. 4 Z 8 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007 BGBl. I 5/2008; dadurch wurde Abs. 2 des § 7 ZustG aufgehoben und der bisherige Abs. 1 wurde zum einzigen Absatz. Er hatte seine Gestalt durch Art. 3 Z 2 BG BGBl. I 10/2004 erhalten und war gemäß § 40 Abs. 4 ZustG idF des Art. 3 Z 12 BG BGBl. I 10/2004 am 1.3.2004 in Kraft getreten. (Die Änderung des § 7 ZustG durch Art. 4 Z 8 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007 trat gemäß § 40 Abs. 5 ZustG idF des Art. 4 Z 51 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007 am 1.1.2008 in Kraft.)

§ 9 ZustG steht unter der Überschrift "Zustellungsbevollmächtigter" und lautet auszugsweise:

"(1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) ...

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."

Diese Gestalt erhielt § 9 Abs. 1 und 3 ZustG durch Art. 4 Z 10 und 12 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007; dadurch wurde Abs. 1 des § 9 ZustG neu gefasst und der zweite Satz in Abs. 3 eingefügt. Die Änderung trat gemäß § 40 Abs. 5 ZustG idF des Art. 4 Z 51 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007 am 1.1.2008 in Kraft. § 9 Abs. 3 erster Satz ZustG hatte diese Fassung durch Art. 3 Z 4 BG BGBl. I 10/2004 erhalten und war gemäß § 40 Abs. 4 ZustG idF des Art. 3 Z 12 BG BGBl. I 10/2004 am 1.3.2004 in Kraft getreten.

1.2. Gemäß § 5 ZustG ist die "Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten." (Fassung gemäß Art. 4 Z 7 des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007). "Empfänger" ist "die von der

Behörde in der Zustellverfügung ... namentlich als solcher

bezeichnete Person" (§ 2 Z 1 ZustG; Fassung nach Art. 10 Z 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 BGBl. I 33). Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Nach § 9 Abs. 3 ZustG hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Diese Heilungsvorschrift entspricht § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustG in der Stammfassung, wie sie bis zum Inkrafttreten des BG BGBl. I 10/2004 galt. Diese Bestimmung sieht somit - ausnahmsweise - die Heilung auch eines Mangels der Zustellverfügung vor.

2.1. Vertreter des Beschwerdeführers waren seit der Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 4.10.2016 die beiden in der Vollmacht genannten juristischen Personen (vgl. § 48 Abs. 6 BFA-VG) bzw. die aus ihnen bestehende Arbeitsgemeinschaft. Dies war dem Bundesamt bekannt, da die Beschwerde bei ihm eingebracht wurde. Seit der Beschwerdeführer am 22.11.2016 eine Beschwerdeergänzung eingebracht hatte, waren Vertreter der Verein und der dort genannte Rechtsanwalt. Auch dies war dem Bundesamt bekannt, weil die Beschwerdeergänzung bei ihm eingebracht wurde, ebenso am 3.10.2017 der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter. Ob danach die Vollmacht für die zuvor genannten juristischen Personen bzw. die aus ihnen bestehende Arbeitsgemeinschaft weiterhin bestand, kann hier dahingestellt bleiben, da das Bundesamt sie nicht als Vertreter behandelte.

Dementsprechend stellte das Bundesverwaltungsgericht seinen Beschluss vom 24.1.2018 einem der beiden in der Beschwerdeergänzung vom 22.11.2016 genannten Vertreter zu. Dies kommt zwar im Spruch dieses Beschlusses nicht zum Ausdruck, war aber dem Bundesamt bekannt, weil ihm die Zustellung zu Handen dieses Vertreters vom Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt worden war.

Das Bundesamt hatte also keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die Vollmacht für den Verein und den genannten Anwalt auch während des fortgesetzten Verfahrens weiterhin aufrecht war.

Zum Zeitpunkt, als der nunmehr angefochtene Bescheid zugestellt wurde, waren daher jedenfalls die beiden genannten Personen, nämlich der Verein und der Rechtsanwalt, gewillkürte Vertreter des Beschwerdeführers. Nur an sie und nicht an den Beschwerdeführer selbst konnte der angefochtene Bescheid daher wirksam zugestellt werden. (Ob er auch an die oben genannten juristischen Personen bzw. die aus ihnen bestehende Arbeitsgemeinschaft hätte zugestellt werden dürfen, kann, wie ausgeführt, dahingestellt bleiben.)

2.2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann sich eine Berufung nur gegen einen Bescheid richten. Damit ein Bescheid rechtlich zustandekommt, muss er erlassen werden. Erlassen wird ein schriftlicher Bescheid durch rechtswirksame Zustellung oder durch Ausfolgung (§ 24 ZustG; vgl. zB VwGH 18.5.1994, 93/09/0115; 12.11.1998, 95/18/0495; vgl. auch VwGH 4.7.1989, 88/05/0225). Ist der erstinstanzliche Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der Berufungsbehörde verwehrt, meritorisch über die Berufung abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (vgl. die Nachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I² [1998] E13, 18 zu § 63 AVG; VwGH 11.11.2009, 2008/23/0764; zuletzt 11.12.2013, 2012/08/0314). Nichts anderes kann im Verhältnis der Verwaltungsgerichte zu Bescheiden der Verwaltungsbehörden gelten:

Auch ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, die Beschwerde wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen. (Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.)

Das Bundesamt hat seine Zustellverfügung (iSd § 5 ZustG) in der Form getroffen, dass es den Beschwerdeführer als Empfänger nannte. Aus der Darstellung oben ergibt sich aber, dass der Bescheid einem der gewillkürten Vertreter des Beschwerdeführers zuzustellen gewesen wäre.

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der angefochtene Bescheid einem dieser gewillkürten Vertreter des Beschwerdeführers zugekommen und der Zustellmangel somit geheilt wäre.

2.2.2. Die Beschwerde richtet sich, da der Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden ist, gegen eine Erledigung, die kein tauglicher Anfechtungsgegenstand für eine Beschwerde ist.

Daher ist sie als unzulässig zurückzuweisen.

3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Das Bundesverwaltungsgericht merkt an, dass im angefochtenen Bescheid (auf S 53) der Irak als Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bezeichnet wird, dies trifft jedoch nicht zu. Ebenso heißt es dort (auch auf S 53), der Beschwerdeführer sei "aufgrund der Zuerkennung des internationalen Schutzes" verpflichtet, eine näher bezeichnete Handlung zu setzen; dem Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht internationaler Schutz zuerkannt (weder Asyl noch subsidiärer Schutz; dies Letztere war bereits mit dem Bescheid vom 4.10.2016 geschehen). Demgegenüber finden sich im vorgelegten Akt Teile, die von einer Ausreiseverpflichtung des Beschwerdeführers ausgehen (AS

357 - 364, 369 - 373), obwohl ihm subsidiärer Schutz zukommt, und

solche, die von einer Rechtskraft des angefochtenen Bescheides ausgehen (AS 377), obwohl die Rechtsmittelfrist aus Sicht des Bundesamtes offen gewesen sein muss, da es ja vom wirksamen Zustandekommen eines Bescheides ausging.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG." Zur Auslegung der Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass dafür "folgende Kriterien beachtlich sind: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen." (VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017)

Eine mündliche Verhandlung konnte daher unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Der Beschwerdeführer hat bei seiner Befragung angegeben, er habe gute Sprachkenntnisse des Arabischen und des Kurdischen, beherrsche aber nur Arabisch in Wort und Schrift. Daher wird dem Spruch und der Rechtsmittelbelehrung eine Übersetzung ins Arabische beigegeben, obwohl der Beschwerdeführer Kurde ist.

Schlagworte

Bescheiderlassung, Empfänger, Heilung, Nichtbescheid, rechtswirksame
Zustellung, Vollmacht, Zeitpunkt, Zurückweisung, Zuständigkeit,
Zustellbevollmächtigter, Zustellmangel, Zustellung, Zustellung durch
Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W199.2138025.2.00

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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