TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/3 99/06/0002

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Veröffentlicht am 03.11.1999
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Index

L81705 Baulärm Salzburg;
L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;

Norm

BauPolG Slbg 1973 §16 Abs3;
BauPolG Slbg 1973 §2 Abs1 lita;
BauRallg;
LandbauO Slbg 1952 §1 Abs1;
LandbauO Slbg 1968 §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde 1. des F und

2. der M, beide in Salzburg, beide vertreten durch Dr. G und Dr. H, Rechtsanwaltsgemeinschaft M OEG in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 4. Dezember 1995, Zl. 1/02-35.015/2-1995, betreffend einen Beseitigungsauftrag gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Elsbethen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles kann auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/06/0231 (betreffend eine Ausnahmebewilligung gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977), verwiesen werden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 12. Februar 1994 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes (BauPolG) die Beseitigung des auf ihrem Grundstück errichteten Wochenendhauses bis spätestens 30. September 1994 aufgetragen. Dieser Bescheid wurde den Beschwerdeführern am 15. Februar 1994 zugestellt.

Begründend wurde ausgeführt, dass dem von den Beschwerdeführern gestellten Einzelbewilligungsansuchen gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 sowohl von der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde als auch von der Aufsichtsbehörde nicht stattgegeben worden sei. Im Übrigen wurde auf die Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 4. Oktober 1993, mit der die Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den die Ausnahme gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 versagenden Bescheid abgewiesen wurde, verwiesen (Anmerkung: das ist der im Beschwerdeverfahren Zl. 98/06/0231 angefochtene Bescheid).

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Mai 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters abgewiesen und die Demolierungsfrist mit 31. Dezember 1995 neu festgesetzt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachten die Beschwerdeführer nach einer ausführlichen Darstellung des bisherigen Verwaltungsverfahrens vor, dass der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mündlich die Baubewilligung zu dem verfahrensgegenständlichen Wochenendhaus der Beschwerdeführer erteilt habe. Weiters sei gemäß der (nicht näher angeführten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einer "vermuteten Baubewilligung" auszugehen, weil das verfahrensgegenständliche Objekt bereits seit 1967 bestehe, auch schon die erforderlichen wasserrechtlichen und abwasserrechtlichen Bewilligungen vorlägen und das Objekt ordnungsgemäß aufgeschlossen sei.

Das Objekt sei außerdem auch gemäß den Bestimmungen des "Amnestie-Erlasses" der Salzburger Landesregierung vom 11. Dezember 1984 als bewilligt anzusehen.

Da der baubehördliche Konsens zur Errichtung des verfahrensgegenständlichen Objektes als erteilt anzusehen sei, sei die erste Tatbestandsvoraussetzung gemäß § 16 Abs. 3 BauPolG nicht gegeben, weil es nicht zutreffe, dass das Wochenendhaus der Beschwerdeführer ohne Bewilligung ausgeführt worden sei.

Weiters sprachen sich die Beschwerdeführer gegen die als zu kurz bemessene Demolierungsfrist aus, weil das Wochenendhaus bereits seit 1967 bestehe, mit mündlicher Zustimmung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde errichtet worden sei, die mitbeteiligte Gemeinde diesen Zustand jahrelang geduldet habe und die Beschwerdeführer bereits fortgeschrittenen Alters und in schlechter gesundheitlicher Verfassung seien.

Überdies enthalte weder der erstinstanzliche noch der Berufungsbescheid eine ordentliche Begründung. Auch habe sich die Berufungsbehörde nicht mit den Vorbringen der Beschwerdeführer auseinander gesetzt.

Die Beschwerdeführer verneinten auch die Bewilligungspflichtigkeit des Wochenendhauses, da es sich um einen ehemaligen Getreidekasten, also um eine bewegliche Sache handle, für deren Aufstellung keine besonderen technischen Kenntnisse erforderlich seien.

Schließlich verlangten die Beschwerdeführer die Prüfung der Frage, ob ihnen die raumordnungsrechtliche Einzelbewilligung gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 zu Recht versagt worden sei.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, der anzuwendenden Rechtslage und des Vorstellungsvorbringens der Beschwerdeführer aus, dass ein Objekt als konsenslos anzusehen sei, wenn sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt des Beseitigungsauftrages seine Errichtung bewilligungspflichtig gewesen sei.

Sodann qualifizierte die belangte Behörde das Aufstellen eines Getreidekastens als in diesem Sinne bewilligungspflichtig und verwies darauf, dass eine allfällig mündlich erteilte "Zustimmung" zu einer baulichen Maßnahme noch keine Baubewilligung darstelle und bereits in der Gemeindeordnung 1956, LGBl. Nr. 54, bestimmt worden sei, dass Bescheide der Gemeinde stets schriftlich zu erlassen seien.

Außerdem sei auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Zeitraum von 30 bis 40 Jahren jedenfalls zu kurz, um die Vermutung zu rechtfertigen, ein Bau sei trotz des Fehlens einer schriftlichen Baubewilligung baubehördlich bewilligt worden. Ebenso wenig könne aus der Duldung des Bestandes durch die Behörden der mitbeteiligten Gemeinde ein rechtmäßiger Bestand abgeleitet werden.

Wie bereits die Berufungsbehörde zutreffend ausgesprochen habe, sei die Rechtmäßigkeit des Einzelbewilligungsverfahrens nicht Gegenstand des Beseitigungsverfahrens, weshalb auf das diesbezügliche Vorbringen nicht näher einzugehen sei.

Abschließend qualifizierte die belangte Behörde die Festlegung der Demolierungsfrist mit 6 Monaten als angemessen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 29. September 1998, B 200/96, ablehnte und sie antragsgemäß gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetrat. In ihrer bereits für den Fall der Abtretung ausgeführten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes (BauPolG), LGBl. Nr. 117/1973, in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 100/1992 lautet:

"Ist eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ist ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden, so hat die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Wird ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung gestellt, darf eine Vollstreckung des Beseitigungsauftrages nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Bei Versagung der nachträglichen Bewilligung beginnt die Frist zur Beseitigung ab Rechtskraft des Versagungsbescheides neu zu laufen."

Ein Objekt ist als konsenslos anzusehen, wenn sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt des Beseitigungsauftrages seine Errichtung bewilligungspflichtig war und eine entsprechende Baubewilligung nicht vorliegt (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1993, Zl. 92/06/0244, zu einem Abtragungsauftrag nach dem BauPolG).

Die Beschwerdeführer bringen vor, im Herbst 1967 habe sich für sie die Möglichkeit ergeben, einen Getreidekasten zu erwerben, auf ihr Grundstück zu transportieren und dort aufzustellen. Der damalige Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde habe ihnen auf Befragen "ausdrücklich die mündliche Zusage zur Aufstellung des Getreidekastens erteilt". Aufgrund dieser Zusage hätten sie den Getreidekasten gekauft, auf dem Grundstück aufgestellt und als "Erholungshütte" adaptiert.

1967 galt noch die Salzburger Landbauordnung, LGBl. Nr. 55/1952 (LBO 1952; Wiederverlautbarung); diese wurde mit LGBl. Nr. 84/1968 (abermals) mit Wirkung vom 1. Jänner 1969 wiederverlautbart (nunmehr als LBO 1968).

Gemäß § 1 Abs. 1 sowohl der LBO 1952 (insofern in der Fassung LGBl. Nr. 108/1959) als auch derselben Bestimmung der LBO 1968 war zur Führung von Neu-, Zu- und Umbauten, sowie zur Vornahme wesentlicher Ausbesserungen und Umänderungen an bestehenden Gebäuden in der Regel die Bewilligung der Baubehörde erforderlich.

Seither ist die Bewilligungspflicht in § 2 BauPolG geregelt. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a BauPolG (Stammfassung ) bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde die Errichtung von oberirdischen und unterirdischen Bauten einschließlich der Zu- und Aufbauten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem bereits genannten Erkenntnis vom 11. Februar 1993, Zl. 92/06/0244, die Versetzung - und damit Neuerrichtung - eines "Troadkastens" als bewilligungspflichtig nach der LBO 1968 und dem BauPolG beurteilt. Der Beschwerdefall gibt keinen Anlass, die Versetzung - und damit Neurerrichtung - des gegenständlichen Objektes als nicht bewilligungspflichtig (nach den Bestimmungen der LBO 1952 bzw. der LBO 1968 oder auch des BauPolG) zu beurteilen.

Auch die weitere Voraussetzung des § 16 Abs. 3 BauPolG, also das Fehlen einer Baubewilligung, ist erfüllt.

Denn wenn die Beschwerdeführer vorbringen, dass der Bürgermeister bereits vor Errichtung des Wochenendhauses seine mündliche Zustimmung erteilt habe, so ist ihnen entgegenzuhalten, dass eine "Zustimmung" zu einer baulichen Maßnahme noch keinen mündlich verkündeten (förmlichen) Bescheid darstellt, der als Baubewilligung angesehen werden könnte, auch wenn die LBO 1952 (bzw. die LBO 1968) eine schriftliche Baubewilligung nicht ausdrücklich angeordnet hat. Vielmehr setzt die Wirksamkeit eines mündlich verkündeten Bescheides nach § 62 Abs. 2 AVG die Beurkundung dieser Verkündung in der Verhandlungsschrift oder in einer besonderen Niederschrift voraus; bei Fehlen dieser Beurkundung liegt keine (wirksame) Bescheiderlassung vor (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; siehe dazu etwas schon die hg. Erkenntnis vom 18. März 1950, Slg. Nr. 1333/A, vom 11. Jänner 1955, Slg. Nr. 3617/A, oder auch das schon mehrfach genannte hg. Erkenntnis vom 11. Februar 1993, Zl. 92/06/0244).

Auch ist den Beschwerdeführern entgegenzutreten, wenn sie aus dem Umstand, dass das verfahrensgegenständliche Wochenendhaus bereits nahezu 30 Jahre von der Baubehörde geduldet worden sei als der Demolierungsauftrag erlassen worden sei, den Schluss ziehen, dass eine "vermutete Baubewilligung" vorliege. Dieses Zuwarten rechtfertigt keine derartige Annahme.

Da eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 die im Beschwerdefall erforderliche Baubewilligung, die einen Abbruchauftrag unzulässig machen würde, nicht ersetzten kann, war auf das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer nicht näher einzugehen.

Ebenso wenig kann den Beschwerdeführern ihr Vorbringen, die Demolierungsfrist sei zu kurz bemessen, weil die belangte Behörde nicht bedacht habe, dass das Verfahren betreffend die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 noch nicht abschließend beendet worden sei, zum Erfolg verhelfen. Es mag schon richtig sein, dass die Beschwerdeführer einen Baubewilligungsantrag (der gemäß § 16 Abs. 3 BauPolG die Vollstreckung jedenfalls hemmen würde) ohne Vorliegen der angestrebten Ausnahmebewilligung nicht mit Aussicht auf Erfolg stellen können. Das hat aber nach der gegebenen Gesetzeslage nicht zur Folge, dass (schon) deshalb die von der Berufungsbehörde bestimmte Frist als zu kurz bemessen anzusehen wäre. Damit kann dahingestellt bleiben, ob nicht auch im Hinblick auf den erkennbaren Zweck des zweiten und dritten Satzes des § 16 Abs. 3 BauPolG ein solcher Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 19 Abs. 3 ROG 1977 als "Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung" im Sinne (und in ausdehnender Interpretation) dieser Bestimmungen verstanden werden könnte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 3. November 1999

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999060002.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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