Entscheidungsdatum
05.09.2018Norm
AVG §37Spruch
W225 2105033-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Dr. Barbara Weiß LL.M. über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 03.01.2014, AZ XXXX , betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2010, den Beschluss:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) stellte einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2010 und beantragte unter anderem die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für die in den Beilagen "Flächenbogen" und "Flächennutzung" näher konkretisierten Flächen. Der Beschwerdeführer war im Jahr 2010 zudem Auftreiber auf die Almen mit den BNr. XXXX und XXXX für die ebenfalls Mehrfachanträge-Flächen gestellt wurden.
2. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 30.12.2010 wurde dem BF eine EBP in Höhe von EUR 5.214,78 gewährt.
3. Mit Abänderungsbescheid der AMA vom 03.01.2014, AZ XXXX wurde dem BF für das Antragsjahr 2010 nur mehr eine EBP in Höhe von EUR 3.933,67 gewährt und zugleich eine Rückforderung in Höhe von EUR 1.281,11 ausgesprochen. Aufgrund der festgestellten Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha kürzte die AMA den Beihilfenbetrag um das doppelte der Differenzfläche (Flächensanktion in Höhe von EUR 365,18).
4. Gegen den Bescheid vom 03.01.2014 erhob der BF mit Schreiben vom 26.01.2014 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
5. Im Akt findet sich ein "Report - Einheitliche Betriebsprämie 2010, Berechnungsstand 24.04.2015". Der Report sei erstellt worden, da sich Änderungen der Flächendaten ergeben hätten. Im Rahmen der vorliegenden Beschwerde habe der BF durch Vorlage einer Erklärung glaubhaft gemacht, dass Ihm keine Umstände erkennbar waren, die ihn an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm-/Weidefutterflächen mit der BNr. XXXX zweifeln hätten lassen können. Da ihn demnach keine Schuld an der Abweichung der angemeldeten von der ermittelten Fläche hinsichtlich der erwähnten Alm/Weide treffe, sei eine Richtigstellung der Fläche ohne Sanktion vorzunehmen (§ 8i MOG 2007).
6. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht das eingebrachte Rechtsmittel samt dazugehörigem Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I. wiedergegebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unbeanstandeten Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Rechtsgrundlagen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 MOG 2007 können Vorschriften zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen unmittelbar von Bundesbehörden vorgesehen werden. Gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes. Gemäß § 1 AMA-Gesetz können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden. Für Entscheidungen über Beschwerden dieser Behörde ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG (§ 1 leg. cit.) geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (außer in Verwaltungsstrafsachen) in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Sachverhalt feststeht oder wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte (Winkler in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015] § 28 Rz 15). Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Gemäß den §§ 37 und 39 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) hat die Behörde - ebenso wie das Gericht, wenn es über eine Beschwerde meritorisch abspricht - den wahren Sachverhalt im Sinn einer Ermittlungspflicht zur Feststellung der materiellen Wahrheit auf Grundlage des Antrages von Amts wegen zu ermitteln (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Sie hat jedes Beweismittel in freier Beweiswürdigung abzuwägen und ihre Schlüsse daraus im Licht der anzuwendenden Rechtsvorschriften nachvollziehbar darzulegen (§ 45 Abs. 1 und 2, § 60 AVG).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Aus dem von der Behörde übermittelten "Report" ergibt sich, dass sich die Anspruchsgrundlagen seit Erlassung des angefochtenen Bescheides wesentlich geändert haben bzw. der gegebene Sachverhalt anders zu beurteilen ist und dass eine Berücksichtigung des bisher nicht berücksichtigten Sachverhaltes eine andere Entscheidung in der Sache zur Folge hätte.
Im konkreten Fall wurde von der AMA ausgehend von dem nachgereichten "Report" eine Erklärung des Auftreibers gemäß § 8i MOG 2007 erstmals berücksichtigt. Die Behörde geht - auf Grundlage welcher konkreter Ermittlungsschritte bzw. welcher konkreter Sachverhaltserhebungen, ist diesem Report im Detail allerdings nicht ausreichend nachvollziehbar zu entnehmen - nunmehr davon aus, dass den BF an der Überbeantragung der Alm mit der BNr. XXXX kein Verschulden trifft.
Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts.
Auch wenn der VwGH der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte auf Basis des VwGVG mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im vorliegenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, wenn das Bundesverwaltungsgericht versuchen wollte, die Beschwerde im Hinblick auf das Antragsjahr 2013 einer Entscheidung zuzuführen.
Der Bescheid war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Die AMA wird im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens u.a. die Ergebnisse des vorgelegten Reports zu berücksichtigen und den ermittelten (geänderten) Sachverhalt dem neu zu erlassenden Bescheid zu Grunde zu legen haben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ebenfalls abgesehen werden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W225.2105033.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.10.2018