Entscheidungsdatum
10.09.2018Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22Spruch
W170 2202893-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Syrien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH als Mitglied der ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.07.2018, Zl. 1152626700 - 171093624, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2
Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 34, 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, stattgegeben und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommtXXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
XXXX hat am 25.09.2017 nach rechtmäßiger Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Im Bescheid vom 06.07.2018, Zl. 1152626700 - 171093624, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellt, dass
* die Identität der XXXX feststehe,
* diese in Österreich nicht strafrechtlich verurteilt wäre und
* mit XXXX, dem der Status des Asylberechtigten zukomme, verheiratet sei.
Diesen Feststellungen ist XXXX in der Beschwerde nicht entgegengetreten, die Feststellungen sind mit der Aktenlage in Einklang zu bringen und findet sich kein Hinweis, dass diese Feststellungen nicht oder nicht mehr den Tatsachen entsprechen.
Aus den Ermittlungen des Bundesamtes ergibt sich unzweifelhaft, dass die Ehe zwischen XXXX und XXXX bereits in Syrien bestanden hat.
Es ist nicht zu erkennen, dass gegen XXXX ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten anhängig ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418) beim Status des Asylberechtigten nicht differenziert. Weder kennt das Gesetz einen ‚originären' Status des Asylberechtigten, noch spricht das Gesetz in § 34 Abs. 4 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: AsylG), davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur ‚abgeleiteter' Status zuzuerkennen ist. Im Gegenteil spricht der zweite Satz des § 34 Abs. 4 AsylG 2005 ausdrücklich davon, dass ‚der' Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist, was nur bedeuten kann, dass der Status des Asylberechtigten an sich (ohne weitere Differenzierung) zuzuerkennen ist. Im Übrigen lässt sich auch der Status-Richtlinie 2011/95/EU eine solche Differenzierung bei der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnehmen (vgl. insbesondere deren Art. 13). Daher kann auf die Prüfung der eigenen Fluchtgründe einer Person verzichtet werden, wenn dieser Asyl im Familienverfahren zuerkannt werden kann (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).
Gemäß §§ 2 Abs. 1 Z 22, 69 AsylG ist unter anderem Familienangehörige im Sinne des AsylG, wer Ehegattin eines Fremden ist, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei EhegattInnen bereits vor der Einreise des Asylberechtigten bestanden hat.
XXXX war bereits vor ihrer und der Flucht des XXXX mit diesem in Syrien verheiratet, sie ist daher Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG des Asylberechtigten XXXX.
Gemäß §§ 34 Abs. 2 und 5, 69 AsylG hat das Bundesverwaltungsgericht (im Beschwerdeverfahren) auf Grund eines Antrages einer Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, der Familienangehörigen mit Bescheid den Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn diese nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.
Im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Bundesamtes kommt es seit dem 01.11.2017 - also schon seit vor Erlassung des Bescheides des Bundesamtes - auf die Führung eines Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht mehr an, da mit BGBl I Nr. 84/2017 (siehe Art. 3 Z 13 der leg.cit.) in § 34 Abs. 2 AsylG die Z 2 aufgehoben wurde; diese lautete: "2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und". Es ist daher nunmehr nur zu prüfen, ob die Familienangehörige in Österreich nicht straffällig geworden ist und ob gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist; ob zuvor ein Familienleben bestanden hat oder die Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat möglich ist, ist für die Zuerkennung im Regime des § 34 AsylG seit 01.11.2017 irrelevant. Dass das AsylG damit über die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013, L 180/60, hinausgeht, ist im Lichte von deren Art. 5 unproblematisch.
Nach den Feststellungen ist XXXX in Österreich unbescholten. Auch ist gegen XXXX kein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten anhängig; daher ist - unbeschadet der Frage, ob XXXX und XXXX ein Familienleben führen - der Beschwerde der XXXXstattzugeben, und XXXX der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen sowie gemäß § 3 Abs. 4 AsylG auszusprechen, dass XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte für drei Jahre zukommt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist festzustellen, dass XXXXdamit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da - trotz des Fehlens von einschlägiger Judikatur zu § 34 Abs. 2 AsylG in der seit 01.11.2017 geltenden Fassung - ein eindeutiger Gesetzeswortlaut vorliegt.
Anzumerken ist, dass sich der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.04.2018, Zl. Ra 2017/19/0333, noch auf die zuvor geltende Rechtslage stützt, sich auf ein am 28.06.2017 erlassenes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes bezieht und daher nicht mehr einschlägig ist. Selbiges gilt für das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.11.2017, Zl. Ra 2017/19/0218, das sich auf ein am 03.05.2017 erlassenes Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes bezieht.
Schlagworte
Asylgewährung, befristete Aufenthaltsberechtigung, Bürgerkrieg,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W170.2202893.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.10.2018