Entscheidungsdatum
02.10.2018Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W203 2170541-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.08.2017, Zl. IFA-1122560604/160982628, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 10/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine syrische Staatsangehörige, stellte am 14.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am selben Tag wurde sie durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstbefragung unterzogen. Dabei gab sie im Wesentlichen an, dass sie geschieden sei, sich zum sunnitischen Islam bekenne und der Volksgruppe der Araber angehöre. Sie sei in Al-Raqqa geboren und habe dort auch ihren Wohnsitz gehabt. Sie habe sechs Jahre lang die Grundschule besucht und sei danach Hausfrau gewesen. Den Entschluss, ihren Herkunftsstaat zu verlassen, habe sie unmittelbar vor ihrer Ausreise im Jänner 2016 gefasst. Ihr Zielland sei Österreich gewesen, da sie hier die Möglichkeit gesehen habe, Asyl zu bekommen und ein sicheres und ruhiges Leben zu führen. Sie habe Syrien illegal verlassen und sei schlepperunterstützt nach einem etwa dreißigtägigen Aufenthalt in der Türkei und einem etwa viermonatigen Aufenthalt in Griechenland nach Österreich gereist. Nach ihren Fluchtgründen befragt führte sie aus, dass in Syrien Krieg herrsche. Durch den IS und die täglichen Kämpfe sowie Misshandlungen und Ermordungen von Zivilisten sei ihr Leben in Gefahr. Aus diesem Grund sei sie geflüchtet. Eine Schwester der Beschwerdeführerin sei von IS-Terroristen entführt und 2013 getötet worden. Von staatlicher Seite habe sie nichts zu befürchten. Die Beschwerdeführerin gab an, sie habe nie einen Reisepass besessen.
3. Am 29.12.2016 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Sie legte eine Geburtsurkunde im Original sowie eine deutsche Übersetzung vor und bestätigte die bereits bei der Ersteinvernahme getätigten Angaben zu ihrer Person. Sie gab zusammengefasst an, aus der Stadt Al-Raqqa zu kommen und ihren Reisepass am Weg nach Österreich verloren zu haben. Sie habe vier Schwestern (eine lebe in Saudi-Arabien, eine in Syrien, eine in der Türkei und eine sei vermisst) sowie einen Bruder, der in der Türkei lebe. Die Beschwerdeführerin selbst sei geschieden und habe vier Kinder, von denen sie nicht wisse, wo sie seien; im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus Syrien hätten sie sich beim früheren Ehemann der Beschwerdeführerin, der auch der Vater der Kinder sei, befunden. Die Beschwerdeführerin habe Syrien Anfang des Jahres 2016 verlassen. Nach ihren Fluchtgründen befragt führte sie aus, sie habe im Krieg alles verloren. Es sei nicht mehr zumutbar, weiterhin in Syrien zu leben. Es gehe hauptsächlich um ihre Sicherheit. Ihr Leben sei dort in Gefahr. Sie sei auf sich alleine gestellt gewesen, da sie nach der Scheidung niemanden mehr gehabt habe. Befragt nach Problemen mit Gerichten, Sicherheitsbehörden, Geheimdiensten oder dem Militär führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe Probleme mit dem IS gehabt. Sie habe sich bei einem "Frauentreffen" öffentlich gegen den IS geäußert und diesen als "Terrororganisation" bezeichnet. Auch sei sie ohne Gesichtsschleier auf die Straße gegangen. Von einem Sittenwächter des IS sei sie aufgefordert worden, ihr Gesicht zu bedecken, was sie aber nicht getan habe. Aus diesen Gründen sei sie verschleppt und eingesperrt worden. Sie habe aber fliehen können, da es Bombardierungen auf das Gebäude, in dem sie eingesperrt gewesen sei, gegeben habe. Es habe auch Folter gegeben, sie persönlich sei aber nicht gefoltert worden. Die geschilderte Festnahme sei Ende 2015 erfolgt, inhaftiert sei die Beschwerdeführerin etwa drei bis vier Monate gewesen. Nach ihrer Flucht aus dem Gefängnis habe sie bei einer Freundin gewohnt.
4. Am 18.05.2017 wurde die Beschwerdeführerin erneut vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei bestätigte sie die bereits bei den bisherigen Einvernahmen getätigten Angaben und legte als Ersatz für den verlorenen Personalausweis eine "Bestätigung über ihre Person", welche ihr ihr Cousin aus Syrien zugeschickt habe, sowie Kopien der Personalausweise ihres Bruders und zweier Schwestern vor. Sie gab an, vier Schwestern zu haben, von denen eine in Saudi-Arabien, eine in der Türkei und zwei in Syrien leben würden, wobei eine der beiden vorher manchmal in der Türkei gelebt habe. Weiters gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, in Damaskus, Al-Raqqa und Al-Hassaka Familienangehörige (Tanten, Cousinen) zu haben. Befragt nach ihren Fluchtgründen führte sie aus, dass der IS in ihrem Herkunftsgebiet sei. Sie sei im Gefängnis gewesen und aus diesem geflüchtet, weshalb sie nicht mehr dortbleiben habe können. Außerdem bombardiere die Regierung die Gegend und es sei lebensgefährlich, dort zu bleiben. Nachgefragt habe ein IS-Mitglied von ihr verlangt, das Gesicht zu verdecken, weshalb sie mit dieser Person gestritten habe und daraufhin ins Gefängnis gekommen sei. Im Gefängnis sei die Beschwerdeführerin eingeschüchtert und bedroht worden und man habe ihr vorgeschrieben, den ganzen Tag den Koran zu lesen und zu beten. Sie habe zu essen und zu trinken bekommen, sei aber unter psychischem Druck gestanden. Als es einen Luftangriff auf das Gebäude neben dem Gefängnis gegeben habe, seien alle Türen des Gefängnisses geöffnet worden und die Beschwerdeführerin habe entkommen können. Außerhalb des Gefängnisses sei die Beschwerdeführerin nicht bedroht worden.
5. Mit Bescheid vom 11.08.2017, Zl. IFA-1122560604/160982628 (im Folgenden: angefochtener Bescheid) - zugestellt am 21.08.2017 - wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführerin eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen habe können. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin in Syrien einer Gefährdung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt (gewesen) sei. Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in der Erstbefragung nur angegeben habe, Syrien aufgrund des dort herrschenden Bürgerkrieges und aufgrund der Gefahr durch die Präsenz des IS verlassen zu haben. Sie habe auch angegeben, dass eine ihrer Schwestern vom IS entführt und bereits im Jahr 2013 getötet worden sei. In der Einvernahme vor der belangten Behörde habe sie angegeben, im Krieg alles verloren zu haben und nach ihrer Scheidung auf sich alleine gestellt gewesen zu sein. Erst auf weitere Nachfrage habe sie zu Protokoll gegeben, dass sie sich öffentlich gegen den IS geäußert habe und daraufhin verschleppt und eingesperrt worden sei. Sowohl vor der polizeilichen Erstbefragung als auch vor der Einvernahme durch die belangte Behörde sei die Beschwerdeführerin auf ihre Mitwirkungspflicht hingewiesen worden und ihr sei ausreichend Zeit gegeben worden, ihre Fluchtgründe zu schildern. Dennoch habe sie von sich aus nicht geschildert, dass sie vom IS inhaftiert worden sei. Es handle sich daher um ein spätes, gesteigertes Vorbringen, welches als nicht glaubhaft zu qualifizieren sei. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen sei sowohl in der Erstbefragung als auch in den beiden Einvernahmen durch die belangte Behörde sehr vage und unkonkret geblieben und die Beschwerdeführerin habe - selbst auf Nachfrage - keine Details oder Hintergrundinformationen angegeben. Auch betreffend die angegebenen Daten sei das Vorbringen der Beschwerdeführerin im bisherigen Verfahren widersprüchlich und nicht nachvollziehbar gewesen. Darüber hinaus habe sich die Beschwerdeführerin widersprochen, indem sie in der Erstbefragung angegeben habe, dass ihre Schwester 2013 vom IS getötet worden sei, in den späteren Einvernahmen hingegen ausgeführt habe, dass diese vermisst bzw. in Syrien aufhältig sei. Dieses widersprüchliche Vorbringen indiziere gesamt betrachtet die fehlende persönliche Glaubwürdigkeit der Person der Beschwerdeführerin. Aus den geschilderten Vorfällen sei eine gegen die Beschwerdeführerin persönlich gerichtete Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zu erkennen. Vielmehr handle es sich um Begleiterscheinungen des innerstaatlichen Konfliktes, die keine asylrelevante Verfolgung darstellen würden.
6. Am 11.09.2017 erhob die Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Bescheid Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin begründete Angst vor Verfolgung durch den IS habe. Sie sei im Jahr 2015 von Angehörigen des IS festgenommen und inhaftiert worden. Im Gefängnis sei sie gezwungen worden, Teile des Korans auswendig zu lernen, und sie sei mit dem Tod bedroht worden, wenn sie sich zu laut unterhalten habe. Nur durch einen Zufall habe sie aus dem Gefängnis fliehen können. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien befürchte sie, vom IS wiederum verfolgt, inhaftiert bzw. im schlimmsten Fall sogar getötet zu werden. Die Heimatstadt der Beschwerdeführerin sei Hochburg des IS und Hauptstadt des "islamischen Kalifats" gewesen, das der IS ausgerufen habe. Die Kämpfte zwischen dem IS und den Syrian Democratic Forces würden mit unverminderter Intensität weitergehen. Darüber hinaus sei die Lage in Syrien für alleinstehende Frauen prekär. Frauen seien schweren geschlechtsspezifischen Verfolgungen und Unterdrückungsmaßnahmen ausgesetzt. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründe für ihre Inhaftierung - nämlich der Verstoß gegen bekleidungsbezogene Verbote - sei glaubhaft, da Frauen in Gebieten, die vom IS kontrolliert würden, extremen Einschränkungen in den Bereichen Bewegungsfreiheit, Arbeit und Bekleidung ausgesetzt seien. Frauen seien im syrischen Rechtssystem auch gesetzlich abhängig von ihren Vätern und Ehemännern. In Österreich sei die Beschwerdeführerin nunmehr mit einem syrischen Asylberechtigten verheiratet und habe mit ihm einen gemeinsamen Sohn.
7. Mit Schreiben vom 12.09.2017, eingelangt am 13.09.2017, legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde unter Anschluss des betreffenden Verfahrensaktes - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Auf Grundlage des Antrages auf internationalen Schutz vom 14.07.2016, der Einvernahmen der Beschwerdeführerin durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, der im Verfahren vorgelegten Dokumente und der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin
Die Beschwerdeführerin ist syrische Staatsangehörige, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.
Die Beschwerdeführerin ist rechtswidrig in Österreich eingereist und stellte am 14.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Aufgrund dieses Antrages wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 11.08.2017 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
Die Beschwerdeführerin war geschieden, ihre vier aus der ersten Ehe stammenden Kinder leben in Syrien bei ihrem damaligen Ehemann. Die Beschwerdeführerin ist nunmehr in Österreich mit einem syrischen Staatsangehörigen, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, verheiratet und hat mit diesem einen gemeinsamen Sohn.
Gegenständlich liegt kein Familienverfahren vor.
Die Beschwerdeführerin hat Syrien aufgrund des Bürgerkrieges in Syrien, der schlechten Sicherheitslage sowie ihrer damaligen Angst vor dem IS Anfang des Jahres 2016 verlassen.
Der Heimatbezirk bzw. der letzte Wohnort der Beschwerdeführerin in Syrien befand sich in der Stadt Al-Raqqa. Der IS übernahm seit 2014 vermehrt die Kontrolle von Gebieten - unter anderem im Gouvernement Al-Raqqa sowie in anderen Regionen des Landes - und rief ein "islamisches Kalifat" mit der Hauptstadt Al-Raqqa aus. Im Oktober 2017 wurde der IS in Al-Raqqa besiegt. Zum aktuellen Zeitpunkt befindet sich die Stadt Al-Raqqa nicht mehr unter der Kontrolle des IS, sondern größtenteils - bis auf minimale Ausnahmen, die unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehen - unter der Kontrolle der kurdischen Kräfte bzw. Milizen, wie der YPG.
Der Beschwerdeführerin droht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der "Frauen" keine asylrelevante Verfolgung, zumal sich gerade in von Kurden kontrollierten Gebieten keine Anhaltspunkte für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes - wie z.B. in Gebieten, die unter der Kontrolle des IS stehen - finden. In den Gebieten, die unter dem Einfluss der kurdischen Partei stehen, herrscht eine formale Gleichstellung von Männern und Frauen. Frauenkomitees, Frauenhäuser und Frauenzentren wurden eingerichtet, um Frauen in den Themen Politik, Wirtschaft, Kultur und Recht weiterzubilden und ihnen die Möglichkeit zu geben, über familiäre und soziale Probleme zu sprechen und Lösungen zu finden, wobei auch arabische und christliche Frauen die Zentren nutzen.
Mehrere Familienangehörige der Beschwerdeführerin (Schwestern, Tanten, Kinder, Cousinen und Cousins) leben noch in Syrien.
Aus den vorgängigen Ausführungen lässt sich keine individuelle, die Beschwerdeführerin betreffende Verfolgungssituation im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ableiten.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25.01.2018 (letzte Kurzinformation eingefügt am 24.8.2018), Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl:
Politische Lage
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit über 50 Jahren, seit Hafez al-Assad 1963 mit fünf anderen Offizieren einen Staatsstreich durchführte und sich dann 1971 als der Herrscher Syriens ernannte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad diese Position. Seit dieser Zeit haben Vater und Sohn keine politische Opposition geduldet. Jegliche Versuche eine politische Alternative zu schaffen wurden sofort unterbunden, auch mit Gewalt (USCIRF 26.4.2017). 2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Assad führten (USDOS 3.3.2017). Bei dieser Wahl gab es erstmals seit Jahrzehnten zwei weitere mögliche, jedoch relativ unbekannte, Kandidaten. Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abgehalten, wodurch ein großer Teil der syrischen Bevölkerung nicht an der Wahl teilnehmen konnte. Die Wahl wurde als undemokratisch bezeichnet. Die syrische Opposition bezeichnete sie als "Farce" (Haaretz 4.6.2014; vgl. USDOS 13.4.2016).
Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 3.3.2017). Am 13.4.2016 fanden in Syrien Parlamentswahlen statt. Das Parlament wird im Vier-Jahres-Rhythmus gewählt, und so waren dies bereits die zweiten Parlamentswahlen, welche in Kriegszeiten stattfanden (Reuters 13.4.2016; vgl. France24 17.4.2017). Die in Syrien regierende Baath-Partei gewann gemeinsam mit ihren Verbündeten unter dem Namen der Koalition der "Nationalen Einheit" 200 der 250 Parlamentssitze. Die syrische Opposition bezeichnete auch diese Wahl, welche erneut nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten stattfand, als "Farce". Jeder der 200 Kandidaten auf der Liste der "Nationalen Einheit" bekam einen Parlamentssitz. Die Vereinten Nationen gaben an, die Wahl nicht anzuerkennen (France24 17.4.2016). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten zur Regierung Assads entwickeln könnten (FH 1.2017)
Seit 2011 tobt die Gewalt in Syrien. Aus anfangs friedlichen Demonstrationen ist ein komplexer Bürgerkrieg geworden, mit unzähligen Milizen und Fronten. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 10.8.2016). Die Arabische Republik Syrien existiert formal noch, ist de facto jedoch in vom Regime, von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) und von anderen Rebellen-Fraktionen oder dem sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierte Gebiete aufgeteilt (BS 2016). Der IS übernahm seit 2014 vermehrt die Kontrolle von Gebieten in Deir ez-Zour und Raqqa, außerdem in anderen Regionen des Landes und rief daraufhin ein "islamisches Kalifat" mit der Hauptstadt Raqqa aus (USDOS 3.3.2017). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung nur ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer, die noch nicht aus Syrien geflohen sind, leben (Reuters 13.4.2016). Verschiedene oppositionelle Gruppen mit unterschiedlichen Ideologien und Zielen kontrollieren verschiedene Teile des Landes. Vielfach errichten diese Gruppierungen Regierungsstrukturen bzw. errichten sie wieder, inklusive irregulär aufgebauter Gerichte (USDOS 3.3.2017). Seit 2016 hat die Regierung große Gebietsgewinne gemacht, jedoch steht noch beinahe die Hälfte des syrischen Territoriums nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung. Alleine das Gebiet, welches unter kurdischer Kontrolle steht wird auf etwa ein Viertel des syrischen Staatsgebietes geschätzt (DS 23.12.2017; vgl. Standard 29.12.2017).
Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah-Miliz und schiitische Milizen aus dem Irak unterstützen das syrische Regime militärisch, materiell und politisch. Seit 2015 schickte Russland auch Truppen und Ausrüstung nach Syrien und begann außerdem Luftangriffe von syrischen Militärbasen aus durchzuführen. Während Russland hauptsächlich auf von Rebellen kontrollierte Gebiete abgezielt, führt die von den USA geführte internationale Koalition Luftangriffe gegen den IS durch (FH 27.1.2016; vgl. AI 24.2.2016).
Im Norden Syriens gibt es Gebiete, welche unter kurdischer Kontrolle stehen und von den Kurden Rojava genannt werden (Spiegel 16.8.2017). 2011 soll der damalige irakische Präsident Jalal Talabani ein Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), deren Mitglieder die PYD gründeten, vermittelt haben: Im September 2011 stellte der iranische Arm der PKK, die Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê - PJAK), ihren bewaffneten Kampf gegen den Iran ein. Etwa zur selben Zeit wurde die PYD in Syrien neu belebt. Informationen zahlreicher Aktivisten zufolge wurden bis zu zweihundert PKK-Kämpfer aus der Türkei und dem Irak sowie Waffen iranischer Provenienz nach Syrien geschmuggelt. Aus diesem Grundstock entwickelten sich die Volksverteidigungseinheiten (YPG). Ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel begann die PYD, die kurdische Bevölkerung davon abzuhalten, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine "zweite Front" in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Baath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden ?Afrin, ?Ain al-?Arab (Kobanî) und die Dschazira von PYD und YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (ES BFA 8.2017). Im März 2016 wurde die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte. Afrin steht zwar unter kurdischer Kontrolle, ist jedoch nicht mit dem Rest des kurdischen Gebietes verbunden (ICC 4.5.2017; vgl. IRIN 15.9.2017). Das von der PYD in den kurdischen Gebieten etablierte System wird von der PYD als "demokratische Autonomie" bzw. "demokratischer Konföderalismus" bezeichnet. "Demokratischer Konföderalismus" strebt danach, die lokale Verwaltung durch Räte zu stärken, von Straßen- und Nachbarschaftsräten über Bezirks- und Dorfräte bis hin zu Stadt- und Regionalräten. "Demokratischer Konföderalismus" muss somit als Form der Selbstverwaltung verstanden werden, in der Autonomie organisiert wird. Die Realität sieht allerdings anders aus. Tatsächlich werden in "Rojava" Entscheidungen weder von den zahlreichen (lokalen) Räten getroffen, noch von Salih Muslim und Asya Abdullah in ihrer Funktion als Co-Vorsitzende der PYD, stattdessen liegt die Macht bei der militärischen Führung im Kandilgebirge, die regelmäßig hochrangige Parteikader nach Syrien entsendet (ES BFA 8.2017 und ICC 4.5.2017). In den kurdischen Gebieten haben die Bürger durch die PYD auch Zugang zu Leistungen, wobei die Partei unter anderem die Bereitstellung von Leistungen nutzt, um ihre Macht zu legitimieren. Die Erbringung öffentlicher Leistungen variiert jedoch. In Gebieten, in denen die PYD neben Behörden der Regierung existiert, haben sich zahlreiche Institutionen entwickelt und dadurch wurden Parallelstrukturen geschaffen. In Gebieten in denen die PYD mehr Kontrolle besitzt, bleibt die Macht in der Hand der PYD zentralisiert, trotz den Behauptungen der PYD die Macht auf die lokale Ebene zu dezentralisieren (CHH 8.12.2016).
Noch sind die beiden größeren von Kurden kontrollierten Gebietsteile voneinander getrennt, das Ziel der Kurden ist es jedoch entlang der türkischen Grenze ein zusammenhängendes Gebiet unter ihre Kontrolle zu bringen (Spiegel 16.8.2016). Der Ton zwischen Assad und den an der Seite der USA kämpfenden syrischen Kurden hat sich in jüngster Zeit erheblich verschärft. Assad bezeichnete sie zuletzt als "Verräter". Das von kurdischen Kämpfern dominierte Militärbündnis der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) konterte, Assads Regierung entlasse "Terroristen" aus dem Gefängnis, damit diese "das Blut von Syrern jeglicher Couleur vergießen" könnten (Standard 29.12.2017).
Sicherheitslage
Raqqa
Nach dem Vormarsch auf die nordirakische Großstadt Mossul begann Anfang November des Jahres 2016 auch eine Offensive zur Rückeroberung der syrischen IS-Hochburg Raqqa. An der Offensive, die unter dem Namen "Wut des Euphrats" lief, waren etwa 30.000 Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), einer von den USA unterstützten kurdisch-arabischen Rebellenallianz, beteiligt, von denen ein Großteil von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gestellt wird (Standard 6.11.2016). Die Türkei sollte nicht an der Offensive beteiligt werden. Die türkische Armee hat im August 2016 im Rahmen der "Operation Euphrates Shield" einen Bodeneinsatz mit Panzern in Syrien begonnen, der sich gegen den IS und die YPG richtet. Die SDF-Miliz vereinbarte nach eigenen Angaben mit den USA jedoch, die Türkei von der Raqqa-Offensive auszuschließen (Standard 6.11.2016; vgl. DS 7.11.2016). Am Dienstag 17.10.2017 erklärten die SDF den Sieg über den IS in Raqqa (NYT 17.10.2017; vgl. DS 18.10.2017; vgl. Zeit 17.10.2017). Die SDF hatten die letzte große Offensive gestartet, nachdem eine Gruppe von syrischen Dschihadisten Raqqa im Zuge eines mit Stammesältesten ausgehandelten Evakuierungsabkommens verlassen hatte. Zurückgeblieben waren bis zu 300 Islamisten, welche die letzten IS-Stellungen in Raqqa verteidigen wollten (Zeit 17.10.2017). Die Kämpfer des IS haben in der Stadt Sprengfallen platziert, von denen Verantwortliche sagten, dass es Jahre dauern könnte, sie zu entfernen (NYT 17.10.2017). Nach den monatelangen Kämpfen und den vielen Luftschlägen gegen den IS sind große Teile der Stadt zerstört, und eine große Mehrheit der Bewohner ist in andere Gebiete geflohen (Standard 17.10.2017). Im Oktober 2017 wurde die Stadt komplett evakuiert und im November gab es eine kleine Anzahl an Rückkehrern nach Raqqa. Das große Ausmaß an Zerstörung von Infrastruktur und Wohnungen führt zu schweren Mängeln in der Gesundheits- und Grundversorgung (REACH 11.2017).
Gebiete unter kurdischer Kontrolle
Im von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) kontrollierten Gebiet wurde die "Verfassung von Rojava" erstellt, welche als "sozialer Vertrag" zwischen den Bürgern der kurdischen Gebiete beschrieben wird und eine parlamentarische Demokratie mit Pluralismus und gleichen Rechten für Männer und Frauen vorsieht (BTI 2016). Es wurden Komitees gegründet, die die Erhaltung des "sozialen Friedens" zum Ziel haben und Straftaten unter diesem Gesichtspunkt regeln (FT 23.12.2015). Die von der PYD geführte Verwaltung umfasst neben einer eigenen Polizei auch Gerichte, Gefängnisse, Ministerien und Gesetze. Für die Militärgerichtsbarkeit sind die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) verantwortlich (AI 12.7.2017). Die Erbringung öffentlicher Dienste variiert in den kurdisch kontrollierten Gebieten. In Gebieten, in denen die PYD neben Behörden der Regierung existiert, haben sich zahlreiche Institutionen entwickelt und dadurch Parallelstrukturen geschaffen. Zum Beispiel fordert die PYD die Bevölkerung dazu auf sich bei den Institutionen der PYD zu registrieren, gleichzeitig müssen sich Bürger jedoch auch bei den örtlichen staatlichen Gerichten um offizielle Dokumente bemühen, da Dokumente der PYD vom syrischen Staat nicht anerkannt werden (CHH 8.12.2017).
Frauen
Außerhalb der Gebiete, die unter der Kontrolle des Regimes stehen, unterscheiden sich die Bedingungen für Frauen sehr stark voneinander. Von extremer Diskriminierung, sexueller Versklavung und erdrückenden Verhaltens- und Kleidungsvorschriften in Gebieten des IS, zu formaler Gleichberechtigung in den Gebieten unter der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), wo Regierungssitze immer von einer Frau und einem Mann besetzt sind und Frauen in der Politik und im Militärdienst gut vertreten sind (FH 1.2017).
Frauen in Syrien haben eine relativ lange Historie der Emanzipation und vor dem Konflikt war Syrien eines der vergleichsweise fortschrittlicheren Länder der Arabischen Welt in Bezug auf Frauenrechte. Die Situation von Frauen verschlechtert sich durch den andauernden Konflikt dramatisch, weil Frauen Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden. Aufgrund der Kampfhandlungen (orig. shelling) zögern Familien, Frauen und Mädchen das Verlassen des Hauses zu erlauben. Sie nehmen diese aus der Schule, was zur Minderung der Rolle von Frauen und zu ihrer Isolation in der Gesellschaft führt (BFA 8.2017).
In oppositionellen Gebieten, welche von radikalislamistischen Gruppen kontrolliert werden (z.B. in Idlib oder umkämpften Gebieten östlich von Damaskus), sind Frauen besonders eingeschränkt. Es ist schwer für sie, für einfache Erledigungen das Haus zu verlassen. Außerdem ist es schwierig für sie zu arbeiten, weil sie unter Druck stehen, zu heiraten. Dies hängt jedoch von der Region ab (BFA 8.2017).
Extremistische Gruppierungen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) oder Jabhat Fatah ash-Sham setzen Frauen in den von ihnen kontrollierten Gebieten diskriminierenden Beschränkungen aus. Solche Beschränkungen sind z.B. strikte Kleidervorschriften, Einschränkungen bei der Teilnahme am öffentlichen Leben, bei der Bewegungsfreiheit und beim Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. In Gebieten, die der IS kontrolliert(e), wurde ein Dokument veröffentlicht, welches Frauen unter Androhung der Todesstrafe die Befolgung von 16 Punkten vorschreibt. Die Punkte waren unter anderem, das Haus nicht ohne einen männlichen nahen Verwandten (mahram) zu verlassen, weite Kleidung, ein Kopftuch und einen Gesichtsschleier zu tragen, Friseursalons zu schließen, in der Öffentlichkeit nicht auf Stühlen zu sitzen und keine männlichen Ärzte aufzusuchen (USDOS 3.3.2017; vgl. BFA 8.2017). In Raqqa gründete der IS die "al-Khansaa"-Brigade, welche hauptsächlich aus nicht-syrischen Frauen besteht und die Regeln des IS bei anderen Frauen durchsetzten soll (USDOS 3.3.2017). Familien werden auch gezwungen ihre Töchter an IS-Kämpfer zu verheiraten. Jabhat Fatah ash-Sham [Anm.: vormals Jabhat al-Nusra] ist Frauen gegenüber etwas weniger restriktiv, die Situation ist jedoch ähnlich. Generell wird die Lage junger unverheirateter Frauen in Syrien allgemein, im Speziellen jedoch in den von radikalislamistischen Gruppierungen kontrollierten Gebieten, als prekär bezeichnet (BFA 8.2017).
Sexuelle Gewalt und deren Folgen
Vergewaltigungen sind weit verbreitet und die Regierung und deren Verbündete setzten Vergewaltigungen gegen Frauen, aber auch gegen Männer und Kinder ein, welche als der Opposition zugehörig wahrgenommen werden, um diese zu terrorisieren oder zu bestrafen. Das tatsächliche Ausmaß von sexueller Gewalt in Syrien lässt sich nur schwer einschätzen, weil viele Vergehen nicht angezeigt werden. Es passieren auch Vergewaltigungen durch Wächter und Sicherheitskräfte in Haftanstalten (USDOS 3.3.2017).
Frauen und Mädchen sind besonders im Kontext von Hausdurchsuchungen, an Checkpoints, in Haftanstalten, an Grenzübergängen und nach einer Entführung durch regierungstreue Einheiten von sexueller Gewalt betroffen, während Männer und Jungen vor allem während Verhören in Haftanstalten der Regierung von sexueller Gewalt betroffen sind (WILPF 11.2016 und BFA 8.2017).
Vergewaltigung außerhalb der Ehe ist zwar laut Gesetz strafbar, die Regierung vollstreckt dieses Gesetz jedoch nicht. Außerdem kann der Täter Straffreiheit erlangen, wenn er das Opfer heiratet, um so das soziale Stigma einer Vergewaltigung zu vermeiden (USDOS 3.3.2017). Die gesellschaftliche Tabuisierung von sexueller Gewalt führt zu einer Stigmatisierung von Frauen, die in Haft waren, zur Erniedrigung von Opfern, Familien und Gemeinschaften und zu einer hohen Dunkelziffer bezüglich der Fälle von sexueller Gewalt. Eltern oder Ehemänner verstoßen oftmals Frauen, die während der Haft vergewaltigt wurden oder eine Vergewaltigung auch nur vermutet wird. Es gibt Fälle von Frauen, die nach einer Vergewaltigung Opfer von Ehrenmorden werden. Berichten von NGOs zufolge kam es seit dem Ausbruch des Konfliktes zu einem starken Anstieg bei Ehrenmorden infolge weit verbreiteter Fälle von Vergewaltigungen durch Regierungseinheiten und Ausbeutung durch den IS (BFA 8.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).
Alleinstehende Frauen
Alleinstehende Frauen sind in Syrien aufgrund des Konfliktes einem besonderen Risiko von Gewalt oder Schikane ausgesetzt, jedoch hängt dies von der sozialen Schicht und der Position der Frau bzw. ihrer Familie ab. Man kann die gesellschaftliche Akzeptanz von alleinstehenden Frauen aber in keinem Fall mit europäischen Standards vergleichen, und Frauen sind potentiell Belästigungen ausgesetzt. In Syrien ist es fast undenkbar als Frau alleine zu leben, da eine Frau ohne Familie keine gesellschaftlichen und sozialen Schutzmechanismen besitzt. Beispielsweise würde nach einer Scheidung eine Frau in den meisten Fällen wieder zurück zu ihrer Familie ziehen. Vor dem Konflikt war es für Frauen unter bestimmten Umständen möglich alleine zu leben, z.B. für berufstätige Frauen in urbanen Gebieten (BFA 8.2017).
Der Zugang von alleinstehenden Frauen zu Dokumenten hängt von deren Bildungsgrad, individueller Situation und bisherigen Erfahrungen ab. Beispielsweise werden ältere Frauen, die immer zu Hause waren, mangels vorhandener Begleitperson und behördlicher Erfahrung nur schwer Zugang zu Dokumenten bekommen können (BFA 8.2017). Im Dezember 2017 hat das von Hay'at Tahrir ash-Sham gestützte Syrian Salvation Government (SSG) in der Provinz Idlib, die großteils von islamistischen Oppositionsgruppen kontrolliert wird, eine Entscheidung verkündet, laut welcher alle Witwen in ihrem Kontrollgebiet mit einem Shari'a-konformen männlichen Familienangehörigen wohnen müssen. Die Meldung warnt auch vor Bestrafung für "jeden der sich nicht nach dieser Regelung richtet", es ist jedoch noch unklar wie die Entscheidung umgesetzt wird (Syria Direct 14.12.2017).
Frauen in von der PYD kontrollierten Gebieten
Die Situation von kurdischen Frauen in den kurdischen Gebieten im Nordosten Syriens ist in Bezug auf Unabhängigkeit, Bewegungsfreiheit und die Vormundschaftsgesetze der selbsternannten Autonomieregierung besser. Frauen und Männer sind auch in der Regierung zu gleichen Teilen repräsentiert. Dies gilt jedoch ausdrücklich nur für kurdische Frauen in den kurdischen Gebieten, nicht jedoch für arabische Frauen in den kurdischen Gebieten oder für kurdische Frauen im Rest Syriens (BFA 8.2017). 2013 akzeptierte die kurdische Autonomieregierung wichtige Maßnahmen, um die Rechte von Frauen zu verbessern. So werden Ehrenmorde nun als strafbare Verbrechen angesehen, Zwangsehen und Eheschließungen von Minderjährigen wurden verboten und Männer, die mehr als eine Ehefrau haben, wurden von allen Organisationen und Komitees ausgeschlossen (TF 27.8.2017).
Im November 2014 beschloss die Autonomieregierung ein Dekret, dass die "Gleichheit zwischen Männern und Frauen in allen Sphären des öffentlichen und privaten Lebens" vorsieht. Demnach haben Frauen in den Augen des Gesetzes den gleichen Status wie Männer, auch zum Beispiel bezüglich Scheidung und Erbrecht. Polygamie, Ehrenmorde und andere Gewalt gegen Frauen wurden verboten (TF 27.8.2017).
Frauenkomitees, Frauenhäuser und Frauenzentren wurden eingerichtet, um Frauen in den Themen Politik, Wirtschaft, Kultur und Recht weiterzubilden, und ihnen die Möglichkeit zu geben über familiäre und soziale Probleme zu sprechen und Lösungen zu finden, wobei auch arabische und christliche Frauen die Zentren nutzen (TF 27.8.2017). Generell gilt jedoch, nicht nur in Bezug auf Frauen, dass sich Organisationen bei der PYD registrieren oder eine Lizenz beantragen müssen, womit die PYD eine gewisse Monopolstellung erreichen will. Organisationen, die dem nicht nachkommen, werden als illegal angesehen (CHH 8.12.2017). Die kurdische Selbstadministration schloss mehrere Organisationen, die sich auf Frauenförderung und Frauenbetreuung spezialisiert hatten (SNHR 25.11.2016).
Die Emanzipation der Frauen in Rojava ist ein laufender Prozess. Gemäß der Aussage von Janet Biehl via Toward Freedom sind dort patriarchale Traditionen tief eingebettet und mit Religion verbunden (TF 27.8.2017). Laut der syrischen Aktivistin Mahwash Sheiki entstanden diese Veränderungen jedoch nicht durch Veränderungen im sozioökonomischen System, sondern waren eine von der PYD-Spitze getroffene Entscheidung, nicht von der breiten Bevölkerung. Die Raten von Fällen von Gewalt gegen Frauen sind jedenfalls gesunken, wobei Polygamie, sexuelle Gewalt, Frühehen, Vergewaltigung etc. noch immer sensible Themen in Nordsyrien sind. Aufgrund des Bürgerkriegs lassen sich die längerfristigen Entwicklungen auch im Bezug auf Frauenrechte schwer einschätzen (Syria Untold 25.3.2017).
2. Beweiswürdigung
2.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben im Rahmen der Erstbefragung bzw. der niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde sowie aus den vorgelegten Dokumenten.
2.2. Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.3. Die Feststellungen zur Situation in Syrien, dem Heimatstaat der Beschwerdeführerin, beruhen auf den genannten (nun aktualisierten) Quellen, die schon die belangte Behörde ihrem Bescheid zugrunde legte und die im Wesentlichen inhaltsgleich blieben. Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
2.4. Im vorliegenden Verfahren hatte die Beschwerdeführerin nach ihrer Erstbefragung sowie im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde die Gelegenheit, ihre Fluchtgründe umfassend darzulegen. Der aufgrund dieser Befragungen festgestellte Sachverhalt und die Beweiswürdigung finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid.
2.5. Die von der Beschwerdeführerin geschilderten Fluchtgründe betreffend ist festzuhalten, dass diese in ihren Aussagen vor Organen des Sicherheitsdienstes bzw. vor der belangten Behörde mehrfach angab, Syrien aufgrund des Krieges verlassen zu haben, da sie alles verloren habe und ihre Sicherheit und ihr Leben in Gefahr gewesen seien. Es ist nachvollziehbar, dass eine Frau aus ihrem Herkunftsort flieht, wenn an diesem Ort Krieg herrscht und es sich aufgrund der wirtschaftlichen Lage zunehmend schwierig gestaltet, den Alltag zu bewältigen. Diesbezüglich besteht daher kein Grund, daran zu zweifeln.
Unabhängig davon, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend eine Festnahme und Inhaftierung durch Mitglieder des IS glaubhaft ist und unabhängig davon, ob sich der von der Beschwerdeführerin geschilderte Vorfall tatsächlich bzw. wie behauptet ereignet hat, ist es ebenfalls nachvollziehbar und plausibel, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Flucht Anfang 2016 aufgrund der Präsenz des damals in großen Teilen Syriens - unter anderem auch in Al-Raqqa - herrschenden IS Angst um ihre persönliche Sicherheit hatte und Syrien auch aus diesem Grund verlassen hat.
2.6. Die Beschwerdeführerin gab sowohl in den Befragungen durch die Sicherheitsorgane bzw. vor der belangten Behörde wie auch in der Beschwerde an, aus der Stadt Al-Raqqa zu stammen. Dieser Bezirk befindet sich laut syria.liveuamap.com nicht in der Hand des IS, sondern unter der Kontrolle der kurdischen Partei bzw. zu kleinen Teilen auch der syrischen Armee. Der IS ist auch nicht in der näheren Umgebung stationiert. Somit war festzustellen, dass eine Bedrohung der Beschwerdeführerin durch den IS auszuschließen ist.
2.7. Die Negativfeststellungen zu einer behaupteten Bedrohung der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der "Frauen" ergeben sich aus den zitierten Feststellungen in den Länderberichten. Diesen ist zu entnehmen, dass Frauen in kurdischen Gebieten keine Repressalien zu befürchten haben, diese sind vielmehr zu großen Teilen den Männern gleichgestellt. In den dort eingerichteten Frauenkomitees, Frauenhäusern und Frauenzentren besteht auch für die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, über familiäre und soziale Probleme - wie etwa ihre Scheidung - zu sprechen und Lösungen zu finden. Ergänzend wird auch festgehalten, dass sich noch zahlreiche andere Familienmitglieder der Beschwerdeführerin - insbesondere Geschwister sowie Tanten, Cousinen, Cousins und auch ihre Kinder - in Syrien aufhalten.
2.8. Dass keine anderen Gründe als die von der Beschwerdeführerin in der Erstbefragung bzw. in der Befragung vor der belangten Behörde sowie in der Beschwerde angegebenen erkennbar sind, aufgrund derer der Beschwerdeführerin in Syrien Verfolgung durch das syrische Regime bzw. den syrischen Staat droht, ergibt sich daraus, dass solche weder im Laufe des Verfahrens hervorgekommen sind, noch, dass sich solche unter Bedachtnahme auf die Länderberichte ergeben haben. Die Beschwerdeführerin selbst gab in der Erstbefragung an, von staatlicher Seite nichts zu befürchten zu haben. Wenn die Beschwerdeführerin in der ersten Einvernahme durch die belangte Behörde am 29.12.2016 erwähnt, sie fühle sich auch von den Rebellengruppen und der Regierung bedroht, ist dieses Vorbringen in keiner Weise substantiiert und wurde auch keine konkrete Begründung für eine Furcht vor der Regierung oder Rebellengruppen dargelegt. Auch in der zweiten Einvernahme vor der belangten Behörde am 18.05.2017 erwähnte die Beschwerdeführerin von sich aus mit keinem Wort eine Verfolgung durch die Regierung oder andere Rebellengruppen, sondern gab ausdrücklich an, außerhalb des Gefängnisses (Inhaftierung durch Mitglieder des IS) zu keinem Zeitpunkt bedroht worden zu sein. Auch die Frage, ob sie in Syrien jemals Probleme mit Gerichten, Sicherheitsbehörden, Geheimdiensten oder dem Militär gehabt habe, verneinte sie. Erst auf die Nachfrage, warum sie vor dem Regime Angst habe, gab sie an, vor den Luftangriffen Angst zu haben. Darüber hinaus wurde auch in der Beschwerde keine konkrete Furcht vor Verfolgung durch die syrische Regierung oder Rebellengruppen vorgebracht, sondern auch hier nur auf die Angst vor Verfolgung durch den IS bzw. die allgemeine, kriegsbedingte Sicherheitslage Bezug genommen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu Spruchpunkt A): Abweisung der Beschwerde:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Bei der Entscheidung, ob eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung besteht, handelt es sich immer um eine Prognoseentscheidung, die eine auf die Zukunft gerichtete Verfolgung verlangt. Das Wort "Furcht" bezieht sich dabei nicht nur auf Personen, die tatsächlich verfolgt wurden, sondern auch auf solche, die einer Situation aus dem Wege gehen möchten, die eine Gefahr der Verfolgung in sich birgt (vgl. UNHCR, Ergänzende aktuelle Länderinformationen Syrien: Militärdienst, vom 30. November 2016, S. 1).
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; 15.03.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).
Der Umstand, dass im Heimatland des Asylwerbers Bürgerkrieg herrscht, stellt für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK dar. Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd der ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, d.h. er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptungen spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" der wohlbegründeten Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).
3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst zu klären, ob es sich um ein Familienverfahren im Sinne des § 34 Abs. 1 AsylG 2005 handelt oder nicht. Dazu ist wie folgt auszuführen:
Gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 liegt ein Familienverfahren dann vor, wenn ein Familienangehöriger eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten bzw. eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist bzw. ein Familienangehöriger eines Asylwerbers einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Ein derartiger Antrag gilt als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger" unter anderem der Ehegatte, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat.
Da die Ehe der Beschwerdeführerin mit ihrem nunmehrigen Ehemann nicht bereits vor der Einreise bestand, gilt die Beschwerdeführerin nicht als Familienangehörige des asylberechtigten Ehemannes, sodass fallbezogen ein Familienverfahren im Sinne des § 34 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegt.
3.2.3. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, erweist sich das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte mögliche Verfolgungsszenario - nämlich eine Verfolgung und möglicherweise auch neuerliche Inhaftierung durch den IS - vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung als maßgeblich unwahrscheinlich, weshalb es der Beschwerdeführerin insgesamt nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung mit maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Syrien kann daher nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.
3.2.4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3.2.5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben, zumal die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen - ergänzt um aktuellere Feststellungen - unverändert die zur Beurteilung des konkreten Falles notwendige Aktualität aufweisen.
3.2.6. Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt B):
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Punkten bei Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
aktuelle Bedrohung, aktuelle Gefahr, alleinstehende Frau, Anhaltung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W203.2170541.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.10.2018