TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/4 W230 2102357-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.10.2018
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Entscheidungsdatum

04.10.2018

Norm

AVG §64a Abs1
AVG §64a Abs2
B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §19 Abs7
MOG 2007 §6
MOG 2007 §8i
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W230 2102357-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, XXXX, XXXX, Betriebsnummer XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 28.05.2013, Zl. XXXX (nach Ergehen zweier als Beschwerdevorentscheidung zu wertender Abänderungsbescheide vom 03.01.2014, Zl. XXXX bzw. vom 18.12.2014, Zl. XXXX, und Stellung zweier Vorlageanträge), betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2010, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 18.12.2014, Zl.XXXX, bestätigt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Abänderungsbescheid vom 28.05.2013, Zl. XXXX, gewährte die Agrarmarkt Austria (AMA; im Folgenden: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin für das Jahr 2010 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von € 16.228,88. Die belangte Behörde legte dem Bescheid zugrunde, dass die Beschwerdeführerin über 47,94 Zahlungsansprüche verfügt, eine Fläche von 48,72 ha (davon 14,47 ha Almfläche) beantragt hat, sowie dass nach Vor-Ort-Kontrollen und Verwaltungskontrollen eine Fläche von 48,48 ha (davon 14,47 ha Almfläche) ermittelt und keine Differenzfläche festgestellt wurde.

2. Nach Erhebung einer Berufung erließ die belangte Behörde eine mit 03.01.2014 datierte Beschwerdevorentscheidung, Zl. XXXX, mit der sie der Beschwerdeführerin - abweichend vom angefochtenen Bescheid - eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von nur noch € 13.554,41 gewährte und sie zur Rückzahlung von € 2.674,47 als Differenz zum bisher (mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.05.2013) für dieses Antragsjahr gewährten Betrag von € 16.228,88 verpflichtete. Dabei legte die belangte Behörde ihrer Beihilfenberechnung zugrunde, dass die Beschwerdeführerin wiederum über 47,94 Zahlungsansprüche verfügt und eine Fläche von 48,72 ha (davon 14,47 ha Almfläche) beantragt hat. Allerdings sei nach Vor-Ort-Kontrollen und Verwaltungskontrollen eine Fläche von 45,24 ha (davon 11,23 ha Almfläche) ermittelt eine Differenzfläche von 2,70 ha festgestellt worden. Von dieser Differenzfläche ausgehend wurde im Bescheid auch eine Flächensanktion in Höhe von € 1.938,02 verhängt, die damit begründet wurde, dass anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle vom 05.07.2012 Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt wurden.

3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag. In weiterer Folge erließ die belangte Behörde - erneut - einen (mit 18.12.2014 datierten) Abänderungsbescheid, dessen Rechtsmittelbelehrung durch die ausdrückliche Bezeichnung als "Beschwerdevorentscheidung" und den Hinweis auf die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags für eine Qualifikation als (neuerliche) Beschwerdevorentscheidung spricht. Die dem Bescheid zugrunde gelegte "Flächentabelle" entsprach jener des Bescheides vom 03.01.2014, Zl. XXXX, die belangte Behörde jedoch nicht mehr von einer (sanktionswirksamen) Differenzfläche mehr aus und begründete dies damit, dass die Beschwerdeführerin durch Vorlage einer Erklärung (eine mit 18.06.2014 datierte und am selben Tag bei der belangten Behörde eingelangten "Erklärung des Auftreibers gemäß § 8i MOG") glaubhaft machen konnte, dass ihr keine Umstände erkennbar waren, die sie an der Zuverlässigkeit des Bewirtschafters der Alm mit der BNr. XXXX zweifeln hätte lassen können. Da die Beschwerdeführerin demnach keine Schuld an der Abweichung der angemeldeten von der ermittelten Fläche hinsichtlich der genannten Alm treffe, sei eine Richtigstellung der Fläche ohne Sanktion vorzunehmen gewesen.

Auch gegen diese Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag.

4. Die Beschwerdeführerin bringt zusammengefasst vor, dass sie sich persönlich über das Ausmaß der Alm und insbesondere das Ausmaß der zur Verfügung stehenden Almfutterfläche erkundigt habe und ihre Sorgfaltspflicht dadurch ausreichend gewahrt habe. Für sie habe kein Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Almfutterflächen durch die Bewirtschafterinnen der von ihr im Jahr 2010 bestoßenen Almen ergeben.

Die Futterflächenfeststellung sei vorschriftsmäßig nach den örtlichen Verhältnissen und den Vorgaben des Almleitfadens erfolgt, aufgrund einer am 05.07.2012 auf der F-Alm stattgefundenen Vor-Ort-Kontrolle sei weniger Almfutterfläche festgestellt worden, dies würde sich auch auf den Heimbetrieb der Beschwerdeführerin auswirken. Bei der Antragstellung habe man sich auf die Ergebnisse einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2004 verlassen. Zudem seien Landschaftselemente bei der Feststellung der Referenzfläche nicht berücksichtigt worden. Wären diese berücksichtigt worden, hätte dies zu einem anderen Ergebnis geführt.

Zudem seien frühere Vor-Ort-Kontrollen nicht berücksichtigt worden. Die Antragstellung habe sich am Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle 2014 orientiert, da es keinen Grund gab, an deren Richtigkeit zu zweifeln. Das Ergebnis dieser früheren Kontrolle würde aber ohne jegliche Begründung im angefochtenen Bescheid keine Berücksichtigung finden, sondern sei ungeprüft auf frühere Wirtschaftsjahre übertragen worden.

Da die belangte Behörde Ergebnisse früherer Kontrollen nicht berücksichtige, liege ein Behördenirrtum vor und bestehe gemäß Art. 73 Abs. 4 der VO (EG) 796/2004 keine Rückzahlungsverpflichtung, da der Irrtum von der Beschwerdeführerin als Betriebsinhaberin billigerweise nicht erkannt habe werden können.

Die Beschwerdeführerin bringt zusätzlich vor, dass sie als Auftreiberin kein Verschulden an einer falschen Beantragung treffen könne; ein allfälliges Verschulden ihres Vertreters könne ihrer Ansicht nach nicht zu ihrer Bestrafung führen. Selbst wenn ihr ein fahrlässiges Verhalten zu unterstellen wäre, sei die verhängte Sanktion unangemessen hoch und stehe in einem extremen Missverhältnis zu einem allfälligen Fehlverhalten ihrerseits.

Die Beschwerdeführerin moniert zudem die Gleichheitswidrigkeit des Sanktionenkatalogs. Zum einen könne ihr ein Verschulden an der unrichtigen Futterflächenermittlung nicht angelastet werden, wenn ein ungeeignetes Mess-System zur Anwendung gelange, denn die Verantwortung für ein adäquates Mess-System könne nicht auf sie überwälzt werden. Zum anderen sei mit der Rückzahlungsverpflichtung die Verantwortung für einen Systemfehler auf sie übertragen worden, was von ihr keinesfalls akzeptiert werden könne.

Schließlich sei auch das Ermittlungsverfahren mangelhaft geführt worden und der angefochtenen Bescheid daher materiell rechtswidrig. Der Beschwerde angeschlossen war u.a. eine Stellungnahme der Bewirtschafterin der F-Alm samt Beilagen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin stellte am 28.04.2010 für ihren Betrieb mit der Betriebsnummer XXXX einen Mehrfachantrag-Flächen und beantragte für die in der Beilage Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierten Flächen die Gewährung einer Einheitlichen Betriebsprämie 2010.

Neben der Bewirtschaftung ihres Heimbetriebes war die Beschwerdeführerin im Jahr 2010 zudem Auftreiberin auf die XXXX (Alm Nr. XXXX; im Folgenden: F-Alm) und auf die XXXX (Alm Nr. XXXX; im Folgenden: O-Alm), für die ebenfalls Mehrfachanträge-Flächen gestellt wurden.

1.2. Am 05.07.2012 fand auf der F-Alm eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der rückgerechnet für das Antragsjahr 2010 anstelle einer beantragten Almfutterfläche von 126,15 ha lediglich eine solche im Ausmaß von 88,99 ha festgestellt wurde.

1.3. Aufgrund der Vor-Ort-Kontrolle auf der F-Alm ist anstelle der beantragten Fläche von 48,72 ha für die Beschwerdeführerin nur eine solche im Ausmaß von 45,24 ha als ermittelt festzustellen. Auf die Beschwerdeführerin entfällt (anhand ihres - unstrittigen - GVE-Anteils) anstelle einer beantragten anteiligen Almfutterfläche von 14,47 ha eine anteilige ermittelte Almfutterfläche im Ausmaß von 11,23 ha. Die festgestellte Differenz bei der Almfutterfläche ist von der Beschwerdeführerin nicht verschuldet.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und blieb sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren unbestritten.

Die Feststellung der Richtigkeit der anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle vom 05.07.2012 ermittelten Futterfläche der F-Alm Alm folgt aus dem Ergebnis der fachlich kompetenten Überprüfung vor Ort durch Kontrollorgane der belangten Behörde. Diesem Ergebnis ist die Beschwerdeführerin nicht (ausreichend substantiiert) entgegengetreten. In ihrer Beschwerde bezieht sich die Beschwerdeführerin zwar auf Vor-Ort-Kontrollen in früheren Antragsjahren, ohne auf diese allerdings näher einzugehen. Insbesondere bringt weder sie noch die Almbewirtschafterin der von ihr bestoßenen F-Alm vor, auf welchen konkreten Teilen der Alm aus ihrer Sicht eine Fehlbeurteilung der belangten Behörde erfolgt sei. Es wird auch nicht ausreichend substantiiert dargelegt, inwiefern sich die Gegebenheiten auf diversen Flächenabschnitten aus ihrer Sicht - entgegen der Beurteilung der belangten Behörde - anders dargestellt hätten. Die Beschwerdeführerin ist den Feststellungen der belangten Behörde zum Ausmaß der Futterfläche auf der F-Alm somit nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, weshalb aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts das von der belangten Behörde ermittelte Flächenausmaß den Feststellungen zu Grunde zu legen war.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde nach Maßgabe der im Spruch verfügten Änderung

3.1. Zuständigkeit und Allgemeines

Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung über die - rechtzeitig und auch sonst zulässig erhobene - Beschwerde zuständig (Art. 130 Abs. 1 Z 1, 131 Abs. 2 B-VG; § 6 MOG 2007, § 1 AMA-G). Die Entscheidung kommt einem Einzelrichter zu (§ 6 BVwGG).

3.2. Zur ersten und zweiten Beschwerdevorentscheidung

Die Beschwerde (ursprünglich Berufung) richtet sich gegen den Abänderungsbescheid vom 28.05.2013, Zl. XXXX. Aus Anlass dieses Rechtsmittels hat die Behörde mit dem ebenfalls als "Abänderungsbescheid" bezeichneten Bescheid vom 03.01.2014, Zl. XXXX, eine Beschwerdevorentscheidung erlassen. Diese Deutung ergibt sich aus der Rechtsmittelbelehrung, in der die Bezeichnung "Beschwerdevorentscheidung" enthalten und auf die Möglichkeit der Einbringung eines Vorlageantrages innerhalb von zwei Wochen hingewiesen wird (wie dies in § 15 Abs. 1 VwGVG vorgesehen ist).

Gegen die Beschwerdevorentscheidung wurde von der Beschwerdeführerin - fristgerecht - ein Vorlageantrag gestellt. Statt die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, erließ die belangte Behörde mit einem wiederum als "Abänderungsbescheid" bezeichneten Bescheid neuerlich eine Beschwerdevorentscheidung, gegen die die Beschwerdeführerin - erneut fristgerecht - einen Vorlageantrag erhob.

Hinsichtlich dieser "ersten Beschwerdevorentscheidung" ist anzumerken, dass die maßgebliche Frist zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung (§ 64a AVG) bzw. - ab 01.01.2014 - einer Beschwerdevorentscheidung (§ 14 VwGVG iVm. § 19 Abs. 7 MOG 2007) zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides vom 03.01.2014 verstrichen und die Zulässigkeit einer Beschwerdevorentscheidung daher bereits weggefallen war: Die Berufung war bereits am 11.06.2013 bei der belangten Behörde eingelangt. Die nach der damals maßgeblichen Rechtslage geltende Frist zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung (§ 64a AVG) war bereits abgelaufen, als zum 1.1.2014 für das vorliegende Verfahren das Rechtsinstitut der Beschwerdevorentscheidung an die Stelle des Rechtsinstituts der Berufungsvorentscheidung trat (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, sowie

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW, BGBl. I Nr. 189/2013). Dies bedeutet, dass die belangte Behörde ihre "erste Beschwerdevorentscheidung" als nicht (mehr) zuständige Behörde zu einem Zeitpunkt getroffen hat, in dem nur mehr das Verwaltungsgericht zuständig gewesen wäre. Hinsichtlich der "zweiten Beschwerdevorentscheidung" vom 18.12.2014 gilt nicht nur, dass auch diese bereits verspätet und sohin von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde. Sie war schon deswegen unzulässig, weil das Gesetz im vorliegenden Rechtsbereich eine zweite Beschwerdevorentscheidung nicht zulässt. Diese "zweite Beschwerdevorentscheidung" ist damit zwar nicht unwirksam ergangen (und stand daher bis zur nunmehrigen Entscheidung des Gerichts vorerst in Geltung), sie ist aber unzuständigerweise erlassen worden.

Eine Unzuständigkeit der belangten Behörde ist vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. § 27 VwGVG). Fraglich kann sein, ob es erforderlich ist, dass die Wahrnehmung einer Unzuständigkeit der vorliegenden Art zwingend in der Weise erfolgt, dass die Beschwerdevorentscheidung förmlich in einem eigenen Spruchpunkt aufgehoben wird, zumal das Verwaltungsgericht ohnehin auch noch in einem eigenem Spruchpunkt meritorisch über die Beschwerde seine eigene an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tretende (ggf. die Beschwerdevorentscheidung abändernde), Entscheidung zu treffen hat (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026), mit der die Beschwerdevorentscheidung ohnehin beseitigt wird, wobei in der Begründung die Unzuständigkeit wegen Überschreitung der Frist zur Beschwerdevorentscheidung zusätzlich angeführt werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die "zweite Beschwerdevorentscheidung" die "erste Beschwerdevorentscheidung" ersetzt hat und diese auch nicht wieder auflebt, so dass ihm im vorliegenden Verfahren ein Aufgreifen der bei Erlassung der "ersten Beschwerdevorentscheidung" gegebenen Unzuständigkeit der belangten Behörde versagt bleibt. Auch hinsichtlich der "zweiten Beschwerdevorentscheidung" ist nicht ersichtlich, dass ein förmliches Aufgreifen der - allein durch die Verspätung bedingten - Unzuständigkeit des Bescheides, die ihre inhaltliche Richtigkeit nicht berührt, durch den Rechtsschutzauftrag des Verwaltungsgerichtes geboten wäre. An die Stelle der "zweiten Beschwerdevorentscheidung" tritt das vorliegende Erkenntnis, das den Inhalt dieser Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

3.3. Zu den materiellen Rechtsgrundlagen

3.3.1. Art. 19 Abs. 1 sowie 33 bis 35 und 37 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19.01.2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, ABl. L 30 vom 31.01.2009, S. 16, (VO (EG) 73/2009), lauten auszugsweise:

"Artikel 19

Beihilfeanträge

(1) Jeder Betriebsinhaber muss für die Direktzahlungen jedes Jahr einen Antrag einreichen,

a) alle landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs und im Fall der Anwendung von Artikel 15 Absatz 3 die Anzahl und den Standort der Ölbäume auf der Parzelle,

b) die für die Aktivierung gemeldeten Zahlungsansprüche,

c) alle sonstigen Angaben, die in dieser Verordnung oder von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgesehen sind."

"Artikel 33

Zahlungsansprüche

(1) Betriebsinhaber können die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn sie

a) Zahlungsansprüche besitzen, die sie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 erhalten haben;

b) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung [...],

erhalten haben.

[...]

Artikel 34

Aktivierung von Zahlungsansprüchen je beihilfefähige Hektarfläche

(1) Eine Stützung im Rahmen der Betriebsprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die Zahlung der darin festgesetzten Beträge.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Ausdruck "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs und jede Fläche mit Niederwald mit Kurzumtrieb (KN-Code ex060290 41), die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird,

[...].

Artikel 35

Meldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Der Betriebsinhaber meldet die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen diese Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat für die Änderung des Beihilfeantrags festgesetzten Zeitpunkt liegen darf.

(2) Die Mitgliedstaaten können unter ordnungsgemäß begründeten Umständen den Betriebsinhaber ermächtigen, seine Anmeldung zu ändern, sofern er die seinen Zahlungsansprüchen und den Bedingungen für die Gewährung der einheitlichen Betriebsprämie für die betreffende Fläche entsprechende Hektarzahl einhält."

"Artikel 37

Mehrfachanträge

Für die beihilfefähige Hektarfläche, für die ein Antrag auf Zahlung der einheitlichen Betriebsprämie gestellt wurde, kann ein Antrag auf alle anderen Direktzahlungen sowie alle anderen nicht unter diese Verordnung fallenden Beihilfen gestellt werden, sofern in der vorliegenden Verordnung nichts anderes vorgesehen ist."

3.3.2. Art. 11, 21, 25, 73 und 80 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30.11.2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor lauten auszugsweise:

"Artikel 11

Einreichung des Sammelantrags

(1) Ein Betriebsinhaber kann im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen nur einen Sammelantrag pro Jahr einreichen. [...]

(2) Der Sammelantrag ist bis zu einem von den Mitgliedstaaten auf spätestens 15. Mai des Jahres festzusetzenden Termin einzureichen. Estland, Lettland, Litauen, Finnland und Schweden können den Termin auf spätestens 15. Juni festsetzen.

[...]."

"Artikel 21

Berichtigung offensichtlicher Irrtümer

Unbeschadet der Artikel 11 bis 20 kann ein Beihilfeantrag nachseiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt."

"Artikel 25

Rücknahme von Beihilfeanträgen

(1) Ein Beihilfeantrag kann jederzeit schriftlich ganz oder teilweise zurückgenommen werden.

[...]

(2) Rücknahmen nach Absatz 1 versetzen den Antragsteller wieder in die Situation, in der er sich vor Einreichung des betreffenden Antrags oder Antragsteils befand."

"Artikel 73

Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse

(1) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

(2) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung auf die betreffenden Teile des Beihilfeantrags, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet.

Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation."

"Artikel 80

Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge

(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 3 berechneten Zinsen verpflichtet.

[...]

(3) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.

Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist.

[...]."

3.3.3. § 8i Abs. 1 MOG 2007 lautet:

"Regelung für Auftreiber auf gemeinschaftlich genutzte Futterflächen

§ 8i (1) Betriebsinhabern, die auf gemeinschaftlich genutzte Almen und Weiden Tiere auftreiben, wird die beihilfefähige Fläche entsprechend dem Anteil der von ihnen jeweils aufgetriebenen Tiere zugerechnet. Gemäß Art. 73 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 [...] finden Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn für den auftreibenden Betriebsinhaber keine Umstände erkennbar waren, die ihn an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm- oder Weidefutterflächen zweifeln lassen hätten können."

3.4. Daraus folgt rechtlich

3.4.1. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass Art. 58 VO (EU) 1306/2013 und ähnlich bisher Art. 9 VO (EG) 1290/2005 die Mitgliedstaaten verpflichten, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen zu erlassen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere auch zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Dies wurde auch in Art. 80 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 festgelegt. Aus Vorgängerbestimmungen leitete der Europäische Gerichtshof das unbedingte Gebot der Rückforderung von zu Unrecht gewährten Prämien, auch aus den Vorjahren, ab (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Strawson, Rn 64). Dies hat zur Folge, dass aktuelle Kontrollergebnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Der Umstand, dass die Behörde zunächst die Flächenangaben des Antragstellers ihrem Bescheid zu Grunde legte, steht einer Abänderung des entsprechenden Bescheides nach Feststellung der objektiven Ausmaße der beantragten Flächen nicht entgegen (VwGH 20.07.2011, 2007/17/0164).

Im vorliegenden Fall hat eine Vor-Ort-Kontrolle auf der F-Alm eine Reduktion der anteiligen Almfutterfläche der Beschwerdeführerin ergeben. Zwar wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die von der belangten Behörde im Rahmen der stattgefundenen Vor-Ort-Kontrolle festgestellte Flächenermittlung, allerdings weist sie lediglich pauschal auf frühere Vor-Ort-Kontrollen hin, ohne diese näher zu erläutern oder konkret darzulegen, aus welchen Gründen sie das Kontrollergebnis vom 05.07.2012 für falsch erachte. Zudem moniert die Beschwerdeführerin, dass Landschaftselemente nicht berücksichtigt worden seien. Auf diese Vorbringen ist jedoch nicht weiter einzugehen, da die Beschwerdeführerin weder konkret vorbringt, welche Landschaftselemente nicht berücksichtigt worden seien , noch in welcher Weise diese zu berücksichtigen gewesen wären und es somit unterlässt darzulegen, zu welchem anderen Ergebnis die Berücksichtigung dieser Gegebenheiten hätte führen können (vgl. VwGH 07.10.2013, 2012/17/0165; 17.11.2014, 2013/17/0111).

Im Hinblick auf die Mitwirkungspflicht der Parteien bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes in Verfahren nach dem AVG muss ein Betriebsinhaber ausreichend konkret darlegen, auf Grund welcher Umstände das Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle von der Behörde nicht hätte verwendet werden dürfen (vgl. zB VwGH vom 07.10.2013, 2012/17/0236, mwN). Ohne konkrete Anhaltspunkte im Vorbringen des Rechtsmittelwerbers ist die Rechtsmittelbehörde nämlich nicht gehalten, das Ergebnis der prima facie fachlich kompetenten Überprüfung vor Ort in Zweifel zu ziehen (VwGH 18.11.2015, 2013/17/0628). Es konnten daher der Berechnung der einheitlichen Betriebsprämie die im Rahmen der Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Flächenausmaße zu Grunde gelegt werden.

Die Behörde war daher nach Art. 80 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 verpflichtet, jenen Betrag, der aufgrund des ursprünglich eingereichten Antrages zuerkannt worden war, der aber den nunmehr zustehenden Betrag übersteigt, von der Beschwerdeführerin zurückzufordern (grundlegend VwGH 20.07.2011, 2007/17/0164; 09.09.2013, 2011/17/0216; 17.11.2014, 2013/17/0111).

3.4.2. Die Beschwerdeführerin hat daher den ihr zunächst zu Unrecht gewährten Beihilfebetrag jedenfalls zurückzuerstatten. Daran ändert auch nichts, dass die fehlerhaften Flächenangaben nicht von der Beschwerdeführerin selbst, sondern von der Almbewirtschafterin in deren Mehrfachantrag-Flächen gemacht wurden. Die Almbewirtschafterin ist Verwalter und Prozessbevollmächtigter der einzelnen Almauftreiber und u.a. auch zur Antragstellung für die Auftreiber bevollmächtigt. Ihre Handlungen sind der Beschwerdeführerin daher zuzurechnen (VwGH 17.06.2009, 2008/17/0224). Aus diesem Grund muss der Beschwerdeführerin insoweit auch das der Almbewirtschafterin im Rahmen des (die Alm betreffenden) Verwaltungsverfahrens als Vertreterin zugänglich gemachte Wissen um die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle, um die im GIS von der Almbewirtschafterin zwecks Antragstellung vorgenommene Flächendigitalisierung und um die darin ersichtlichen Digitalisierungsergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle zugerechnet werden.

3.4.3. Das Beschwerdevorbringen lässt zudem erkennen, dass das zur Anwendung gelangte Mess-System bemängelt wird. Wenn die Beschwerdeführerin damit andeuten will, dass ein Irrtum der Behörde im Sinne des Art. 73 Abs. 4 VO (EG) 796/2004 vorliege, weil sich die Mess-Systeme geändert hätten, kann ihr Folgendes entgegengehalten werden: Nach den oben angeführten Rechtsvorschriften ist nur die tatsächlich genutzte Futterfläche beihilfefähig. Mit Bäumen bestandene Flächen können nur insoweit beantragt werden, als auf ihnen die Nutzung der Futterfläche unter denselben Bedingungen möglich ist wie auf Flächen, die nicht baumbestanden sind. Zur Erleichterung der Berechnung nach diesen beiden Kriterien stellte die belangte Behörde im Jahr 2000 einen Leitfaden zur Verfügung, der die Ermittlung der Futterfläche auf Almen erleichtern sollte ("Almleitfaden"). In diesem Leitfaden wurde zur Erleichterung der Feststellung des Überschirmungsgrades, also der unproduktiven Fläche unter Bäumen, eine Abschätzung in Prozentschritten vorgeschlagen. Für die Feststellung der nach Abzug der überschirmten Flächen noch verbleibenden unproduktiven Flächen, wie beispielsweise Geröllflächen, wurde keine spezielle Vorgangsweise vorgeschlagen.

Jeder Antragsteller blieb dennoch verpflichtet, nur die beihilfefähigen Flächen zu beantragen (vgl. Pkt. 4 des Almleitfadens). Im Jahr 2010 stellte die belangte Behörde für die Berechnung des sogenannten NLN-Faktors (= nicht landwirtschaftliche Nutzfläche) zusätzlich ein Berechnungsmodell zur Verfügung, bei dem nach Abschätzung des Überschirmungsgrades die Abschätzung der übrigen unproduktiven Fläche in 10 %-Schritten erfolgen konnte. Dabei handelte es sich nicht um eine Änderung eines Mess-Systems oder der Messgenauigkeit. Eine verbesserte Messgenauigkeit erfolgte mit der verpflichtenden Digitalisierung im Jahr 2010 und erfolgt laufend mit der Verbesserung der Luftbildqualität. Inwiefern daraus nun der Beschwerdeführerin ein Nachteil erwachsen ist, wäre aber in der Beschwerde konkret darzulegen gewesen. Weder die Beschwerde noch die der Beschwerde beigelegte Sachverhaltsdarstellung der Bewirtschafterin der betroffenen Alm enthalten konkrete Angaben, bei welchen Schlägen sich Abweichungen ausschließlich durch den neuen NLN-Faktor ergeben hätten.

Zudem beruhen die (nicht substantiiert bestrittenen) Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle nicht (ausschließlich) auf einem verbesserten Luftbild, sondern insbesondere auf einer Begutachtung der Alm vor Ort.

3.4.4. Zwar wurde im angefochtenen Bescheid vom 28.05.2013, Zl. XXXX, keine Sanktion verhängt, im Zuge einer stattgefundene Vor-Ort-Kontrolle auf der F-Alm wurden Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt. Für die Beschwerdeführerin ergab dies eine Differenzfläche von 2,70 ha. An solche Flächenabweichungen knüpft sich grundsätzlich die Sanktion in der Weise verhängt werden müssen, dass der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche zu kürzen gewesen wäre.

Allerdings ist hinsichtlich des Verschuldens der Beschwerdeführerin an der festgestellten Flächenabweichung betreffend die F-Alm, Folgendes auszuführen:

Nach Art. 73 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 finden die in Kapitel I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

Die Beschwerdeführerin hat eine mit 18.06.2014 datierte "§ 8i MOG-Erklärung" nachgereicht, wonach die belangte Behörde in ihrer - nunmehr aus formalrechtlichen Gründen aufzuhebenden Begründung des Abänderungsbescheides ("zweite Beschwerdevorentscheidung") vom 18.12.2014, Zl. XXXX - selbst einräumt, dass unter Berücksichtigung der nachträglich vorgelegten Erklärung hinsichtlich der Almfutterfläche auf der F-Alm eine Richtigstellung ohne Sanktion geboten wäre. Der Beschwerde war in diesem Umfang Folge zu geben, eine aufgrund von Flächenabweichungen allfällig gebotene Verhängung einer Flächensanktion hat mangels Verschuldens der Beschwerdeführerin zu unterbleiben.

3.4.5. Das geltend gemachte "fehlende Verschulden" führt zwar zum Wegfall der Flächensanktion, ändert aber an der Rückzahlungspflicht nichts. Nach der zitierten Bestimmung gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung nicht, "wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte". Nach der Rechtsprechung des EuGH (s das Urteil vom 02.07.2015 Rs. C-684/13, Demmer) ist bei der Prüfung der Frage, ob ein nicht erkennbarer Behördenirrtum vorliegt, zu berücksichtigen, dass von Betriebsinhabern als Berufslandwirten erwartet werden kann, dass sie bei der Stellung eines Beihilfeantrags besondere Sorgfalt anwenden und von den Voraussetzungen für die Gewährung einer Beihilfe Kenntnis genommen haben. Dies ergibt sich insbesondere aus Art. 12 der Verordnung Nr. 796/2004, wonach es Aufgabe des Betriebsinhabers ist, im Rahmen seines Antrags auf Beihilfe nach der Betriebsprämienregelung die Richtigkeit der Angaben auf dem vorgedruckten Formular zu überprüfen. Aus diesem Artikel geht ferner hervor, dass diese Zahlungsregelung auf der Prämisse beruht, dass die Betriebsinhaber von den Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe nach den betreffenden Regelungen Kenntnis genommen haben. Der EuGH hat im zitierten Urteil weiters betont, dass "dass Art. 73 Abs. 4 der Verordnung Nr. 796/2004 eng auszulegen ist, da er eine Ausnahme von der Pflicht zur Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Beträge vorsieht" (EuGH aaO, Rn. 85). Dies gelte umso mehr, als diese Pflicht den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union bezweckt. Unter diesen Umständen sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Betriebsinhaber billigerweise erkennen kann, wenn die dem Antrag zugrunde liegenden Flächen nicht beihilfefähig sind (vgl. aaO Rn 86); nur in Ausnahmefällen kann ein Behördenirrtum anerkannt werden, wobei der EuGH beispielhaft auf die im Urteil vom 05.06.2014, Rs. C-105/13, Vonk Nordegraaf, Rn. 50, genannte Konstellation verweist, in der ein Antragsteller die Fehler bei der Feststellung der Fläche seiner Parzellen deshalb nach billigem Ermessen nicht hätte erkennen können, weil sie die unmittelbare Folge der seinerzeit von den zuständigen nationalen Behörden angewandten Methode waren (Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht); der EuGH hatte dabei eine Situation zu beurteilen, in der die ursprüngliche Unrichtigkeit der Zahlung unstrittigerweise "allein" aus der Änderung der nach den einschlägigen Regelungen geltenden "Methode zur Vermessung der betreffenden Parzellen" ergab (aaO Rn. 26 und 27).

Mit einer derartigen Ausnahmekonstellation lässt sich der Beschwerdesachverhalt nicht gleichsetzen, sind doch die Angaben, die die Beschwerdeführerin im Mehrfachantrag-Flächen vorgenommen hat, ihrer Sphäre zuzurechnen, mag sie daran auch kein zu einer (über die Rückzahlungspflicht hinaus gehenden) Sanktion führendes Verschulden treffen. Die geltend gemachten Umstände führen nicht dazu, dass die Antragstellerin nicht mehr die Letztverantwortung für die Richtigkeit ihrer Angaben trägt. Ein die Rückzahlungspflicht ausschließender Irrtum der Behörde ist somit nicht ersichtlich (vgl. auch VwGH 28.06.2016, 2013/17/0025).

3.4.6. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, es habe ein mangelndes Ermittlungsverfahren stattgefunden, sind nicht nachvollziehbar, zumal im vorliegenden Fall das Ermittlungsverfahren entsprechend der unionsrechtlichen Vorgaben erfolgt ist. Zusätzlich wurde auf der F-Alm eine Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt und der dem vorliegenden Fall zugrundeliegende Sachverhalt ermittelt. Die Auszahlung der Einheitlichen Betriebsprämie erfolgt auf Grundlage eines Antrages des Beihilfeempfängers. Aus den rechtlichen Vorgaben ergibt sich lediglich die Festsetzung des Höchstmaßes an beihilfefähiger Fläche (Referenzparzelle) durch die Zahlstelle oder durch eine von dieser beauftragten Einrichtung. Diese erfolgte jedoch unter verpflichtender Mitwirkung durch den Antragsteller und befreit diesen nicht von der Verpflichtung, richtige und vollständige Angaben zu machen.

Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil in der Rechtssache C-304/00 vom 19.11.2002 festgestellt hat, sind die Behörden nicht verpflichtet und auch gar nicht in der Lage, die Richtigkeit sämtlicher Angaben in den bei ihnen eingereichten Beihilfeanträgen zu überprüfen. Die Kontrollen vor Ort erstrecken sich nur auf eine signifikante Stichprobe. Aus diesem Grund können die Behörden umso weniger dazu verpflichtet sein, die tatsächliche beihilfefähige Fläche in jedem einzelnen Fall vorweg selbst zu ermitteln.

3.4.7. In der Sache unterliegt das Verwaltungsgericht keinem Neuerungsverbot und hat seine Entscheidung auf Grund der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu treffen (zB VwGH 16.12.2015, Ro 2014/03/0083). Sowohl das (nicht substantiiert bestrittene) Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle vom 05.07.2012 als auch die mit 18.04.2014 datierte "Erklärung des Auftreibers gemäß § 8i MOG" (aufgrund derer - wie weiter oben bereits dargelegt - eine allfällig aufgrund der festgestellten Differenzfläche zu verhängende Flächensanktion zu entfallen hat) haben daher in die Entscheidung miteinzufließen. Der angefochtene Bescheid war daher unter Anwendung der Befugnis des § 19 Abs. 3 MOG 2007 im Sinne der nunmehr festgestellten Flächen abzuändern.

3.5. Zur Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil das Gericht einen Sachverhalt zugrunde legen konnte, der mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Einklang ist (der Sachverhalt insoweit, soweit relevant, also unstrittig ist) bzw. mit diesem Vorbringen nicht substantiiert bestritten wurde und das Vorbringen im Übrigen (insb. zum Verschulden) nicht relevant ist. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (VwGH 20.3.2014, 2013/07/0146, 17.02.2015, Ra 2015/09/0007). Aus den Gesetzesmaterialien zur geltenden Fassung des § 24 VwGVG (BGBl. I 24/2017) ergibt sich im Übrigen, dass eine mündliche Verhandlung, soweit sie ausschließlich der Klärung der Rechtsfrage dienen würde, nicht geboten sein soll (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5).

Zu B) Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es ist nicht eindeutig, ob und in welcher Form § 27 VwGVG ein förmliches Aufgreifen einer allein in der Verspätung der Beschwerdevorentscheidung liegenden Unzuständigkeit der Behörde verlangt, wenn diese inhaltlich richtig und daher (inhaltlich) zu bestätigen ist.

Schlagworte

beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit, Berechnung,
Berufungsvorentscheidung, Bescheidabänderung,
Beschwerdevorentscheidung, Bevollmächtigter, Direktzahlung,
einheitliche Betriebsprämie, Entscheidungsfrist, Flächenabweichung,
Fristablauf, Fristüberschreitung, Fristversäumung, Glaubhaftmachung,
INVEKOS, Irrtum, konkrete Darlegung, Konkretisierung, Kontrolle,
Kürzung, Mehrfachantrag-Flächen, Mitwirkungspflicht,
Neuerungsverbot, Prämienfähigkeit, Prämiengewährung,
Rechtzeitigkeit, Revision zulässig, Rückforderung, Sorgfaltspflicht,
Stichproben, unzuständige Behörde, Unzuständigkeit, Verschulden,
Verspätung, Vollmacht, Vorlageantrag, Zahlungsansprüche,
Zurechenbarkeit, Zuständigkeit, Zuverlässigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W230.2102357.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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