TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/5 97/19/1572

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Veröffentlicht am 05.11.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde des am 5. Juli 1971 geborenen ME in W, vertreten durch Dr. P und Mag. B, Rechtsanwälte Wien, sowie Mag. L, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. August 1997, Zl. 121.093/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, welcher über einen Sichtvermerk mit Gültigkeit vom 15. Jänner 1996 bis 15. Juli 1996 verfügte, beantragte am 3. Juli 1996 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Aufenthaltszweck der unselbstständigen Erwerbstätigkeit sowie der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehegattin. Als Wohnsitz gab er eine näher bezeichnete Adresse im 7. Wiener Gemeindebezirk an. Als in Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes nannte er sowohl seine Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit als auch diejenigen seiner Ehegattin.

Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 14. Oktober 1996 den Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. Dies wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer einer Beschäftigung im Inland nachgegangen sei ohne im Besitz einer ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligung zu sein.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Die Berufungsbehörde nahm am 30. April 1997 eine Niederschrift mit der ehemaligen Ehegattin des Beschwerdeführers auf, welche angab, dass der Beschwerdeführer nach einjähriger Ehe am 5. Dezember 1995 die gemeinsame Wohnung im 7. Wiener Gemeindebezirk verlassen habe. Im März 1996 habe sie die Scheidung beantragt, welche mit Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 17. Jänner 1997, rechtskräftig am 25. Februar 1997, erfolgt sei. Die ehemalige Ehegattin des Beschwerdeführers erklärte, es sei ihr nicht bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Antragstellung als Nachweis des gesicherten Unterhaltes eine Bestätigung über die Höhe ihres Einkommens vorgelegt und auch den Mietvertrag, auf ihren Namen lautend, dem Antrag beigelegt habe, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bei ihr gewohnt habe. Ebenso sei ihr nicht bekannt gewesen, dass sich der Beschwerdeführer am 12. März 1996 neuerlich an der Anschrift im 7. Wiener Gemeindebezirk polizeilich gemeldet habe. Der Mietvertrag für diese Wohnung sei im September 1996 beendet worden; sie wohne seit dieser Zeit an einer näher genannten Adresse im 6. Wiener Gemeindebezirk. Der Beschwerdeführer werde von ihr finanziell in keiner Weise unterstützt.

Nach Vorhalt dieser Aussage gab der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 5. August 1997 bekannt, er habe im Zeitpunkt der Antragstellung, zu welcher ihn seine Ehegattin begleitet habe, an der Ehe festhalten wollen und aus diesem Grund gegen die Ehescheidungsklage am 6. Mai 1996 einen "Einspruch" verfasst. Der Beschwerdeführer habe weiterhin in Österreich bleiben und bei seiner damals noch angetrauten Ehefrau leben wollen. Er habe deshalb die Behörde nicht falsch informiert, sondern nur den Zweck seines Aufenthaltes (Familiengemeinschaft mit Österreichern) durchaus ehrlich und richtig angegeben. Weil der Beschwerdeführer wieder mit seiner Ehefrau zusammenleben wollte, habe er sich am 12. März 1996 wieder unter der Adresse im 7. Wiener Gemeindebezirk angemeldet und erst am 26. Juli 1997 abgemeldet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z 4 FrG ab. Nach Wiedergabe des Inhaltes der Berufung und der bezughabenden Gesetzesbestimmungen stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer hätte durch die Vorlage der dem Antrag angeschlossenen Unterlagen versucht, die Behörde über die persönlichen Verhältnisse zu täuschen, um eine Aufenthaltsbewilligung zu erlangen. Der Beschwerdeführer habe im Zeitpunkt der Antragstellung weder über eine für Inländer ortsübliche Unterkunft noch über ausreichende Unterhaltsmittel aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfügt. Gegenüber dem Bezirksgericht Josefstadt habe der Beschwerdeführer am 6. Mai 1996 bekannt gegeben, sich nicht mehr an der Adresse im 7. Bezirk aufzuhalten. Dennoch habe der Beschwerdeführer die polizeiliche Meldung aufrechterhalten und bei der Antragstellung am 3. Juli 1996 diese Wohnung als gesicherte Unterkunft bezeichnet. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers sei jedenfalls die Annahme gerechtfertigt, sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar. Daran könnten auch die Ausführungen des Beschwerdeführers im Zuge seiner Stellungnahme vom 5. August 1997 nichts ändern. Trotz Aufforderung sei vom Beschwerdeführer bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung weder der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel noch einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft erbracht worden. Auf Grund der Aktenlage seien keine familiären Bindungen erkennbar. Bei Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen sei von der Berufungsbehörde auch auf das vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gesetzte Verhalten im Bundesgebiet Bedacht zu nehmen.

Gegen den Beschwerdeführer sei am 27. Jänner 1994 von der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Trotz dieses Aufenthaltsverbotes habe der Beschwerdeführer das Bundesgebiet nicht verlassen und sei in weiterer Folge unrechtmäßig in Österreich verblieben. Dieses Aufenthaltsverbot sei am 10. Juni 1997 aufgehoben worden. Unter Bedachtnahme auf sein bisheriges Verhalten sei den öffentlichen Interessen, nämlich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit der Vorrang einzuräumen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer weder über eine Aufenthaltsbewilligung noch über einen am 1. Juli 1993 gültigen Sichtvermerk verfügte, weshalb auf den vorliegenden Beschwerdefall die Bestimmung des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 keine Anwendung findet.

§ 5 Abs. 1 AufG lautete:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z 4 FrG lautete:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid zum einen darauf, der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 4 FrG sei deshalb gegeben, weil der Beschwerdeführer bei der Antragstellung durch unrichtige Angaben die Behörde getäuscht habe und weil er trotz eines über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes das Bundesgebiet nicht verlassen habe. Darüber hinaus erachtete die belangte Behörde auch § 5 Abs. 1 AufG (zweiter Satz) als verwirklicht, weil bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vom Beschwerdeführer weder der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel noch einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft erbracht wurde.

In seiner Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer in erster Linie gegen die Annahme, dass er in Täuschungsabsicht der Behörde gegenüber die genannten falschen Angaben gemacht habe. Er habe diese Angaben lediglich deshalb gemacht, um seine in Krise geratene Ehe wieder "zu reparieren". Was die von der belangten Behörde monierten fehlenden Nachweise ausreichender Unterhaltsmittel bzw. einer ortsüblichen Unterkunft betreffe, so habe die belangte Behörde selbst während des gesamten Berufungsverfahrens ihr Augenmerk auf die Vergangenheit gerichtet und sich mit den damaligen Angaben des Beschwerdeführers auseinander gesetzt. Es sei vor diesem Hintergrund für den Beschwerdeführer nicht erkennbar gewesen, dass die belangte Behörde das Fehlen eines aktuellen Nachweises von Unterhaltsmitteln zum Versagungsgrund machen würde. Auf den von der belangten Behörde festgestellten unrechtmäßigen Aufenthalt während des Zeitraums eines Aufenthaltsverbotes geht der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht ein.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, dass er (auch) über eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung verfügt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/0009). Nur dadurch kommt er seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, dass kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 leg.cit. vorliegt. Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Verpflichtung zur Glaubhaftmachung entsprechend zu handeln, sind demnach ebenso wenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen. Von den diesbezüglichen Angaben des Fremden im Verfahren kann die Berufungsbehörde selbst dann ausgehen, wenn sie erstmals den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 zweiter Fall AufG (nicht gesicherte Unterkunft) heranzieht (vgl. dazu das zur Darlegung von Unterhaltsmitteln ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0327).

Die Behörde hat auf Basis der vorgelegten Unterlagen zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer eine derartige Unterkunft im Zeitpunkt der Bescheiderlassung und für die Dauer der zu erteilenden Bewilligung zur Verfügung steht. Dass dem Beschwerdeführer die im Antrag angegebene Unterkunft in Wahrheit nicht zur Verfügung stand, hat dieser über Vorhalt der belangten Behörde nicht bestritten. Einen (initiativ zu erbringenden) Nachweis über eine andere ihm "zur Verfügung stehende" Unterkunft hat er während des Verfahrens aber nicht vorgelegt (sondern nur - ohne nähere Ausführung - eine andere Adresse angeführt). Entgegen der diesbezüglichen Beschwerdeausführungen hat die belangte Behörde zur Frage der dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Unterkunft nicht nur eine "auf den Antragstellungszeitpunkt allein" ausgerichtete Betrachtung angestellt, sondern hat ausdrücklich - als eigenen Abweisungsgrund - angeführt, dass der Beschwerdeführer trotz Aufforderung (gemeint: das Schreiben der Berufungsbehörde vom 23. Juni 1997) keine ihm zur Verfügung stehende, für Inländer ortsübliche Unterkunft nachgewiesen habe.

Erst mit Schriftsatz vom 16. September 1997, somit nach dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, legte der Beschwerdeführer eine entsprechende Bestätigung vor.

Angesichts dessen kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde - bezogen auf den allein relevanten Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides - davon ausging, der Beschwerdeführer verfüge nicht über eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung und den Antrag (auch) aus diesem Grund abwies.

Es erübrigte sich somit ein Eingehen auf die weiteren von der belangten Behörde herangezogenen Abweisungsgründe.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 5. November 1999

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191572.X00

Im RIS seit

24.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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