TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/8 W147 2202095-1

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Veröffentlicht am 08.10.2018
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Entscheidungsdatum

08.10.2018

Norm

AVG §13 Abs3
AVG §66 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FMGebO §47
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50
FMGebO §51
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W147 2202095-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, XXXX, XXXX, gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 15. Mai 2018, GZ 0001789987, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß §28 Abs. 1, 2 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz -VwGVG, BGBl. I Nr.33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr.122/2013, ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 164/2013, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit am 13. März 2018 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen und gab einen Einpersonenhaushalt an. Unter Punkt 4. des Antragsformulars kreuzte die Beschwerdeführerin als Anspruchsvoraussetzung den Bezug von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbaren sonstigen wiederkehrenden Leistungen versorgungsrechtlicher Art an.

Dem Antragsformular wurden folgende Unterlagen angeschlossen:

* Verständigung einer Pensionsversicherungsanstalt über die Leistungshöhe der Beschwerdeführerin zum 1. Januar 2018

* Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister über einen aufrechten Hauptwohnsitz der Beschwerdeführerin an antragsgegenständlicher Adresse.

2. Im Akt der belangten Behörde findet sich eine Notiz vom 6. April 2018, demnach die Beschwerdeführerin ein weiteres Einkommen beziehe.

3. Mit Schreiben vom 6. April 2018 wurde die Beschwerdeführerin seitens der belangten Behörde aufgefordert, folgende Unterlage in Kopie binnen einer Frist von zwei Wochen bei sonstiger Zurückweisung des Antrages nachzureichen:

* Nachweis über alle Bezüge von den mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen und der Beschwerdeführerin selbst.

Dezidiert wurden sämtliche Nachweise über weitere Einkommen der Beschwerdeführerin außer der Pension oder dem Antrag auf Ausgleichszulage gefordert.

4. In der Folge langten keine weiteren Unterlagen bei der belangten Behörde ein.

5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück. Begründend führte sie aus, dass die Beschwerdeführerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen. Die Beschwerdeführerin sei darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zurückgewiesen werden müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben nicht innerhalb von 14 Tagen nachgereicht würden.

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass sie alle geforderten Unterlagen vorgelegt habe, von ihrem Ehemann getrennt und alleine lebe sowie außer ihrer Pension über kein weiteres Einkommen verfüge.

7. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 17. Juli 2018 und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am 19. Juli 2018 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die belangte Behörde begründete ihre Zurückweisungsentscheidung ausschließlich mit dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin selbst nicht alle ihre Einkünfte dargelegt hätte.

Im Zuge des gegenständlichen Verfahrens wurde der Beschwerdeführerin jedoch weder im Rahmen eines Parteiengehörs noch des Verbesserungsauftrages vorgehalten, dass die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass diese zusätzlich zu ihrer Pension ein weiteres Einkommen bezieht.

Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin im Zuge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens alle für ihr Begehren notwendigen, anspruchsbegründenden Unterlagen vorgelegt hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gegen von der GIS Gebühren Info Service GmbH erlassene Bescheide ist nach § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz - RGG, BGBl. I Nr. 159/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2013, die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

3.2. Anzuwendendes Recht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 und des IV. Teiles, sowie im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 28 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 VwGVG lauten wortwörtlich:

"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

.....

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen."

3.3. Zu A) Aufhebung des Bescheides:

Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darf eine Berufungsbehörde auf Grund einer gegen eine Zurückweisung erhobenen Berufung nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides (VwGH 3.3.2011, 2009/22/0080), nicht hingegen über den Antrag selbst entscheiden (VwGH 16.12.1996, 93/10/0165; 27.1.2010, 2008/03/0129; 29.4.2010, 2008/21/0302). Eben dieses sprach der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem das RGG und die Fernmeldegebührenordnung betreffenden Erkenntnis vom 29.Mai 2006, 2005/17/0242, aus.

Die Behebung des zu der Zurückweisung des Anbringens führenden Mangels kann im Berufungsverfahren nicht mehr nachgeholt werden. Was ein Mangel ist, muss hierbei den in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften entnommen werden. (VwGH 21.3.2013, 2012/09/0120 mit Hinweis auf Erk 27.6.2002, 98/07/0147, oder 16.9.2009, 2008/05/0206.)

In seinem Erkenntnis vom 12. September 2007, 2005/03/0205, sprach der Verwaltungsgerichtshof zu den vergleichbaren Bestimmungen des Fernsprechentgeltzuschussgesetzes aus, dass die Bestätigung der Zurückweisung eines Befreiungsantrages dann nichtrechtswidrig ist, wenn der Beschwerdeführer einen notwendigen Verbesserungsauftrag missachtet hat, was zunächst voraussetzt, dass dem Antrag der von der Behörde geltend gemachte Mangel angehaftet hat.

Die von der Behörde gesetzte Frist muss zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen angemessen sein, nicht aber zur Beschaffung dieser (noch fehlenden) Unterlagen. Dieser Grundsatz gilt allerdings nur in jenen Fällen, in denen der Gesetzgeber zweifelsfrei und für den Antragsteller eindeutig erkennbar festlegt, welche Unterlagen erforderlich sind (VwGH 25.4.1996, 95/07/0228; 12.11.1996, 96/04/0198; 17.1.1997, 96/07/0184; 27.3.2008, 2005/07/0070).

Zum nunmehrigen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erkannte der Verwaltungsgerichtshof, dass "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs -jedenfalls nur jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049). Wenngleich § 66 Abs. 4 AVG einerseits und § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VwGVG andererseits unter jeweils verschiedenen Tatbestandsvoraussetzungen eine Pflicht zur Entscheidung "in der Sache selbst" normiert, ist das Verständnis dessen, was unter "Sache des Verfahrens" zu verstehen ist, unverändert geblieben. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" sowohl eines Berufungsverfahrens vor einer im administrativen Instanzenzug übergeordneten Berufungsbehörde als auch eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die "Rechtmäßigkeit der Zurückweisung" (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).

Es ist somit die Zulässigkeit des Zurückweisungsbescheides zu überprüfen, nicht jedoch das Begehren des zugrunde liegenden Antrages, über den nicht befunden wurde. (Hengstschläger/Leeb, AVG I [2.Ausgabe 2014] § 13 Rz 30).

Sache im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist somit alleine die Frage, ob die Zurückweisung des Antrags der Beschwerdeführerin auf Befreiung von den Rundfunkgebühren zu Recht erfolgte oder nicht.

Im gegenständlichen Verfahren erfolgte die Zurückweisung des gegenständlichen Antrages ausschließlich mit der Begründung, es sei kein Nachweis eines weiteren Einkommens der Beschwerdeführerin erbracht worden. Die Ansicht der belangten Behörde, wonach die Beschwerdeführerin vermeintlich ein weiteres Einkommen bezieht, wurde dieser jedoch nicht vorgehalten, woraus sich die Rechtswidrigkeit des Bescheides in Folge eines schweren Verfahrensmangels (Verletzung des Rechts auf Parteiengehör) ergibt.

Die Zurückweisung erfolgte daher zu Unrecht. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Absehen vom Durchführen einer mündlichen Verhandlung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im vorliegenden Fall geklärt.

In der Beschwerde wurden keine Rechts-oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen, zumal durch die Zurückweisung eines Antrages nur dieser, nicht hingegen sein Thema erledigt ist. Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG entfallen.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren war die Rechtsfrage zu klären, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der mit Verbesserungsauftrag aufgetragenen Nachweise zu Recht erfolgte.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. In diesem Zusammenhang ist neuerlich auf die jüngsten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (VwGH 17. 12. 2014, Ra 2014/03/0049, VwGH 18. 12. 2014, Ra 2014/07/0002). Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

angemessene Frist, Behebung der Entscheidung, Einkommen,
Einkommensnachweis, ersatzlose Behebung, Kassation, konkrete
Darlegung, Konkretisierung, Mängelbehebung, mangelhafter Antrag,
Mangelhaftigkeit, Nachreichung von Unterlagen, Nachweismangel,
Parteiengehör, Prüfumfang, Prüfungsumfang,
Rundfunkgebührenbefreiung, Verbesserungsauftrag, Verfahrensmangel,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W147.2202095.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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