Entscheidungsdatum
08.10.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W104 2206443-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Baumgartner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom12.1.2018, AZ II/4-DZ/17-8113097010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2017 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin stellte elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2017, wobei sie die Gewährung von Direktzahlungen und die Zahlung für Junglandwirte beantragte. Ein Ausbildungsnachweis wurde nicht beigelegt.
2. Am 18.5.2017 übermittelte sie als Nachweis für ihre landwirtschaftliche Ausbildung einen Facharbeiterbrief für das Fachgebiet Landwirtschaft, datiert mit 16.5.2017.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid gewährte die Behörde der Beschwerdeführerin Direktzahlungen in Höhe von EUR 6.171,09, wies jedoch den Antrag auf eine Zahlung für Junglandwirte ab.
Begründend wurde darin ausgeführt, der Antrag werde abgewiesen, da der erforderliche Ausbildungsnachweis nicht erbracht worden sei (Hinweis auf Art. 50 VO 1307/2013 und § 12 DIZA-VO).
4. Im Rahmen ihrer online gestellten Beschwerde vom 16.1.2018 brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe am 15.5.2017 ihre Ausbildung abgeschlossen und den entsprechenden Facharbeiterbrief am 18.5.2017 nachgereicht. Sie habe somit die erforderliche Ausbildung für das Top up für Junglandwirte nachgewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin stellte elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2017, wobei sie die Gewährung von Direktzahlungen und die Zahlung für Junglandwirte beantragte.
Die Beschwerdeführerin bewirtschaftet den gegenständlichen Betrieb seit dem 1.3.2015.
Am 16.5.2017 hat die Beschwerdeführerin die Berufsausbildung zur landwirtschaftlichen Facharbeiterin absolviert.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Partei bestritten. Die Feststellungen zum Beginn der Bewirtschaftung ergeben sich aus einem im Akt befindlichen Formular zum Bewirtschafterwechsel vom 9.2.2015, welches bei der belangten Behörde am 10.3.2015 eingegangen ist, und einem Pachtvertrag vom 9.2.2015.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:
"Artikel 4
Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen
(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff
a) "Betriebsinhaber" eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 52 EUV in Verbindung mit den Artikeln 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt;
b) "Betrieb" die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden;
c) "landwirtschaftliche Tätigkeit"
i) die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren sowie Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke,
ii) die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden, oder
iii) die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden;
[...]."
"Zahlung für Junglandwirte
Artikel 50
Allgemeine Vorschriften
(1) Die Mitgliedstaaten gewähren eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben (im Folgenden "Zahlung für Junglandwirte").
(2) Im Sinne des vorliegenden Kapitels gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die
a) sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und
b) im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a nicht älter als 40 Jahre sind.
(3) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf die Zahlung für Junglandwirte stellen.
[...]
(8) In Abweichung von den Absätzen 6 und 7 können die Mitgliedstaaten jährlich den Betrag der Zahlung für Junglandwirte berechnen, indem ein Zahlenfaktor, der 25 % der nationalen Durchschnittszahlung je Hektar entspricht, mit der Zahl der Zahlungsansprüche, die der Betriebsinhaber gemäß Artikel 32 Absatz 1 aktiviert hat, oder mit der Zahl der beihilfefähigen Hektarflächen, die der Betriebsinhaber gemäß Artikel 36 Absatz 2 angemeldet hat, multipliziert wird.
Die nationale Durchschnittszahlung je Hektar wird berechnet, indem die nationale Obergrenze für das Kalenderjahr 2019 gemäß Anhang II durch die gemäß Artikel 33 Absatz 1 oder Artikel 36 Absatz 2 angemeldete beihilfefähige Hektarfläche geteilt wird."
Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015 - DIZA-VO):
"Zahlung für Junglandwirte
§ 12. Junglandwirte, die die Zahlung gemäß Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 beantragen, müssen spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen. Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden."
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (MRK), noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010 S. 389, entgegenstehen.
3.2. Rechtliche Würdigung:
1. Grundlegende Voraussetzung für die Gewährung der Zahlung für Junglandwirte ist im Wesentlichen zum einen der Zuspruch der Basisprämie - Art. 50 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 - sowie zum anderen, dass der Betriebsinhaber sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niedergelassen hat und nicht älter als 40 Jahre ist (Art. 50 Abs. 2 VO [EU] 1307/2013).
Zusätzlich wurde mit § 12 DIZA-VO 2015 bestimmt, dass Junglandwirte spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen müssen. Einen derartigen Nachweis hat die Beschwerdeführerin nicht erbracht. Da sie bereits im März 2015 ihre landwirtschaftliche Tätigkeit als Betriebsführerin aufgenommen hat, hätte sie eine entsprechende Ausbildung bis spätestens März 2017 abschließen müssen, um für die Junglandwirtezahlung anspruchsberechtigt zu sein. Sie hat die Ausbildung jedoch erst im Mai 2017 abgeschlossen. Für das Vorliegen eines Falles höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände gab es im gesamten Verfahren keinen Anhaltspunkt (siehe § 12 DIZA-VO zu der für solche Fälle vorgesehene Dreijahresfrist).
2. In diesem Zusammenhang kann auf die Mitteilung der Europäischen Kommission "Die GAP bis 2020: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete - die künftigen Herausforderungen", abrufbar über
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0672:FIN:de:PDF, verwiesen werden. Diese lautet auszugsweise:
"Innerhalb dieses Rahmens sollten Umwelt, Klimawandel und Innovation die Leitthemen sein, die mehr denn je die Richtung in dieser Politik vorgeben. Beispielsweise sollten Investitionen sowohl die wirtschaftliche Leistung als auch die Umweltleistung steigern, Umweltmaßnahmen sollten stärker auf den besonderen Bedarf der Regionen und selbst der lokalen Gebiete (z. B. Natura-2000-Gebiete und Gebiete mit hohem Naturwert) zugeschnitten sein, und bei den Maßnahmen zur Erschließung des Potenzials der ländlichen Gebiete sollte starker Wert auf innovative Ideen für Unternehmen und Kommunalbehörden gelegt werden.
Die neuen Chancen für die lokale Entwicklung (z. B. neue Vertriebskanäle, mit denen lokale Ressourcen aufgewertet werden) müssen genutzt werden. Der Ausbau von Direktverkäufen und lokalen Märkten sollte ebenfalls gefördert werden. Den Bedürfnissen von Junglandwirten und Marktneulingen sollte prioritär Aufmerksamkeit gewidmet werden."
Die Europäische Kommission hat im Hinblick auf die Ziele der GAP 2014 - 2020 bewusst die Förderung von Junglandwirten in den Vordergrund gestellt. Allerdings umfasst die GAP mittlerweile eine Vielzahl von Vorschriften (insb. Cross Compliance und Greening), zu deren Erfüllung einschlägiges Fachwissen erforderlich ist. Darüber hinaus soll auch die Innovation gefördert werden. Vor diesem Hintergrund scheint es durchaus mit den Zielen der VO (EU) 1307/2013 vereinbar, wenn die Förderung für Junglandwirte nur solchen Landwirten zugutekommt, die auch über eine entsprechende Ausbildung verfügen, um den Anforderungen der Verordnung gerecht werden zu können.
Dieser Ansatz kommt auch darin zum Ausdruck, dass im Rahmen der Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung in Art. 2 Abs. 3 VO (EU) 807/2014 das grundsätzliche Gebot festgeschrieben wurde, dass die erforderliche Ausbildung bereits zum Zeitpunkt der Betriebsaufnahme vorliegen muss. Die Einräumung einer zusätzlichen Frist stellt bereits die Ausnahme dar. Wenn dieses Prinzip nunmehr in § 12 Direktzahlungs-Verordnung 2015 übernommen wurde, erscheint dies sowohl sachlich gerechtfertigt als auch den Zielen der VO (EU) 1307/2013 entsprechend.
Somit hat sich für das Bundesverwaltungsgericht auch nichts ergeben, was dafür sprechen könnte, dass im vorliegenden Zusammenhang der den Mitgliedstaaten eingeräumte Ermessensspielraum überschritten wurde.
Die Entscheidung der AMA erfolgte daher zu Recht.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil eine klare und eindeutige Rechtslage vorliegt (VwGH 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).
Schlagworte
Ausbildung, Ausnahmebestimmung, Bewirtschaftung, Cross Compliance,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W104.2206443.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.10.2018