Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik über die Beschwerde der am 5. März 1969 geborenen IT in B, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Juni 1996, Zl. 118.446/4-III/11/96, betreffend Nichtstattgebung eines Devolutionsantrages in Angelegenheiten des Aufenthaltsrechtes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am 20. Februar 1995, bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz eingelangt am 1. März 1995, die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten und ihrem Sohn. Wie aus den vorgelegten Verwaltungsakten hervorgeht - die genannten Schreiben finden sich allerdings nicht im Verwaltungsakt - verständigte die Aufenthaltsbehörde erster Instanz die Beschwerdeführerin bzw. deren Rechtsvertreter am 31. Juli 1995 bzw. am 24. November 1995 davon, dass die gemäß § 2 Abs. 1 AufG festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe (gemeint: für Familiennachzug) erreicht worden sei und keine weiteren Bewilligungen erteilt werden dürften.
Mit einem am 2. Februar 1996 beim Bundesminister für Inneres eingelangten Antrag begehrte die Beschwerdeführerin den Übergang der Entscheidungspflicht über den Antrag vom 20. Februar 1995 an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG in Verbindung mit § 9 Abs. 3 AufG nicht stattgegeben. Die belangte Behörde legte dar, die für das Bundesland Niederösterreich festgelegte Anzahl an Bewilligungen für das Jahr 1995 von höchstens 1700 Bewilligungen, davon höchstens 700 für den Familiennachzug, sei mit 18. April 1995 ausgeschöpft gewesen. Die Verordnung des Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1996, BGBl. Nr. 854/1995 sei mit 1. Jänner 1996 in Kraft getreten, sodass im Zeitraum 19. April 1995 bis 31. Dezember 1995 die Frist des § 73 AVG gemäß § 9 Abs. 3 AufG gehemmt gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Einlangens des Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht sei die der erstinstanzlichen Behörde zur Verfügung stehende Frist von 6 Monaten noch nicht verstrichen gewesen, sodass die Entscheidungszuständigkeit nicht auf die Oberbehörde habe übergehen können.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 10. Oktober 1997, B 2449/96-13 ablehnte und sie mit Beschluss vom 24. November 1997, B 2449/96-15 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass mit dem angefochtenen Bescheid keine Entscheidung über einen Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin getroffen, sondern einem Antrag der Beschwerdeführerin auf Übergang der Entscheidungspflicht nicht Folge gegeben, somit eine verfahrensrechtliche Entscheidung getroffen wurde. Auf den vorliegenden Beschwerdefall finden daher die Bestimmungen des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 keine Anwendung.
§§ 2 Abs. 1 und 9 Abs. 3 AufG lauteten (auszugsweise):
"§ 2. (1) Die Bundesregierung hat, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates, für jeweils ein Jahr mit Verordnung die Zahl der Bewilligungen festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen.
...
§ 9. ...
(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen mehr erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG ist in diesem Fall nicht anwendbar."
Gemäß § 73 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ordnet an, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über Antrag einer Partei, der der Bescheid nicht innerhalb dieser Frist zugestellt wurde, auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht.
In der Beschwerde wird nun weder bestritten, dass es sich beim vorliegenden Antrag um einen quotenpflichtigen Erstantrag der Beschwerdeführerin handelt, noch wird die Feststellung der belangten Behörde, wonach die für Niederösterreich für Familiennachzug zur Verfügung stehende Quote für 1995 bereits am 18. April 1995 ausgeschöpft war, in Zweifel gezogen. Dies bedeutet aber, dass für die Beschwerdeführerin ab dem 19. April 1995 wegen geschlossener Quote keine Bewilligung mehr erteilt werden durfte. Die Zeiten geschlossener Quote sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber auf die Frist des § 73 AVG (ebenso wie auf die des § 27 VwGG) nicht anzurechnen (vgl. den zu § 27 VwGG ergangenen hg. Beschluss vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208). Die Entscheidungspflicht der Behörde erster Instanz über den Antrag der Beschwerdeführerin bestand daher im Jahr 1995 nur vom Zeitpunkt der Antragseinbringung (das war der 1. März) bis zum 18. April. Im Jahr 1996 begann sie mit der Erlassung der neuen Verordnung ab Jahresbeginn wieder zu laufen. Der bereits am 5. Februar 1996 bei der belangten Behörde eingelangte Devolutionsantrag wurde daher zu einem Zeitpunkt eingebracht, an dem der Behörde erster Instanz noch keine sechs Monate zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestanden waren.
Es kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde dem verfrüht eingebrachten Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin nicht stattgab. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Soweit sich die Beschwerde auf eine der Beschwerdeführerin angeblich zustehende Möglichkeit der Antragstellung vom Inland aus bzw. auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes oder auf den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG bezieht, ist zu bemerken, dass diese Ausführungen am Inhalt des angefochtenen Bescheides vorbeigehen und deshalb darauf nicht näher einzugehen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen, zumal die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten lässt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 5. November 1999
Schlagworte
Binnen 6 MonatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997191746.X00Im RIS seit
02.05.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017