Entscheidungsdatum
16.10.2018Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22Spruch
W150 2163988-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerde des minderjährigen XXXX , geboren am XXXX 2017, syrischer Staatsangehöriger, vertreten durch seine Erziehungsberechtigten, diese vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, ZVR-Zahl 460937540, Alser Straße 20, Atelier, Top 21, 1090 Wien, und den MIGRANTINNENVEREIN ST. MARX, ZVR-Zahl 086506993, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 19.06.2017 wurde für den minderjährigen, am XXXX 2017 geborenen, Beschwerdeführer durch dessen gesetzliche Vertreter (seine Mutter und ihren in Österreich asylberechtigten Ehemann) ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Beigeschlossen wurde die Geburtsurkunde den Beschwerdeführer betreffend
2. Mit Bescheid vom 26.06.2017 - zugestellt am 30.06.2017 - wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten den Beschwerdeführer betreffend gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer Teil der Kernfamilie seiner Mutter sowie seines Vaters sei und, dass weder der Beschwerdeführer noch seine Mutter eigene Gründe für die Antragstellung bekannt gegeben hätten. Die Mutter des Beschwerdeführers habe eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht glaubhaft machen können. Da der Beschwerdeführer Teil der Kernfamilie sei, würden dieselben Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes wie von seiner Mutter angegeben herangezogen. Der Beschwerdeführer sei als minderjähriges Kind von seiner Mutter abhängig und somit sei seine Situation nicht anders zu beurteilen als die der Mutter zu beurteilen wäre.
3. Am 06.07.2017 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und begründete diese damit, dass die Mutter des Beschwerdeführers ihre Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe.
4. Die belangte Behörde legte, datiert mit 10.07.2017 und eingelangt am 12.07.2017, die Beschwerde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrages auf internationalen Schutz vom 19.06.2017, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
Der ledige, minderjährige Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und ist zum dort angegebenen Datum geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger.
Der Beschwerdeführer ist das minderjährige Kind seines asylberechtigten Vaters XXXX .
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person und den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers basieren auf den Angaben seiner Mutter sowie der vorgelegten Geburtsurkunde.
Dass der Vater des Beschwerdeführers in Österreich den Status eines Asylberechtigten hat ergibt sich aus dem diesbezüglichen Bescheid des BFA.
Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt habe.
Gemäß § 28 abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die Beschwerde wurde fristwahrend erhoben und es liegen auch die anderen Prozessvoraussetzungen vor.
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 ist aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen der Status eines Asylberechtigten ebenfalls zuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 fallen unter "Familienangehörige" insbesondere der Ehegatte, sofern die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie die [minderjährigen] Kinder, sofern diese ledig sind und im Falle von ledigen minderjährigen Kindern die Eltern des Fremden.
3.1.2. Der Beschwerdeführer ist zweifelsfrei - aufgrund der Vorlage seiner Geburtsurkunde - das ledige, minderjährige Kind seines in Österreich asylberechtigten Vaters.
Da seinem Vater der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen war, ist dieser Status aufgrund des hier vorliegenden Familienverfahrens auch auf den Beschwerdeführer zu übertragen.
Hierzu ist anzuführen, dass das BFA es im Bescheid unterlassen hat auf die bereits 2011 erfolgte Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten an den Vater des Beschwerdeführers einzugehen, obwohl das BFA feststellte, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vater und seiner Mutter eine Kernfamilie bilde.
3.1.3. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war mit dem Ausspruch der Gewährung des Status eines Asylberechtigten gleichzeitig festzustellen, dass dem Beschwerdeführer von Gesetzes wegen somit die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.1.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Die Stattgabe der Beschwerden hinsichtlich des Spruchpunktes I. der angefochtenen Bescheide ergeht in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, in der jeweiligen Fassung.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylgewährung, begründete Furcht vor Verfolgung, Bürgerkrieg,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W150.2163988.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.10.2018