Entscheidungsdatum
16.10.2018Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W150 2147293-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, ZVR-Zahl 460937540, Alser Straße 20, Atelier, Top 21, 1090 Wien, und den MIGRANTINNENVEREIN ST. MARX, ZVR-Zahl 086506993, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2017, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 30.05.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Noch am selben Tag wurde die Beschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstbefragung unterzogen, im Rahmen derer sie im Wesentlichen angab, dass sie in XXXX geboren worden und verheiratet sei. Sie sei Moslem (genauer: Sunnitin) und gehöre der Volksgruppe der Araber an. Die Beschwerdeführerin habe sechs Jahre lang die Grundschule, drei Jahre lang die Hauptschule und drei Jahre lang das Gymnasium, welches sie 2014 mit Matura abgeschlossen habe, besucht. Sie sei ausgebildete Volkschullehrerin und habe diesen Beruf auch ausgeübt. Ihr Vater, ihre Mutter, vier Schwestern und ein Bruder würden noch in Syrien leben. Ihr Ehegatte lebe als Asylberechtigter in Österreich. Syrien verlassen habe sie illegal in die Türkei am 01.05.2016. Sie habe nach Österreich wollen, da ihr Ehemann hier lebe. Als Fluchtgrund gab die Beschwerdeführerin an, dass sie als Volkschullehrerin gearbeitet habe und von der YPG aufgefordert worden sei mitzukämpfen. Daraufhin habe sie sich für die Flucht entschieden. Vorgelegt wurde ein syrischer Personalausweis.
2. Am 14.11.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), in welcher sie angab, dass sie Moslem und syrische Staatsangehörige sei. Sie sei zuletzt in Syrien eine Lehrerin in der
4. Klasse Volkschule in allen Fächern in XXXX gewesen. Sie habe ihren letzten Arbeitstag in der Schule glaublich im April 2016 gehabt, ihre Arbeit habe sie aufgrund ihrer Flucht beendet, da sie von der YPG aufgefordert worden war zu kämpfen. In ihrem Heimatort
XXXX sorge die YPG für Sicherheit. Diese Einheit schütze das Gebiet. Syrien verlassen habe sie am 01.05.2016, es sei geplant gewesen, dass die Beschwerdeführerin legal nach Österreich reisen solle, sie sei aber dann schlepperunterstützt mit Hilfe eines gefälschten Reisepasses von der Türkei nach Wien geflogen. Vorgelegt wurde ein Auszug aus dem Geburtseintrag, ein Auszug aus dem Familieneintrag, ein Personalausweis und eine Heiratsurkunde. Befragt zu ihrer Eheschließung gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ihren Ehemann übers Internet kennengelernt habe, sein Vater und ihre Schwiegermutter seien verwandt. Die Hochzeit habe nicht stattgefunden, sie habe traditionell geheiratet und diese Ehe sei nachfolgend eingetragen worden. Ihr Ehemann und sie hätten den Schwiegervater bevollmächtigt, die Ehe eintragen zu lassen. Sie habe ihren Ehemann nicht persönlich gekannt, sie hätten sich nur über das Internet unterhalten. Kennengelernt habe sie ihren Ehemann 2015, ihr Ehemann sei bei der Verlobungsfeier nicht anwesend gewesen, die Beschwerdeführerin habe ihren Ehemann das erste Mal in Österreich gesehen. Ihr Vater, ihre Mutter, ihr Bruder sowie die vier Schwestern würden noch in XXXX , Syrien, leben. Ein weiterer Bruder lebe in Deutschland. Befragt zu ihrem Fluchtgrund gab die Beschwerdeführerin an, dass sie verheiratet sei und zu ihrem Mann habe wollen. Dann habe sich die Lage verschlechtert, zwei Männer der YPG seien zu ihr nach Hause gekommen und hätten gefordert, dass einer der Familie mit ihnen kämpfen müsse. Die Beschwerdeführerin habe ein Dokument unterschreiben müssen, dass sie sich binnen einer Woche der YPG anschließen würde. Sie hätte statt ihres Bruders, der sich in Deutschland befinde, kämpfen müssen, da sie die älteste Schwester sei. Diese Aufforderung sei Mitte April erfolgt. Weiters sei auch ihr Vater bedroht worden, er müsse seine Kinder zum Militär schicken. Wenn sie sich nicht gefügt und mitgekämpft hätte, wäre sie für ein Jahr und drei Monate eingesperrt worden. Als sich die Beschwerdeführerin schon in Österreich befunden habe, sei bei ihrem Vater nach ihr gefragt worden.
3. Mit Bescheid vom 12.01.2017 - zugestellt am 17.01.2017 - wies das BFA den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführerin der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsgenehmigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass nicht festgestellt werden habe können, dass die Beschwerdeführerin ihr Herkunftsland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Nationalität, Religion, der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder ihrer politischen Einstellung verlassen habe. Es drohe ihr keine asylrelevante Gefahr, sie habe Syrien aufgrund des Bürgerkrieges und der allgemeinen schlechten Lage verlassen.
4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht am 08.02.2017 Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass sie Syrien aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verlassen habe und deswegen Flüchtling im Sinne der GFK sei. Die Beschwerdeführerin sei verheiratet und ihr Ehemann sei im Besitze eines Konventionsreisepasses. Die Beschwerdeführerin habe sich geweigert, für die YPG an Kampfhandlungen teilzunehmen und wäre bei einer Rückkehr deswegen einer Verfolgung ausgesetzt.
5. Mit Schreiben vom 09.02.2017, eingelangt am 13.02.2017, legte das BFA den gegenständlichen Verfahrensakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des erhobenen Antrags auf internationalen Schutz vom 30.05.2016, der Einvernahmen der Beschwerdeführerin durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des BFA, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, in das Zentrale Melderegister, Fremdeninformationssystem, Strafregister und Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin
Die Beschwerdeführerin trägt den im Spruch angeführten Name und ist zu dem im Spruch angeführten Datum geboren, ist syrische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Ihre Identität steht fest.
Die Beschwerdeführerin ist illegal aus Syrien - unter Verwendung eines gefälschten Reisepasses - aus Syrien aus- und - über die Türkei - nach Österreich eingereist.
Die Beschwerdeführerin stammt aus XXXX in der syrischen Provinz Al-Hasaka - dieses Gebiet befindet sich unter der Kontrolle von kurdischen Milizen bzw. der YPG -, sie hat Syrien in erster Linie aufgrund der Bürgerkriegssituation bzw. der daraus resultierenden unsicheren Lage verlassen und deswegen bereits durch das BFA subsidiären Schutz erhalten.
Die Eltern und der Großteil der Geschwister der Beschwerdeführerin leben noch in Syrien. Einer ihrer Brüder lebt in Deutschland.
Der Beschwerdeführerin droht in Syrien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung auf Grund ihrer ethnischen, religiösen oder auch Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe bzw. wegen ihrer politischen Gesinnung durch das syrische Regime bzw. den syrischen Staat droht. Insbesondere droht ihr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit keine Zwangsrekrutierung durch die YPG, daher kann nicht festgestellt werden, dass sie deswegen Syrien verlassen hat.
Der Beschwerdeführerin ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien
Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25.01.2018:
Sicherheitslage
Der im März 2011 begonnene Aufstand gegen das Regime ist in eine komplexe militärische Auseinandersetzung umgeschlagen, die grundsätzlich alle Städte und Regionen betrifft. Nahezu täglich werden landesweit Tote und Verletzte gemeldet. Die staatlichen Strukturen sind in zahlreichen Orten zerfallen und das allgemeine Gewaltrisiko ist sehr hoch (AA 27.12.2017).
Grob gesagt stehen auf der Seite der syrischen Regierung Russland, der Iran, die libanesische Hisbollah und schiitische Milizen, die vom Iran im Irak, in Afghanistan und im Jemen rekrutiert werden. Auf der Seite der diversen Gruppierungen, die zur bewaffneten Opposition bzw. zu den Rebellen gehören, stehen die Türkei, die Golfstaaten, die USA und Jordanien, wobei diese Akteure die Konfliktparteien auf unterschiedliche Arten unterstützen. Zudem sind auch die Kurden in Nordsyrien und der sogenannte Islamische Staat (IS) am Konflikt beteiligt (BBC 7.4.2017).
Mitte September des Jahres 2016 wurde von den USA und Russland, nach monatelangen Gesprächen, eine Waffenruhe ausgehandelt. Diese sollte ermöglichen, dass humanitäre Hilfe die Kampfgebiete erreichen kann; ausserdem sollte den Luftangriffen des syrischen Regimes auf die Opposition Einhalt geboten werden. Die Waffenruhe sollte sieben Tage bestehen und galt für das syrische Regime und die Rebellen, jedoch nicht für die terroristischen Gruppierungen "Islamischer Staat" (IS) und Jabhat Fatah ash-Sham (CNN 12.9.2016). Es soll in verschiedenen Gebieten mehr als 300 Verstöße gegen die Waffenruhe gegeben haben. Nach ungefähr einer Woche wurde die Waffenruhe von der syrischen Armee bzw. vom syrischen Regime für beendet erklärt. In dieser Zeit konnten keine humanitären Hilfslieferungen die Kampfgebiete erreichen (Zeit 19.9.2016).
Allgemeine Menschenrechtslage
Das Syrian Observatory for Human Rights dokumentierte 331.765 Todesfälle seit dem Beginn der Revolution im Jahr 2011 bis zum 15. Juli 2017, schätzt jedoch dass etwa 475.000 Personen getötet wurden (SOHR 16.7.2017).
Ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in oder Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als "regierungsfreundlich" oder "regierungsfeindlich" gilt (UNHCR 11.2015).
Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat. Ein Dekret erlaubt die Bildung anderer politischer Parteien, jedoch nicht auf Basis von Religion, Stammeszugehörigkeit oder regionalen Interessen. Gleichzeitig zeigt die Regierung außerdem wenig Toleranz gegenüber anderen politischen Parteien. Sie schikaniert und inhaftiert Mitglieder der Communist Union Party, der Communist Action Party, der Arab Social Union und islamistischer Parteien (USDOS 3.3.2017).
Die syrische Regierung, regierungstreue Einheiten und Sicherheitskräfte führen weiterhin willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen und Folter an Häftlingen durch, von denen viele in der Haft umkommen bzw. getötet werden. Das Regime und seine Verbündeten führten willkürliche und absichtliche Angriffe auf Zivilisten durch. Sie führten Angriffe mit Fassbomben, Artillerie, Mörsern und Luftangriffe auf zivile Wohngebiete, Schulen, Märkte und medizinische Einrichtungen durch, was zu zivilen Opfern führte (UKFCO 21.4.2016, AI 22.2.2017 und USDOS 3.3.2017).
Die staatlichen Sicherheitskräfte halten nach wie vor Tausende Menschen ohne Anklageerhebung über lange Zeit in Untersuchungshaft. Viele von ihnen sind unter Bedingungen inhaftiert, die den Tatbestand des Verschwindenlassens erfüllen (AI 22.2.2017; vgl. SD 18.10.2017). Systematische Folter und die Bedingungen in den Haftanstalten führen häufig zum Tod der Insassen. Es fehlt an Nahrung, Trinkwasser, Platz, Hygiene und Zugang zu medizinischer Versorgung. (USDOS 3.3.2017).
Syrische Kinder sind auch hinsichtlich Kinderehen gefährdet (USDOS 27.6.2017; vgl. UNOCHA 31.7.2017).
Langanhaltende Belagerungen durch Regierungskräfte führen dazu, dass der eingeschlossenen Zivilbevölkerung Lebensmittel, ärztliche Betreuung und andere lebenswichtige Dinge vorenthalten werden. Außerdem werden Zivilisten beschossen bzw. angegriffen (AI 22.2.2017). Bezüglich der von Rebellen kontrollierten Bevölkerungszentren setzte die Regierung auf die Strategie, diese vor die Wahl zu stellen, aufzugeben oder zu (ver)hungern, indem sie Hilfslieferungen einschränkte und tausende Zivilisten aus zurückeroberten Gebieten vertrieb (FH 1.2017). Auch Rebellengruppen belagern Gebiete (USDOS 3.3.2017).
Auch aufständische Gruppen begingen schwere Menschenrechtsverletzungen wie Festnahmen, Folter und Exekutionen von wahrgenommenen politischen Andersdenkenden und Rivalen, wobei das Verhalten jedoch zwischen den unterschiedlichen Rebellengruppen variiert (FH 1.2017).
Der IS ist für systematische und weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, welche auch auf Zivilisten abzielen. Auch Jabhat Fatah ash-Sham [ehemals Jabhat al-Nusra] und einige andere extremistische Gruppen begehen Menschenrechtsverletzungen (UKFCO 21.4.2016; vgl. USDOS 3.3.2017).
Sexuelle Versklavung und Zwangsheiraten sind zentrale Elemente der Ideologie des IS. Mädchen und Frauen werden zur Heirat mit Kämpfern gezwungen. Frauen und Mädchen, die Minderheiten angehören, werden sexuell versklavt (USDOS 27.6.2017). Frauen erleben in vom IS gehaltenen Gebieten willkürliche und schwere Bestrafungen, inklusive Hinrichtungen durch Steinigung. Frauen und Männer werden bestraft, wenn sie sich nicht den Vorstellungen des IS entsprechend kleiden (USDOS 3.3.2017).
IS-Kämpfer sind für Exekutionen von gefangengenommenen Zivilpersonen, Regierungssoldaten, Angehörigen rivalisierender bewaffneter Gruppen sowie Medienschaffenden und verantwortlich. In den vom IS kontrollierten Gebieten hat der IS seine strikte Auslegung des islamischen Rechts eingeführt. Es kommt dort häufig zu öffentlichen Hinrichtungen. Unter den Opfern befinden sich Menschen, denen Abfall vom Glauben, Ehebruch, Schmuggel oder Diebstahl zur Last gelegt wird, sowie Menschen, die wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung angeklagt wurden (AI 22.2.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).
Gebiete unter kurdischer Kontrolle
Im von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) kontrollierten Gebiet wurde die "Verfassung von Rojava" erstellt, welche als "sozialer Vertrag" zwischen den Bürgern der kurdischen Gebiete beschrieben wird und eine parlamentarische Demokratie mit Pluralismus und gleichen Rechten für Männer und Frauen vorsieht (BTI 2016). Es wurden Komitees gegründet, die die Erhaltung des "sozialen Friedens" zum Ziel haben und Straftaten unter diesem Gesichtspunkt regeln (FT 23.12.2015). Die von der PYD geführte Verwaltung umfasst neben einer eigenen Polizei auch Gerichte, Gefängnisse, Ministerien und Gesetze. Für die Militärgerichtsbarkeit sind die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) verantwortlich (AI 12.7.2017). Die Erbringung öffentlicher Dienste variiert in den kurdisch kontrollierten Gebieten. In Gebieten, in denen die PYD neben Behörden der Regierung existiert, haben sich zahlreiche Institutionen entwickelt und dadurch Parallelstrukturen geschaffen. Zum Beispiel fordert die PYD die Bevölkerung dazu auf sich bei den Institutionen der PYD zu registrieren, gleichzeitig müssen sich Bürger jedoch auch bei den örtlichen staatlichen Gerichten um offizielle Dokumente bemühen, da Dokumente der PYD vom syrischen Staat nicht anerkannt werden (CHH 8.12.2017).
Die kurdischen Volksverteidigungskräfte
Die kurdischen Volksverteidigungskräfte (YPG) sind der bewaffnete Flügel der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) (FIS 23.8.2016). Bis 2014 war der Militärdienst bei der YPG freiwillig. Seit 2014 gibt es jedoch in den Gebieten unter Kontrolle der PYD eine gesetzliche Verordnung zum verpflichtenden Wehrdienst. Jede Familie ist dazu verpflichtet, ein Familienmitglied im Alter von 18 bis 30 Jahren als "Freiwilligen" für einen sechsmonatigen Wehrdienst bei der YPG aufzubieten. Wird dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, kommt es zu Zwangsrekrutierungen, sowohl von Erwachsenen als auch von Minderjährigen, oder zu rechtlichen Konsequenzen (KurdWatch 30.6.2016; vgl. SEM 21.12.2015). In Artikel 2 und 3 des Wehrpflichtgesetzes wird zunächst der Personenkreis definiert, auf den sich das Gesetz bezieht. So heißt es in Artikel 2: "Die Pflicht zur Selbstverteidigung ist eine gesellschaftliche und moralische Pflicht der gesamten Bevölkerung. Aufgrund dessen obliegt es jeder in der Region ansässigen Familie, einen Angehörigen für die Ausübung der Pflicht zur Selbstverteidigung zu stellen."
Artikel 3 führt weiter aus: "Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für alle männlichen Personen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren. Frauen können sich freiwillig zur Selbstverteidigung verpflichten."
Der Wehrdienst beträgt gemäß Artikel 4 sechs Monate, die in der Regel innerhalb von höchstens einem Jahr abzuleisten sind. Laut Artikel 5 sind Personen, deren Familien "einen Märtyrer aus den Reihen der Volksverteidigungseinheiten, des Asayis [Sicherheitsdienstes] oder der kurdischen Volksbefreiungsbewegung zu beklagen haben" sowie Einzelkinder von der Wehrpflicht befreit. Ferner sind Menschen freigestellt, die die Wehrpflicht aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben können, und darüber ein ärztliches Attest vorweisen können (KurdWatch 5.2015).
Das Grundproblem dieses Gesetzes besteht zum einen darin, dass es nicht von einer dazu legitimierten staatlichen Instanz beschlossen wurde, sondern von einem von der PYD eingesetzten Gremium. Beim bewaffneten Arm der PYD, den YPG, handelt es sich nicht um eine quasistaatliche Armee, sondern um eine Parteimiliz. Zum anderen sieht das Gesetz keine Möglichkeit der Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen vor (KurdWatch 5.2015).
Die YPG unternimmt umfangreiche Rekrutierungskampagnen - auch aufgrund der Schlacht um Raqqa. Die YPG verkündete kürzlich eine Amnestie für Wehrdienstverweigerer, laut welcher diese die zusätzliche Dienstzeit von üblicherweise 3 Monaten, die als Bestrafung definiert ist, nicht ableisten müssen, sondern nur die reguläre Wehrdienstdauer. Berichten zufolge kommt es in den kurdischen Gebieten zu Zwangsrekrutierungen von Männern und Jungen (BFA 8.2017). Mehrfach ist es zu Fällen gekommen, in denen Männer von der YPG rekrutiert werden, die älter als 30 Jahre waren. Dabei handelte es sich um Personen, die PYD-kritisch politisch aktiv waren, und die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die Rekrutierung abgestraft werden sollten (ES EZKS 3.11.2017).
Während einer Fact Finding Mission der Staatendokumentation des BFA gaben zwei Quellen an, dass es keine Beweise für Zwangsrekrutierungen von Frauen durch die kurdischen Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) gibt, es jedoch einzelne Fälle der Zwangsrekrutierung von Frauen in kleineren lokalen kurdischen Milizen, die gegen den IS kämpfen, geben kann (BFA 8.2017). Laut Eva Savelsberg vom Europäischen Zentrum für Kurdische Studien sind jedoch auch Frauen und Mädchen von Zwangsrekrutierungen betroffen:
KurdWatch und das Europäische Zentrum für Kurdische Studien haben mehrere Fälle recherchiert, in denen minderjährige Mädchen rekrutiert bzw. zwangsrekrutiert wurden. Darüber hinaus sind Fälle bekannt, in denen kurdische Frauen, die der YPG zunächst freiwillig beitraten, daran gehindert wurden, die YPG wieder zu verlassen (ES EZKS 3.11.2017).
Organisationen wie Human Rights Watch, den Vereinten Nationen und KurdWatch zufolge rekrutiert die YPG sogar Kinder, einige nicht älter als zwölf Jahre, um sie im Kampf einzusetzen. Nurman Ibrahim Khalifa etwa wurde von der YPG entführt, als sie dreizehn Jahre alt war, und in ein PKK-kontrolliertes Lager in Irakisch-Kurdistan verschleppt. Während ihres Zwangsaufenthaltes dort wurde sie Zeugin, wie eine achtzehnjährige Frau nach mehreren Fluchtversuchen aus dem Lager öffentlich von einer PKK-Funktionärin hingerichtet wurde. Der tote Körper der Frau wurde in den nahe gelegenen Fluss geworfen. Derartige Brutalität ist eher die Regel als die Ausnahme; Zwangsrekrutierungen sind seit ihrer Einführung zu einem der Hauptgründe junger, kurdischer Männer geworden, aus den kurdischen Regionen zu fliehen. Dies trifft nicht auf junge Araber zu: Im Gegensatz zu Kurden sind sie nicht von Zwangsrekrutierungen betroffen. Wenn Araber in den kurdischen Gebieten rekrutiert werden, dann vom syrischen Regime (ES BFA 8.2017).
Die syrische Regierung zog sich 2012 weitgehend aus der Jazira Region im Nordosten Syriens zurück, hat ihre Kontrolle jedoch in zwei urbanen Zentren der Region, Hassakah und Teilen von Qamishli, aufrechterhalten. Die PYD kontrolliert den Großteil der Jazira, abgesehen von diesen beiden urbanen Zentren. Die Regierung hat in der Jazira jedoch noch immer essentielle Machtstrukturen inne, weshalb in dieser Region ein duales Sicherheitsarrangement herrscht. Die administrativen Strukturen der Regierung und der PYD überschneiden sich, zumindest in Bezug auf Überwachung und die Militarisierung der lokalen Bevölkerung. So kann es jungen Männern in der Jazira-Region passieren, dass sie von beiden Seiten zum verpflichtenden Wehrdienst einberufen werden, weil keine der beiden Gruppierungen die offiziellen Militärdienstdokumente der jeweils anderen anerkennt (BFA 8.2017).
Frauen
Außerhalb der Gebiete, die unter der Kontrolle des Regimes stehen, unterscheiden sich die Bedingungen für Frauen sehr stark voneinander. Von extremer Diskriminierung, sexueller Versklavung und erdrückenden Verhaltens- und Kleidungsvorschriften in Gebieten des IS, zu formaler Gleichberechtigung in den Gebieten unter der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), wo Regierungssitze immer von einer Frau und einem Mann besetzt sind und Frauen in der Politik und im Militärdienst gut vertreten sind (FH 1.2017).
Frauen in Syrien haben eine relativ lange Historie der Emanzipation und vor dem Konflikt war Syrien eines der vergleichsweise fortschrittlicheren Länder der Arabischen Welt in Bezug auf Frauenrechte. Die Situation von Frauen verschlechtert sich durch den andauernden Konflikt dramatisch, weil Frauen Opfer unterschiedlicher Gewalthandlungen der verschiedenen Konfliktparteien werden. Aufgrund der Kampfhandlungen (orig. shelling) zögern Familien, Frauen und Mädchen das Verlassen des Hauses zu erlauben. Sie nehmen diese aus der Schule, was zur Minderung der Rolle von Frauen und zu ihrer Isolation in der Gesellschaft führt (BFA 8.2017).
In oppositionellen Gebieten, welche von radikalislamistischen Gruppen kontrolliert werden (z.B. in Idlib oder umkämpften Gebieten östlich von Damaskus), sind Frauen besonders eingeschränkt. Es ist schwer für sie, für einfache Erledigungen das Haus zu verlassen. Außerdem ist es schwierig für sie zu arbeiten, weil sie unter Druck stehen, zu heiraten. Dies hängt jedoch von der Region ab (BFA 8.2017).
Extremistische Gruppierungen wie der sogenannte Islamische Staat (IS) oder Jabhat Fatah ash-Sham setzen Frauen in den von ihnen kontrollierten Gebieten diskriminierenden Beschränkungen aus. Solche Beschränkungen sind z.B. strikte Kleidervorschriften, Einschränkungen bei der Teilnahme am öffentlichen Leben, bei der Bewegungsfreiheit und beim Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. In Gebieten, die der IS kontrolliert(e), wurde ein Dokument veröffentlicht, welches Frauen unter Androhung der Todesstrafe die Befolgung von 16 Punkten vorschreibt. Die Punkte waren unter anderem, das Haus nicht ohne einen männlichen nahen Verwandten (mahram) zu verlassen, weite Kleidung, ein Kopftuch und einen Gesichtsschleier zu tragen, Friseursalons zu schließen, in der Öffentlichkeit nicht auf Stühlen zu sitzen und keine männlichen Ärzte aufzusuchen (USDOS 3.3.2017; vgl. BFA 8.2017). In Raqqa gründete der IS die "al-Khansaa"-Brigade, welche hauptsächlich aus nicht-syrischen Frauen besteht und die Regeln des IS bei anderen Frauen durchsetzten soll (USDOS 3.3.2017). Familien werden auch gezwungen ihre Töchter an IS-Kämpfer zu verheiraten. Jabhat Fatah ash-Sham [Anm.: vormals Jabhat al-Nusra] ist Frauen gegenüber etwas weniger restriktiv, die Situation ist jedoch ähnlich. Generell wird die Lage junger unverheirateter Frauen in Syrien allgemein, im Speziellen jedoch in den von radikalislamistischen Gruppierungen kontrollierten Gebieten, als prekär bezeichnet (BFA 8.2017).
Rückkehr
Laut der International Organization for Migration (IOM) sind zwischen Januar und Juli 2017 602.759 vertriebene Syrer in ihre Heimatgebiete zurückgekehrt. 93 Prozent davon sind Binnenvertriebene gewesen und 7 Prozent kehrten aus der Türkei, dem Libanon, Jordanien und dem Irak nach Syrien zurück. Rückkehrer aus der Türkei und Jordanien kehrten hauptsächlich in die Provinzen Aleppo und Hassakah zurück (IOM 11.8.2017). Am Beginn des Jahres kam es zur Rückkehr von etwa 150.000 Personen (Zeitraum Januar-April 2017) nach Ost-Aleppo, wobei die Dauerhaftigkeit dieser Rückkehr fragwürdig ist, da die Zahl der beschädigten Unterkünfte in Ost-Aleppo sehr hoch ist (IDMC 2017).
Die Hauptfaktoren, die die Entscheidung zurückzukehren, beeinflussen, sind primär die Wiedervereinigung mit Familienmitgliedern, den Zustand des eigenen Besitzes/Grundstücks zu prüfen und in manchen Fällen auch die tatsächliche oder wahrgenommene Verbesserung der Sicherheitslage in Teilen des Landes (UNHCR 30.6.2017 und IOM 11.8.2017). Andere Rückkehrgründe können eine Verschlechterung der ökonomischen Situation am Zufluchtsort oder soziokulturelle Probleme sein (Die Presse 14.8.2017, vgl. IOM 11.8.2017).
Das Konzept von Binnenvertriebenen ist jedoch viel weiter gefasst, als jenes von Flüchtlingen. Binnenvertriebene sind all jene, die ihr Zuhause verlassen haben und dabei sehr kurze oder auch weite Entfernungen zurückgelegt haben. Kürzere Distanzen erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr. Beispielsweise kehren viele IDPs aus West-Aleppo nach Ost-Aleppo zurück, oder viele IDPs aus den Vorstädten von Damaskus kehrten in die Vororte Qabun oder Qudsaya zurück, nachdem diese von der syrischen Armee wieder erobert wurden. Das hauptsächliche Hindernis bei der Rückkehr bleibt das Fehlen von Sicherheit, wobei diese Einschätzung von der geographischen Herkunft, sozioökonomischen Lage und einer potentiellen Beteiligung im Widerstand gegen das syrische Regime beeinflusst wird (WI 7.7.2017).
Geschätzte 67 Prozent der Rückkehrer (405.420 Personen) kehrten in die Provinz Aleppo zurück, 27.620 nach Idlib, 75.209 nach Hama,
45.300 nach Raqqa, 21.346 nach Damaskus-Umland und 27.861 in andere Provinzen. Berichten zufolge kehrten 97 Prozent der Vertriebenen zu ihrem eigenen Haus zurück, 1,8 Prozent leben bei Gastgebern, 1,4 Prozent in verlassenen Häusern, 0,14 Prozent in informellen Siedlungen und 0,03 Prozent in gemieteten Unterkünften. Der Zugang zu Nahrung und Haushaltsgegenständen der Rückkehrer liegt dieser Studie zufolge bei 80 und 83 Prozent, der Zugang zu Wasser und Gesundheitsversorgung nur bei 41 und 39 Prozent, weil die Infrastruktur des Landes durch den Konflikt extrem beschädigt wurde. Im Jahr 2016 lag die Zahl der Rückkehrer bei 685,662. Von diesen Rückkehrern wurden jedoch geschätzte 20.752 im selben Jahr und 21.045 im Jahr 2017 erneut vertrieben. Während die Zahl der Rückkehrer in Syrien steigt, ist die Zahl der Vertreibungen weiterhin hoch. So wurden von Januar bis Juli 2017 geschätzte
808.661 Personen aufgrund des Konfliktes vertrieben, viele davon zum zweiten oder dritten Mal. Laut IOM war die Rückkehr von IDPs hauptsächlich spontan, aber nicht notwendigerweise freiwillig, sicher oder nachhaltig (IOM 11.8.2017).
Länger zurückliegende Gesetzesverletzungen im Heimatland (z.B. illegale Ausreise) können von den syrischen Behörden bei einer Rückkehr verfolgt werden. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Verhaftungen (AA 17.8.2017). Im Prinzip steht es syrischen Staatsangehörigen frei, mit ihrem syrischen Pass (oder bei einer Ausreise in den Libanon: mit gültigem Personalausweis) über alle funktionsfähigen Grenzübergänge, einschließlich dem Flughafen Damaskus, das Land zu verlassen. Syrische Staatsangehörige müssen eine Ausreisegebühr in einer Höhe zahlen, die vom Ausreisepunkt (Landgrenze oder Flughafen) abhängt. Auf Grundlage des Gesetzes Nr. 18 aus dem Jahr 2014 kann die Ausreise oder Rückkehr ohne gültigen Pass oder ohne die erforderliche Genehmigung oder über einen nicht genehmigten Ausreisepunkt je nach Umständen des Einzelfalls Freiheits- und/oder Geldstrafen nach sich ziehen. Es ist nicht klar, ob das Gesetz tatsächlich angewandt wird und ob Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, gemäß Gesetz Nr. 18 von 2014 einer Strafverfolgung ausgesetzt sind (UNHCR 2.2017).
Personen werden bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter wird auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben (IRB 19.1.2016; vgl. Zeit 10.12.2017). Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird. Oder der Person wird die Einreise nach Syrien erlaubt, sie muss sich jedoch zu einem anderen Zeitpunkt erneut melden und verschwindet dann. Eine Person kann auch Opfer von Misshandlungen werden, ohne dass es dafür einen bestimmten Grund gibt. Das System ist sehr unberechenbar (IRB 19.1.2016). Bereits im Jahr 2012 hat ein britisches Gericht festgestellt, dass für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr besteht, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein. Seit dieser Feststellung hat sich die Situation weiter verschlimmert. Es kann jedoch auch sein, dass eine Person, trotz eines abgelehnten Asylantrages, auch nach der Rückkehr nach Syrien noch als Unterstützer des Assad-Regimes angesehen wird (UK HOME 8.2016).
Das syrische Gesetz bestraft auch Personen, welche versuchen in einem anderen Land Asyl zu suchen, um eine Strafe in Syrien zu vermeiden (USDOS 3.3.2017).
In den von oppositionellen Gruppierungen wie Jabhat Fatah ash-Sham oder dem sogenannten Islamischen Staat (IS) kontrollierten Gebieten verfügen die bewaffneten Gruppen ebenfalls über Listen von "Dissidenten". Ihnen drohen Misshandlung und Verschwindenlassen. Auch oppositionelle Gruppen kontrollieren Rückkehrende, wobei die Bekanntgabe des Wohn- und Geburtsortes wichtig ist. SyrerInnen, die aus der Türkei in oppositionelle Gebiete zurückkehren, werden befragt. Es kommt außerdem zu Entführungen und Lösegelderpressungen durch bewaffnete Gruppen (SFH 21.3.2017).
Wie aus Berichten hervorgeht, betrachtet die Regierung bestimmte Aktivitäten von im Ausland lebenden Syrern als Ausdruck einer oppositionellen Einstellung, darunter Anträge auf Asyl, Teilnahme an regierungskritischen Protesten, Kontakte zu Oppositionsgruppen oder andere Ausdrucksformen der Kritik an der Regierung, einschließlich über soziale Medien (UNHCR 2.2017). Die syrische Regierung hat Interesse an politischen Aktivitäten von Syrern im Ausland, auch deshalb, um oppositionelle Alternativen zum gegenwärtigen Regime zu unterbinden. Die Regierung überwacht Aktivitäten dieser Art im Ausland, auch in Österreich. Dass die syrische Regierung Kenntnis von solchen Aktivitäten hat, ist wahrscheinlich, und sie hat die Möglichkeit, ihr diesbezügliches Wissen zu nützen, wenn sich dazu die Gelegenheit ergibt. Eine Überwachung von exilpolitischen Aktivitäten passiert hauptsächlich an Orten mit einer größeren syrischen Gemeinde, weil sich dort eher Informanten der Regierung befinden können. Eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exilpolitischer Aktivität hängt jedoch von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren, wie dem familiären Hintergrund und den Ressourcen ab, die der Regierung zur Verfügung stehen (BFA 8.2017).
Im September 2017 sprach der damalige Generalmajor der syrischen Republikanischen Garden Issam Zahreddine eine Drohung gegen syrische Flüchtlinge aus. In einem Live-Interview mit dem syrischen Staatsfernsehen sagte er "Kehrt nicht zurück! Selbst wenn der Staat euch vergibt, wir werden niemals vergessen und verzeihen. Ein Rat von diesem Bart: Kommt nicht zurück!", umstehende Offiziere hätten dazu gelacht. Zum Berichtszeitpunkt befehligte er mehrere tausend Soldaten und leitete die Eroberung von Deir ez-Zour. Offiziell gibt das Assad-Regime vor, eine "nationale Versöhnung" in Syrien anzustreben. Syrer, die nicht gegen die Regierung kämpften, hätten demnach nichts zu befürchten (Spiegel 11.9.2017). Zahreddine, der im Oktober 2017 durch eine Landmine getötet wurde, entschuldigte sich später für die Aussage und sagte, dass sie missinterpretiert worden sei und er sich lediglich auf IS und Rebellenkämpfer bezog, die syrische Truppen getötet haben (Telegraph 18.10.2017). Im Dezember 2017 besuchte Ali Haidar, der syrische Minister für nationale Versöhnung (Minister of State for National Reconciliation), den Südlibanon und rief syrische Flüchtlinge aus den Provinzen Hama und Aleppo dazu auf, nach Hause zurück zu kehren, unter der Behauptung, dass die Situation in den Provinzen stabil sei (DS 2.1.2018).
Wehrdienstverweigerung/Desertion
Besonders aus dem Jahr 2012 gibt es Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen wurden, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen, erschossen zu werden (AI 6.2012).
Wehrdienstverweigerer werden laut Gesetz in Friedenszeiten mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft, die Wehrpflicht besteht dabei weiterhin fort. In Kriegszeiten wird Wehrdienstverweigerung laut Gesetz, je nach den Umständen, mit Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren bestraft. Nach Verbüßen der Strafe muss der Wehrdienstverweigerer weiterhin den regulären Wehrdienst ableisten. Bei einer Wehrdienstverweigerung hat man die Möglichkeit sich zu verstecken und das Haus nicht mehr zu verlassen, das Land zu verlassen, sich durch Bestechung freizukaufen oder einer anderen Gruppierung beizutreten. Bezüglich Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während die einen eine Foltergarantie und Todesurteil sehen, sagen andere, dass Verweigerer sofort eingezogen werden (BFA 8.2017). Die Konsequenzen hängen jedoch vom Profil und den Beziehungen der Person ab. Wenn es eine Verbindung zu einer oppositionellen Gruppe gibt, wären die Konsequenzen ernster (DIS 26.2.2015).
Wenn jemand den Wehrdienst verweigert und geflohen ist, gibt es die Möglichkeit seinen Status zu "regularisieren", wobei möglicherweise auch ein signifikanter Betrag zu entrichten ist (gerüchteweise bis zu 8.000 USD). Eine solche "Regularisierung" schützt allerdings nicht automatisch vor Repressalien oder einer zukünftigen Rekrutierung. Berichten zufolge betrachtet die Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen (BFA 8.2017).
Desertion wird gemäß dem Militärstrafgesetz von 1950 in Friedenszeiten mit ein bis fünf Jahren Haft bestraft und kann in Kriegszeiten bis zu doppelt so lange Haftstrafen nach sich ziehen. Deserteure, die zusätzlich außer Landes geflohen sind (so genannte externe Desertion), unterliegen Artikel 101 des Militärstrafgesetzbuchs, der eine Strafe von fünf bis zehn Jahren Haft in Friedenszeiten und 15 Jahre Haft in Kriegszeiten vorschreibt. Desertion im Angesicht des Feindes ist mit lebenslanger Haftstrafe zu bestrafen. In schwerwiegenden Fällen wird die Todesstrafe verhängt (BFA 8.2017).
In vielen Fällen erwartet Deserteure der Tod. Möglicherweise werden sie inhaftiert, befragt und gefoltert, wobei die Behandlung eines Deserteurs auch davon abhängt wer er ist, welcher Konfession er angehört, wie wohlhabend er ist etc. Die große Sorge vieler ist hierbei auch, dass dies nicht nur den Tod des Deserteurs oder die Vergeltung gegen ihn, sondern auch Maßnahmen gegen seine Familie nach sich ziehen kann. Die gängige Vorgehensweise ist, Deserteure nicht zurück an die Front zu schicken, sondern sie zu töten. Berichten zufolge werden sie an Ort und Stelle erschossen. Theoretisch ist ein Militärgerichtsverfahren vorgesehen und Deserteure könnten auch inhaftiert und dann strafrechtlich verfolgt werden. Außergerichtliche Tötungen passieren dennoch (BFA 8.2017; vgl. FIS 23.8.2017). Für ‚desertierte', vormals bei der Armee arbeitende Zivilisten gelten dieselben Konsequenzen wie für einen Deserteur. Solche Personen werden als Verräter angesehen, weil sie über Informationen über die Armee verfügen (FIS 23.8.2016).
Im Gegensatz zum Beginn des Konfliktes haben sich mittlerweile die Gründe für Desertion geändert: Nun desertieren Soldaten, weil sie kampfmüde sind und dem andauernden Krieg entkommen wollen (BFA 8.2017).
Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie kann von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann. Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen. Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert (FIS 23.8.2016; vgl. BFA 8.2017).
In Gebieten, welche durch sogenannte Versöhnungsabkommen wieder unter die Kontrolle des Regimes gebracht wurden, werden häufig Vereinbarungen bzgl. Wehrdienst getroffen. Manche Vereinbarungen besagen, dass Männer nicht an die Front geschickt, sondern stattdessen bei der Polizei eingesetzt werden. Berichten zufolge wurden solche Zusagen von der Regierung aber bisweilen auch gebrochen, was jedoch schwer zu beweisen ist (BFA 8.2017).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin, ihre Staatsangehörigkeit und ihre Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin sowie auf die von ihr vorgelegten Dokumente. Die Identität wurde auch bereits vom BFA festgestellt.
Dass die Beschwerdeführerin Syrien illegal verlassen hat ergibt sich aus ihren gleichbleibenden Aussagen im gesamten Verfahren.
Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren eigenen Angaben im Rahmen des Verfahrens sowie aus Abfragen in den betreffenden amtlichen österreichischen Registern. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
Die Beschwerdeführerin hatte im gegenständlichen Verfahren die Gelegenheit ihre Fluchtgründe umfassend darzulegen. Der aufgrund der erfolgten Befragungen festgestellte Sachverhalt findet Niederschlag im angefochtenen Bescheid. In Anbetracht des vom BFA durchgeführten Ermittlungsverfahrens hat das Bundesverwaltungsgericht auch keine Bedenken gegen die Annahmen des BFA, dass der Beschwerdeführerin in Syrien keine gezielte konkrete Verfolgung droht.
Die Beschwerdeführerin gab in Bezug auf ihre Fluchtgründe durchgehend an, dass sie Syrien aufgrund der Angst vor einer Zwangsrekrutierung durch die YPG verlassen habe. Dazu ist festzuhalten, dass den angeführten Länderfeststellungen zu entnehmen ist, dass es in den Gebieten unter Kontrolle der kurdischen Partei der Demokratischen Union eine gesetzliche Verordnung zum verpflichtenden Wehrdienst gibt. Jede Familie ist dazu verpflichtet, ein Familienmitglied im Alter von 18 - 30 Jahren als "Freiwilligen" für einen sechsmonatigen Wehrdienst bei der YPG zu stellen. Wird dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, kommt es zu Zwangsrekrutierungen, sowohl von Erwachsenen als auch von Minderjährigen oder zu rechtlichen Konsequenzen. In Artikel 2 und 3 des betreffenden Wehrdienstgesetzes wird zunächst der Personenkreis definiert, auf den sich das Gesetz bezieht. In Artikel 3 heißt es:
"Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für alle männlichen Personen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren. Frauen können sich freiwillig zur Selbstverteidigung verpflichten". Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass es in kurdischen Gebieten zu Zwangsrekrutierungen von Männern kam. Eine Zwangsrekrutierung von Frauen betreffend ist den Länderfeststellungen zu entnehmen, dass es keine Beweise für solche Rekrutierungen durch die YPG gibt, es aber vereinzelt durchaus schon dazu gekommen sein soll. Hier ist anzumerken, dass die bloße Möglichkeit einer Zwangsrekrutierung durch die YPG keine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit bzw. kein reales Risiko im Hinblick auf eine Asylgewährung aus diesem Grund darstellt.
Der Herkunftsort der Beschwerdeführerin liegt direkt im Kurdengebiet (siehe dazu http://syria.liveuamap.com). In diesen Gebieten unter kurdischer Kontrolle trifft die Gefahr einer Zwangsrekrutierung, wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, nur Männer. Die Rekrutierung von kurdischen Frauen kommt nur sehr vereinzelt vor und betrifft insbesondere minderjährige Mädchen und Frauen, die der YPG zunächst freiwillig beigetreten sind. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich nicht um ein minderjähriges Mädchen und sie ist auch der YPG zunächst nicht freiwillig beigetreten. Es bestehen daher zusammengefasst keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin Gefahr läuft, Opfer einer Zwangsrekrutierung durch kurdische Milizen zu werden.
Auch die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rekrutierungsversuche durch Angehörige der YPG sind nicht glaubhaft, zumal die Familie der Beschwerdeführerin nach deren Ausreise ohne Probleme seitens der YPG in Syrien - und noch am Heimatort - leben kann ohne Repressalien ausgesetzt zu sein.
Umstände, die individuell und konkret die Beschwerdeführerin betreffen und auf eine Verfolgung der Beschwerdeführerin hindeuten könnten, konnten nicht festgestellt werden. Demzufolge ergibt sich aus dem durch die Beschwerdeführerin Vorgebrachten keine asylrelevante Verfolgungsgefahr. Es kommt bei der Beurteilung des Vorliegens von Asylgründen aufgrund der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes immer auf die konkrete Situation des Asylwerbers und nicht auf die allgemeinen politischen Verhältnisse an. Es bestehen auch keine konkreten Hinweise darauf, dass sich aus der allgemeinen Situation in Syrien für die Beschwerdeführerin etwas gewinnen ließe, zumal keine ausreichenden Anhaltspunkte bestehen, dass die Beschwerdeführerin schon alleine aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung zu fürchten habe.
Die Feststellungen zur Situation in Syrien beruhen auf den genannten (nun aktualisierten) Quellen, die schon das BFA seinem Bescheid zugrunde legte und die im Wesentlichen inhaltsgleich blieben. Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A):
3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Bei der Entscheidung, ob eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung besteht, handelt es sich immer um eine Prognoseentscheidung, die eine auf die Zukunft gerichtete Verfolgung verlangt. Das Wort "Furcht" bezieht sich dabei nicht nur auf Personen, die tatsächlich verfolgt wurden, sondern auch auf solche, die einer Situation aus dem Wege gehen möchten, die eine Gefahr der Verfolgung in sich birgt. (vgl. UNHCR, Ergänzende aktuelle Länderinformationen Syrien: Militärdienst, vom 30. November 2016, S. 1)
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; 15.03.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, d.h. er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründe zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.2. Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, hat die Beschwerdeführerin keine asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht, die zu einer Asylgewährung führen könnten.
Im Ergebnis ist bei der gebotenen prognostischen Beurteilung der Verfolgungsgefahr und bei Gesamtbewertung aller risikobegründenden Faktoren ein erhebliches Risiko für die Beschwerdeführerin aus den dargelegten Gründen verfolgt zu werden - und damit das Vorliegen der "maßgeblichen Wahrscheinlichkeit" der Verfolgung im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Judikatur - zu verneinen.
Die Beschwerdeführerin konnte somit nicht glaubhaft machen, dass ihr im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
3.3. Ergänzend festzuhalten ist des Weiteren, dass es sich im vorliegenden Fall - wie schon vom BFA richtig erkannt - um kein Familienverfahren handelt. Bei der zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem asylberechtigten "Ehemann" geschlossenen Ehe, handelt es sich um eine sogenannte Stellvertreterehe, welche in Österreich nicht als legal geschlossene Ehe anerkannt wird und somit eine Ableitung des Status eines Asylberechtigten vom Ehemann gesetzlich nicht möglich ist. Diesem Umstand ist die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten.
3.4. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht für die Beschwerdeführerin nicht; die Annahme ebendieser würde im Widerspruch zum aufgrund der derzeitigen Situation in Syrien bereits gewährten subsidiären Schutz stehen (vgl. VwGH 25.3.2015, Ra 2014/18/0168; 29.6.2015, Ra 2014/18/0070).
3.5. Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG2005 abzuweisen.
3.6. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, zumal der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages, wie dieser im vorliegenden Fall gestellt wurde - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist. Auch die gebotene Aktualität ist unverändert gegeben, zumal die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen, ergänzt um aktuellere Feststellungen, unverändert die zur Beurteilung des konkreten Falles notwendige Aktualität aufweisen.
Zu Spruchpunkt B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch sei