Diskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Sexuelle Belästigung durch Dritten, Belästigung durch DrittenText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 9. Jänner 2018 über den am 18. September 2015 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 34/2015; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) sowie durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs 1 Z 3 GlBG durch Herrn B (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/631/15, zu folgendem
Prüfungsergebnis:
1. Frau A ist auf Grund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG durch Herrn B diskriminiert worden.
2. Frau A ist auf Grund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs 1 Z 3 GlBG durch Herrn B diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
Prüfungsgrundlagen
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie deren mündliche Befragung vom 9. Jänner 2018. Als weitere Auskunftspersonen wurden Frau Mag. C, Herr D und Herr E am 9. Jänner 2018 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf den Angestelltendienstvertrag zwischen der Antragstellerin und der Firma X GmbH vom 18. April 2011; den E-Mail Verkehr vom 4. November 2014 zwischen dem Antragsgegner und der Antragstellerin betreffend einen „Blondinenwitz“; ein Konvolut an E-Mails zwischen der Antragstellerin und dem Verkaufsleiter, Dr. F, im Zeitraum Jänner 2013 bis Februar 2014 betreffend Kundenbeschwerden und Ermahnungen im Hinblick auf die Arbeitsweise der Antragstellerin sowie ein E-Mail der Antragstellerin an Herrn E im Juli 2014 und ein Protokoll über ein anschließend mit diesem stattgefundenes Gespräch in dem die Antragstellerin eine fehlende Unterstützung seitens des Dienstgebers und ihre Sorge um ihren Arbeitsplatz thematisierte. Weiters lagen dem Senat u.a. das Interventionsschreiben der GAW an die X GmbH vom 11 Juni 2015 und das Antwortschreiben darauf vom 26. Juni 2015 vor.
Vorbringen
Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin sei von 1. Jänner 2009 bis 15. August 2015 — mit einer kurzen Unterbrechung im Jahr 2011 — bei der X GmbH angestellt und dort als Verkaufsrepräsentantin tätig gewesen. Im Juni 2014 sei ein neuer Division Manager und Prokurist, der Antragsgegner, angestellt worden, der überdies als regionaler Verkaufsleiter direkter Vorgesetzter der Antragstellerin gewesen sei.
Sehr bald nach dem Arbeitsbeginn des Antragsgegners hätten die Antragstellerin und eine Kollegin, Frau Mag.a C, bemerkt, dass der Antragsgegner keine professionelle Haltung gegenüber weiblichen Mitarbeiterinnen besitze. So sei es mehrfach dazu gekommen, dass der Antragsgegner die Antragstellerin (wie auch ihre Kollegin) „Schatzilein“ genannt und gemeinte habe, dass er das immer tue, wenn Frauen etwas, was er erkläre, nicht sofort verstünden.
Die Antragstellerin habe auch bemerkt, dass der Antragsgegner sie offenbar attraktiv gefunden habe, da er ihr immer wieder körperlich so nahe gerückt sei, dass es ihr unangenehm gewesen sei. Er habe auch mehrfach Bemerkungen in diese Richtung gemacht, indem er etwa gemeint habe, dass „sie gut rieche", „eine fesche Frau sei" und er sie attraktiv fände. Die Antragstellerin habe darauf nicht regiert und versucht, sich neutral zu verhalten.
Bei einem gemeinsamen Kundentermin des Antragsgegners und der Antragstellerin bei einem Arzt in Y im September 2014 sei es zu einem für die Antragstellerin sehr unangenehmen Vorfall gekommen: Sie und der Antragsgegner hätten in einem Vorraum auf den Termin gewartet, als eine Bedienstete des Y vorbeigegangen sei. Als diese den Raum verlassen habe, habe der Antragsgegner zur Antragstellerin gesagt: „Also, bevor ich die schnacksel, schlag ich ihn mir am Randstein blutig!“. Die Antragstellerin sei starr vor Entsetzen gewesen und habe die Worte des Antragsgegners nicht fassen können. Sie habe sich extrem unangenehm berührt gefühlt durch diese Bemerkung und habe darauf nicht reagieren können.
Die Antragstellerin und ihre Kollegin hätten weiters festgestellt, dass der Antragsgegner zahlreiche „Blondinenwitze“ an einem Brett in seinem Zimmer angebracht und solche auch immer wieder erzählt habe. Die Antragstellerin habe vom Antragsgegner im November 2014 sogar einen solchen Witz per E-Mail zugeschickt bekommen. Sie habe dies unangebracht gefunden und sei peinlich berührt gewesen.
Auch bei weiteren Gelegenheiten hätten die Antragstellerin und ihre Kollegin festgestellt, dass der Antragsgegner sich in Bezug auf Frauen unpassend verhalten habe, indem er sie abgewertet und lächerlich gemacht habe oder ihnen zu nahe getreten sei — sowohl ihnen gegenüber als auch bei Außenterminen. Sie hätten es zunehmend vermieden, ihn zu Kundlnnengesprächen mitzunehmen und seien auch ungern alleine mit ihm gewesen.
Es habe, bedingt durch Fluktuationen, Kommunikationsprobleme in der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen gegeben, u.a. hätten sich die Antragstellerin und ihre Kollegin nicht mit ihren Qualifikationen entsprechenden Aufgaben betraut gefühlt. Als sie dies in einem Treffen mit dem Antragsgegner und dem Regionalmanager einer anderen Abteilung angesprochen hätten, hätten diese gemeint, dass sie „ja gar nicht in der Lage seien, das Geschäft über die Bühne zu bringen.“ Über diese Bemerkung seien die Antragstellerin und ihre Kollegin sehr verärgert gewesen, da sie seit Jahren genau dies erfolgreich getan hätten.
In der Folge dieser Vorfälle habe sich das Arbeitsklima verschlechtert und die Antragstellerin habe wahrgenommen, dass der Antragsgegner sie nicht ihren Qualifikationen entsprechend eingesetzt und schlecht behandelt habe. Auch ein angeblich geplantes Gespräch, zu dem es nach einer Beschwerde der Antragstellerin beim Vorgesetzten des Antragsgegners kommen hätte sollen, habe nicht stattgefunden. Im Gegenteil, die Antragstellerin sei vom Antragsgegner verstärkt ignoriert worden, habe keine Unterstützung erhalten, sei bei Aufträgen ausgeschlossen gewesen und es seien ihr unbegründet fehlerhafte Handlungen unterstellt worden. Auch bei der Auszahlung vereinbarter Boni habe sich die Antragstellerin benachteiligt gefühlt.
Sie habe sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft gewandt, die das Unternehmen auf die Belästigungshandlungen des Antragsgegners hingewiesen und wegen mangelnder Abhilfe dagegen um Stellungnahme gebeten habe. Seitens des Dienstgebers seien alle Vorwürfe vehement zurückgewiesen worden. Auch der Antragsgegner habe sein Verhalten gegenüber der Antragstellerin nach diesem Schriftwechsel nicht verändert, es sei auch nach wie vor nicht zu einem klärenden Gespräch gekommen.
Die Antragstellerin habe schließlich eine Beendigung ihres Dienstverhältnisses angestrebt und sich mit ihrem Arbeitgeber auf eine einvernehmliche Auflösung ihres Dienstverhältnisses geeinigt.
In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung des Antragsgegners übermittelten Stellungnahme vom 27. Oktober 2015 wurden die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe bestritten und ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten:
Die Antragstellerin sei seit 1. Jänner 2009 im Unternehmen X im Außendienst als Verkaufspräsidentin (Anm.: gemeint ist wohl Verkaufsrepräsentantin) beschäftigt. Sie und ihre Kollegin Frau Mag. C seien dem Verkaufsleiter, Herrn Dr. F, unmittelbar unterstellt gewesen.
Der Antragsgegner sei mit 1. Juni 2014 als neuer Divison-Manager in das Unternehmen X eingetreten. Die Antragstellerin sei zu diesem Zeitpunkt weiterhin direkt Herrn Dr. F unterstellt gewesen. 6 Monate nach Eintritt des Antragsgegners in das Unternehmen, mit 30. November 2014, sei der Verkaufsleiter aus dieser Position ausgetreten und habe der Antragsgegner zwischenzeitig die Führung dieses Bereichs übernommen. Ab Dezember 2014 sei der Antragsgegner daher unmittelbarer interimistischer Vorgesetzter der Antragstellerin, so wie auch von Frau Mag. C gewesen.
Während des Geschäftsjahres 2014 habe die Antragstellerin immer wieder Gespräche mit dem Personalchef, Herrn E, gesucht, weil sie vermeinte, ihr unmittelbarer Vorgesetzter, Herr Dr. F würde sie nicht genug im Bereich Verkaufssituationen sowie die Umsatzordnung eines Projekts unterstützen. Die Antragstellerin sei große Gefahr gelaufen, mangels Zielerreichung ihre Bonuszahlungsansprüche für das Jahr 2014 zu verlieren und einer Dienstgeberkündigung wegen Schlechtleistung entgegen sehen zu müssen.
Niemals habe die Antragstellerin auch nur mit einem Wort einen Diskriminierungstatbestand im Jahr 2014 erwähnt - insbesondere auch nicht ab jenem Zeitpunkt, ab dem der Antragsgegner in das Unternehmen eintrat. Dies weder gegenüber der HR Abteilung, noch bei der Geschäftsführung , noch bei der im Unternehmen eingerichteten anonymen Hotline, noch in von ihr selbst verfassten Gesprächsprotokollen.
Im März 2015 sei die Antragstellerin wegen eines chirurgischen Eingriffes krankgeschrieben gewesen. Im April sei sie arbeitstätig gewesen. Von 4. - 8. Mai 2015 und am 15. Mai 2015 habe sich die Antragstellerin in Urlaub befunden. Am 20. und 21. Mai 2015 habe sie eine Pflegefreistellung zur Pflege ihrer erkrankten Tochter erhalten. Danach sei Sie bis zum (einvernehmlichen) Austritt aus dem Unternehmen zum 15. August 2015 dauernd in Krankenstand gewesen.
Die Antragstellerin beschreibe am 13. Mai 2015 und am 11. Juni 2015 sodann erstmals plötzlich, im September 2014 - sohin rund 9 (!) Monate zuvor - hätte sich ein Vorfall mit dem Antragsgegner zugetragen, der den Normen des GIBG zuwider gelaufen wäre und sie diskriminiert hätte.
Zu diesem Zeitpunkt (Mai 2015) sei bereits festgestanden, dass die Antragstellerin mangels Zielerreichung keine Bonuszahlungen für das Jahr 2014 erhalten sollte. Die Unzufriedenheit der Dienstgeberin mit den Leistungen der Antragstellerin sei seit 2013 festgestanden. Mehrfache E-Mailkorrespondenz würde dies belegen. Die Antragstellerin sei mehrfach abgemahnt worden ihre Arbeit ordnungsgemäß und zur Kundenzufriedenheit zu verrichten. In einem E-Mail vom 22. Juli 2014 an Herrn E beschreibe die Antragstellerin ihre Besorgnis, den Arbeitsplatz zu verlieren; von Problematiken einer Diskriminierung oder eine Beschwerde über zwischenmenschliche Probleme mit dem Antragsgegner sei in diesem Schreiben nichts zu finden. In einem Gesprächsprotokoll vom 18. August 2014 zwischen der Dienstgeberin und der Antragstellerin fände sich ebenfalls kein Hinweis, dass diese sich in irgendeiner Weise zuwider dem GIBG behandelt gefühlt hätte.
Der Antragsgegner sei bis 13. Mai 2015 bzw. 11. Juni 2015 niemals - weder von der Antragstellerin noch von Seiten der Dienstgeberin - darauf angesprochen worden, dass er die Antragstellerin in irgendeiner Weise diskriminierend behandelt oder angesprochen hätte. Gespräche, die aufgrund dieser schriftlichen Beschwerden seitens der Dienstgeberin mehrfach angeboten worden seien, habe die Antragstellerin ausgeschlagen.
Letztlich habe die Antragstellerin auch ein Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission gegen ihre (nunmehr) ehemalige Dienstgeberin eingeleitet. Die Dienstgeberin habe mit der Antragstellerin zur endgültigen Bereinigung der Angelegenheit einen Vergleich abgeschlossen, in dem eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses, sowie Bonuszahlungszusagen für 2014/2015 festgelegt worden seien. Die Antragstellerin habe daher davon abgesehen, weiterhin daran festzuhalten, auch ihre ehemalige Dienstgeberin mit einem Gleichbehandlungsvorwurf zu belasten. Sie habe die Vereinbarung jedoch scheinbar falsch verstanden, da Sie nach Vereinbarungsabschluss nach Auszahlung der Ansprüche beim Personalmanager, Herrn E angerufen und Nachforderungen gestellt habe. Diese Nachforderungen hätten jedoch zu keinem Erfolg geführt.
Zur Person der Antragstellerin sei auszuführen, dass diese im Unternehmen, sowie auch beim Antragsgegner stets einen sehr aufgeschlossenen Eindruck erweckt habe, niemals verlegen um ein humorvolles Wort. Oftmals habe sie sich auf Firmenveranstaltungen auch der zweideutigen Sprache bedient. Keinesfalls sei sie eine von jenen Dienstnehmerinnen, die sich von Vorgesetzten oder Kollegen leicht einschüchtern lassen habe. Verbalen Schlagabtausch in mehr oder weniger humorvoller oder gar zweideutiger Art habe sie oftmals geradezu gerne provoziert. Sie habe selbst oftmals gegenüber ihren Vorgesetzten, so auch gegenüber dem Antragsgegner nicht den angemessenen respektvollen Umgangston gefunden. Das provokative Verhalten der Antragstellerin im Betrieb habe daher jedenfalls in eine allfällige Beurteilung von Reaktionshandlungen des Antragsgegners, die ihm nunmehr vorgeworfen werden, miteinzufließen.
Die Antragstellerin habe auch dazu geneigt, auffallend unkooperativ zu sein - dies insbesondere im Zusammenwirken mit Frau Mag. C. Sie habe sich stets geneigt gezeigt eine gute Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten hintanzuhalten. Sie sei hinsichtlich geplanter Projektabwicklungen uneinsichtig gewesen, habe alles zerredet und somit eine Ergebnisorientierung hintan gehalten. Sie habe stets einen provokanten Eindruck gemacht; dies auch gegenüber anderen Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen - und nicht nur gegenüber dem Antragsgegner.
Zu den Vorwürfen der Antragstellerin werde ausgeführt, dass der Antragsgegner die Antragstellerin ein einziges Mal mit dem Wort „Schätzelein“ bezeichnet habe, weil sie ihm in gleichsam provozierender Art Schlechtleistungen dargeboten habe, bei denen ein Ansinnen nach Akzeptanz einer Provokation gleichgekommen sei.
Die Antragstellerin habe bestimmte Kennzahlen für das nächste Geschäftsjahr erheben sollen, dem Antragsgegner allerdings bloß eine Zusammenfassung von Kennzahlen aus den letzten drei Jahren dargeboten, ohne in irgendeiner Weise Bezug auf das zukünftige Geschäftsjahr zu nehmen. Der Antragsgegner habe im Vorfeld alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber in Kenntnis gesetzt, wie der Planungsprozess aussehen soll und was vorzubereiten sei. Der Antragsgegner habe die Antragstellerin bei Vorlage dieser Fehlleistung mit dem Wort: „Schätzelein“ bezeichnet und betont, dass eine derartige Leistungserbringung inakzeptabel sei. Er habe ihr mit Nachdruck die offenkundige Unrichtigkeit der dargelegten Ergebnisse erklärt.
In einem derartigen Zusammenhang das Wort „Schätzelein“ zu verlieren entspreche möglicherweise nicht dem angemessenen Umgangston mit Mitarbeitern, sei allerdings menschlich nachvollziehbar. In keinem Fall könne derartiges als diskriminierend gewertet werden. Die Antragstellerin habe diese Worte in dem Augenblick auch nicht so aufgefasst. Sie sei von selbstbewusstem Charakter und hätte bestimmt eine entsprechend merkbare Reaktion gegenüber dem Antragsgegner gesetzt, so sie sich tatsächlich angegriffen oder beleidigt gefühlt hätte.
Der Antragsgegner hätte aufgrund derart provokativ vorgelegter Fehlleistungen auch gegenüber einem männlichen Mitarbeiter Worte gefunden, die möglicherweise nicht dem angemessen respektvollen Umgangston entsprochen hätten. Dennoch werde mit Nachdruck betont, dass es sich hierbei um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe.
Tatsächlich habe der Antragsgegner auch einen nicht-böse gemeinten Blondinenwitz an die Antragstellerin weitergeleitet. Der „Witz“ sei dem Antragsgegner selbst von anderen Kollegen im Unternehmen zugemittelt worden. Im Unternehmen seien unter den Mitarbeitern öfters Witze (auch Blondinenwitze) versandt worden und sei die Antragstellerin von derartigem nicht bloß Adressatin sondern auch selbst oft „Scherz“- E-Mail Versenderin.
Das konkrete E-Mail sei in nicht böser oder diskriminierender Absicht vom Antragsgegner an die Antragstellerin weitergeleitet worden. Die Antragstellerin habe das E-Mail auch in keinster Weise so verstanden, da sie des Öfteren im Unternehmen in derartige E-Mailkorrespondenz eingebunden gewesen sei. Sie habe jedes Mal freundschaftlich humorvoll darauf reagiert.
Der Antragsgegner habe versucht auch diesbezüglich ein versöhnendes Gespräch mit der Antragstellerin zu erreichen, als er erfahren habe, dass sie sich durch dieses Mail plötzlich und überraschend verletzt gefühlt habe. Dies sei seitens der Antragstellerin ausgeschlagen worden.
Die übrigen Vorwürfe, die gegen den Antragsgegner erhoben würden, entsprächen nicht einmal im Ansatz der Wahrheit.
Die Antragstellerin werfe dem Antragsgegner vor, keine ihren Qualifikationen entsprechende Aufgaben zugeordnet erhalten zu haben. Dabei handle es sich um einen Vorwurf, der bestenfalls die Dienstgeberin treffen könne. Der Antragsgegner sei, wie oben bereits ausgeführt, nur kurzfristiger interimistischer Vorgesetzter der Antragstellerin gewesen und habe sie bei ihm dieselben Aufgaben wie bisher zu verrichten gehabt.
Ein „in der Lage sein, Geschäfte zu verrichten“ bedeute für den Antragsgegner, die Interessen des Kunden so wahr zu nehmen, dass er das Geschäft abschließe. Ein Kunde habe in einem Fall die Projektabwicklung über eine einzige Person, nämlich Herrn G, gewünscht, um die Zahl der Ansprechpartner möglichst gering zu halten. Herr G sei zudem Verkaufsleiter für den Bereich „…" und große Teile der Projektabwicklung seien ohnehin in seinen Zuständigkeitsbereich gefallen. Eine Betreuung der Angelegenheit durch die Antragstellerin insbesondere gemeinsam mit Frau Mag. C, die beide für den Bereich der „…" zuständig gewesen seien, wäre daher nicht möglich gewesen.
Da am 20. November 2014 sowohl Frau Mag. C als auch die Antragstellerin wieder einmal ein unkooperatives und provokantes Verhalten an den Tag gelegt hätten, sei dieser Termin zur Planung der Gesamtprojektabwicklung wieder einmal ergebnislos verlaufen. Der Antragsgegner habe sich daher gezwungen gesehen, mit anderen Regionalmanagern Kontakt aufzunehmen, um das Projekt im Sinne des Kunden durchführen zu können.
Der Antragsgegner habe die Qualifikationen der Antragstellerin nur dann in Zweifel gezogen, wenn Sie offenkundig Schlechtleistungen – wie oben zum Pkt. „Schätzelein“ beschrieben – erbracht habe.
Aus einer unobjektiven Vorurteilslage heraus, seien dem Antragsgegner bestimmt keine Äußerungen mit Diskriminierungscharakter über die fachliche Qualifikation der Antragstellerin entkommen. Schlechtleistungen habe er jedoch immer sofort und ehrlich direkt gegenüber der Antragstellerin angesprochen. Im konkreten Fall habe der Antragsgegner allerdings keine abfälligen Äußerungen über fachliche Qualifikationen der Antragstellerin gegenüber Dritten getätigt.
Ebenso unrichtig sei es, dass der Antragsgegner der Antragstellerin in irgendeiner Weise körperlich unangenehm nahe gekommen wäre. Er habe ihr auch keine Komplimente gemacht (gut riechen, fesche Frau etc) und verhalte sich auch weiblichen Mitarbeiterinnen gegenüber nicht anders als männlichen. Der Antragsgegner habe mit der Antragstellerin während seiner Tätigkeit maximal 3x Außendienste gemeinsam verrichtet. Hätte er es auf ein Naheverhältnis zur Antragstellerin angelegt, hätte er von sich aus jedenfalls wesentlich mehr Außendienste gemeinsam verrichten können.
Der von der Antragstellerin beschriebene Vorfall aus September 2014, in dem der Antragsgegner eine derbe und schreckliche Wortwahl im Beisein eines … Arztes von sich gegeben haben soll, entspreche keinesfalls den Tatsachen und mute an, verleumderisch zu sein.
Der Antragsgegner stehe einer Lösung im Sinne des GIBG betreffend die vorgeworfenen Handlungen des Punktes „Blondinenwitz“ und auch die Verwendung des Wortes „Schätzelein“ aufgeschlossen gegenüber, um die Angelegenheit für alle Seiten zufriedenstellend und rasch zu lösen. Die übrigen vorgeworfenen Tatbestände entsprächen nicht der Wahrheit und seien daher auch einer Lösung außerhalb eines Verfahrens nicht zugänglich.
Mit Nachdruck werde darauf verwiesen, dass die Institution der Gleichbehandlungskommission nicht dazu missbraucht werden dürfe, persönliche Rachefeldzüge auszutragen oder die Nachforderungsverweigerung der Dienstgeberin nun in einem Verfahren gegen den Antragsgegner fortsetzen zu wollen.
Rechtliche Überlegungen
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes vor, wenn eine Person durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.
Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt eine sexuelle Belästigung vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
Als Dritte im Sinne des § 6 GlBG kommen Personen in Betracht, die vom/von der ArbeitgeberIn und der belästigten Person verschieden sind, so zB ArbeitskollegInnen, Vorgesetzte, GeschäftspartnerInnen oder KundInnen des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin.2
Unter einem der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhalten sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise auch anzügliche, sei es auch in „Komplimente“ verpackte, Bemerkungen über Figur oder das Erzählen freizügiger Witze. 3
Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass für die betroffene Person dieses Verhalten ein unerwünschtes, unangebrachtes oder anstößiges darstellt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.4
Je nach Massivität des Verhaltens können wiederholte Verhaltensweisen oder auch ein einmaliger Zwischenfall den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllen, wenn er entsprechend schwerwiegend ist.
Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Arbeitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Wie aber bereits erwähnt, kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.5
Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Bei Berufung auf §§ 6 oder 7 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, der Antragsgegner sei ihr immer wieder körperlich für sie unangenehm nahe gerückt; habe angemerkt, dass „sie gut rieche“, „eine fesche Frau sei“ und er sie attraktiv fände und habe vor einem gemeinsamen Kundentermin in Y über eine Bedienstete, nachdem diese den Raum verlassen habe, gesagt „Also, bevor ich die schnacksel, schlag ich ihn mir am Randstein blutig!“ ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin von 1. Jänner 2009 bis 15. August 2015 – mit einer Unterbrechung im Jahr 2011 – bei der X GmbH als Verkaufsrepräsentantin tätig war. Der Antragsgegner trat mit 1. Juni 2014 als neuer Division-Manager ein. Nach dem Austritt des direkten Vorgesetzten der Antragstellerin, im November 2014, übernahm der Antragsgegner die interimistische Führung des Bereichs, in dem die Antragstellerin tätig war.
Die Antragstellerin konnte die Vorwürfe der sexuellen Belästigung in ihrem schriftlichen Vorbringen glaubhaft darlegen. In ihrer mündlichen Befragung wiederholte sie die erhobenen Vorwürfe ohne Widerspruch zu den Angaben im Antrag. Weiters berichtete sie in der Sitzung am 9. Jänner 2018 ergänzend auch von einem weiteren Vorfall mit dem Antragsgegner, bei dem er eine unangebrachte, sexuell konnotierte Äußerung getätigt habe. Bei einer gemeinsamen Autofahrt vor einem Meeting, bei der sie und eine Kollegin, Mag. C, auf der Rückbank gesessen seien, habe der Antragsgegner in eindeutig zweideutiger Weise zu einem ebenfalls mitfahrenden Kollegen, Herr D, gesagt, den schwarzen Himmel des Autos könne man „jederzeit weiß spritzen“.
Der Antragsgegner bestritt in seinem schriftlichen sowie mündlichen Vorbringen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der sexuellen Belästigung. Bestätigt wurde durch ihn lediglich in der mündlichen Befragung, dass er der Antragstellerin Komplimente zu ihrer Kleidung oder ihrem Parfüm gemacht zu haben. Er habe dies jedoch bei all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getan, da er viel Wert auf ordentliche Kleidung gelegt habe, weil dies im Verkauf wichtig sei.
Die als Auskunftsperson befragte Arbeitskollegin der Antragstellerin, Mag. C, bestätigte deren Vorwürfe im Wesentlichen. So stimme es, dass der Antragsgegner gewollte habe, dass sie und die Antragstellerin möglichst nahe bei ihm säßen. An den Vorfall im Auto könne sie sich zwar nicht konkret erinnern, „aber solche Witze kamen von ihm immer wieder.“ Auf Nachfrage gab sie an, sie könne sich nicht erinnern, dass der Antragsgegner einen besonderen Wert auf die Bekleidung der Mitarbeiter gelegt hätte – im Außendienst habe man immer ein gewisses Auftreten – oder sie darauf angesprochen habe. Erinnern könne sie sich nur an einen Cocktailempfang in Deutschland, bei dem der Antragsgegner, als sie und die Antragstellerin einen Rock getragen hätten zu ihnen gesagt habe: „Oh, seid ihr aber heute hübsch angezogen.“ Das sei aber gewesen bevor sich die Vorfälle gehäuft hätten und sie dem Ganzen so viel Bedeutung beigemessen hätten. Auf Nachfrage bestätigte Mag. C zudem, dass die Antragstellerin ihr damals auch von dem Vorfall in Y berichtet hatte.
Ein weiterer Arbeitskollege der Antragstellerin, Herr D, hatte zu den im Antrag vorgebrachten Vorwürfen der sexuellen Belästigung keine konkreten Wahrnehmungen. Er beschrieb jedoch, dass er den Antragsgegner schon bei der gemeinsamen Einschulung in … oft Sachen von sich gegeben hätte, „wo alle andere den Kopf geschüttelt haben.“ Auch konnte sich Herr D gut an den geschilderten Vorfall im Firmenauto des Antragsgegners erinnern. Er schilderte Folgendes: „Also, er hat diesen neuen Audi A6 als Firmenauto bekommen. Ich habe gesagt: ‚Der ist wirklich fesch und mit schwarzem Himmel‘ Weil normal sind ja weiße Himmel. Und er hat so quasi gesagt: Zum Selbstnachspritzen. Und da ist mir wirklich das Gesicht eingeschlafen. Ich habe mir gedacht: Also wie kann man als Chef so was sagen? Es ist völlig unpassend.“
Der Stellvertreter des Geschäftsführers, Herr E, konnte in seiner mündlichen Befragung die Vorwürfe der Antragstellerin weder bestätigen noch dementieren. Die Antragstellerin sei an die Dienstgeberin nie mit konkreten Vorwürfen herangetreten, sie habe Herrn DI H lediglich bei einem Vier-Augen-Gespräch im Dezember 2014 mitgeteilt, dass der Antragsgegner sich teilweise nicht ganz korrekt verhalte, sie das aber selbst mit ihm klären wolle. Man habe dem Antragsgegner in einem Gespräch daraufhin allgemein deutlich gemacht, dass er absolut auf korrekte Behandlung und Ausdrucksweise zu achten habe. Der Antragsgegner sei sehr erstaunt und irritiert gewesen. Man sei mangels Wahrnehmung weiterer Verdachtsfälle danach davon ausgegangen, dass sich die Situation offensichtlich entspannt habe.
Für den Senat ergaben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin in Frage zu stellen. Sie schilderte die einzelnen Vorfälle, den Umgangston und die Art des Antragsgegners überzeugend und konnte ihr ursprüngliches Vorbringen durch die Schilderung eines weiteren Vorfalles noch untermauern. Einzelne Vorwürfe und der generelle Umgangston des Antragsgegners wurden auch von den ArbeitskollegInnen bestätigt. Die Ausführungen des Antragstellers, er habe allgemein viel Wert auf die Kleidung seiner MitarbeiterInnen gelegt und daher allen öfter Komplimente gemacht, bestätigten sich durch die Aussagen der Auskunftspersonen nicht. Vielmehr entstand der Eindruck derartige Komplimente seien speziell weibliche Mitarbeiterinnen und insbesondere die Antragstellerin gerichtet worden.
Auch der Vorwurf des Antragsgegners, die Antragstellerin habe sich erst nach Monaten über die (angeblichen) Vorfälle beschwert, mindert die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Antragstellerin für den Senat nicht. Zumal die Antragstellerin entgegen der Angaben der Dienstgeberin, angab, gegenüber dem Geschäftsführer, Herrn DI H, sehr wohl schon im Dezember 2014 konkrete Vorfälle sexueller Belästigung geäußert zu haben. Wie eine EU-weite Erhebung der Grundrechteagentur der Europäischen Union zu Gewalt gegen Frauen zeigt, sind Scham und Verlegenheit, der Eindruck die erlebte Belästigung sei zu unbedeutend bzw. nicht schwerwiegend genug, Angst vor dem Täter und die Annahme es werde/könne sowieso nichts getan werden wichtige Gründe für von sexueller Belästigung und Stalking betroffene Frauen den Vorfall nicht zu melden.6 Die Meldung sexueller Belästigung kann als peinlich und entwürdigend wahrgenommen werden, die Reaktion der Betroffenen hängt auch von deren Erwartung ab, ob die Situation im Unternehmen gelöst werden kann.7 In Anbetracht dieser allgemeinen Überlegungen ist es für den Senat nachvollziehbar, dass die Antragstellerin die gesamten Vorwürfe gegen ihren Vorgesetzen erst gegenüber der GAW im Frühjahr 2015 schilderte.
Weiters wird die Antragstellerin in der Stellungnahme des Antragsgegners damit konfrontiert, ihr Antrag an die GBK sei eine Art „persönlicher Rachefeldzug“ und versuche sie dadurch erfolglose finanzielle Nachforderungen an den Dienstgeber auf anderem Wege, über den Antragsgegner, fortzusetzen. Zum Beleg der Unzufriedenheit der Dienstgeberin mit der Arbeitsleistung der Antragstellerin wurden mehrere Unterlagen vorgelegt. Allein aus der Tatsache, dass es Kundenbeschwerden und Ermahnungen des Dienstgebers hinsichtlich ihrer Arbeitsleistung gegeben hatte, lässt sich für den Senat jedoch nicht ableiten, dass die Vorwürfe der Antragstellerin nicht den Tatsachen entsprechen würden. Die Vorwürfe wurden zudem auch nicht nur durch die Antragstellerin selbst erhoben, sondern auch durch die Aussagen zweier ArbeitskollegInnen gestützt.
Die Äußerung des Antragsgegners in Anwesenheit der Antragsgegnerin, dass er „ihn“ sich „lieber am Randstein blutig“ schlage, als mit einer vorbeigehenden Frau zu schlafen; die Komplimente ihr Aussehen betreffend und die unerwünschte Annäherungen sind nach Ansicht des Senates klar der sexuellen Sphäre der Antragstellerin zuzuordnen. Die Verhaltensweisen haben ihre subjektive Grenze überschritten und waren für sie unerwünscht. Zudem wurde dadurch nach Auffassung des Senats die Würde der Antragstellerin verletzt und für diese ein demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld geschaffen.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.
Gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt geschlechtsbezogene Belästigung vor, wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
Die geschlechtsbezogene Belästigung bezieht sich sowohl auf das biologische Geschlecht an sich, d.h. auf die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, als auch auf daran anknüpfende Rollenzuweisungen. Unter geschlechtsbezogenes Verhalten sind jene Verhaltensweisen zu subsumieren, die die Betroffenen aufgrund ihres Geschlechtes belästigen, die aber nicht mit sexuellem Verhalten zu tun haben. Kern der Belästigung im Sinne des § 7 ist das Abzielen auf das bloße Geschlecht.8
Zu überprüfen war das Vorbringen der Antragstellerin, der Antragsgegner habe sie „Schatzilein“ genannt und gemeint, dass er das immer tue, wenn Frauen etwas, was er erkläre nicht sofort verstünden; habe zahlreiche „Blondinenwitze“ erzählt, an einem Brett in seinem Zimmer aufgehängt und ihr einen solchen auch per E-Mail zugeschickt; habe sich in Bezug auf Frauen unpassend verhalten, indem er sie abwertete, lächerlich machte oder ihnen zu nahe trat; habe gesagt, dass sie und ihre Kollegin „ja gar nicht in der Lage seien, das Geschäft über die Bühne zu bringen“ und er habe sie nicht ihren Qualifikationen entsprechend eingesetzt und schlecht behandelt.
Auch im Hinblick auf die Vorwürfe der geschlechtsbezogenen Belästigung war das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin für den Senat glaubhaft. Bei der ergänzenden Befragung durch den Senat machte die Antragstellerin einen glaubwürdigen Eindruck.
Zudem bestätigte auch Mag. C die Vorwürfe der Antragstellerin. Der Antragsgegner habe sie beide „Schatzilein“ genannt. Sie führte dazu aus: „Wenn er den Eindruck hat, er wird nicht verstanden, dann fängt er mal so an. Und wir waren beide so perplex. Im Nachhinein denk ich mir, ich weiß nicht, ob mir das noch einmal passieren würde, dass ich in dem Moment nicht reagiert habe. Wir waren wirklich sprachlos. Es war so unerwartet und so unpassend und nicht der Situation entsprechend.“ Mag. C berichtete weiter, der Antragsgegner habe sie und die Antragstellerin generell in die Schublade „blond und blöd“ eingeordnet, er habe eine herablassende Art gehabt und man habe den Eindruck gewonnen, er frage sich was eine Frau in diesem Job mache, weil sie eigentlich eine andere Aufgabe zu erfüllen hätte.
Diese Schilderungen hinsichtlich der Umgangsformen des Antragsgegners wurden auch durch Herrn D bestätigt. Der Antragsgegner habe des Öfteren, wenn man mit fachlichen Dingen zu ihm gekommen sei, einen unangebrachten Witz, u.a. auch Blondinenwitze, als Opening erzählt. Auch wisse er, dass der Antragsgegner „gönnerhaft“ zu den Kolleginnen „Schatzilein“ und dergleichen gesagt habe. Der Antragsgegner habe eine durchwegs „saloppe Art“ gehabt bei Gesprächen. Diese Art zu sprechen sei für einen Vorgesetzen nicht angemessen gewesen.
Der Antragsgegner bestätigte die Vorwürfe der Antragstellerin hinsichtlich eines per E-Mail versendeten Blondinenwitzes und auch der Verwendung des Wortes „Schätzelein“. Dabei habe es sich jedoch um einmalige Vorfälle gehandelt. Letztere Äußerung sei in Zusammenhang mit einer provokant vorgelegten Fehlleistung der Antragstellerin gefallen und entspreche daher zwar nicht dem angemessenen Umgangston mit Mitarbeitern, sei allerdings menschlich nachvollziehbar. Die Äußerung, die Antragstellerin sei „ja gar nicht in der Lage, das Geschäft über die Bühne zu bringen“ habe sich auf einen konkreten Auftrag bezogen, bei dem der Kunde einen bestimmten anderen Kollegen explizit angefordert habe.
Laut den übereinstimmenden Aussagen der Antragstellerin und ihrer ArbeitskollegInnen handelte es sich bei den belästigenden Verhaltensweisen des Antragsgegners keinesfalls um einmalige Vorfälle gehandelt. Vielmehr hat der Antragsgegner derartige abwertende Verhaltensweisen gegenüber Frauen öfter an den Tag gelegt, auch Blondinenwitze sind regelmäßig erzählt worden und auf seiner Pinnwand angebracht gewesen. Die gefallenen Äußerungen und Verhaltensweisen des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin stellen nach Ansicht des Senates keine angebrachte Umgangsform mit MitarbeiterInnen dar, unabhängig vom behaupteten Hintergrund der Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung der Antragstellerin.
Der Antragsgegner wandte ein, die Antragstellerin habe oftmals selbst Witze gemacht und unangebrachtes Verhalten an den Tag gelegt und dadurch seine Reaktion provoziert. Zudem wurde in seinem schriftlichen Vorbringen mehrfach die Behauptung aufgestellt, die Antragstellerin habe bestimmte Situationen „sicher nicht als diskriminierend wahrgenommen“. Zu diesem Vorbringen ist anzumerken, dass eine Zurückweisung des belästigenden Verhaltens keine Tatbestandsvoraussetzung der sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs 2 Z 1 GlBG ist.1 Die persönliche Betroffenheit der Antragstellerin über das Verhalten des Antragsgegners wird nach Ansicht des Senates auch nicht dadurch gemindert, dass diese sich angeblich an Späßen beteiligt haben soll, da für die Beurteilung des gegenständlichen Falles der subjektive Eindruck der Antragstellerin in der gegenständlichen Situation heranzuziehen ist. Die Antragstellerin selbst begründete ihre humorvolle Reaktion auf die ausgesandte E-Mail damit, dass sie nicht gewusst habe, wie sie dem Antragsteller als ihrem Vorgesetzen gegenüber angemessen reagieren solle und daher versuchte es „lustig“ zu nehmen, obwohl sie es als störend empfunden habe. Diese Argumentation war für den Senat glaubhaft und nachvollziehbar. Darüber hinaus wurden weder im schriftlichen noch im mündlichen Vorbringen des Antragsgegners konkrete Beispiele angeführt oder Äußerungen geschildert, mit denen die Antragstellerin derartige geschlechtsbezogene „Witze“ von sich auch provoziert hätte.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Durch diese wiederholt getätigten geschlechtsbezogenen Äußerungen und Verhaltensweisen des Antragsgegners wurde die Würde der Antragstellerin beeinträchtigt. Für die Antragstellerin war das gesetzte Verhalten zudem unerwünscht und wurde dadurch ein für sie demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld geschaffen.
Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs 1 Z 3 GlBG vor.
Vorschlag
Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der Antragsgegner, Herr B, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.
Wien, 9. Jänner 2018
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 RIS Justiz, RS0131404, 20.04.2017, 9ObA38/17d.
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 9.
3 Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 76f; OGH 5.6.2008, 9 ObA 18/08z.
4 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 12.
5 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 28.
6 Gewalt gegen Frauen: eine EU-weite Erhebung, Zeitraum März – September 2012, Ergebnisse veröffentlicht im März 2014.
7 Vgl. Rebhahn, GlBG §§ 6-7 Z 59.
8 Vgl. ebenda § 7 Rz 3.
Zuletzt aktualisiert am
23.10.2018