Gbk 2018/5/29 GBK I/694/16

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Veröffentlicht am 29.05.2018
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Sexuelle Belästigung durch Dritten, Belästigung durch Dritten

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr.  107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 29. Mai 2018 über den am 24. Mai 2016 eingelangten Antrag von Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 34/2015; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) und die von Amts wegen durchgeführte Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn B (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/694/16, zu folgendem

Prüfungsergebnis:

1.   Frau A ist auf Grund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn B diskriminiert worden.

2.   Frau A ist auf Grund des Geschlechtes durch eine Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn B diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin vom 4. April 2018 und des Antragsgegners vom 8. Mai 2018. Als weitere Auskunftsperson wurde Frau Ing.in C am 29. Mai 2018 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf den Zwischenbericht zum Dienstverhältnis der Antragstellerin als Transitmitarbeiterin vom Dezember 2013 und das Dienstzeugnis vom 31. Jänner 2014.

Vorbringen

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei von 15. April 2013 bis 31. Jänner 2014 bei der Firma X … als Hilfsarbeiterin beschäftigt gewesen und in verschiedenen Tätigkeitsbereichen wie Garten- und Landschaftspflege, in der Elektroschrottzerlegung … und in der Reinigung eingesetzt worden. Sie sei auch zu Entrümpelungstätigkeiten und diversen Lagerarbeiten, sowie zur Arbeit in den …werken herangezogen worden.

Ihr Vorgesetzter im Bereich Landschaftspflege sei der Antragsgegner gewesen, mit dem sie von Anfang an große Probleme gehabt habe. Die Arbeit habe ihr grundsätzlich sehr gut gefallen, jedoch habe es über die Dauer ihres Arbeitsverhältnisses oft negative Vorfälle gegeben, die sie nach wie vor sehr beschäftigen und belasten würden.

Schon zu Beginn ihres Arbeitsverhältnisses sei sie vom Antragsgegner mit der Frage konfrontiert worden, weshalb sie in der Gartenarbeit arbeiten wollen würde, da dies ja eine Männerarbeit wäre. Im Laufe der Zeit habe er diese Meinung ihr gegenüber auch immer wieder durch generalisierende Aussagen wie zum Beispiel „Frauen sind für den Bereich Gartenarbeit und Landschaftspflege nicht geeignet“ wiederholt. Diese Aussagen seien für die Antragstellerin überhaupt nicht nachvollziehbar gewesen und sie hätten auch nicht ihrer guten Arbeitsleistung entsprochen. Andererseits habe sie diese stereotypen und abwertenden Aussagen als Frau würdeverletzend und demütigend empfunden. Im Laufe der Zeit habe sie auch den Eindruck gewonnen, dass der Antragsgegner die Beschaffenheit eines ausschließlichen Männerbetriebs eindeutig bevorzugen würde und er eigentlich keine Frauen als Mitarbeiterinnen oder Kolleginnen wünsche, was ihr die Sozialpädagogin Frau C selbst bestätigt habe, als es Mitte Jänner um ihre Dienstverlängerung gegangen sei. Abwertende Äußerungen über Frauen, die ein anderer Kollege in der Landschaftspflege gemacht habe, wie z.B. „Ihr geschissenen Weiber könnt nichts außer Kinder andrehen und uns Männern auf der Tasche liegen, sonst seid ihr für nichts auf der Welt!“, habe der Antragsgegner nicht verhindert und er selbst habe auch immer wieder in sehr abwertendem Ton Frauen betreffend gesprochen. So habe er einmal in einem Gespräch geäußert, „dass er auch nichts dafür könnte, wenn die … (Anm.: Vorname von Frau E) ihre Hasen nicht im Griff hat“. Gemeint sei damit die Leiterin des Reinigungsbereiches gewesen. Ein anderer Kollege habe daraufhin gesagt „was soll ich denn mit der F, die hat ja eine Macke, das einzige was die gut kann, ist ficken, aber sonst nichts“. Die Antragstellerin sei immer wieder zur Reinigungsarbeiten in einem Vertragshotel, dem Hotel Y angefordert worden, da dieses Hotel mit ihrer Leistung sehr zufrieden gewesen sei. Als sie im November 2013 wieder einmal angefordert worden sei, habe der Antragsgegner diesbezüglich von Frau C befragt, gemeint: „Geh der G hat an Stand auf die Frau A, die hält ihm schön den Hintern rüber, deshalb will er sie immer. Die ist gleich wie die F.“ Er habe diese Aussage auch im Juli 2013 zuvor gegenüber Frau E geäußert, woraufhin Frau E mit ihren Handflächen vor den Mund laut gelacht und gesagt habe: „Ich versteh nicht was er mit der immer hat?“ Da Frau E (Bereichsleiterin der Reinigung) bereits gewusst habe, dass die Antragstellerin lesbisch sei, habe sie angenommen, dass Frau E diese Aussage nicht ernst genommen habe.

Diese Vorfälle hätten für die Antragstellerin ein äußerst feindliches und zutiefst abwertendes Arbeitsklima als Frau geschaffen. Zusätzlich zu diesen Aussagen sei für sie sehr erschwerend dazugekommen, dass auch ihre Arbeitsleistung durch Äußerungen wiederholt abgewertet worden sei. Die Probleme zwischen dem Antragsgegner und ihr hätten auch dazu geführt, dass sie nicht mehr weiter bei X arbeiten habe dürfen.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom Antragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 23. Juni 2016 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Vorweg halte er fest, dass die Firma X, bei der er seit Jahren beschäftigt sei, hauptsächlich über das AMS Personen zugewiesen erhalte, um diese für den Arbeitsprozess fit und wieder eingliederungsfähig zu machen. Der Senat könne sich sicher vorstellen, dass Personen unterschiedlichster Charaktere bei X arbeiten würden. Die Dienstverhältnisse würden nur befristet für neun Monate abgeschlossen werden.

Richtig sei, dass er der Vorgesetzte im Bereich der Landschaftspflege für die Antragstellerin gewesen sei. In diesem Bereich habe er im Schnitt rund 20 Personen betreuen müssen, die in verschiedene Partien aufgeteilt seien. Selbstredend könne er daher nicht ständig vor Ort sein und die Gespräche unter den einzelnen Mitarbeitern mitverfolgen geschweige denn überwachen.

Soweit ihm noch erinnerlich sei, sei die Antragstellerin ursprünglich im Bereich Reinigung tätig gewesen, habe jedoch in den Bereich Garten- und Landschaftspflege wechseln wollen, da sie zu Hause ebenfalls eine kleine Landwirtschaft mit Weingarten betreut habe.

Es sei auch üblich bei Beginn dieser Tätigkeit, die mit schwerer körperlicher Arbeit verbunden sei, zu fragen, ob gesundheitliche Probleme, wie z.B. Bandscheibenvorfälle etc., vorliegen würden, die einem Einsatz entgegenstünden.

Es entspreche nicht den Tatsachen, dass er die Meinung vertreten habe, dass Frauen für den Bereich der Gartenarbeit und Landschaftspflege nicht geeignet seien. Gegenteilig sei es so gewesen, dass er zum damaligen Zeitpunkt auch Frau H in diesem Bereich aufgenommen habe, deren Vater seinerzeit eine Gärtnerei betrieben habe. Frau H habe Fachkunde mitgebracht und er habe durchaus den Eindruck gehabt, dass sich die Antragstellerin und Frau H gut verstanden hätten, insbesondere habe die Antragstellerin großes Interesse an der Berufserfahrung von Frau H gezeigt.

Was den geschilderten Vorfall mit dem weiteren Mitarbeiter betreffe, sei ihm noch erinnerlich, dass es aufgrund dieser Äußerungen dieses Mitarbeiters zu einer gemeinsamen Besprechung mit der Antragstellerin gekommen sei. An dieser Besprechung hätten seiner Erinnerung nach der Geschäftsführer I und die Sozial- und Berufspädagogin Ing.in C teilgenommen und habe auch dazu geführt, dass der Mitarbeiter, von dem diese Äußerung gestammt habe, offiziell hierfür verwarnt worden sei.

Er habe auch nie in abwertendem Ton über Frauen gesprochen, was die übrigen weiblichen Mitarbeiter bestätigen könnten.

Ebenso werde Frau E bestätigen können, dass das von der Antragstellerin in ihrem Antrag geschilderte Gespräch tatsächlich so nicht stattgefunden habe.

Die Antragstellerin habe sich jedoch während ihrer Mitarbeit im Unternehmen von den übrigen Kollegen sehr stark beeinflussen lassen und habe sich ausschließlich über ihre Leistung definiert und immer wieder vermeint, dass die übrigen Mitarbeiter sie hinter ihrem Rücken ausrichten würden.

Jedenfalls sei abschließend zu bemerken, dass im Unternehmen den Mitarbeitern gegenüber kein feindliches oder abwertendes Arbeitsklima bestehe, gegenteilig werde versucht, auf jeden einzelnen Mitarbeiter einzugehen. Dies sei gerade bei der Antragstellerin der Fall gewesen, was seines Erachtens auch dazu geführt habe, dass sie sich trotz des befristeten Arbeitsverhältnisses darum bemüht habe, länger bei X tätig bleiben zu können, was sicher nicht der Fall gewesen wäre, wäre sie in irgend einer Form und Weise diskriminiert worden.

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn eine Person durch Dritte im Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis sexuell belästigt wird.

Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt eine sexuelle Belästigung vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

Als Dritte im Sinne des § 6 GlBG kommen Personen in Betracht, die vom/von der Ar-beitgeberIn und der belästigten Person verschieden sind, so zB ArbeitskollegInnen, Vorgesetzte, GeschäftspartnerInnen oder KundInnen des Arbeitgebers bzw. der Ar-beitgeberin.2

Unter einem der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhalten sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise anzügliche – wenn es auch in „Komplimente“ verpackte – Bemerkungen über Figur und sexuelles Verhalten im Privatleben, („zufällige“) Körperberührungen.3

Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass für die betroffene Person dieses Verhalten ein unerwünschtes, unangebrachtes oder anstößiges darstellt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Be-lästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.4

Je nach Massivität des Verhaltens können wiederholte Verhaltensweisen oder auch ein einmaliger Zwischenfall den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllen, wenn er entsprechend schwerwiegend ist.

Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Ar-beitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Ar-beitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschrie-benen Sinn beeinflusst und verändert. Wie aber bereits erwähnt, kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.5

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Bei Berufung auf §§ 6 oder 7 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, der Antragsgegner habe über sie gesagt, dass ein Kunde „an Stand auf die Frau A hat, die hält ihm schön den Hintern rüber, deshalb will er sie immer“, sie weiters mit der Frage konfrontiert, weshalb sie in der Gartenarbeit tätig sein wolle, da dies eine Männerarbeit sei, diese Meinung mehrmals durch generalisierende Aussagen wie „Frauen sind für den Bereich Gartenarbeit und Landschaftspflege nicht geeignet“ wiederholt, und zudem über eine Kollegin gemeint, dass er „auch nichts dafür könnte, wenn die … (Anm.: Vorname von Frau E) ihre Hasen nicht im Griff hat“, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin von 15. April 2013 bis 31. Jänner 2014 bei X als Hilfsarbeiterin befristet beschäftigt war. Ihr Aufgabengebiet umfasste Tätigkeiten in der Gartenarbeit und Landschaftspflege, der Elektroschrottzerlegung und der Reinigung. Weiters war sie bei Entrümpelungen und diversen Lagerarbeiten eingesetzt. Der Antragsgegner war Bereichsleiter der Landschaftspflege.

Die Antragstellerin konnte die Vorwürfe gegen den Antragsgegner in ihrem schriftlichen Vorbringen sowie ihrer ergänzenden mündlichen Befragung glaubhaft darlegen. In der mündlichen Befragung wiederholte sie die erhobenen Vorwürfe gegen den Antragsgegner ohne Widerspruch zu den Angaben im Antrag.

Der Antragsgegner bestritt, die vorgebrachten Aussagen getätigt zu haben und führte in der mündlichen Befragung aus, der gegenständliche Antrag sei ausschließlich eine Reaktion auf die Nichtverlängerung des Vertrages. Allein aus der Tatsache, dass die Antragstellerin nicht verlängert wurde – laut Antragsgegner wäre die Verlängerung vom AMS abhängig gewesen, im Unternehmen werde man aufgebaut für den Arbeitsmarkt –, lässt sich für den Senat nicht ableiten, dass die Vorwürfe der Antragstellerin nicht den Tatsachen entsprechen würden.

Vor dem Hintergrund, dass der Senat auch die weiteren von der Antragstellerin vorgebrachten Äußerungen als glaubwürdig erachtet – siehe sogleich in den Erwägungen zum Tatbestand der geschlechtsbezogenen Belästigung gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG – konnte den Senat die Aussage von Frau Ing.in C, dass sie nie zulassen würde, dass so in ihrer Gegenwart geredet werde, ebenso nicht davon überzeugen, dass die Äußerung bezüglich Herrn G nicht gefallen ist.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Äußerung „Geh der G hat an Stand auf die Frau A, die hält ihm schön den Hintern rüber, deshalb will er sie immer“ ein der sexuellen Sphäre zuzuordnende Verhaltensweise darstellt. Die Aussage hat die subjektive Grenze der Antragstellerin überschritten und war für sie unerwünscht. Zudem wurde dadurch nach Auffassung des Senates die Würde der Antragstellerin verletzt und für diese ein demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld geschaffen.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 GlBG vor.

Nicht alle der eingangs erwähnten Äußerungen des Antragsgegners zielen im Speziellen auf die sexuelle Sphäre der Antragstellerin ab. Dies trifft etwa nicht auf die Frage des Antragsgegners, weshalb die Antragstellerin in der Gartenarbeit tätig sein wolle, da dies eine Männerarbeit sei, oder Aussagen wie „Frauen sind für den Bereich Gartenarbeit und Landschaftspflege nicht geeignet“ und dass er „auch nichts dafür könnte, wenn die … (Anm.: Vorname von Frau E) ihre Hasen nicht im Griff hat“ zu.

Der Senat nahm daher von Amts wegen die Überprüfung einer allfälligen Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine Belästigung gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG vor:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen durch Dritte im Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt geschlechtsbezogene Belästigung vor, wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

Die geschlechtsbezogene Belästigung bezieht sich sowohl auf das biologische Geschlecht an sich, d.h. auf die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, als auch auf daran anknüpfende Rollenzuweisungen. Unter geschlechtsbezogenes Verhalten sind jene Verhaltensweisen zu subsumieren, die die Betroffenen aufgrund ihres Geschlechtes belästigen, die aber nicht mit sexuellem Verhalten zu tun haben. Kern der Belästigung im Sinne des § 7 ist das Abzielen auf das bloße Geschlecht.6

Der Senat qualifiziert die angeführten Aussagen des Antragsgegners als geschlechtsbezogenes Verhalten, da stereotype Redensarten – Gartenarbeit ist Männerarbeit und die Bezeichnung von Frauen als „Hasen“ – auf das Geschlecht an sich, das spezifische Frau- oder Mannsein abzielen.

Im Hinblick auf die oben festgestellte sexuelle Belästigung, einem Spezialfall der geschlechtsbezogenen Belästigung7, erscheint es für den Senat plausibel, dass der Antragsgegner Mitarbeiterinnen gegenüber einen anderen Umgangston pflegte als bei Mitarbeitern. So sagte Frau E aus, dass die Chemie zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner nicht gestimmt habe. Die Antragstellerin sei von allen akzeptiert worden, außer vom Antragsgegner und von Herrn J.

Bezüglich Herrn J wurde vom Antragsgegner bestätigt, dass es Beschimpfungen gegeben habe. Der Antragsgegner und Frau Ing.in C bestätigten zudem das Vorbringen der Antragstellerin, dass mit Herrn J ein Gespräch über die Äußerung „Ihr geschissenen Weiber könnt nichts außer Kinder andrehen und uns Männer auf der Tasche liegen, sonst seid ihr für nichts auf der Welt“ geführt und eine Verwarnung ausgesprochen worden sei. Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat nicht nachvollziehbar, wieso die Antragstellerin die anderen Vorwürfe in ihrem Antrag, die sich gegen den Antragsgegner richten, erfunden haben sollte.

Dass Frau E den Antragsgegner in ihrer Befragung als super Kollegen bezeichnete, der ihr gegenüber toll gewesen sei, steht nach Auffassung des Senates in keinem Widerspruch zum Vorbringen der Antragstellerin, er habe in einem Gespräch gesagt, dass er „auch nichts dafür könnte, wenn die … (Anm.: Vorname von Frau E) ihre Hasen nicht im Griff hat“, zumal von der Antragstellerin nicht vorgebracht wurde, dass Frau E bei diesem Gespräch anwesend gewesen sei.

Ebenso lässt sich aus dem Umstand, dass der Antragsgegner gegenüber Frau Ing.in C Frauen nicht als „Hasen“ sondern „Damen“ bezeichnet habe, nicht ableiten, dass er in Gegenwart seiner Mitarbeiterinnen nicht einen salopperen Umgangston pflegte.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der erkennende Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Durch diese wiederholt getätigten geschlechtsbezogenen Äußerungen des Antragsgegners wurde die Würde der Antragstellerin beeinträchtigt. Für die Antragstellerin war das gesetzte Verhalten zudem unerwünscht. Sie fühlte sich durch die Aussagen als Frau in ihrer Leistungsfähigkeit in männerdominierten Arbeitsbereichen angezweifelt, was ein demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld schuf.

Abschließend ist es dem Senat wichtig festzuhalten, dass es keine Beanstandungen zur Arbeitsleistung der Antragstellerin gegeben hat. Der Antragsgegner erwähnte, dass die KundInnen mit der Arbeit der Antragstellerin zufrieden gewesen seien. Frau E bezeichnete die Antragstellerin als sehr fleißig. Frau Ing.in C sagte aus, dass die Antragstellerin auffällig fleißig und engagiert mitgearbeitet habe und verwies auch auf den Zwischenbericht vom Dezember 2013 und das Zeugnis vom 31. Jänner 2014.

Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG vor.

Vorschlag

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der Antragsgegner, Herr B, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und werden folgende Vorschläge zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

1.   Leistung eines angemessenen Schadenersatzes,

2.   spezielle Schulung im Umgang mit sexueller und geschlechtsbezogener Belästigung am Arbeitsplatz für jene Personen, die mit der Fürsorge betraut sind (zB Vorarbeiter, etc.).

Wien, 29. Mai 2018

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 9.

3  Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 76f; OGH 5.6.2008, 9 ObA 18/08z.

4  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 12.

5  Vgl. ebd. § 6 Rz 28.

6  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 7 Rz 3.

7  Vgl. ebd. § 7 Rz 4; Die Diskriminierungstatbestände der sexuellen Belästigung nach § 6 GlBG und der geschlechtsbezogenen Belästigung § 7 GlBG stehen zueinander in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung.

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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