Rechtssatznummer
1Entscheidungsdatum
03.10.2018Norm
(EU-Bio-VO) Art. 23 VO (EG) 834/2007Rechtssatz
* Rechtssystematisch besehen verkörpert Art. 23 Abs. 1 und 2 der EU-Bio-VO eine lex specialis zu Art. 7 Abs. 1 LMIV; dies geht im Übrigen auch schon aus Art. 1 Abs. 4 LMIV selbst hervor. Als übertretene Norm bzw. Deliktstatbestand wäre daher von der Behörde im gegenständlichen Fall nicht Art. 7 Abs. 1 LMIV, sondern Art. 23 Abs. 1 und 2 der EU-Bio-VO heranzuziehen gewesen. Diese Differenzierung ist schon deshalb wesentlich, weil sich insoweit die Frage erhebt, ob im Regime der EU-Bio-VO die sog. „Kettenverantwortung“, wonach jeder Lebensmittelunternehmer jeweils im vollen Umfang für eine irreführende Kennzeichnung haftet, oder dessen ungeachtet die Frage der sog. (bloßen) „Stufenverantwortung“ des Art. 8 LMIV zum Tragen kommt.
* Angesichts dessen, dass die Bf. somit eine Übertretung in jener Form, wie ihr diese mit dem bekämpften Straferkenntnis konkret angelastet wurde, jedenfalls nicht begangen hat, war der vorliegenden Beschwerde sohin stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf die konkrete spruchmäßige Tatanlastung nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.
* Ob und in welcher Form das Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist hinsichtlich einer anderen Tatanlastung weiterzuführen ist, hat die Behörde aus eigenem zu beurteilen, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere die am 1. Jänner 2019 in Kraft tretenden Bestimmungen des § 5 Abs. 1a VStG und des § 33a VStG (jeweils i.d.F. BGBl I 57/2018) ins Kalkül zu ziehen sein dürften. Unabhängig davon darf – auch bezüglich allfälliger künftiger gleichartiger Verfahren – darauf hingewiesen werden, dass § 90 Abs. 1 vorletzter Satz LMSVG u.a. für Fälle von vorsätzlichen Verstößen gegen § 5 Abs. 2 LMSVG, die in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Handelns begangen werden, dann, wenn die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, eine Geldstrafe in einer Höhe zumindest 700 Euro, bei Wiederholung von zumindest 4.000 Euro, festzusetzen ist.
Schlagworte
Lebensmittelkennzeichnung; Lebensmittelinformationsverordnung; Bezeichnung „Bio“; EU-Bio-VO als Spezialnorm zur LMIV; Deliktstatbestand; Kettenverantwortung; Stufenverantwortung; Rechtskraftwirkung; Beratung; Beweislastumkehr – künftiger Entfall; Mindeststrafe; WiederholungsfallAnmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2018:LVwG.000302.2.Gf.RoKZuletzt aktualisiert am
22.10.2018