Entscheidungsdatum
06.09.2018Norm
GewO 1994 §13 Abs3 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin
HR Mag. Marihart über die Beschwerde der Frau A, ***, ***, Rumänien, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 13.03.2018, Zl. ***, betreffend Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (im Folgenden belangte Behörde) vom 13.03.2018, Zl. ***, wies die belangte Behörde den Antrag von Frau A (im Folgenden Beschwerdeführerin) auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung für das Gewerbe „Personenbetreuung“ wegen rechtskräftiger Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes ab.
Unter Anführung der Rechtsgrundlagen der §§ 13 Abs. 3 iVm 26 Abs. 2 GewO 1994 führte die belangte Behörde dazu aus, dass mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 20.07.2017, Zl. ***, das Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eröffnet worden sei. Mit Beschluss vom 22.08.2017 sei die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden.
Mit Schreiben vom 22.12.2017 habe die Beschwerdeführerin um Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 3 iVm § 26 GewO ersucht, da die Beschwerdeführerin beabsichtige das Gewerbe „Personenbetreuung“ auszuüben.
Auf das Wesentliche zusammengefasst führte die Behörde aus, dass für die Prognose betreffend die Frage nach der Erfüllung der Zahlungspflicht auf die gesamte wirtschaftliche Situation der Nachsichtswerberin Bedacht zu nehmen sei. Es komme daher auf die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Erfüllung von Zahlungspflichten an. Die Erwartung, dass die Beschwerdeführerin den mit der Gewerbeausübung „Personenbetreuung“ verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde, setze jedenfalls voraus, dass die Beschwerdeführerin über die erforderlichen liquiden Mittel verfüge, um die mit der beabsichtigten Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten bei Fälligkeit und nicht erst im Nachhinein abdecken zu können.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und beantragte die Stattgebung ihres Nachsichtsansuchens. Unter einem führte sie aus, dass sie alle offenen Forderungen beglichen habe und dies nicht aus Böswilligkeit gehandelt habe.
Mit Schreiben vom 22.05.2018 wurde das Landesgericht *** aufgefordert, dem erkennenden Gericht mitzuteilen, wer das gegenständliche Insolvenzverfahren gegen die Beschwerdeführerin beantragt habe bzw. ob noch offene Forderungen gegenüber der Beschwerdeführerin geltend gemacht worden seien und wie hoch die noch aushaftenden Beträge wären.
Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 22.05.2018 wurde die Sozialversicherungsanstalt (SVA) der gewerblichen Wirtschaft ersucht mitzuteilen, ob noch aktuell Rückstände offen seien.
Mit E-Mail der SVA der gewerblichen Wirtschaft wurde diesbezüglich Stellung genommen, dass für die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 19.09.2015 bis 31.08.2017 ein aktueller Rückstand in Höhe von € 0,75 bestehe.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 03.09.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher trotz ordnungsgemäß ausgewiesenen Ladungen die Parteien nicht erschienen sind.
In der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Verlesung des Verwaltungsaktes der belangten Behörde zur Zl. *** sowie durch Verlesung des Insolvenzaktes des Landesgerichtes *** betreffend den Antrag der SVA der gewerblichen Wirtschaft gegen die Beschwerdeführerin zur
Zl. *** sowie durch Verlesung des E-Mails der SVA der gewerblichen Wirtschaft vom 07.06.2018.
Für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
Mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 20.07.2017, Zl. ***, wurde über Antrag der SVA der gewerblichen Wirtschaft das Insolvenzverfahren betreffend die Beschwerdeführerin mangels Kostendeckung nicht eröffnet.
Mit weiterem Beschluss vom 22.08.2017 wurde diese Nichteröffnung rechtskräftig.
Aktuell besteht ein Rückstand der Beschwerdeführerin bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft in Höhe von € 0,75.
Die Beschwerdeführerin hat am 22.12.2017, damals vertreten durch die B GmbH, um Nachsicht vom Gewerbeausschlussgrund betreffend Ausübung des Gewerbes „Personenbetreuung“ angesucht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dieses Ansuchen abgewiesen.
Bis zur Entscheidung durch das erkennende Gericht wird noch in die Insolvenzdatei Einsicht in den gegenständlichen Insolvenzfall gewährt.
Die derzeitige aktuelle wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin, insbesondre ihr Einkommen, ihre Einkünfte bzw. ihre aktuelle Zahlungsfähigkeit kann vom Gericht nicht festgestellt werden.
Beweiswürdigung:
Dass die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ein Insolvenzverfahren beantragt hat, ergibt sich aus dem vom Landesgericht *** übermittelten Insolvenzakt zur Zl. ***.
Dass der Rückstand der Beschwerdeführerin bei der SVA derzeit lediglich € 0,75 beträgt, ergibt sich aus dem die Anfrage beantworteten E-Mail der SVA vom 07.06.2018.
Darüber hinaus ist der gegenständliche Sachverhalt nicht strittig.
Ebenso ergeben sich die sonstigen Feststellungen betreffend des Insolvenzverfahrens aus dem von der Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zu Zl. ***.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen im gegenständlichen Fall zur Anwendung:
(3) Rechtsträger sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn
1. das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und
2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.
Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.
(2) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 oder 4 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, dass er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.
Erwägungen:
Vorweg ist auszuführen, dass unter „Rechtsträger“ im Sinne des § 13 Abs. 3 GewO alle gewerberechtsfähigen „Gebilde“, also natürliche und juristische Personen sowie eingetragene Personengesellschaften zu verstehen sind.
Der Ausschlussgrund des § 13 Abs. 3 GewO knüpft an ein Insolvenzverfahren an. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens setzt Zahlungsunfähigkeit eines Schuldners bzw. Überschulung einer juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft voraus. Ferner das Vorhandensein eines kostendeckenden Vermögens. Liegt ein solches nicht vor, hat das Insolvenzgericht zu beschließen, dass das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wird. Daran anknüpfend normiert § 13 Abs. 3 GewO einen Ausschlussgrund, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wird.
Die Gewerbebehörde hat bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 3 GewO nicht zu überprüfen, ob die diesbezügliche gerichtliche Entscheidung der Rechtslage entsprochen hat. Es besteht somit eine Bindung der Gewerbebehörden an Beschlüsse des Insolvenzgerichtes.
Gemäß § 256 Abs. 4 IO ist Einsicht in die Eintragung des mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffneten Insolvenzverfahrens nach drei Jahren nach der Eintragung nicht mehr zu gewähren.
Auf Grund der Feststellungen ist dazu auszuführen, dass der Einsichtszeitraum von drei Jahren zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Gericht noch nicht abgelaufen ist, die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 GewO liegen somit vor.
Betreffend das Nachsichtsverfahren ist auszuführen, dass gemäß § 26 Abs. 2 GewO die Nachsicht zu erteilen ist, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der Beschwerdeführerin erwartet werden kann, dass sie den mit der beabsichtigten Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird. Auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist betreffend die Frage nach der Erfüllung der Zahlungspflicht auf die gesamte wirtschaftliche Situation der betreffenden Person Bedacht zu nehmen. Es kommt also auf die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Erfüllung von Zahlungspflichten an.
Dies setzt jedenfalls voraus, dass die betreffende Person über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um die mit der beabsichtigten Gewerbeausübung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten bei Fälligkeit abdecken zu können (siehe dazu Erkenntnis des VwGH vom 28.01.1993, 92/4/0210).
Gerade die aktuelle wirtschaftliche Situation und Zahlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin konnte nicht festgestellt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals dargelegt hat, korrespondiert mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes. Dies trifft auch auf § 26 Abs. 2 GewO insofern zu, als die Feststellung der „nunmehrigen wirtschaftlichen Lage“ notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzt (vgl. dazu Erkenntnis des VwGH vom 22.12.1999, 99704/0191, ua.).
Im gegenständlichen Fall ist die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Auch hat sie die Möglichkeit Bescheinigungen oder Nachweise zur ihrer aktuellen finanziellen Situation durch die Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht genutzt.
Da dem Gericht keine Nachweise oder Angaben zur wirtschaftlichen Situation der Beschwerdeführerin übermittelt wurden, konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin derzeit über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt um zukünftig ihre mit der beabsichtigten Gewerbeausübung verbunden Zahlungspflichten nachkommen zu können.
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Ausschluss; Gewerbeausübung; Nachsicht; finanzielle Leistungsfähigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.466.001.2018Zuletzt aktualisiert am
22.10.2018