TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/12 I407 2127523-2

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Veröffentlicht am 12.07.2018
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Entscheidungsdatum

12.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

I407 2127523-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. ALGERIEN, vertreten durch: Verein Menschenrechte Österreich gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl Außenstelle Wien vom 12.06.2018, Zl. 830756410/180296290 + 1664659, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 06.06.2013 bei einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist waren. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.05.2016 abgewiesen.

Mit Erkenntnis des BVwG zur Geschäftszahl I407 2127523-1/7E vom 15.06.2016 wurde der die Beschwerde gegen Spruchpunkte I, II, IV und V als unbegründet abgewiesen und der Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes III. an das BFA zurückverwiesen. Die Entscheidung erwuchs am 15.06.2016 in Rechtskraft II. Instanz.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 27.03.2018 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, den er wie folgt begründete: "Meine alten Asylgründe bleiben aufrecht. Dazu kommen Probleme und Schwierigkeiten mit meiner Familie, aufgrund eines Erbschaftsstreites. Es gab Gewalttätigkeiten und ich bin von der Polizei geflüchtet. Ich werde noch immer von meinen Familienmitgliedern bedroht. Im Jahr 2016 ist ein Cousin im Zuge dieser Streitigkeiten von einem anderen Cousin ermordet worden."

3. Mit dem Bescheid vom 12.06.2018, Zl. 830756410/180296290 + 1664659, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VI.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.). Ferner wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 01.04.2015 verloren hat (Spruchpunkt VIII.). Außerdem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX.).

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 09.07.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am selben Tag).

5. Mit Schriftsatz vom 10.07.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 12.07.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Algerien und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer leidet nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung und ist im arbeitsfähigen Alter.

Er nimmt folgende Medikamente ein:

Mirtazepin 30 mg

Quetialan 200 mg

Quetiapin 100 mg

Sertralin 50 mg

Der Beschwerdeführer hält sich seit (mindestens) 06.06.2013 in Österreich auf.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus dem Vater XXXX, vier Brüdern und einer Schwester und lebt in Algerien. Darüber hinaus leben noch viele Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen in Algerien. Eine Schwester des Beschwerdeführers lebt in Frankreich. Er steht noch mit einem Bruder in Algerien in Kontakt. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine fünfzehnjährige Arbeitserfahrung als Hilfsarbeiter, Bauarbeiter und Verkäufer in Algerien. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Algerien hat er eine Chance auch hinkünftig im algerischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Er wurde wie folgt verurteilt:

01) LG XXXXvom 01.04.2015 RK 01.04.2015

§ 15 StGB §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG

§§ 27 (1) Z 1 1. 2. Fall, 27 (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 13.03.2015

Freiheitsstrafe 5 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

02) LG XXXX vom 08.07.2015 RK 08.07.2015

§§ 127, 130 1. Fall StGB § 15 StGB

Datum der (letzten) Tat 19.09.2014

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX

XXXX RK 01.04.2015

03) LG XXXX vom 17.11.2016 RK 17.11.2016

§§ 127, 128 (1) Z 1, 130 (1), 130 (2) 1. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 17.04.2016

Freiheitsstrafe 16 Monate

04) LG XXXX vom 13.04.2018 RK 13.04.2018

§ 27 (2a) 2. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 06.03.2018

Freiheitsstrafe 12 Monate

Mildernd wurden bei der vierten Verurteilung das reumütige Geständnis und die Sicherstellung des Suchtgifts, erschwerend die zwei einschlägigen, sogar rückfallsbegründenden Vorstrafen, der rasche Rückfall sowie die Tatbegehung während zwei offener Probezeiten gewertet.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten von seinen Cousins, sowie aufgrund einer Parteizugehörigkeit staatlich verfolgt wird.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:

Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat. Algerien ist sowohl fähig als auch willig, seinen Bürgern Schutz zu gewähren. Algerien weist eine funktionierende, unabhängige Justiz sowie einen funktionierenden Sicherheitsapparat auf. Behördliche Korruption steht unter Strafe, mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Dieses Gesetz wird nicht effektiv durchgesetzt, wenn es auch ein eigenes Zentralbüro zur Bekämpfung der Korruption gibt. Daneben sorgt die Nationale Organisation zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption für eine beratende Funktion. Die Sicherheitslage in Algerien ist, abgesehen von einigen Grenzregionen im Süden und Osten und den Bergregionen im Westen als sicher zu qualifizieren. Algerien ist allen wesentlichen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Die Menschenrechtssituation in Algerien hat sich seit den 1990-er Jahren sukzessive verbessert. In Algerien besteht ein aufwändiges Sozialsystem. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Die medizinische Versorgung ist allgemein zugänglich und kostenfrei. In jeder größeren Stadt existieren Krankenhäuser. Grundnahrungsmittel, Energie und Wasser werden stark subventioniert. Die Wirtschaft in Algerien ist als Konsumwirtschaft zu bezeichnen, mit wenig produzierenden Unternehmen, sodass die Arbeitsplatzsituation insbesondere für junge Algerier angespannt ist. Illegal Ausreisenden droht im Falle der Rückkehr eine Geldund/oder Freiheitsstrafe, wobei in der Praxis lediglich Bewährungsstrafen verhängt werden. Nach Algerien angeschobene Personen werden 24 Stunden festgehalten und verhört, um den Grund der Ausweisung zu erfahren. Eine behördliche Rückkehrhilfe existiert nicht.

Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr keine Gefährdung in seinem Herkunftsstaat. Ihm droht auch keine Strafe nach seiner Rückkehr nach Algerien wegen illegaler Ausreise.

Die vom Beschwerdeführer derzeit eingenommenen Medikamente oder wirkungsgleiche Substanzen sind in Algerien erhältlich.

Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien mit Stand 12.03.2018.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und in die Gerichtsakten des BVwG zu GZ I407 2127523-1. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 12.07.2018.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer sagte in der niederschriftlichen Einvernahme zuerst aus, dass er seit zwei Jahren von seinen Cousins bedroht wurde, dann schon seit längerer Zeit und schließlich seit er in Algerien war. Auf die Frage, ob die geschilderten Fluchtgründe alle wären, bestätigte er dies. Über Vorhalt, dass er zuvor eine staatliche Verfolgung angeführt habe, erinnerte sich der Beschwerdeführer, dass er wegen seiner Mitgliedschaft bei einer "islamischen und rebellischen" Partei, bei der er bis 1998 Mitglied gewesen sei verfolgt worden sei. Diese Fluchtgründe waren aber im ersten Asylverfahren, das dem Erkenntnis des BVwG zu I407 2127523-1/7E vom 15.06.2016 zu Grunde liegt, noch nicht vorgebracht worden.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als vage, widersprüchlich und daher unglaubwürdig einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in der Beschwerde vorbringt, er befürchte deshalb in seiner Heimat von seiner Familie verfolgt zu werden, weil er aus dem Islam ausgetreten ist, so ist dies als gesteigertes Fluchtvorbringen zu werten, das die Unglaubhaftigkeit des Vorbringens unterstreicht. Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegen trat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien vom 12.03.2018 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Algerien ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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BBC News (5.5.2017): Algeria election: Governing coalition wins parliamentary vote, http://www.bbc.com/news/world-africa-39811329, Zugriff 16.5.2017

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DS - Der Standard (5.5.2017): Regierungskoalition in Algerien verteidigt absolute Mehrheit,

http://derstandard.at/2000057051147/Regierungskoalition-in-Algerien-verteidigt-absolute-Mehrheit, Zugriff 16.5.2017

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JA - Jeuneafrique (5.5.2017): Législatives en Algérie : le FLN obtient une majorité relative à l'Assemblée nationale, http://www.jeuneafrique.com/345902/politique/tunisie-gouvernement-de-habib-essid-demissionnaire/, Zugriff 16.5.2017

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AA - Auswärtiges Amt (6.2016): Algerien - Innenpolitik,http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Algerien/Innenpolitik_node.htmlhttp://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Algerien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 14.2.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Algeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Algeria.pdf, Zugriff 13.2.2017

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ÖB - Österreichische Botschaft Algier (3.2015): Asylländerbericht Algerien

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AA - Auswärtiges Amt (15.2.2017): Algerien: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/AlgerienSicherheit_node.html, Zugriff 15.2.2017

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (15.2.2017): Reiseinformationen Algerien, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/algerien-de.html, Zugriff 15.2.2017

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FD - France Diplomatie (15.2.2017): Conseils aux Voyageurs - Algérie - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/algerie/, Zugriff 15.2.2017

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AA - Auswärtiges Amt (18.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Algerien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/algerien/geschichte-staat/, Zugriff 13.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/322502/461979_de.html, Zugriff 13.2.2017

-

TI - Transparency International (2016): Table of Results:

Corruption Perceptions Index 2015, https://www.transparency.org/cpi2015, Zugriff 14.2.2017

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CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

-

Algeria

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html, Zugriff 14.2.2017

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UKBA - UK Home Office Border Agency (17.1.2013): Country of Origin Information Report - Algeria,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1359360623_report-17jan13.pdf, Zugriff 14.2.2017; Originalquelle: Jane's Sentinel Country Risk Assessments: Algeria - Armed Forces, 1.6.2012

-

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (24.2.2010): Algerien:

Desertion aus der Garde Communale, Auskunft der SFH-Länderanalyse, https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/herkunftslaender/afrika/algerien/algerien-desertion-aus-der-garde-communale.pdf, Zugriff 14.2.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/334695/476531_de.html, Zugriff 14.2.2017

-

AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/319671/445023_en.html, Zugriff 14.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/328406/455682_en.html, Zugriff 14.2.2017

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

-

Algeria

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html, Zugriff 14.2.2017

-

SOS - SOS-Kinderdorf (o.D.): Algerien, http://www.sos-kinderdorf.at/sos-kinderdorf-erleben/wo-wir-arbeiten/international/wo-wir-helfen/afrika/algerien, Zugriff 8.2.2016

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Algerien - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/algerien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 15.2.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016c): Algerien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/algerien/gesellschaft/, Zugriff 15.2.2016

-

SGG Algérie - Secrétariat Général du Gouvernement (o.D.): Code Pénal, http://www.joradp.dz/TRV/FPenal.pdf, Zugriff 15.2.2017

Die Feststellung zur Verfügbarkeit der vom Beschwerdeführer derzeit eingenommener Medikamente oder wirkstoffgleicher Substanzen folgt einer im Administrativakt erliegenden Anfrage der belangten Behörde bei MEDCOI.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Die vom Beschwerdeführer unterstellte Verfolgung wegen Grundstücksstreitigkeiten mit seiner Familie ist bei Wahrunterstellung nicht asylrelevant. Die behauptete Verfolgung wegen einer Parteimitgliedschaft konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen. Die behauptete Verfolgung wegen der Abkehr vom Islam verstößt gegen das Neuerungsverbot. Der Beschwerdeführer ist persönlich unglaubwürdig.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem Beschwerdeführer droht in Algerien - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Er hat ausreichende familiäre Unterstützung in Algerien und verfügt dort über Berufserfahrung. Die von ihm derzeit eingenommenen Medikamente sind in Algerien erhältlich.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Algerien derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Algerien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG, abzuweisen war.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 27.03.2018 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 12.06.2018 zwar eine gewisse, auch auf - dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnende - Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der seit 06.06.2013 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Daher des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt - nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines rund fünfjährigen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im Fall des Beschwerdeführers, der keine nennenswerten Integrationsschritte in Österreich vorzuweisen hat, kommt hinzu, dass er mit den durch das Landesgericht XXXX, das Landesgericht XXXX am 01.04.2015, am 08.07.2015, am 17.11.2016 und am 13.04.2018 rechtskräftig festgestellten Übertretungen gegen das StGB und das Suchtmittelgesetz, in dem er unerlaubt mit Suchtgiften umgegangen ist, Diebstahl begangen hat, gewerbsmäßigen Diebstahl und Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und schweren Diebstahl und somit ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der (straf)rechtlich in Österreich (und insgesamt in der Union) geschützten Werte zeigt. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG abzuweisen war.

3.5. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V.):

3.5.1. Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.

3.6. Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs 1a FPG 2005 besteht ua eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG erfolgt ist.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid vom 12.06.2018 die aufschiebende Wirkung - zu Recht, wie unten auszuführen sein wird - aberkannt.

Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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