TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 W101 2114982-1

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Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
Datenschutz-GrundV Art.44
Datenschutz-GrundV Art.46 Abs3
Datenschutz-GrundV Art.46 Abs5
DSG Art.2 §69 Abs3
DSG 2000 Art.2 §13
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W101 2114982-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Vorsitzende, die fachkundigen Laienrichterin Mag. Daniela ZIMMER als Beisitzerin und den fachkundigen Laienrichter Mag. René BOGENDORFER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 10.07.2015, Zl. DSB-D178.591/0001-DSB/2015, betreffend ein Verfahren zur Übermittlung von personenbezogenen Daten ins Ausland nach § 13 DSG 2000 zu Recht erkannt:

A)

In Stattgabe der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben und das anhängige Verfahren nach § 13 DSG 2000 gilt gemäß § 69 Abs. 3 DSG idgF als eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin beantragte am 11.04.2014 die Genehmigung der Übermittlung und Überlassung von Daten ins Ausland nach § 13 DSG 2000 an Empfänger in XXXX , XXXX , XXXX und XXXX als weitere Modifizierung der registrierten Datenanwendung mit DVR-Nr. 3003907/001.

Nach mehreren Verbesserungsaufträgen legte die Beschwerdeführerin am 19.09.2014 von der Europäischen Kommission mit 12.02.2010 genehmigte Standardvertragsklauseln mit folgenden Vertragspartnern und mit folgendem Datum des Vertragsabschlusses vor:

* XXXX ;

* XXXX ;

* XXXX ;

* XXXX .

Mit Bescheid vom 10.07.2015, Zl. DSB-D178.591/0001-DSB/2015, wies die Datenschutzbehörde den Antrag vom 11.04.2014 ab. Begründend führte sie dazu im Wesentlichen aus: Die beantragte Datenweitergabe sei als Übermittlung einzustufen und die vorgelegten Standardvertragsklauseln für Überlassungen seien nicht als vertragliche Zusicherungen des Empfängers gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 geeignet. Der Auftraggeber habe daher nicht glaubhaft gemacht, dass die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der vom geplanten Datenverkehr Betroffenen auch im Ausland ausreichend gewahrt würden.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor: Die Beschwerdeführerin habe im Zusammenhang zur Inkassotätigkeit die Genehmigung zur Überlassung von Daten an Empfänger in XXXX , XXXX , XXXX und XXXX beantragt. Darüber hinaus hätte die Beschwerdeführerin auch die mit dessen Vertragspartnern, welche in den angeführten Staaten ansässig und tätig seien, abgeschlossenen "Standardvertragsklauseln für die Weitergabe personenbezogener Daten an Auftragsverarbeiter in Drittländern" der Datenschutzbehörde vorgelegt. Bei rechtsrichtiger Auslegung der Bestimmungen gemäß §§ 4, 7 bis 8, 12, 13 und 17 DSG 2000 wäre die Überlassung der Daten ins Ausland zu genehmigen gewesen.

Mit Schreiben der Datenschutzbehörde vom 28.09.2015 war die Beschwerde samt Verwaltungsakt an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt worden.

Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes war die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W227 abgenommen und der Gerichtsabteilung W101 am 02.11.2016 neu zugewiesen worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin beantragte am 11.04.2014 die Genehmigung zur Überlassung von Daten an Empfänger in XXXX , XXXX , XXXX und der XXXX . Während des laufenden Verwaltungsverfahren vor der Datenschutzbehörde legte die Beschwerdeführerin mit folgenden Vertragspartnern abgeschlossene Standardvertragsklauseln mit folgendem Datum des Vertragsabschlusses vor:

* XXXX ;

* XXXX ;

* XXXX ;

* XXXX .

Es steht maßgebend fest, dass die bei der Datenschutzbehörde vorgelegten vier Standardvertragsklauseln, welche von der Europäischen Kommission mit 12.02.2010 genehmigt wurden, nach wie vor ihre Gültigkeit haben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum maßgeblichen Sachverhalt ergibt sich einerseits aus dem Verwaltungsakt bzw. dem Verfahren vor der Datenschutzbehörde und der Beschwerde.

Die Feststellung zur Gültigkeit der vorgelegten vier Standardvertragsklauseln ergibt sich andererseits aus einer von Amts wegen durchgeführten Recherche hinsichtlich der geltenden Standardvertragsklauseln innerhalb der EU. In den Amtsblättern der EU sind u.a. die Standardvertragsklauseln vom 12.02.2010 angeführt, sodass von deren aktuellen Geltung auszugehen ist.

Der maßgebliche Sachverhalt hat auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden können.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 39 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide sowie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in den Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu A)

3.2.1. § 69 Abs. 4 DSG enthält keine Übergangsbestimmungen bezüglich der anhängigen Verfahren in Datenschutzangelegenheiten vor dem Bundesverwaltungsgericht. Damit ist die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltende Rechtslage anzuwenden (VwGH vom 19.02.2018, Ra 2015/07/0074; VwGH vom 22.02.2018, Ra 2017/22/0125; u. v.a.).

3.2.2. Die Datenschutzbehörde hat im angefochtenen Bescheid ausgesprochen, dass die beantragte Datenweitergabe in Drittländer mit den vorgelegten vier Standardvertragsklauseln nicht als vertragliche Zusicherung der Empfänger nach § 13 Abs. 2 Z 2 DSG 2000 genehmigungswürdig sei.

Gemäß § 69 Abs. 3 DSG idgF sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängige Verfahren nach den §§ 13, 46 und 47 DSG 2000 fortzuführen, sofern die Genehmigung nach diesem Bundesgesetz oder der DSGVO erforderlich ist; andernfalls gelten sie als eingestellt.

Gemäß Art. 46 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO stellen von der Europäischen Kommission beschlossene Standardvertragsklauseln geeignete Garantien dar, die einen internationalen Datenverkehr zulässig machen können.

Es steht gegenständlich fest, dass die vorgelegten vier Standardvertragsklauseln, welche von der Europäischen Kommission mit 12.02.2010 beschlossen wurden, gemäß Art. 46 Abs. 5 DSGVO nach wie vor in Geltung sind. Eine Genehmigungspflicht nach Art. 46 Abs. 3 DSGVO besteht nicht.

Weder die DSGVO noch das DSG idgF sehen zusätzliche behördliche Genehmigungspflichten für den internationalen Datenverkehr vor. Nach Art. 44 DSGVO ist es Sache der Verantwortlichen und der Auftragsverarbeiter eigenverantwortlich die Rechtmäßigkeitsgrundlagen für den internationalen Datenverkehr zu prüfen.

Daraus folgt, dass weder nach dem DSG idgF noch nach der DSGVO Datenweitergaben, die sich auf die Verwendung der vorgelegten vier Standardvertragsklauseln stützen, genehmigungspflichtig sind.

Bei diesem Ergebnis ist der angefochtenen Bescheid in Stattgabe der Beschwerde ersatzlos zu beheben und das gegenständliche Verfahren nach § 13 DSG 2000 hat gemäß § 69 Abs. 3 DSG idgF als eingestellt zu gelten.

3.2.3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der Beschwerdeführerin hat gegenständlich einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt.

Im gegenständlichen Fall kann das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aufgrund der neuen Rechtslage nach dem DSG und der DSGVO maßgebend dahingehend geändert wurde, dass Datenweitergaben, die sich auf die Verwendung der vorgelegten vier Standardvertragsklauseln stützen, nicht genehmigungspflichtig sind und das gegenständliche Verfahren nach § 13 DSG 2000 gemäß § 69 Abs. 3 DSG idgF als eingestellt zu gelten hat.

Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde aus den obigen Gründen gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG abgesehen.

3.2.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Hinsichtlich der gegenständliche Entscheidung fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur seit dem 25.05.2018 geltenden Rechtslage nach dem DSG und der DSGVO.

Schlagworte

Datenweitergabe, ersatzlose Behebung, Gemeinschaftsrecht,
Genehmigungspflicht, internationaler Datenverkehr, personenbezogene
Daten, Rechtslage, Standardvertragsklausel, Übergangsbestimmungen,
Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W101.2114982.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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