TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/10 I413 2165213-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.2018
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Entscheidungsdatum

10.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2

Spruch

I413 2165213-2/9E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 07.08.2018 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. TUNESIEN, vertreten durch: Diakonie Flüchtlingsdient gemeinnützige GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl RD Steiermark Außenstelle Graz vom 20.03.2017, Zl. 1098971607 - 161717132/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 22.12.2016 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen, weil er am 21.12.2016 im Bundesgebiet betreten worden sei und sich ohne gültiges Reisedokument und ohne gültigen Aufenthaltstitel in Österreich aufhielt. Er sei bereits am 15.12.2015 betreten worden, wo er angegeben habe, keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen. Am 22.12.2016 gab er vor der belangten Behörde an, Probleme in Tunesien zu haben, sich bereits seit einem Jahr in Österreich aufzuhalten und hier in Sicherheit leben zu wollen. Terroristen und Islamisten hätten ihn haben wollen. Österreich behandle die Menschen gut. Er wolle in Österreich leben. Er teilte mit, einen Asylantrag stellen zu wollen und gab als Grund dafür an, "dass alle jungen Burschen in meinem Ort in Tunesien bedroht werden. Wie sollen entweder mitkommen oder wir werden getötet."

2. In seiner Ersteinvernahme durch Organe der Landespolizeidirektion Wien am 22.12.2016 begründete der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz wie folgt begründete: "Die Terroristen waren in unserem Dorf und wollten mich dazu zwingen meine Heimat gegen die Regierung zu verteidigen. Ich lehnte dies vehement ab. Sie drohten mir, mich zu tötn, wenn ich zur Polizei gehe. Sie kamen einmal in der Woche und fragen immer wieder. Ich habe einen Freund in Österreich, denn der sagte ich soll nach Österreich kommen, weil sie mir Asyl geben und ich ganz normal hier leben kann."

3. Mit Ladung vom 28.02.2017 lud die belangte Behörde den Beschwerdeführer für 07.03.2017, 08:00 Uhr, zur niederschriftlichen Einvernahme zu seinem Asylantrag. Diese Ladung konnte dem Beschwerdeführer durch Organe der Landespolizeidirektion Wien nicht zugestellt werden, da der Beschwerdeführer an verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten nicht an der gemeldeten Hauptwohnsitzadresse in Wien angetroffen werden konnte. Die beim ersten Zustellversuch hinterlegte Verständigung wurde bei späteren Zustellversuchten unberührt vorgefunden.

4. Mit neuerlicher Ladung vom 08.03.2017 lud die belangte Behörde den Beschwerdeführer für 17.03.2017, 08:00 Uhr, zur niederschriftlichen Einvernahme zu seinem Asylantrag. Auch diese Zustellung durch Organe der Landespolizeidirektion Wien scheiterte. Der Beschwerdeführer meldete sich trotz Hinterlegung einer Verständigung nicht bei der angegebenen Dienststelle. Die Ladung wurde durch Hinterlegung zugestellt.

5. Mit dem Bescheid vom 20.03.2017, Zl. 1098971607 - 161717132/BMI-BFA_STM_RD, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Tunesien (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt IV.). Dieser Bescheid wurde durch Hinterlegung im Akt zugestellt.

6. Mit Schriftsatz vom 08.06.2017, per E-Mail der belangten Behörde am 08.06.2017, 17:58 Uhr, zugestellt, stellte der Beschwerdeführer einen "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie diesem Antrag die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen" und erhob "das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang". Er beantragte "I. den hier angefochtenen Bescheid - behelfsweise unter Heranziehung anderer als der hier geltend gemachten Rechte - zur Gänze zu beheben und dem Beschwerdeführer Asyl gemäß § 3 AsylG [zu] gewähren; II. falls nicht alle zu Lasten des Beschwerdeführers gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht wurden, diese amtswegig auf[zu]greifen (vgl zur Verpflichtung des Bundesverwaltungsgerichts inhaltliche Rechtswidrigkeit) bzw allenfalls dem Beschwerdeführer einen Verbesserungsauftrag zu erteilen und ihm einen Verfahrenshelfer zu bestellen, um die nicht mit der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte ausführen zu können; in eventu III. eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs 1 VwGVG zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts durch[zu]führen; IV. den hier angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurück[zu]verweisen (§ 66 Abs 2 AVG, § 28 Abs 3 und 4 VwGVG); V. für den Fall der Abweisung des obigen Beschwerdeantrages gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG fest[zu]stellen, dass der Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Tunesien zukommt; sowie VI. fest[zu]stellen, dass die gemäß § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs 3 BVA-VG auf Dauer unzulässig ist; VII. sowie in eventu die ordentliche Revision zu[zu]lassen."

Inhaltlich erstattete der Beschwerdeführer ein Vorbringen zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und als Beschwerdegründe die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der Erlassung des Bescheides ohne die zuvor erfolgte Einvernahme des Beschwerdeführers, aufgrund mangelhafter Beweiswürdigung und aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache.

7. Mit Schriftsatz vom 20.07.2017 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt Beschwerde und Bezug habenden Verwaltungsakt vor und verzichtete auf die Durchführung und die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung.

8. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung leitete das Bundesverwaltungsgericht das gegenständliche Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Zuständigkeit gemäß § 6 AVG iVm § 16 VwGVG an die belangte Behörde weiter.

9. Mit Bescheid vom 17.04.2018, 1098971607 - 161717132/BMI-BFA_STM_AST_01, gab die belangte Behörde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs 1 VwGVG statt.

10. Mit Schriftsatz vom 18.04.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und verzichtete auf die Durchführung und die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung.

11. Am 07.08.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer als Partei einvernommen und die Sach- und Rechtslage, insbesondere die Lage in Tunesien, erörtert wurde. Das Bundesverwaltungsgericht verkündete sogleich mündlich das Erkenntnis. Noch vor mündlicher Verkündung des Erkenntnisses beantrage die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers die schriftliche Ausfertigung eines allenfalls mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird als erwiesen festgestellt. Zudem werden nachstehende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Tunesien und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste legal mit gültigem Reisedokument mit dem Flugzeug aus Tunesien in die Türkei aus und gelangte schlepperunterstützt über Mazedonien und Serbien nach Österreich. Er hält sich seit (mindestens) 15.12.2015 in Österreich auf.

Am 22.12.2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus dem Vater XXXX und der Mutter XXXX lebt in Fernanda in Tunesien. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer besuchte vier Jahre lang die Grundschule und arbeitete anschließend als Taglöhner. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Tunesien hat er eine Chance auch hinkünftig im tunesischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er geht in Österreich keiner offiziellen Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung (Verpflegung Erwachsene von monatlich EUR 215,00 und Miete Einzelperson in Höhe von EUR 150,00).

Der Beschwerdeführer arbeitet am Markt als Verkäufer von Kleidung. Er verfügt über keine Gewerbeberechtigung und auch über keine Beschäftigungsbewilligung.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nur über private Kontakte zu Arabern und spricht kein Deutsch. Er weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, sozialer, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Der Beschwerdeführer ist lediglich interessiert, wirtschaftlich gesichert in Österreich leben zu können. Im Übrigen ist er auch weiterhin in der arabisch-tunesischen Kultur verankert.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Tunesien von Terroristen bedroht worden wäre.

Es besteht keine Gefahr, dass der Beschwerdeführer in Tunesien aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen oder aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird. Er hat Tunesien verlassen, um seine wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Den Asylantrag stellte der Beschwerdeführer erst nach einem zumindest knapp einem Jahr unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, als er für sich wusste, dass er in Österreich bleiben wollte, um einen Ausweis und damit verbunden einen Aufenthaltstitel zu erhalten.

Im Falle seiner Rückkehr nach Tunesien droht dem Beschwerdeführer keine Gefahr der Folter, der Todesstrafe, einer unmenschlichen Strafe oder unmenschlichen Behandlung und auch nicht eine Verletzung oder Gefährdung seiner körperlichen Integrität durch einen nationalen oder zwischenstaatlichen bewaffneten Konflikt.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Tunesien:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 20.03.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 21.07.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Tunesien vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat das Bundesverwaltungsgericht den aktuellen Länderinformationsbericht mit dem Beschwerdeführer erörtert und diese Ergebnisse seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

Tunesien ist ein sicherer Herkunftsstaat, der willens und im Stande ist, seine Staatsbürger zu schützen. Die Grund- und Freiheitsrechte, insbesondere die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit, sind in Tunesien seit der Revolution von 2011 faktisch gewährleistet. Die Versammlungsfreiheit wurde nach 2011 wiederhergestellt und eine Amnestie für politische Gefangene durchgeführt. Die neue tunesische Verfassung enthält umfangreiche Garantien bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Grundrechte. Das Recht friedlicher Versammlungen und Demonstrationen ist verfassungsrechtlich garantiert. Lediglich während des Ausnahmezustandes zuletzt im Jahr 2015 war dieses Recht eingeschränkt. De jure verbotene Demonstrationen wurden trotz Verbots de facto geduldet und auf deren gewaltsame Auflösung verzichtet. Die tunesische Verfassung garantiert den Schutz der Menschenwürde und der körperlichen Unversehrtheit. Tunesien hat das Zusatzprotokoll zur Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafe am 29.06.2011 ratifiziert. Im Zusammenhang mit Terrorabwehrmaßnahmen werden Misshandlungen von Inhaftierten durch Sicherheitskräfte gemeldet. Die in Tunesien für Mord, Vergewaltigung mit Todesfolge und Landesverrat sowie für bestimmte Delikte im Zusammenhang mit Terrorismus und Geldwäsche vorgesehene Todesstrafe wird von Gerichten verhängt, aber seit 1991 nicht mehr vollstreckt. Todesurteile werden häufig durch Amnestie in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Illegal aus Tunesien ausgereisten Personen droht nach dem Gesetz eine Geld- oder Freiheitsstrafe.

Eine nach Tunesien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Tunesien.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen. Im Wesentlichen erschöpft sich das Beschwerdevorbringen in Zitaten höchstgerichtlicher Judikatur, ohne einen Anhaltspunkt dafür anzugeben, welche Relevanz diese Judikatur im gegenständlichen Fall haben könnte. Der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die Mangelhaftigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen oder Beweiswürdigung aufzuzeigen.

Der in Pkt I festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts und steht unstrittig fest.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.08.2018. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Dass der Beschwerdeführer sich seit 15.12.2015 in Österreich aufhält und erst am 22.12.2016 einen Asylantrag stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vom 22.12.2016 durch die belangte Behörde.

Die Feststellungen zu seiner Reise von Tunesien über die Türkei und den Balkan nach Österreich stützen sich auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers anlässlich der Ersteinvernahme am 22.12.2016. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in der mündlichen Verhandlung am 07.08.2018 angibt, er sei von Libyen über das Meer illegal in die Türkei eingereist, so erscheint dies nicht glaubhaft. Zum einen ist eine Seereise von Libyen in die Türkei aufgrund der geographischen Gegebenheiten unglaubhaft, im Falle der Nutzung eines Schiffes ist die Route nach Italien weitaus plausibler. Zum anderen ist es nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer anlässlich seiner Erstbefragung angibt, legal mittels Flugzeug in die Türkei eingereist zu sein, und nun mehr als eineinhalb Jahren dieses Faktum bestritten wird. Seine diesbezügliche Begründung, er sei jung gewesen und habe Angst gehabt, vermag nicht zu plausibilisieren, weshalb er anlässlich der Erstbefragung diesbezüglich die Unwahrheit gesagt haben sollte, zumal an dieses Faktum keinerlei Konsequenzen gebunden sind. Daher ist das Bundesverwaltungsgericht davon überzeugt, dass seine diesbezügliche Aussage und ausweichende Erklärung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht glaubhaft ist und seine Angabe anlässlich der Erstbefragung zutrifft.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesverwaltungsgericht am 07.08.2018 sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthalts in Österreich.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer am Markt Kleidung verkauft, über keine Gewerbeberechtigung und über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt, ergibt sich aus der diesbezüglichen Angabe vor dem Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 07.08.2018.

Dass der Beschwerdeführer über keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sozialer, beruflicher, kultureller und sprachlicher Hinsicht verfügt, ergibt sich aus den diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aufgrund des persönlich gewonnenen Eindrucks vom Beschwerdeführer in dieser mündlichen Verhandlung. Dass der Beschwerdeführer nicht der deutschen Sprache mächtig ist, basiert auf dem persönlich gewonnenen Eindruck vom Beschwerdeführer, der auch auf einfache - nicht übersetzte - Fragen des erkennenden Richters nur stark gebrochen und weitgehend unverständlich auch Deutsch antworten konnte und bereits die Frage nach einem Deutschkurs nur mit Hilfe des Dolmetschers für die arabische Sprache zu beantworten wusste. Damit einher geht auch das gänzliche Fehlen von Kursteilnahmebestätigungen und Prüfungszertifikaten, wie es bei einem seit Dezember 2015 andauernden Aufenthalts zu erwarten wäre. Dass sich der Beschwerdeführer auch nicht um eine Integration in Österreich in kultureller und sozialer Hinsicht bemüht, ergibt sich nicht nur aus dem Umstand, dass er sich ausschließlich im Kreise von Arabern - gemeint sind wohl arabischstämmige Migranten - bewegt, arabische Kaffeehäuser frequentiert und auch sonst den persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung vermittelte, einzig und allein an den Sicherheits- und Sozialleistungen Österreichs interessiert zu sein, im Übrigen aber weiterhin sich dem tunesisch-arabischen Kulturkreis und der damit einhergehenden sprachlichen und sozialen Integration in diese Kultur zugehörig zu fühlen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte auch keinerlei Bemühen des Beschwerdeführers um eine berufliche Integration erkennen, insbesondere auch nicht wenn der Beschwerdeführer - ohne Gewerbeberechtigung und ohne Beschäftigungsbewilligung - am Markt Waren verkauft und damit in offenkundiger Gleichgültigkeit von diesbezüglichen Gesetzen und Regeln der Schwarzarbeit nachgeht.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte erst nach knapp einjährigem (illegalen) Aufenthalt in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seinem ersten Aufgriff durch Organe der Polizei am 15.12.2015 hatte er ausdrücklich die Stellung eines Asylantrages abgelehnt (Einvernahme des Beschwerdeführers durch das BFA vom 22.12.2016). Bereits dieser Umstand zeigt deutlich auf, dass der Beschwerdeführer nicht eine Gefahr vor Verfolgung in Tunesien ernstlich befürchtet. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, wenn der Beschwerdeführer zu einem früheren Zeitpunkt, der zeitlich näher zur ein Jahr später behaupteten Verfolgung steht, keinen Asylantrag stellen will - offenkundig, weil keine Gefahr vor Verfolgung besteht (sonst wäre ja ein Asylantrag nicht zulässig) - und ein Jahr später plötzlich einen Asylantrag stellt. Diese Vorgehensweise wird auch nicht begründet (etwa damit, erst jetzt von einem Fluchtgrund erfahren zu haben) und zeigt nur auf, dass der Beschwerdeführer nicht aus Gründen des internationalen Schutzes Tunesien verlassen zu haben, sondern aus anderen Motiven.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.08.2018 verdeutlichte der Beschwerdeführer sein Motiv für das Verlassen Tunesiens, wenn er über Frage nach seiner Beschäftigung in Tunesien angab, dass dies, also seine prekären wirtschaftlichen Verhältnisse, ihn zum Verlassen Tunesiens veranlasst habe. Damit und mit dem wiederholten Hinweis, dass Österreich ein demokratisches Land und gut zu ihm sei, zeigt der Beschwerdeführer unmissverständlich seine wahren Beweggründe für das Verlassen Tunesiens und für den gestellten Asylantrag auf. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung erhaltenen persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer ist es für das Bundesverwaltungsgericht erwiesen, dass es geht dem Beschwerdeführer nicht um Schutz vor Verfolgung seiner Person in Tunesien geht, sondern ausschließlich darum, seine wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Zudem ist auch die Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 07.08.2018 bedeutungsvoll, wonach der Beschwerdeführer damals (gemeint ist die Erstbefragung) nur einen Ausweis haben wollte. Er sei sich nicht sicher gewesen, ob er hier (gemeint ist Österreich) bleiben wolle. Inzwischen wisse er, dass Österreich ein gutes und demokratisches Land sei. Damit zweigt der Beschwerdeführer unmissverständlich seinen wahren Beweggrund für das Stellen des Asylantrages auf: Dieser diente dazu, in einem Land seiner Wahl einen Aufenthalt zu begründen. Das Schutzsuchen vor einer tatsächlichen oder behaupteten Verfolgung wird damit in keiner Weise glaubhaft gemacht. Der Beschwerdeführer gibt im Weiteren auch an, gelogen zu haben, um einen Ausweis zu erhalten. Dieser Umstand releviert die Glaubhaftigkeit seines Fluchtvorbringens erheblich. Es ging dem Beschwerdeführer nicht um Schutz vor Verfolgung, sondern um die Erlangung eines Ausweises offensichtlich um einen Aufenthaltstitel in Europa zu erhalten.

Während der Beschwerdeführer anlässlich seiner Ersteinvernahme und auch vor der belangten Behörde jeweils am 22.12.2016 angibt, nicht näher substantiierte Terroristen würden ihn dazu zwingen, mitzukommen, teilte er im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.08.2018 mit, ein Mann hätte ihm eine Arbeit als Bote und zum Essen bringen angeboten und er habe dies abgelehnt. Dieser Mann habe ihn dann mit einem Auto überfahren wollten. Es ist nicht gänzlich auszuschließen und damit nicht völlig unglaubhaft, dass der Beschwerdeführer als Passant in Tunesien von einem Auto angefahren wurde. Ein Zusammenhang mit einer wie auch immer gearteten (Privat-)Verfolgung ist jedoch reichlich konstruiert und an den Haaren herbeigezogen. Zum einen ist es gänzlich abwegig anzunehmen, dass jemand einen anderen überfahren würde, weil er ein Arbeitsangebot abgelehnt hätte. Damit dies glaubhaft erschiene hätten Umstände geltend gemacht werden müssen, wie etwa einen Streit, eine ernstliche Drohung udgl. Nichts davon hat der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht auch nach Nachfrage schildern können. Auch kann aus dem nunmehrigen Vorbringen kein Konnex zu irgendwelchen etwaigen Terroristen oder terroristischen Aktivitäten hergestellt werden. Das nunmehrige Vorbringen weicht auch im Kern von der früheren Fluchtgeschichte ab. Hierauf angesprochen, redete sich der Beschwerdeführer einerseits auf eine falsche Übersetzung durch den Dolmetscher hinaus - was über Vorhalt des von ihm als wahr bestätigten Protokolls vom 22.12.2016 darin gipfelte zu behaupten, er könne sich nicht erinnern, ob die dort gesetzte Unterschrift seine eigene Unterschrift sei - und andererseits auf seine Jugend und sein damit verbundenes Unwissen hinaus. Nachdem der Beschwerdeführer nur Fakten zu erzählen hatte, spielen Unwissen und Jugend keinerlei Rolle. Es ist nicht Gegenstand der Ersteinvernahme und weiterer Befragungen des Beschwerdeführers, ihm eine möglichst aussichtsreiche Position für seinen Antrag zu verschaffen - hierfür ist es zweifellos sinnvoll und wichtig, zu wissen, was relevant im Verfahren sein könnte - sondern im Verfahren zu prüfen, ob die Angaben des Beschwerdeführers für die Stattgebung oder Ablehnung des sprechen. Ungeachtet dessen ist in beiden Fällen - sei es die Fluchtgeschichte gemäß der Erstbefragung, sei es die nunmehr präsentierte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht - in keiner Weise geeignet, eine begründete Furcht vor Verfolgung aus politischen, religiösen oder rassischen Gründen oder aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe zu behaupten, geschweige denn glaubhaft zu machen. Vielmehr gewann das Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung den persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer, dass dieser nicht aus Furcht vor Verfolgung Tunesien verlassen hatte, sondern um ein für ihn wirtschaftlich besseres Leben in Österreich zu führen. Daher waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keiner Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt ist, wenn er nach Tunesien zurückkehrt und weiters auch nicht im Falle der Rückkehr durch einen nationalen oder internationalen bewaffneten Konflikt gefährdet ist, basiert einerseits auf den klaren und glaubhaften Aussagen, dass der Beschwerdeführer nicht mit staatlichen Institutionen und Organen Probleme hatte und andererseits auf dem Länderinformationsblatt für Tunesien, das keine derartigen Gefährdungen als sicherer Herkunftsstaat erwarten lässt.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Tunesien vom 21.07.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Tunesien ergeben sich aus den folgenden Meldungen und Berichten: Der Standard (31.7.2016): Misstrauensvotum macht in Tunesien Weg für Machtwechsel frei,

http://derstandard.at/2000042056233/Misstrauensvotum-macht-in-Tunesien-Weg-fuer-Machtwechsel-frei, Zugriff 19.07.2017, Jeuneafrique (30.7.2016): Tunisie: le gouvernement de Habib Essid démissionnaire, http://www.jeuneafrique.com/345902/politique/tunisie-gouvernement-de-habib-essid-demissionnaire/, Zugriff 19.07.2017, (bundesdeutsches) Auswärtiges Amt: Tunesien - Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tunesien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.07.2017, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Tunesischen Republik, des (bundesdeutschen) Auswärtigen Amtes: Tunesien - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tunesien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.07.2017, Tunesien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/TunesienSicherheit_node.html, Zugriff 19.07.2017, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH: Tunesien - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/tunesien/geschichte-staat/, Zugriff 19.07.2017, Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (16.01.2017): Tunesien - Sicherheit & Kriminalität, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/tunesien/, Zugriff 19.07.2017, France Diplomatie (9.2.2016): Tunisie - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/tunisie/, Zugriff 9.02.2016, Stiftung Wissenschaft und Politik (10.2014):

Tunesien: Sicherheitsprobleme gefährden die Demokratisierung, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2014A62_mlg_wrf.pdf, Zugriff 9.2.2016, Tagesschau (7.2.2016): Tunesien baut Sperranlage fertig - Grenzwall gegen Islamisten aus Libyen, http://www.tagesschau.de/ausland/tunesien-grenzwall-101.html, Zugriff 9.2.2016, Zeit online (25.11.2014): IS bekennt sich zu Bombenanschlag in Tunis,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/tunesien-terroranschlag-tunis-islamischer-staat, Zugriff 9.2.2016, Human Rights Watch (12.01.2017): World Report 2016 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/306379/443654_de.html, Zugriff 19.07.2017, und des U.S. Department of State (03.03.2017):

Country Report on Human Rights Practices 2016 - Tunisia, http://www.ecoi.net/local_link/306379/443654_de.html, Zugriff 12.07.2017, Transparency International (21.01.2017): Corruption Perceptions Index 2016 - Results, https://www.transparency.org/cpi2015#results-table, Zugriff 12.07.2017, Central Intelligence Agency (12.07.2017): The World Factbook - Tunisia,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ts.html, Zugriff 19.07.2017.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen - aufgrund der Quellenlage zutreffend von der belangten Behörde getroffenen - Länderfeststellungen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im gegenständlichen Fall konnte der Beschwerdeführer keine asylrelevanten Fluchtgründe vorbringen. Der Beschwerdeführer führte keine Gründe ins Treffen, die eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft machen. Die angegebenen Gründe sind im Lichte der vom Beschwerdeführer geschilderten Situation unter Berücksichtigung der Verhältnisse in Tunesien nicht objektiv nachvollziehbar. Eine mit Vernunft begabte Person würde in der vom Beschwerdeführer Situation würde sich nicht fürchten, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden.

Im Gegenteil: Sie würde im Falle einer Privatverfolgung, wie sie der Beschwerdeführer schildert, den Schutz des Staates in Anspruch nehmen, den Tunesien auch grundsätzlich gewährleistet. Es liegt im vorliegenden Fall kein Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Beschwerdeführers vor. Es wäre dem Beschwerdeführer auch nicht unzumutbar gewesen, den Schutz seines Heimatstaates Tunesien zu begründen. Zudem bestand innerhalb Tunesiens die Möglichkeit für den Beschwerdeführer der geschilderten Privatverfolgung auszuweichen. Eine Gefahr einer Verfolgung drohte im vorliegenden Fall nicht. Der Beschwerdeführer verließ Tunesien, um sein Leben ökonomisch zu verbessern. Dieses Motiv ist kein von der GFK anerkannter Grund und daher auch nicht asylrelvant im Sinne des § 3 Abs 1 AsylG. Überdies stellte der Beschwerdeführer den Asylantrag, weil er einen Ausweis - und damit implizit verbunden einen Aufenthaltstitel - erhalten wollte. Dieses Motiv ist in keiner Weise im Sinne des § 3 Abs 1 AsylG asylrelevant. Mangels asylrelevanter Gründe hat die belangte Behörde zu Recht den Antrag auf internationalen Schutz angewiesen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Rechtslage

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptionellen Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Dem Beschwerdeführer droht in Tunesien - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Tunesien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Es ist dem Beschwerdeführer zweifellos möglich, wiederum als Tagelöhner oder Marktfahrer sich einen Lebensunterhalt in Tunesien sichern zu können.

Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Tunesien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Tunesien besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Tunesien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in Tunesien derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Tunesien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (i.e. Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem Titel der Art 2 oder 3 EMRK bzw 6. oder 13. ZPEMRK in Fällen des Vorliegens von Aberkennungsgründen) vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Ein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (Nichtzuerkennung bzw. Aberkennung von subsidiärem Schutz wegen Vorliegens von Aberkennungsgründen) liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG (bis zum FrÄG 2015: "rechtskräftig") auf Dauer für unzulässig erklärt wird (bis zum FrÄG 2015: "wurde"). Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr iSd § 46a Abs 1 Z 1 oder 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Der Beschwerdeführer hielt sich jedenfalls bereits seit 15.12.2015 ohne eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich auf. In diesem Zeitraum durfte der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen, sich in Österreich rechtlich gesichert zu verfestigen, sondern war sich seines unrechtmäßigen Aufenthalts (zumindest latent) bewusst. Erst am 22.12.2016 stellte er einen Asylantrag, sodass sich sein weiterer Aufenthalt in Österreich auf den dem gegenständlichen Verfahren unterliegenden Asylantrag stützt.

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 22.12.2016 bis zum Datum der vorliegenden Entscheidung am 20.03.2017 zwar eine gewisse, auch auf - dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnende - Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der seit 22.12.2016 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Daher des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.

Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft oder eine "familienähnliche" Beziehung in Österreich. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser in einem Zeitraum eines seit der Antragstellung rund 18-monatigen Aufenthaltes entstandener - unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter - Bindungen allenfalls hätte ergeben können (wie etwa Teilnahme am Erwerbsleben und am sozialen Leben in Österreich, Selbsterhaltungsfähigkeit, Erwerb von nachweisbaren Sprachkenntnissen). Im Gegenteil: Der Beschwerdeführer lebte zunächst zumindest knapp ein Jahr ohne jegliche Aufenthaltsberechtigung in Österreich und geht, ohne dazu berechtigt zu sein, einer Verkäufertätigkeit am Markt nach und zeigt keinerlei Interesse an einer Integration in Österreich. Er nutzte seinen Aufenthalt auch nicht, sich Grundkenntnisse der deutschen Sprache anzueignen und lebt in Österreich in einem Kreis von Arabern. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und knapp den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im vorliegenden Fall kommt erschwerend der Umstand hinzu, dass der Beschwerdeführer zumindest fast ein Jahr in Österreich ohne Aufenthaltstitel lebte und den Antrag auf internationalen Schutz offenkundig stellte, um so einen zumindest vorübergehenden Aufenthaltstitel bis zum Abschluss des Asylverfahrens zu haben. Diese Zeit nutzte der Beschwerdeführer, um ohne jede Berechtigung einer entgeltlichen Beschäftigung (Schwarzarbeit) nachzugehen. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die marginal ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.3010, 2010/18/0029).

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Betreffend die mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 9 FPG gleichzeitig festzustellenden Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. den Herkunftsstaat, ist auszuführen, dass keine Gründe vorliegen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062). Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Tunesien erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm §§ 57 AsylG, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 FPG abzuweisen war.

3.4. Zum Ausspruch, dass für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen besteht (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Betreffend die in Spruchpunkt IV. festgesetzte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ist auszuführen, dass diese nach § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides beträgt, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Solche "besonderen Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgesetzt. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes. Soweit die vom Bundesverwaltungsgericht auf Grundlage dieser Entscheidungen im konkreten Fall Beurteilungen betraf, liegt eine Einzelfallentscheidung vor, die für sich nicht reversibel ist.

Schlagworte

Drohungen, Glaubwürdigkeit, Intensität, Interessenabwägung,
mangelnde Asylrelevanz, mündliche Verkündung, non refoulement,
öffentliches Interesse, persönlicher Eindruck, Rückkehrentscheidung,
schriftliche Ausfertigung, subjektive Furcht, Terror

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I413.2165213.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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