TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/10 I413 2160738-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.2018
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Entscheidungsdatum

10.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2

Spruch

I413 2160738-1/33E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren XXXX, StA. Sudan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2017, Zl. 15-1066412910/150435565, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.07.2017 und am 07.08.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und beantragte am 28.04.2015 internationalen Schutz. Diesen begründete er mit wirtschaftlichen Gründen. Bei einer Rückkehr fürchte er um sein Leben.

2. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 15.05.2017 gab der Beschwerdeführer an, dass seine bisherigen Angaben zu den Fluchtgründen nicht der Wahrheit entsprechen würden. Neuerlich befragt nach seinen Fluchtmotiven führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, konvertiert zu sein und als Christ in seinem Herkunftsstaat Diskriminierungen erfahren zu haben. Deswegen befürchte er im Falle seiner Rückkehr eine staatliche Verfolgung.

3. Mit angefochtenem Bescheid vom 17.05.2017, Zl. 15-1066412910/150435565, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Sudan (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Sudan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zudem gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für seine freiwillige Ausreise eine Frist von vierzehn Tagen (Spruchpunkt IV.).

4. Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der durch Edward W DAIGNEAULT, Rechtsanwalt, vertretene Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 28.07.2015 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete dies allgemein mit einer Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie der inhaltlichen Rechtwidrigkeit des Bescheides. Zusammengefasst brachte er vor, er sei als ehemaliger Muslim zum Christentum konvertiert und fürchte deswegen staatliche Verfolgung im Sudan. Er beantragte die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, zumindest die Gewährung von subsidiärem Schutz und die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung.

5. Am 27.07.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer als Partei einvernommen wurde. Sein Rechtsanwalt nahm trotz Ladung an dieser Verhandlung nicht teil.

6. Mit E-Mail vom 22.09.2017 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die islamische Glaubensgemeinschaft um Auskunft, ob ein aus dem Sudan aus einer gemischtkonfessionellen Ehe (der Vater gehört der islamischen Glaubensgemeinschaft und die Mutter der christlichen Glaubensgemeinschaft an) stammendes Kind (ein Junge) als Apostat gilt, wenn die Ehe geschieden wurde, als das Kind rund zweieinhalb Jahre war und der Junge bis zu seinem vierten Lebensjahr im islamischen Glauben erzogen, aber ab dem vierten Lebensjahr, als er bei seiner Mutter gelebt habe, im christlichen Glauben erzogen worden sei, er mit ihr regelmäßig den Gottesdienst besucht habe und wurde im Alter von rund sieben Jahre christlich getauft worden sei. Nunmehr behauptet der mittlerweile volljährige Junge von sich aus, dass er Christ ist befürchtete, dass er im Sudan als Apostat gelte. Vor diesem Hintergrund ersuchte das Bundesverwaltungsgericht um Auskunft, ob in diesem Fall von Apostasie gesprochen werden könne und wenn ja, ob es hierfür in der islamischen Rechtsprechung ein Grundlage/Sunna/Fatwa gebe, sowie ob es generell Fälle gebe, in denen eine Apostasie nicht möglich sei.

7. Mit E-Mail vom 27.09.2017 teilte Ramazan YILDIZ, MSc von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) mit: "Im Namen des Beratungsrats der IGGÖ darf ich Ihnen mitteilen, dass der unten beschriebene Fall in einer islamisch-theologischen Bewertung nicht unter die Kategorisierung der Apostasie fällt. Ich darf Ihnen vom Beratungsrat ausrichten, dass sie Ihnen für weitere Fragen jeder Zeit zur Verfügung steht."

8. Mit Schreiben vom 29.09.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien die Auskunft der IGGÖ vom 27.09.2017 zur Kenntnis und ermöglichte diesen, eine Stellungnahme abzugeben.

9. In seiner E-Mail vom 13.10.2017 nahm der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer wie folgt Stellung: "Offenbar und wohl auch Gott sei Dank scheint die islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich weniger fundamentalistisch zu sein als die islamische Glaubenspraxis im Sudan. Siehe dazu aus der Jerusalem Post vom 16.5.2014 den Artikel "SUDAN TO EXECUTE CHRISTIAN WOMAN WHO REFUSED TO CONVERT TO ISLAM": "Meriam Yahya Ibrahim was raised as a Christian by her Ethiopian mother. Her father, a Sudanese Muslim, was reportedly absent from her upbringing, but because she was born in Sudan, she is considered Muslim by the state. Ibrahim married a South Sudanese-American Christian man, Daniel Wani, but because the state religion in Sudan is Islam, the marriage is considered void and Ibrahim is considered to have committed adultery, and to have converted away from Islam, by marrying Wani."(http://www.jpost.com/International/Sudan-to-execute-Christian-woman-who-refused-to-convert-to-Islam-352465) Wenn, wie von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich angegeben, eine christliche Erziehung samt Taufe eines Muslimen auch im Sudan nicht unter Apostasie fallen sollte, würde die in o.a. Artikel beschriebene Frau nicht in Haft angehalten und mit Hinrichtung bedroht werden. Die Aussage der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich scheint demnach unrichtig."

10. Das Bundesverwaltungsgericht kontaktierte sodann die Staatendokumentation des BMI, welche folgende Stellungnahme abgab:

"Nach vier Einzelkonsultationen mit Kollegen, die in diesem Bereich entweder persönlich Erfahrung und/oder wissenschaftlich-fachliche Kenntnis haben (Mag. Baumann; MMag. Latek; Dr. Ivanyi; Elkaffas, MA), erhielt ich von allen Befragten - unabhängig voneinander - die gleiche Antwort: a) Ein Kind eines Moslems gilt ab Geburt automatisch als Moslem. Alle in der untenstehenden Zusammenfassung gegebenen Informationen erfüllen das Vorliegen einer Apostasie. b)

Zur Anfragebeantwortung der IGGÖ wurde sich dahingehend geäußert:

Man sollte dort nachfragen, wie die gegebene "Bewertung" islamisch-theologisch genau erklärt werden kann (m.d.B. um eine Fatwa); den hier befragten Kollegen ist die Antwort der IGGÖ ein Rätsel."

11. Mit Schreiben vom 09.04.2018 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die IGGÖ - Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich um eine ergänzende Auskunft und eine Fatwa betreffend Apostasie im Hinblick auf den vom Beschwerdeführer mitgeteilten Sachverhalt und unter Einbeziehung der Stellungnahmen des Beschwerdeführers und der Staatendokumentation.

12. Mit Schreiben vom 03.05.2018 antwortete die IGGÖ - Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, dass sie keine Notwendigkeit sehe, eine weitergehende Aussage zu tätigen und empfahl die Vertretung des jeweiligen Landes zu kontaktieren, da es ihr nicht möglich sei, die Lebenssituation in fernen Ländern einzuschätzen.

13. Mit Beschluss vom 08.05.2018 bestellte das Budnesverwaltungsgericht XXXX, zum nichtamtlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Beantwortung der folgenden Fragestellungen: 1. Nach welchen Kriterien richtet sich das Glaubensbekenntnis eines aus einer gemischt-konfessionellen Ehe stammenden Kindes? Besteht ein Automatismus von Geburt her? Richtet sich das Glaubensbekenntnis nach dem Glauben der Mutter oder nach dem Glauben des Vaters? 2. Kann aus islamisch-theologischer Sicht eine Aussage getroffen werden, welcher Religion der Beschwerdeführer bei Geburt angehörte? Wenn ja, werden Sie gebeten, diese Aussage begründet auszuführen? 3. Kann ein unmündiger Minderjähriger (eine siebenjährige Person) überhaupt vom islamischen Glauben abfallen? Existiert hier eine Koranstelle oder eine Fatwa? 4. Gibt es nach islamischer Theologie ein Konzept der Mündigkeit und wenn ja, wann tritt die Müdigkeit eines Gläubigen nach islamischem Glauben ein? 5. Genügt eine in den ersten vier Jahren eines Lebens genossene islamische Erziehung bereits, um als Glaubensangehöriger des Islam zu gelten? Welche Voraussetzungen sind erforderlich, um als Glaubensangehöriger des Islam zu gelten? 6. Kann aus islamisch-theologischer Sicht die (christlich-orthodoxe) Taufe eines Kindes aus einer gemischt konfessionellen Ehe (Vater Muslim, Mutter Christin) im Alter von 7 Jahren als Apostasie gewertet werden? 7. Ändert sich Ihre Aussage zu Pkt. 5., wenn das im 7. Lebensjahr getaufte Kind in den ersten vier Lebensjahren islamisch erzogen wurde? 8. Wie beurteilen Sie aus islamisch-theologischer Sicht die Aussage der IGGÖ vom 27.09.2017? Zugleich verständigte das Bundesverwaltungsgericht die Parteien von dieser Bestellung und ermöglichte diesen den Sachverständigen aus Gründen des § 53 Abs 1 AVG iVm § 17 VwGVG abzulehnen. Die Parteien brachten keine Ablehnungsanträge ein.

14. Mit Schreiben vom 25.05.2018 informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht über den vorläufigen Rücktritt von der Strafverfolgung des Beschwerdeführers wegen § 27 Abs 1 SMG gemäß § 35 Abs 9 SMG.

15. Mit Gutachten vom 06.06.2018, eingelangt am 13.06.2018 erstattete der nichtamtliche Sachverständige unter Hinweis auf die hohe Komplexität des Sachverhalts und das geltende sudanesische Recht die an ihn gestellten Fragen wie folgt: "1. Das Glaubensbekenntnis eines aus einer interreligiösen Ehe geborenen Kindes richtet sich grundsätzlich nach der religiösen Zugehörigkeit des Vaters. Aus diesem Grund wird in der islamischen Normenlehre die Ehe zwischen einem Muslim und einer Nichtmuslimin (Jüdin oder Christin) erlaubt und umgekehrt nicht. 2. Nach den Schilderungen des Beschwerdeführers ist er als gebürtiger Muslim einzustufen, wenn sein Vater Muslim gewesen ist. 3. Zum Abfall vom Glauben gibt es keine besondere Koranstelle. Die konkrete Definition variiert innerhalb der islamischen Strömungen. Ein unmündiger Minderjähriger kann nicht als Abtrünniger betrachtet werden, da die Geschlechtsreife die Voraussetzung für die Mündigkeit darstellt. 4. Die Mündigkeit tritt nach der islamischen Lehre mit der Pubertät ein. 5. Es gibt keine konkreten Voraussetzungen, die zu erfüllen wären, um als Muslim zu gelten. Wenn jemand von muslimischen Eltern abstammt, gilt er als Muslim. 6. Grundsätzlich schon. Die Verantwortung trägt in einem solchen Fall der Erziehungsberechtigte und nicht das Kind. 7. Diese Frage wurde bereits beantwortet. 8. Die Antwort ist sehr undifferenziert und simplifizierend. Der vorliegende Fall ist jedoch sehr komplex. Außerdem ist die Antwort aus einer eher europäischen Perspektive beschrieben ohne dabei die Realität vor Ort zu berücksichtigten."

16. Mit Schreiben vom 18.06.2018 beauftragte das Bundesverwaltungsgericht die Staatendokumentation des BFA unter Schilderung des Sachverhalts und der bisherigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, über einen mit dem Sudan, und zwar mit der Situation in Kartum ausreichend vertrauten Experten bzw. Vertrauensanwalt abzuklären, ob nach der in Kartum/Sudan geltenden Rechtslage oder Auffassung die Taufe eines aus einer interreligiösen Ehe (Mutter Christin, Vater Moslem) stammenden minderjährigen Kindes im Alter von acht Jahren als Abfallung vom Islam gilt. Ferner ersuchte es um Auskunft, welche allfälligen Konsequenzen die Taufe eines Minderjährigen als Muslim angesehenen Kindes nach sudanesischem Recht bzw. sudanesischen Gebräuchen hat, insbesondere, ob Strafen drohen. Diesfalls wäre die entsprechende Rechtsgrundlage anzuführen.

17. Mit Schreiben vom 25.06.2018 informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht über die Verweigerung der Einreise des Beschwerdeführers am 17.ß6.2018 in die BRD durch Organe der deutschen Bundespolizei mangels gültiger Reisedokumente und gültigen Visums oder gültigen Aufenthaltstitels.

18. Mit Stellungnahme vom 10.07.2018 beantwortete die Staatendokumentation des BFA die Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts wie folgt: "Der VA [Vertrauensanwalt] der ÖB Kairo im Sudan berichtet wie folgt: 1) Bezug nehmend auf Ihr E-Mail kann festgestellt werden, dass das Alter zur Feststellung der Religionszugehörigkeit 18 Jahre ist. Jede Konversation unter dem Alter von 18 Jahren wird nicht als religiöses Vergehen angesehen. 2)

Die Strafe für Apostaten älter als 18 Jahre ist die Todesstrafe."

19. Mit Schreiben vom 12.07.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien das aufgenommene Gutachten, die Anfrage an die Staatendokumentation des BFA und deren Anfragebeantwortung zur Kenntnisnahme und ermöglichte diesen eine Stellungnahme abzugeben.

20. Mit E-Mail vom 28.07.2018, 16:27:50 Uhr, eingelangt am 30.07.2018, nahm der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer wie folgt zu den aufgenommenen Beweisen Stellung: "Dazu wird mitgeteilt, dass der Vertreter versuchte zu dem Thema ‚Konversion als Kind im Sudan' weiterführende Informationen zu erhalten. Ein aus dem Sudan stammender Lehrer u.a. für Islam, tätig an der Wiener Al Hidaya Moschee, der ungenannt bleiben möchte, teilte dem Vertreter dazu mit, dass - falls der Betroffene seine Religionszugehörigkeit nicht wieder auf Islam ändern will - er definitiv Probleme bekommen wird, spätestens wenn er nach Rückkehr zum Militär eingezogen würde, denn dort gäbe es Fragebögen, die nach der Religionszugehörigkeit fragen. Es gäbe nach islamischen Recht keine Strafen für Minderjährige, die konvertieren oder konvertiert werden, ein Betroffener müsste sich jedoch als Erwachsener wieder zum Islam bekennen um keine Probleme zu bekommen. Grundsätzlich sei das Thema sehr heikel, man dürfe die sudanesische Rechtslage nicht mit jener in Österreich vergleichen. In Sudan gebe es nicht für alles Verbotene ausdrückliche Gesetze. Wäre der Betreffende vor Gericht gestellt, würde er es bei einem solchen Thema mit einem Richtersenat zu tun bekommen, dessen Richter sich auf einen Urteilsspruch einigen, es würde dabei u.U. von verschiedenen Gelehrten etwas genommen und das dann zu "etwas Ganzen" zusammen gefügt. Man könne daher ein Urteil nicht vorhersagen." Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.

21. Mit E-Mail vom 06.08.2018, 12:12:34 Uhr, eingelangt am 06.08.2018, teilte Rechtsanwalt Eward W DAIGNEAULT die Beendigung des Vertretungsverhältnisses zum Beschwerdeführer mit. Dieser werde morgen durch den Verein für Menschenrechte begleitet.

22. Mit Telefax vom 07.08.2018, 10:15 Uhr, eingelangt am 07.08.2018, teilte der Verein Menschenrechte Österreich seine Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführe mit und übermittelte eine Kopie der schriftlichen Vertretungs- und Zustellvollmacht.

23. Am 07.08.2018 fand eine weitere mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung statt. In dieser Verhandlung wurden das aktuelle Länderinformation Sudan, der aktuelle "Report on International Religious Freedom - Sudan" des US Department of State, das Thema "Religion" im Sudan, die aufgenommenen Beweise, insbesondere das Gutachten Univ.-Prof. Dr. SEJDINI und die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation mit dem rechtsvertetenen Beschwerdeführer erörtert und der Beschwerdeführer als Partei ergänzend befragt. Die belangte Behörde nahm von der Teilnahme an der Verhandlung Abstand.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als erwiesen festgestellt. Weiters werden nachstehende Feststellungen getroffen.

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund, ledig, sudanesischer Staatsbürger und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht nicht zweifelsfrei fest. Er hält sich seit (zumindest) 28.04.2015 in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer entstammt einer gemischt religiösen Familie. Seine Mutter ist Christin, sein Vater Moslem. Seine Eltern sind geschieden. Sie leben beide nach wie vor in Karthoum. Zudem lebt die Verwandtschaft väterlicherseits in Karthoum und Al Gadaref. Zu seiner Cousine mütterlicherseits und zu seiner Mutter hat der Beschwerdeführer nach wie vor regelmäßigen Kontakt.

Der Beschwerdeführer erhielt im Alter von sieben oder acht Jahren die Taufe und gehört spätestens seit diesem Zeitpunkt der christlichen äthiopisch-orthodoxen Kirche an.

Der Beschwerdeführer besuchte von 2000 bis 2008 die Grundschule. Anschließend arbeitete der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise durch Gelegenheitsarbeiten im Baugewerbe und als Tuktuk-Fahrer.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung (wiederkehrende Bekleidungshilfe; monatliche Krankenversicherung, Taschengeld, Unterbringung und Verpflegung). Er betätigt sich an fünf Tagen pro Woche seit 2016 ehrenamtlich in einer Innsbrucker Sozialreinrichtung für Wohnungslose. In seiner Freizeit besucht er ein Jugendzentrum Alexihaus, spielt Fuß- und Basketball. Der Beschwerdeführer spricht und versteht Deutsch. Er hat einen 57-stündigen Kurs B1.1 Deutsch Mittelstufe besucht. Eine Deutschprüfung absolvierte der Beschwerdeführer nicht. Er nahm am 22.03.2018 beim Aufnahmetest für den Pflichtschulabschluss teil, wo er in Deutsch 14 von 35 Punkten und in Mathematik 10,5 von 32 Punkten erreichte und damit den Test in Deutsch und Mathematik wiederholen muss. Darüber hinaus weist er keine überdurchschnittlichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher, sozialer und kultureller Hinsicht auf.

Der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck trat vorläufig von der Strafverfolgung des Beschwerdeführers wegen des Verdachts der Begehung eines Delikts nach § 27 Abs 1 SMG (Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften) am 15.05.2018 gemäß § 35 Abs 9 SMG zurück.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist weder nach islamisch-theologischer, noch nach lokalem Recht im Sudan aufgrund der Annahme des christlichen Glaubens im Alter von sieben oder acht Jahren vom islamischen Glauben abgefallen und gilt im Sudan vor dem Gesetz nicht als Apostat. Dem Beschwerdeführer droht im Sudan nicht die Todesstrafe, keine sonstige Bestrafung und kein sonstiger Nachteil wegen Apostasie bzw seinem christlichen Glauben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Sudan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, seiner politischen Gesinnung oder wegen Nichtableistung des Wehrdienstes verfolgt wird.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr in den Sudan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner realen Gefahr einer Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung und keiner realen Gefahr einer existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Der Beschwerdeführer verließ den Sudan aus wirtschaftlichen Gründen.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Sudan:

Der in 17 Bundesstaaten gegliederte Sudan wird seit Jahrzehnten von Hassan Ahmad al-Baschir, der zugleich Premierminister und Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Vorsitzender des obersten Richterrates und Befehlshaber der Polizei ist, autokratisch regiert. Er führte 1983 die Sharia im Sudan ein und erklärte den Sudan zum islamischen Staat. Zugleich wurde der Autonomiestatus des Südsudan aufgehoben. Dies führte zu einem 22 Jahre dauernden Bürgerkrieg, welcher mit der Unabhängigkeit des Südsudan 2011 endete. Die sudanesische Innenpolitik ist maßgeblich durch die notwendigen wirtschaftlichen und politischen Anpassungen nach der Sezession des Südsudan bestimmt. Eine Verfassungsreform ist seit Jahren angekündigt, jedoch nicht umgesetzt worden.

Der langjährige Präsident al-Baschir wurde zuletzt 2015 mit 94,5% der Stimmen wiedergewählt. Politische Oppositionelle wurden systematisch bei der Wahl unterdrückt und große Oppositionsparteien boykottierten die Wahl.

Die Lage ist in weiten Teilen des Sudan angespannt. Seit Loslösung des Südens und dem Verlust eines Großteils des Öleinkommens ist die ökonomische Situation schwierig, was wiederum zu Phasen sozialer Unruhe führt. Demonstrationen mit gewalttätigen Ausschreitungen sind daher immer wieder möglich. In einigen Landesteilen finden bewaffnete Konflikte statt. In mehreren Landesteilen besteht die Gefahr von Landminen und Blindgängern. Es besteht eine erhöhte Terrorismusgefahr im gesamten Sudan. In einigen Landesteilen wurden in den letzten Jahren vereinzelt radikale Zellen ausgehoben, die Anschläge in der Hauptstadt u.a. auch auf die Geburtstagsfeierlichkeiten des Propheten Mohammed im Jänner 2015, geplant hatten.

Omdurman ist die größte Stadt des Sudan und bildet mit Khartum und der Stadt al-Chartum Bahri, getrennt durch den Nil, der hier zusammenfließt, eine über Brücken verbundene gemeinsame Siedlung. Die Sicherheitslage in dieser großen Agglomeration ist nicht mit der einer europäischen Großstadt vergleichbar, wird aber als stabil eingestuft.

Der Sudan weist keine funktionierende Gewaltenteilung auf. Die gemäß der Interimsverfassung unabhängige Justiz ist va bei angeblichen Verbrechen gegen den Staat dem Präsidenten oder Sicherheitskräften unterworfen. Die Unabhängigkeit der Justiz ist aufgrund politischer Einflussnahme und der personellen Verschränkung von Justiz und Verwaltung in höheren Rängen nicht gewährleistet. Das sudanesische Strafrecht basiert auf der Scharia und erlaubt die Verhängung von Strafen wie Auspeitschen, Amputieren von Gliedmaßen und Steinigungen. Neben regulären Strafgerichten bestehen zudem "public-order"-Gerichte, Jugendgerichte und auch Militärgerichte, die auch für Zivilisten zuständig sein können. Für Mitglieder der Sicherheitskräfte bestehen Sondergerichte. Zentrale Eckpunkte eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens, wie etwa die Unschuldsvermutung, werden häufig nicht beachtet. Ein Anspruch auf einen Pflichtverteidiger besteht. Berichten zufolge wird dieses Recht manchmal verweigert. Militärprozesse beinhalten keine prozessualen Rechtsstandards. Die ferner bestehenden Sondergerichte behandeln auch oft sicherheitsrelevante Fälle. Es besteht bei diesen Gerichten nur eingeschränkt die Möglichkeit der Rechtshilfe. Haftbefehle werden in politischen Fällen nicht ausgestellt. Das Verfahren unterliegt keiner Aufsicht. Anwälte sind nicht zugelassen.

Von den für die innere Sicherheit verantwortlichen Behörden ist der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdienst NISS ist in allen wichtigen Städten vertreten. Das Innenministerium kontrolliert Polizeikräfte, wie unter anderem die Nationale Polizei, polizeiliche Spezialeinheiten und die Central Reserve Police (CRP). Die Ende 2013 gegründeten Rapid Support Forces (RSF) unter dem NISS gewannen im Jahr 2014 an Bedeutung. Es handelt sich dabei um eine Einheit, die größtenteils aus früheren Mitgliedern arabischer Milizen (Janjaweed) besteht.

Die Polizei agiert häufig willkürlich; eine richterliche Kontrolle polizeilichen Handelns findet kaum statt. Der mächtige NISS ist innerstaatlich de facto ohne demokratische und rechtsstaatliche Kontrolle tätig. Willkürliche Verhaftungen ohne richterlichen Haftbefehl sind Praxis. Straffreiheit stellt in allen Teilen der Sicherheitskräfte ein verbreitetes Problem dar.

Nach der Übergangsverfassung ist die Folter verboten. Dennoch foltern und belästigen Sicherheitskräfte, Regierungsmilizen und Rebellengruppen politische Gegner. Polizei- und Sicherheitskräfte gehen generell mit Härte vor. In Darfur und anderen Konfliktregionen kommt es durch Regierungstruppen, Rebellen und Stammesfraktionen zu außergerichtlichen Hinrichtungen. Es bestehen Vorwürfe gegenüber der sudanesischen Armee betreffend systematische Angriffe auf die Zivilbevölkerung als eine zentrale Strategie der Kriegsführung. Bombardierungen von Dörfern durch die sudanesische Luftwaffe kommen immer wieder vor. Weiter stellen sexuelle Gewalt in den Konfliktregionen durch Milizen der Regierung und der sudanesischen Armee und die Rekrutierung von Kindersoldaten, vor allem durch die verschiedenen Rebellenorganisationen, ein immenses Problem dar.

Die Korruption im Land ist trotz Antikorruptionsgesetze allgegenwärtig und durchzieht sämtliche Sektoren der Wirtschaft und des Staatsapparats. Gemäß dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International befindet sich das Land im weltweiten Vergleich seit Jahren auf den letzten Rängen, aktuell zum wiederholten Mal auf dem vorletzten Platz. Die sudanesische Polizei zählt weltweit zu den zehn korruptesten Polizeikräften, aber auch die Korruption in der Wirtschaft ist enorm. Die 2012 eingerichtete Anti-Korruptionsbehörde erwies sich als ineffizient. Fälle von Korruption bei öffentlich Bediensteten werden von einem speziellen Antikorruptionsstaatsanwalt untersucht. Verhängte Strafen werden allerdings kaum exekutiert.

Obwohl die sudanesische Verfassung allen Sudanesen die grundlegenden Menschenrechte gewährt, bleibt die Menschenrechtslage im ganzen Land prekär. Die Menschrechte werden, insbesondere durch die im Land herrschenden bewaffneten Konflikte in Darfur und in den Grenzregionen zum Südsudan missachtet. Die verfassungsmäßig garantierte Meinungs- und Pressefreiheit wird staatlicherseits missachtet. Privater und öffentlicher Kritik wird vom Staat mit Repressalien begegnet. Nicht der Regierungspartei zugehörige Medien unterliegen der Zensur. Für Journalisten bestehen teilweise Berufsverbote. Die verfassungsrechtlich garantierte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ist ebenfalls durch die Regierung eingeschränkt. Versammlungen mit mehr als fünf Personen ohne Genehmigung sind illegal. Menschenrechtsorganisationen werden an ihrer Arbeit gehindert. Viele Menschenrechtsverteidiger haben den Sudan verlassen. Der Nationale Nachrichten- und Sicherheitsdients NISS überwacht politische Gegner und kann missliebige Personen ohne richterlichen Beschluss verhaften. Aufgrund der Kriegsverbrechen in Darfur hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) hat im Jahr 2009 für den sudanesischen Präsidenten Omar Al-Bashir einen Haftbefehl ausgestellt. Dieses Verfahren wurde 2014 gestoppt und ist als gescheitert anzusehen.

Die Bedingungen in den Haftanstalten sind durch menschenunwürdige Zustände, wie Überbelegung von Zellen, mangelhafte sanitäre Einrichtungen, unzureichende medizinische Versorgung gekennzeichnet. Es gibt Berichte über den Tod von Häftlingen aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung und schlechter Haftbedingungen. Begüterte Gefangene können sich die Haftbedingungen erträglicher machen. Das im Dezember 2009 durch die Nationalversammlung verabschiedete Gesetz über Gefängnisvorschriften und die Behandlung von Insassen ("The Regulation of Prisons and Treatment of Inmates Act") entspricht nach Angaben der Vereinten Nationen nicht den VN-Minimalstandards für die Behandlung von Gefangenen.

Der Sudan gehört zu den Staaten, in denen Todesurteile vollstreckt werden. Auch ein Urteil durch Steinigung kann verhängt werden. Das Strafgesetzbuch sieht für verschiedene Delikte, einschließlich Abfall vom Islam für Personen, die im Alter über 18 Jahre vom Islam abfallen (Apostasie), Ehebruch, homosexuelle Handlungen (bei der dritten Verurteilung) und verschiedene Drogendelikte die Todesstrafe vor. Laut Art. 181 der sudanesischen StPO von 1991 ist allerdings jede Todesstrafe, Amputation oder lebenslängliche Gefängnisstrafe erst vom OGH zu prüfen und zu bestätigen. Steinigungsurteile werden seit 1985 vom OGH regelmäßig aufgehoben. Todesurteile werden ansonsten auch vollzogen.

97 Prozent der Bevölkerung im Sudan Muslime, davon fast alle Sunniten. Die restlichen drei Prozent sind vorwiegend Christen. Auch wenn die Verfassung Religionsfreiheit gewährt, wird der Islam vom Staat bevorzugt. Mit der "Nationale Kommission zum Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen in der Hauptstadt" ist der Schutz der Rechte nicht-muslimischer Minderheiten jedenfalls in der Hauptstadt institutionalisiert. Die seelsorgerische und soziale Tätigkeit der christlichen Kirchen in Khartum, die vor Inkrafttreten des Friedensabkommens häufig behindert wurden, ist derzeit weitgehend frei. Der Abfall vom Islam, insbesondere der Übertritt zum Christentum steht unter Todesstrafe, wenn die betreffende Person im Alter von über 18 Jahren konvertiert. Ihre Vollstreckung kann aber durch das Sprechen des islamischen Glaubensbekenntnisses abgewendet werden.

Der Sudan ist ein Vielvölkerstaat mit ca. 15 größeren und zahlreichen kleineren Ethnien. Etwa 70% gehören der arabisch-islamischen Bevölkerung an. Größere arabische Gruppen wie z. B. die Ja'aliyin und die Shayqiya, traditionell Bauern und Viehzüchter, stellen zumeist auch die politische und wirtschaftliche Bildungselite der nordsudanesischen Gesellschaft. Größtenteils als Kamel- und Rindernomaden leben die Kababish in Nord-Kordofan und die Baggara im östlichen Darfur und Süd-Kordofan. Immer wieder zu schweren Ausschreitungen führt der Konflikt zwischen den zu den nomadischen Baggara gehörenden Misseriye aus dem Süden Kordofans, die ihre Herden traditionell in die zwischen dem Sudan und Südsudan umstrittene Region Abyei treiben und den hier ansässigen Ngok-Dinka. Zu den bekanntesten nichtarabischen Gruppen des Sudan gehören z.B. die beiderseits der ägyptisch-sudanesischen Grenze am Nil lebenden Nubier und die Volksgruppen Darfurs, darunter die Zaghawa, deren ökologisch bedingte Abwanderung aus Norddarfur u.a. als einer der Gründe des Darfur-Konflikts angesehen wird und die vornehmlich Hirseanbau betreibenden Fur, die der Region den Namen gaben (Dar Fur - Land der Fur), sowie die im ariden Ostsudan am Roten Meer als Kamelnomaden lebenden Beja. Eine gesetzliche Diskriminerung gegen ethnisch definierte Gruppen existiert nicht. Es bestehen aber in der Praxis ethnische Spannungen, so insbesondere im langjährigen Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan, in dem die überwiegend afrikanische Bevölkerung des Südsudan gegen die Dominanz des arabisch geprägten Nordsudan rebellierte. Diese Konfliktlage besteht im Sudan auch nach Abtrennung des Südsudan in Darfur, im Ostsudan und in den Regionen Südkrdofan und Blauer Nil grundsätzlich fort.

Die Bewegungsfreiheit im Sudan ist - wenn auch durch die Regierung eingeschränkt - gesetzlich gewährleistet. In den Konfliktzonen besteht keine Bewegungsfreiheit. Sudanesen benötigen ein Exit-Visum zum Verlassen des Landes, wobei diese Visa nicht dazu verwendet werden, die Reisefreiheit der Bevölkerung zu beschränken.

Die Wirtschaft des Sudan ist durch Landwirtschaft und Erdölförderung geprägt. Aufgrund des durch die Unabhängigkeit des Südsudan bewirkten Verlustes von 75% der Erdölförderung befindet sich die Wirtschaft des Sudan in einer tiefen Krise. 70% der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft, die zumeist als Substistenzwirtschaft zu charakterisieren ist. Wassermangel und Wüstenbildung hemmen die Entwicklung der Landwirtschaft. Zugleich besitzt der Sudan reiche Bodenschätze. Der Sudan gehört weltweit zu den ärmsten und höchstverschuldetsten Ländern der Welt. Die Versorgungslage der Bevölkerung ist in großen Teilen des Landes kritisch. Nur in der Hauptstadt Khartum existiert ein gutes Warenangebot. Über den Mindestbedarf zum Leben hinausgehende Güter sind aber auch hier für den Großteil der Bevölkerung kaum erschwinglich. In der Krisenregion Darfur versorgt die internationale Gemeinschaft im Rahmen humanitärer Hilfe über 2 Millionen Personen mit dem Nötigsten. Die staatliche Daseinsvorsorge ist hier völlig zusammengebrochen.

Die medizinische Versorgung entspricht nicht europäischen Standards. Weite Teite der medizinischen Infrastruktur sind va im Süden aufgrund des langjährigen Bürgerkrieges zerstört. In der Hauptstadt ist die Gesundheitsversorgung befriedigend. Einige Krankenhäuser sind hervorragend ausgestattet. Öffentliche Krankenhäuser sind dagegen in ärmlichem Zustand. Außerhalb von Khartum ist die medizinische Versorgung auf geringem Niveau gewährleistet. Es existierten insbesondere in den Städten ordentliche, wenn auch internationalen Standards an Hygiene nicht genügende Krankenhäuser. Die Ärzte sind in der Regel gut ausgebildet. Alle gängigen Medikamente der WHO Essential Drug List sind in Apotheken erhältlich, andere können im Einzelfall importiert werden und sind dann zu verzollen. Viele Arzneimittel sind jedoch für den Normalverdiener unerschwinglich.

Das Sozialversicherungssystem funktioniert nur unzulänglich und ist vor allem auf die städtischen Ballungszentren beschränkt.

Eine besondere Behandlung von in den Sudan zurückgeführten sudanesischen Staatsangehörigen besteht nicht. Allein die Stellung eines Asylantrags im Ausland führt nicht zu staatlichen Repressionen. Personen, deren Asylansuchen im Ausland abgelehnt wurde, haben im Allgemeinen keine Schwierigkeiten bei der Wiedereinreise in den Sudan, es sei denn, sie sind bekannte Oppositionelle oder sie befürworten den bewaffneten Umsturz.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter wesentlicher Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, der schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 29.11.2016, der E-Mail der IGGÖ vom 27.09.2017, dem aufgenommenen Gutachten vom 06.06.2018, der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 10.07.2018, dem 2017 Report on International Religious Freedom (Beilage ./A) sowie den weiteren in der mündlichen Verhandlung am 07.08.2018 vorgelegten Unterlagen (Beilagen ./B bis ./F) und in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zum Sudan mit Stand 02.12.2016 und durch Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am 27.07.2017 und am 07.08.2018.

Der in Punkt I. festgestellte Verfahrensgang ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seinem Gesundheitszustand, seinem Familienstand, seiner Staatsangehörigkeit, und seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Administrativverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2017 und am 07.08.2018. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist durch den vorliegenden Verwaltungsakt und die Einsichtnahme das Zentrale Melderegister belegt.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden bislang noch keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegte, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Familie und seinem Glauben basieren auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 27.07.2017 und am 07.08.2018.

Die Feststellungen zu seiner familiären Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, insbesondere, dass über eine mehrjährige Schulausbildung verfügt, er zum bislang im Baugewerbe und als Tuktuk-Fahrer seinen Lebensunterhalt verdiente und dass seine geschiedenen Eltern und weitere Verwandte väterlicherseits im Sudan leben und er nach wie vor Kontakt zu seiner Mutter hat, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und aus seinen diesbezüglich gleichbleibenden und glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung am 27.07.2017 und vom 07.08.2018.

Zuletzt bestätigte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vom 15.05.2017, dass er über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt. Hinsichtlich seiner sozialen Verfestigung brachte der Beschwerdeführer die Besuchsbestätigung eines Innsbrucker Jugendzentrums sowie eine Bestätigung der Innsbrucker Soziale Dienste GmbH und ein Empfehlungsschreiben bei. Dass der Beschwerdeführer die deutsche Sprache versteht und sich in dieser Sprache verständigen kann, konnte sich der erkennende Richter in den mündlichen Verhandlungen am 27.07.2017 und am 07.08.2018 persönlich überzeugen. Zudem legte er eine Besuchsbestätigung eines Deutschkurses vor. Den eigenen Angaben nach legte er bislang noch keine Deutschprüfung ab. Dass der Beschwerdeführer einen Test zur Zulassung zum Abschluss des Pflichtschulabschlusses aufgrund mangelhafter Ergebnisse in Deutsch und Mathematik erfolglos unternommen hat, geht aus einer ebenfalls vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung des BFI hervor. Hieraus ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in Deutsch nicht einmal die Hälfte der vorgesehenen Punkteanzahl erreichen konnte, was seine Deutschkenntnisse wiederum releviert.. Die Mitgliedschaft in einem Verein oder einer sonstigen Organisation verneinte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeverhandlung und ergibt sich aus seinen glaubhaften Angaben die Freizeitgestaltung des Beschwerdeführers. Sonstige Unterlagen oder Dokumente, welche eine tiefgreifende sprachliche, soziale oder berufliche integrative Verfestigung seinerseits belegen würden, legte der Beschwerdeführer nicht vor.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 20.09.2017. Aus der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 06.05.2018 ist ersichtlich, dass vorläufig der Rücktritt von der Strafverfolgung des Beschwerdeführers wegen § 27 Abs 1 SMG gemäß § 35 Abs 9 SMG erfolgte.

2.3. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer weder nach islamisch-theologischer, noch nach lokalem Recht im Sudan aufgrund der Annahme des christlichen Glaubens im Alter von sieben oder acht Jahren vom islamischen Glauben abgefallen und im Sudan vor dem Gesetz nicht als Apostat gilt, sowie dass dem Beschwerdeführer im Sudan nicht die Todesstrafe, keine sonstige Bestrafung und kein sonstiger Nachteil wegen Apostasie bzw seinem christlichen Glauben droht, basiert zum einen auf dem widerspruchsfreien, vollständigen und nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen Univ-Prof Dr Zekirija SEJDINI. Diesem Gutachten trat der durch einen Rechtsanwalt zum damaligen Zeitpunkt vertretene Beschwerdeführer nicht auf demselben fachlichen Niveau entgegen, weshalb auf die diesbezügliche Stellungnahme des Rechtsanwalts Edward DAIGENAULT vom 28.07.2018, dem keine Expertise in islamischer Theologie zukommt, nicht einzugehen war (vgl die diesbezügliche ständige Judikatur zu laienhaften Stellungnahmen zu aufgenommen Gutachten, zB VwGH 20.02.1992, 91/09/0154; VwSlg 14.731 A/1997, Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. Teilband, § 52 Rz 65 mwN). Beachtliche laienhafte - nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelte - Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, sowie wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens (vgl dazu VwGH 11.04.2018, Ra 2017/12/0090) werden in dieser Stellungnahme nicht erhoben. Vielmehr handelt es sich bei dieser Stellungnahme um eine aufgrund des Verschweigens der Quelle solche "vom Hören sagen", welche als solche unüberprüfbar ist und daher nicht geeignet ist, das aufgenommene Gutachten zu relativierten. Zum anderen basiert die Feststellung auf der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 10.07.2018, welche basierend auf einen Vertrauensanwalt im Sudan objektiv ermittelte, dass eine Konversion unter dem Alter von 18 Jahren nicht als religiöses Vergehen im Sudan angesehen wird und die Strafe für Apostaten älter als 18 Jahre die Todesstrafe ist. Hieraus ergibt sich in Verbindung mit dem aktuellen Länderinformationsblatt Sudan, welches auf unabhängigen Quellen beruht, zwingend die Feststellung, dass der Beschwerdeführer, der im Alter von sieben oder acht Jahren getauft wurde, unter keinen Umständen der Apostasie bezichtigt werden könnte. Aus islamisch-theologischer Sicht liegt eine Apostasie frühestens bei einer Konversion, die nach dem Eintritt der Pubertät, der islamischen Volljährigkeit, erfolgte, vor. Nach sudanesischem Recht, ist eine Apostasie nur strafbar, wenn sie nach dem Erreichen des 18. Lebensjahres erfolgte. Somit kann eine Apostasie im Falle des Beschwerdeführers unter keinen Umständen angenommen werden und war daher die entsprechende Feststellung zu treffen. Dass der Beschwerdeführer keine maßgeblichen Nachteile aufgrund seines Bekenntnisses zum christlichen Glauben hat, ergibt sich zweifelsfrei aus dem aktuellen Länderinformationsbericht Sudan, der ausführt:

Schätzungen zufolge sind 97 Prozent der Bevölkerung im Sudan Muslime, davon fast alle Sunniten. Die restlichen drei Prozent sind vorwiegend Christen (USDOS 14.10.2015).

"Die Verfassung gewährt Religionsfreiheit (AA 21.7.2015; vgl. USDOS 14.10.2015). Gesetze und Regierungspraxis bevorzugen allerdings den Islam (USDOS 14.10.2015). Durch die 2007 eingesetzte "Nationale Kommission zum Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen in der Hauptstadt" ist der Schutz der Rechte nicht-muslimischer Minderheiten jedenfalls in der Hauptstadt institutionalisiert (AA 21.7.2015). Die seelsorgerische und soziale Tätigkeit der christlichen Kirchen in Khartum, die vor Inkrafttreten des Friedensabkommens häufig behindert wurden, ist derzeit weitgehend frei. Aus anderen Teilen des Nordsudans kommen gelegentlich Meldungen über Schikanen gegenüber christlichen Kirchen, die im muslimisch geprägten Umfeld tätig sind (AA 21.7.2015; vgl. USDOS 14.10.2015). Auf Apostasie, insbesondere den Übertritt eines Muslims zum Christentum, steht nach der 1983 eingeführten Scharia die Todesstrafe, deren Vollstreckung bis zum Vollzug der Hinrichtung durch Sprechen des islamischen Glaubensbekenntnisses abgewendet werden kann (AA 21.7.2015; vgl. USDOS 14.10.2015)." Diese Ausführungen basieren auf den Quellen AA - Auswärtiges Amt (21.7.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Sudan und USDOS - US Department of State (14.10.2015):

2014 Report on International Religious Freedom - Sudan. Der aktuelle Bericht für das Jahr 2017 des US Department of State (Beilage ./A der Verhandlung vom 07.08.2018) ergibt diesbezüglich kein abweichendes Bild.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Sudan weder aufgrund seiner politischen oder religiösen Einstellung, noch aufgrund seiner sozialen Herkunft, seiner Rasse, seiner Nationalität oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung seiner Aussagen im Administrativverfahren und vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2017 und vom 07.08.2018.

Das gegenständliche Verfahren begründet der Beschwerdeführer zunächst mit wirtschaftlichen Motiven ("Im Sudan gibt es keine Arbeit für mich. Meine Mutter und ich lebten mit Schulden. Wir konnten die Schulden von ca. 2.400 $ Dollar nicht zurückzahlen. Ich wäre ins Gefängnis gekommen. Deshalb flüchtete ich. Ich war auch einmal bei einer Demo dabei. Wir demonstrierten gegen die Regierung wegen erhöhter Lebensmittel- und Ölpreise. Dabei wurde ich festgenommen und war eine Woche im Gefängnis. Dies sind meine Fluchtgründe." [AS 15]). Die Ausreise auf wirtschaftlichen Überlegungen widerrief der Beschwerdeführer im Lauf seines Administrativverfahrens.

Im Zuge seines weiteren Administrativverfahrens machte der Beschwerdeführer erstmals eine Verfolgung aufgrund seines religiösen Bekenntnisses geltend. Dies wertet das Bundesverwaltungsgericht allerdings als nicht glaubwürdige Steigerung seines Fluchtvorbringens.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung nämlich davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend zu schildern, sodass der Behörde bzw dem Bundesverwaltungsgericht erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Dies ist im gegenständlichen Fall jedoch nicht gegeben. Während der Beschwerdeführer zunächst rein wirtschaftliche Gründe ins Treffen führt und damit keine ernstliche Gefahr der Verfolgung glaubhaft machte, erstattete er erstmals in der niederschriftlichen Einvernahme vom 15.05.2017 ein völlig neues Vorbringen, wonach er im Alter von sieben Jahren zum christlichen Glauben konvertiert sei und er deshalb von der muslimischen Familie seines Vaters eine Diskriminierung und zudem seitens des sudanesischen Staates eine Verfolgung befürchte. Dieser neu ins Treffen geführte Grund ist als gesteigertes Vorbringen zu werten und nicht glaubhaft. Wie zuvor bereits ausgeführt wurde der Beschwerdeführer in der Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 30.04.2015 zu seinen Fluchtmotiven befragt, wo er machte ausschließlich wirtschaftliche Motive geltend machte. Es ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer bei der ersten ihm bietenden Gelegenheit - bei der Erstbefragung durch Organe der österreichischen Exekutive - nicht den gegenüber den dort angegebenen wirtschaftlichen Gründen wesentlich schwerwiegenderen Grund der religiösen Diskriminierung und Verfolgung erwähnt hat. Wäre der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat tatsächlich einer religiösen Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt gewesen, so wären Diskriminierung und Verfolgung derart prägend, dass diese kein Asylwerber gegenüber den Organen des Staates, in dem er Schutz sucht, anzugeben vergisst. Wäre daher der Beschwerdeführer der später behaupteten Verfolgung und Diskriminierung aufgrund seiner religiösen Überzeugung ausgesetzt gewesen, hätte er diese bei erster sich bietender Gelegenheit, also bei der Erstbefragung, bereits erwähnt. Indem dies gerade nicht erfolgt ist, fehlt es dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei aufgrund seiner Religion diskriminiert und verfolgt worden, die Glaubhaftigkeit. Es liegt vielmehr ein späteres, gesteigertes Fluchtvorbringen vor, das aus den erwähnten Gründen als unglaubwürdig zu qualifizieren ist.

Zudem ergaben sich im gegenständlichen Fall zudem Ungereimtheiten und Unplausibilitäten, die die mangelnde Glaubhaftigkeit seines Vorbringens bestätigen. Wenig stringent sind die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Kenntnis seines Vaters von seiner Konfession. Wenn er einerseits angibt, dass sein Vater aktuell weiß, dass er konvertiert sei, nachdem er Fotos auf Facebook hochgeladen habe, entspricht dies nicht seinen dahingehenden Angaben in derselben Einvernahme, dass sein Vater noch während seines Aufenthaltes im Sudan von der Konvertierung des Beschwerdeführers Kenntnis erlangt habe. Diese mangelnde Stringenz setzt sich fort, wenn er seine eigenen Angaben über die Kenntnisse seines Vaters hinsichtlich seiner Konvertierung während der Einvernahme weiter relativiert und abschwächt, indem er vermeint, sein Vater habe bloß eine Vermutung gehegt.

Auch seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2017, wonach niemand von seiner Konvertierung und seinem christlichen Glauben gewusst habe bzw. er geheim gehalten habe, dass er Christ sei, stehen im Widerspruch zur Angabe, dass er im Sudan rund einmal die Woche die heilige Messe besucht habe. Mit der Tatsache, dass er sich noch während seines Aufenthaltes im Sudan im Jahr 2006/2007 ein Kreuz am Oberarm tätowieren ließ, setzte der Beschwerdeführer ganz bewusst ein sichtbares Zeichen für seinen Glauben. Dass er trotz dieser manifesten Glaubensbezeugung weiterhin bis zu seiner Ausreise im Sudan leben konnte, widerspricht ebenfalls der behaupteten Verfolgung aus religiösen Gründen. Seinem Einwand schließlich, wonach er als Apostat anzusehen sei, nachdem er als Minderjähriger ab dem Alter von rund vier Jahren mit seiner christlichen Mutter die heiligen Messen deren Kirche besucht und im Alter von rund sieben Jahren getauft wurde, ist entgegenzuhalten, dass die Apostasie Minderjähriger nach islamischem und nach sudanesischem Recht nicht strafbar ist und somit auch nicht als Grund für die behauptete Verfolgung angesehen werden kann. Im Übrigen bringt der Beschwerdeführer nicht einmal vor, aufgrund seines Glaubens verfolgt zu werden, wenn er zusammengefasst davon berichtet, dass ihn sein Vater gleichsam verstoßen habe. Dass er auch nur irgendeiner staatlichen Repression oder staatlich tolerierten Repression als Christ ausgesetzt wäre hat der Beschwerdeführer weder im Administrativverfahren noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptet. Ein "Verstoßen" durch den Vater ist jedoch nicht als Verfolgung zu werten.

Überdies bestätigt der Beschwerdeführer selbst, dass er seinen Glauben mehrere Jahre ohne größere Probleme und staatlicher Repressionen habe ausüben können. Wie die Länderberichte zudem aufzeigen, gewährt die sudanesische Verfassung Religionsfreiheit. Zudem ist seit 2007 eine "Nationale Kommission zum Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen in der Hauptstadt" eingesetzt. Der Schutz der Rechte nicht-muslimischer Minderheiten ist jedenfalls in der Hauptstadt - und somit jenem Ort an dem der Beschwerdeführer bislang lebte - institutionalisiert, sodass eine Gefahr der Verfolgung des Beschwerdeführers aus religiösen Gründen - wie der Beschwerdeführer behauptet - nicht glaubhaft ist. Vielmehr ist das Bundesverwaltungsgericht in Würdigung aller Umstände, insbesondere des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers in den beiden mündlichen Verhandlungen zur Überzeugung gelangt, dass der Beschwerdeführer tatsächlich - wie zu Beginn des Administrativverfahrens angegeben - aus wirtschaftlichen Gründen seine Heimat verlassen hat.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit dem Stand 02.12.2016 samt den dort zitierten Quellen sowie auf dem aufgenommenen Sachverständigengutachten von XXXX sowie der Anfragebeantwortung der Staatendoumentation vom 10.07.2018 und dem aktuellen Bericht des Department of State zur Religionsfreiheit im Sudan. Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte der Österreichischen Botschaft, des Eidgenössisches Departements für auswärtige Angelegenheiten, des Deutschen Auswärtigen Amtes, des U.S. Department of State, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von Freedom House, des GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, von Amnesty International allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln und wurden die dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde gelegten Länderberichte vom Beschwerdeführer im Zuge der Beschwerde nicht substantiiert beanstandet.

Der Länderbericht wurde dem Beschwerdeführer im Zuge seiner Ladung zur mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht vorab übermittelt und ihm im Rahmen der Beschwerdeverhandlung die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer unsubstantiiert Gebrauch, sodass keine Zweifel am Zutreffen des Länderinformationsblatts für den Sudan bestehen. Auch der vorgelegte Bericht des US Department of State zur Religionsfreiheit im Sudan stützt die getroffenen Feststellungen.

Danach steht es für das Bundesverwaltungsgericht unzweifelhaft fest, dass die allgemeine Situation im Sudan bezogen auf den Beschwerdeführer keine reale Gefahr einer existenziellen Bedrohung aufweist, die seiner Rückkehr entgegenstehen könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.1 Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl auch die Verfolgungsdefinition im § 2 Abs 1 Z 11 AsylG, die auf Art 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates verweist).

Flüchtling im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Sie kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten - was im Falle des Sudan teilweise, jedoch nicht in seiner Gesamtheit gegeben ist - so begründet dieser Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den Fall

Wie oben erläutert, ist die Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. In der Beweiswürdigung wurde bereits erörtert (II. 2.3.), dass der Beschwerdeführer aufgrund seines christlichen Glaubens und seiner vermeintlichen Apostasie keinerlei Verfolgung glaubhaft machen konnte. Dieses, erst im Laufe des Asylverfahrens erstattete Vorbringen ist - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt - im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als unglaubwürdig zu qualifizieren. Der Verwaltungsgerichtshof geht nämlich davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Daher ist das gesteigerte Vorbringen einer Diskriminierung und Verfolgung aus religiösen Gründen des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer scheiterte im vorliegenden Fall auch aufgrund der mannigfaltigen Widersprüche und der vagen Angaben an der Glaubhaftmachung einer Verfolgung oder der Gefahr einer Verfolgung. Zudem ist erwiesen, dass keine Apostasie im Falle des Beschwerdeführers sowohl nach islamischer Tradition als auch nach sudanesischem Recht vorliegt. Damit entbehrt die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe aus Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Religion den Sudan verlassen müssen, jeglicher Grundlage. Mangels Glaubhaftmachung eines anderen Fluchtvorbringens liegt kein Grund vor, dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren. Glaubhaft ist vielmehr seine Angabe anlässlich der Erstbefragung, aus wirtschaftlichen Gründen den Sudan verlassen zu haben. Dieser Grund begründet aber keine Gefahr der Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK, sodass auf dieser Grundlage die Zuerkennung des internationalen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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