Entscheidungsdatum
09.10.2018Norm
AVG §37Spruch
W225 2101903-1/4E
W225 2105561-1/6E
W225 2102077-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEISS LL.M. über die Beschwerden von XXXX , BNr. XXXX , vertreten durch Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte OG in 9020 Klagenfurt, gegen die Bescheide der Agrarmarkt Austria (1.) vom 29.04.2014, AZ XXXX , betreffend Einheitliche Betriebsprämie (EBP) 2008, (2.) vom 14.11.2014, AZ XXXX , nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung vom 18.12.2014, AZ XXXX , betreffend EBP 2009 und (3.) vom 03.01.2014, AZ XXXX , nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung vom 18.12.20014, AZ XXXX , betreffend EBP 2010
A)
I. zu Recht erkannt:
Die Bescheide der AMA vom 18.12.2014, AZ XXXX und vom 18.12.2014,
AZ XXXX , werden ersatzlos behoben.
II. beschlossen:
Den Beschwerden gegen die Bescheide der AMA vom 29.04.2014, XXXX , vom 14.11.2014, AZ XXXX und vom 03.01.2014, AZ XXXX , wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, die Bescheide behoben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Mit Datum vom 14.05.2008 stellte der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF) für das Antragsjahr 2008, mit Datum vom 14.05.2009 für das Antragsjahr 2009 und mit Datum vom 14.05.2010 jeweils einen Mehrfachantrag-Flächen und beantragte u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (nachfolgend: EBP) für die in den Beilagen "Flächenbogen" und "Flächennutzung" näher konkretisierten Flächen.
Der BF war in den Antragsjahren 2008, 2009 und 2010 Auftreiber auf die Alm mit der Betriebsnummer (BNr.) XXXX , für die er selbst als zuständiger Almbewirtschafter ebenso Mehrfachanträge-Flächen stellte.
2. Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 30.12.2008 wurde dem BF für das Antragsjahr 2008 eine EBP in Höhe von EUR 12.672.74 gewährt. Mit Bescheid der AMA vom 30.12.2009 wurde dem BF für das Antragsjahr 2009 eine EBP in Höhe von 12.109,22 gewährt. Mit Bescheid der AMA vom 30.12.2010 wurde dem BF für das Antragsjahr 2010 eine EBP in Höhe von 14.416,13.
3. Die Bescheide der Antragsjahre 2008, 2009 und 2010 wurden infolge mehrmals abgeändert.
4. Mit Datum vom 06.08.2013 und 14.02.2014 fanden auf der verfahrensgegenständlichen Alm Vor-Ort-Kontrollen durch Kontrollorgane der belangten Behörde statt, im Zuge derer für die Antragsjahre 2008, 2009 und 2010 Flächenabweichungen festgestellt wurden.
5. Mit angefochtenem Abänderungsbescheid der AMA vom 29.04.2014, AZ
XXXX , wurde dem BF für das Antragsjahr 2008 nunmehr eine EBP in Höhe von EUR 9.880,68 gewährt und zugleich eine Rückforderung in Höhe von EUR 865,60 ausgesprochen. Auf Basis einer Anzahl von 59,53 an zugewiesenen Zahlungsansprüchen und einem beantragten Flächenausmaß von 44,57 ha (davon Almfläche: 14,38 ha) wurde der Beihilfenberechnung eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 40,98 ha (davon Almfläche 10,79 ha) zu Grunde gelegt. Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle seien Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha festgestellt worden. Somit hätte für das betreffende Kalenderjahr der Beihilfenbetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden müssen. Eine (zusätzliche) Sanktion in Form einer Kürzung wurde hingegen nicht verhängt.
6. Mit angefochtenem Abänderungsbescheid der AMA vom 14.11.2013, AZ
XXXX , wurde dem BF für das Antragsjahr 2009 nunmehr eine EBP in Höhe von EUR 8.247,69 gewährt und zugleich eine Rückforderung in Höhe von EUR 2.209,29 ausgesprochen. Auf Basis einer Anzahl von 59,53 an zugewiesenen Zahlungsansprüchen und einem beantragten Flächenausmaß von 42,82 ha (davon Almfläche: 13,82 ha) wurde der Beihilfenberechnung eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 39,70 ha (davon Almfläche 10,00 ha) zu Grunde gelegt. Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle seien Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha festgestellt worden. Somit hätte für das betreffende Kalenderjahr der Beihilfenbetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden müssen. Die AMA verhängte daher eine Sanktion in Form einer Kürzung des Beihilfenbetrags.
7. Mit angefochtenem Abänderungsbescheid der AMA vom 03.01.2014, AZ
XXXX , wurde dem BF für das Antragsjahr 2010 nunmehr eine EBP in Höhe von EUR 9.387,36 gewährt und zugleich eine Rückforderung in Höhe von EUR 2.472,55 ausgesprochen. Auf Basis einer Anzahl von 59,53 an zugewiesenen Zahlungsansprüchen und einem beantragten Flächenausmaß von 46,58 ha (davon Almfläche: 16,84 ha) wurde der Beihilfenberechnung eine ermittelte Fläche im Ausmaß von 43,23 ha (davon Almfläche 13,45 ha) zu Grunde gelegt. Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich der Vor-Ort-Kontrolle seien Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha festgestellt worden. Somit hätte für das betreffende Kalenderjahr der Beihilfenbetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden müssen. Die AMA verhängte daher eine Sanktion in Form einer Kürzung des Beihilfenbetrags.
8. Gegen die oben genannten Abänderungsbescheide der AMA vom 29.01.2014 für das Antragsjahr 2008, vom 14.11.2013 für das Antragsjahr 2009 und vom 03.01.2014 für das Antragsjahr 2010 erhob der BF mit jeweiligem Schreiben, eingelangt bei der AMA am 03.06.2014 (für das Antragsjahr 2008), am 02.12.2013 (für das Antragsjahr 2009) und am 27.01.2014 (für das Antragsjahr 2010) das Rechtsmittel der Beschwerde.
Den Beschwerden über die Bescheide der Antragsjahre 2009 und 2010 beigelegt wurde eine Futterflächenerhebung betreffend die verfahrensgegenständliche Alm aus dem Jahr 2011.
9. Mit der als "Abänderungsbescheid - Einheitliche Betriebsprämie 2009" betitelter Beschwerdevorentscheidung vom 18.12.2014, AZ XXXX , wurde dem BF eine EBP in Höhe von EUR erneut 8.247,69 gewährt. Mit der als "Abänderungsbescheid - Einheitliche Betriebsprämie 2010" vom 18.12.2014, AZ XXXX , betitelter Beschwerdevorentscheidung wurde dem BF erneut eine EBP in Höhe von EUR 9.387,36 zugesprochen.
Am Schluss der Abänderungsbescheide finden sich folgende Textpassagen:
"Da Sie gegen den im Spruch genannten Bescheid eine zulässige Beschwerde eingebracht haben, erfolgt die gegenständliche Abänderung im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG, wonach die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, die Beschwerde nach Durchführung allfälliger weiterer Ermittlungen durch Beschwerdevorentscheidung erledigen und den von ihr erlassenen Bescheid aufheben, abändern, zurückweisen oder abweisen kann.
R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G
Sie können den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag ist schriftlich oder in jeder anderen technisch möglichen Weise (z.B. Fax, E-Mail) innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung unter Angabe des oben angeführten Aktenzeichens und der Betriebs- bzw. Klientennummer bei der Agrarmarkt Austria, 1200 Wien, Dresdner Straße 70, einzubringen. [...]"
10. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die eingebrachten Rechtsmittel samt den dazugehörigen Verwaltungsakten vor. In den Akten zur EBP 2009 und 2010 finden sich zudem LWK-Bestätigungen über die ordnungsgemäße Futterflächenfeststellung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der unter I. wiedergegebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unbeanstandeten Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Rechtsgrundlagen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 MOG 2007 können Vorschriften zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen unmittelbar von Bundesbehörden vorgesehen werden. Gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes. Gemäß § 1 AMA-Gesetz können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden. Für Entscheidungen über Beschwerden dieser Behörde ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG (§ 1 leg. cit.) geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
I. Aufhebung der Beschwerdevorentscheidungen:
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG iVm § 19 Abs. 7 MOG 2007 steht es der Behörde frei, innerhalb von vier Monaten ab Einlangen der Beschwerde mit einer Beschwerdevorentscheidung den angefochtenen Bescheid aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurück- oder abzuweisen.
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Die Behörde hat nach Einbringung eines Rechtsmittels ihre Bescheide vom 14.11.2013 (für das Antragsjahr 2009) und vom 03.01.2014 (für das Antragsjahr 2010) mit den jeweiligen "Abänderungsbescheiden" vom 18.12.2014 abgeändert. Aus den oben wiedergegebenen Textpassagen am Ende der "Abänderungsbescheide", wo auf § 14 VwGVG Bezug genommen und in der Rechtsmittelbelehrung auf die Möglichkeit eines Vorlageantrages hingewiesen wird, ist klar ersichtlich, dass die belangte Behörde jeweils eine Beschwerdevorentscheidung erlassen wollte. Die Bescheide sind daher als Beschwerdevorentscheidung zu verstehen. Dagegen hat der BF Vorlageanträge eingebracht. Die gegenständlichen Vorlageanträge sind zulässig und rechtzeitig, ebenso die Beschwerden.
Aus der Entstehung der den Vorlageantrag regelnden Gesetzesbestimmung des § 15 VwGVG und den Gesetzesmaterialien ist zu schließen, dass nach Stellung eines Vorlageantrages die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft tritt (vgl dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 15 Anm 9; Gruber in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015] § 15 Rz 5). Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass die an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung den Beschwerdegegenstand bildet (vgl. VwGH 20.05.2015, Ra 2015/09/0025). Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet (und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss), bleibt der Ausgangsbescheid allerdings Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Die Beschwerde für das Antragsjahr 2009 des BFs gegen den Bescheid vom 14.11.2013 ist bei der AMA am 02.12.2013 eingelangt. Die Frist des § 19 Abs. 7 MOG 2007 zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung fing somit per 02.12.2013 zu laufen an und endete spätestens am 02.04.2014.
Die Beschwerde für das Antragsjahr 2010 des BFs gegen den Bescheid vom 03.01.2014 ist bei der AMA am 27.01.2014 eingelangt. Die Frist des § 19 Abs. 7 MOG 2007 zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung fing somit per 27.01.2014 zu laufen an und endete spätestens am 27.05.2014.
Wenn die Beschwerdevorentscheidung erst nach Ablauf dieser Frist erlassen wird (im vorliegenden Fall beide am 18.12.2014), fehlt der belangten Behörde die Zuständigkeit zu deren Erlassung. Die Zuständigkeit der AMA ist bereits mit Ablauf der Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung untergegangen (vgl. dazu - zur Berufungsvorentscheidung - VwGH 04.11.1996, 96/10/0109; Gruber in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015] § 14 Rz 12; Hengstschläger/Leeb, AVG § 64a Rz 8). Die Beschwerdevorentscheidungen vom 18.12.2014 wurden somit von einer unzuständigen Behörde erlassen. Unzuständigkeiten sind von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen (VwGH 21.01.1992, 91/11/0076) und durchbrechen den Grundsatz der Bindung an das Beschwerdevorbringen. Die Beschwerdevorentscheidungen waren schon aus diesem Grund gemäß § 27 VwGVG von Amts wegen als rechtswidrig zu beheben (vgl. Winkler in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015] § 27 Rz 4; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 14 K7).
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden nach § 28 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Bei der Aufhebung gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG handelt es sich um eine materielle Erledigung der Rechtssache in Form eines Erkenntnisses. Diese Form der negativen Sachentscheidung ist von der Formalerledigung des Verfahrens durch Aufhebung und Zurückverweisung mit Beschluss nach § 28 Abs. 3 2. Satz und Abs. 4 VwGVG zu unterscheiden. Eine neuerliche Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Gegenstand wird bei ersatzloser Behebung regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen, wenngleich im Einzelfall über den zugrundeliegenden (unerledigten) Antrag dennoch abermals zu entscheiden sein kann (siehe Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG Anm 17).
Da die Beschwerdevorentscheidungen, wie oben ausgeführt, von einer unzuständigen Behörde erlassen wurden, erwiesen sich diese als rechtswidrig und waren daher - vor einer inhaltlichen Prüfung - spruchgemäß von Amts wegen ersatzlos zu beheben. Folglich bilden in dieser Konstellation die ursprünglichen, abgeänderten Bescheide, nämlich jener vom 14.11.2013 (hinsichtlich des Antragsjahres 200) und vom 03.01.2014 (hinsichtlich des Antragsjahres 2010), den Prüfungsgegenstand im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
II. Zu den Zurückverweisungen:
Gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (außer in Verwaltungsstrafsachen) in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Sachverhalt feststeht oder wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte (Winkler in Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte [2015] § 28 Rz 15). Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Gemäß den §§ 37 und 39 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) hat die Behörde - ebenso wie das Gericht, wenn es über eine Beschwerde meritorisch abspricht - den wahren Sachverhalt im Sinn einer Ermittlungspflicht zur Feststellung der materiellen Wahrheit auf Grundlage des Antrages von Amts wegen zu ermitteln (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Sie hat jedes Beweismittel in freier Beweiswürdigung abzuwägen und ihre Schlüsse daraus im Licht der anzuwendenden Rechtsvorschriften nachvollziehbar darzulegen (§ 45 Abs. 1 und 2, § 60 AVG).
Die unter Spruchpunkt A) II. genannten angefochtenen Bescheide erweisen sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Mit den Beschwerden zu den Antragsjahren 2009 und 2010 wurde eine privatgutachterliche Futterflächenerhebung aus dem Jahr 2011 betreffend die verfahrensgegenständliche Alm in Vorlage gebracht. Diese war der belangten Behörde bei Durchführung der Vor-Ort-Kontrollen im Jahr 2013 und 2014 sowie bei Erlassung der angefochtenen Bescheide bereits bekannt, blieb jedoch bei den Entscheidungen offenkundig außer Acht. Auch die im Akt einliegenden LWK-Erklärungen wurde seitens der AMA keiner Betrachtung hinsichtlich der Verschuldensprüfung unterzogen.
Daraus ergibt sich, dass der den angefochtenen Bescheiden aus den Antragsjahren 2009 und 2010 zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde, um darauf aufbauend zu einer rechtskonformen Entscheidung zu gelangen. Aufgrund der neuen Erkenntnisse ist zudem davon auszugehen, dass sich auch der dem Abänderungsbescheid aus dem Jahr 2008 zugrunde gelegte Sachverhalt in wesentlichen Punkten geändert hat. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus diesem Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts.
Auch wenn der VwGH der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte auf Basis des VwGVG mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im vorliegenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, wenn das Bundesverwaltungsgericht versuchen wollte, die Beschwerde im Hinblick auf das Antragsjahr 2013 einer Entscheidung zuzuführen.
Die Bescheide waren daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Die AMA wird im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens u.a. das in Vorlage gebrachte Privatgutachten und die LWK-Erklärungen sowie den aktuellen Berechnungsstand zu berücksichtigen und den ermittelten (geänderten) Sachverhalt den neu zu erlassenden Bescheiden für die Antragsjahre 2008, 2009 und 2010 zu Grunde zu legen haben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ebenfalls abgesehen werden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W225.2105561.1.00Zuletzt aktualisiert am
23.10.2018