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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ÄrzteG 1984 §52 Abs4;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/11/0147 E 9. November 1999 99/11/0148 E 9. November 1999Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der Dr. O K in G, vertreten durch Dr. Gerhard Schmidt, Rechtsanwalt in 8018 Graz, Brockmanngasse 63, gegen den Bescheid des Vorstandes der Ärztekammer für Steiermark vom 25. August 1998 (Beschlussdatum 9. Juli 1998), Zl. A 5-20-Gl, betreffend Kammerumlage 1996,
Spruch
I. beschlossen:
Der Antrag auf Erstattung einbehaltener Honoraranteile wird zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge
Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Die Ärztekammer für Steiermark hat der Beschwerdeführerin
Aufwendungen in der Höhe von S 15.000.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 26. März 1998, Zl. 97/11/0319, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis war ein Bescheid der belangten Behörde vom 22. Mai 1997 (Beschlussdatum 17. April 1997) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Der Grund für diese Aufhebung war, dass der Präsident der Ärztekammer für Steiermark, der den erstinstanzlichen Bescheid erlassen hatte, an der Beschlussfassung über den Berufungsbescheid mitgewirkt hat.
Mit dem angefochtenen Ersatzbescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Berichtigung der an sie ergangenen Vorschreibung der Kammerumlage für das Jahr 1996 neuerlich im Instanzenzug abgewiesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 1. Dezember 1998, B 1887/98, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese mit Beschluss vom 12. März 1999 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, unter Hinweis auf ihre zur hg. Zl. 97/11/0319 erstattete Gegenschrift auf eine neuerliche Stellungnahme verzichtet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat die im Verfahren zur Zl. 97/11/0319 verspätet eingebrachte Replik zu der damals erstatteten Gegenschrift wiederholt und darin wiederum zusätzlich begehrt, der Verwaltungsgerichtshof möge die Ärztekammer für Steiermark zur Bezahlung einer näher bezeichneten Geldleistung verpflichten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der in der Replik zur Gegenschrift gestellte Antrag auf Erstattung des nach Auffassung der Beschwerdeführerin ohne Rechtsgrundlage "entzogenen Honoraranteiles" war - in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen, da es keine Rechtsgrundlage für eine Entscheidung dieses Inhaltes gibt.
Der angefochtene Bescheid ist von einem Vizepräsidenten der Ärztekammer für Steiermark unterfertigt. Der Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des Vorbescheides vom 22. Mai 1997 geführt hat, ist damit beseitigt. Dass der von der in Rede stehenden Beschlussfassung ausgeschlossene Präsident nach der Behauptung der Beschwerdeführerin bei der Beschlussfassung anwesend gewesen sei, würde für sich noch keinen Umstand darstellen, der zur abermaligen Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde zu führen hätte.
Die Beschwerdeführerin bringt freilich vor, dass der Vizepräsident, der den angefochtenen Bescheid unterfertigt hat, bei der Sitzung des Vorstandes vom 9. Juli 1998 - und damit bei der Beschlussfassung über den angefochtenen Bescheid - gar nicht anwesend gewesen sei; anwesend gewesene Mitglieder des Vorstandes hätten es ihr "glaubhaft bestätigt". Sollte diese Beschwerdebehauptung zutreffen, so wäre der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen unrichtiger Zusammensetzung aufzuheben.
Dieses Beschwerdevorbringen blieb infolge Verzichtes auf die Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde unwidersprochen. Im vorgelegten Verwaltungsakt findet sich nach der der belangten Behörde zugestellten Ausfertigung des hg. Vorerkenntnisses Zl. 97/11/0319 vom 26. März 1998 als einziges weiteres Aktenstück die mit den Originalunterschriften eines Vizepräsidenten und des Finanzreferenten (§ 52 Abs. 1 letzter Satz Ärztegesetz 1984) sowie einer nicht zuordenbaren Paraphe versehene Ausfertigung des angefochtenen Bescheides. Ein Protokoll über die Sitzung vom 9. Juli 1998 findet sich im Verwaltungsakt nicht. Auch aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nicht, wer an der Beschlussfassung teilgenommen hat.
Aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Fall des § 38 Abs. 2 VwGG vor, wonach er auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen kann, wenn Verwaltungsakten nicht vorgelegt worden sind und die Behörde auf diese Säumnisfolgen ausdrücklich hingewiesen worden ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann, wenn die Akten nur teilweise vorgelegt worden sind (vgl. die Erkenntnisse vom 20. Jänner 1972, Slg. Nr. 8148/A, und vom 15. Dezember 1975, Slg. Nr. 8947/A).
Die belangte Behörde hat in Kenntnis des in Rede stehenden Beschwerdevorbringens die darauf Bezug habenden Aktenstücke (insbesondere das Sitzungsprotokoll) nicht vorgelegt, sodass die Aktenvorlage offenkundig unvollständig erfolgt ist. Sie hat auch auf dieses Beschwerdevorbringen nicht geantwortet, obwohl es begrifflich im Verfahren, das zur Erlassung des Vorerkenntnisses geführt hat, nicht hatte vorgebracht werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher im Sinne des § 38 Abs. 2 VwGG davon aus, dass der den angefochtenen Bescheid unterfertigende Vizepräsident der Kammer an der Beschlussfassung über den angefochtenen Bescheid nicht teilgenommen hat und damit die belangte Behörde bei der Beschlussfassung im Lichte des § 52 Abs. 4 erster und zweiter Satz Ärztegesetz 1984 (wonach der Vizepräsident den Präsidenten bei dessen Verhinderung zu vertreten hat und im Falle des Vorhandenseins mehrerer gewählter Vizepräsidenten die Vertretung in der durch die Wahl festgelegten Reihenfolge mit der Bezeichnung "geschäftsführender Vizepräsident" zu erfolgen hat) nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt war.
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 2 VwGG abgesehen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in dem Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.
Wien, am 9. November 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999110094.X00Im RIS seit
22.05.2001