TE Vwgh Beschluss 2018/9/13 Ra 2018/15/0055

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Veröffentlicht am 13.09.2018
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
21/07 Sonstiges Handelsrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §1002;
BAO §24 Abs1 litd;
BAO §24;
EKEG 2003 §7;
EStG 1988 §4 Abs4;
EStG 1988 §6;
EStG 1988 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger sowie Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Dr. M G, Rechtsanwalt in W, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S GmbH in W, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 24. April 2018, Zl. RV/3100001/2015, betreffend

u. a. Körperschaftsteuer 2007 bis 2009, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S GmbH (Eröffnung des Insolvenzverfahrens im April 2018).

2 Strittig ist im Revisionsverfahren, ob eine Beteiligung an der L GmbH im Streitzeitraum dem Vermögen der S GmbH zuzurechnen war und damit Wertminderungen dieser Beteiligung bei der S GmbH aufwandswirksam sind.

3 Im Bericht vom 13. September 2012 über das Ergebnis der Außenprüfung bei der S GmbH (betreffend u. a. Körperschaftsteuer 2007 bis 2010) wurde u.a. festgestellt (Tz 4), bei der Beteiligung an der L GmbH handle es sich nicht um Betriebsvermögen der S GmbH, sondern um Privatvermögen des Gesellschafters S. Die in den Jahren 2007 und 2008 vorgenommene Teilwertabschreibung der Beteiligung (samt der Verteilung auf die Folgejahre gemäß § 12 Abs. 3 Z 2 KStG 1988) sei daher nicht zu berücksichtigen. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung wurde hiezu ergänzend ausgeführt, S sei im Jahr 2007 eine Beteiligung bei der L GmbH eingegangen. Ende 2007 sei den Gesellschaftern der L GmbH bekannt gewesen, dass die Gesellschaft zusätzliche Finanzmittel benötige. Die Gesellschafter hätten eine Zwischenlösung beschlossen. Am 4. September 2008 sei bei einem Notar ein Treuhandvertrag zum Zwecke der notariellen Bekräftigung vorgelegt und beglaubigt worden. In diesem Treuhandvertrag erkläre S, dass er den Geschäftsanteil an der L GmbH nicht für sich selbst, sondern als Treuhänder für die S GmbH halte. Diese Treuhandvereinbarung sei steuerlich nicht anzuerkennen (nicht fremdüblich, Vereinbarung sei zum Teil auch als rückwirkend intendiert).

4 Mit Bescheiden vom 27. September 2012 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer der S GmbH für die Jahre 2007 bis 2009 fest. Begründend verwies das Finanzamt auf den Bericht vom 13. September 2012.

5 Die S GmbH erhob gegen diese Bescheide Berufung. 6 Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Dezember 2013 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

7 Die S GmbH beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht (u.a.) die (nunmehrige) Beschwerde betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2009 als unbegründet ab. Es sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

9 Begründend führte das Bundesfinanzgericht - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - aus, in den Streitjahren sei S Alleingesellschafter der S GmbH gewesen; er sei in diesem Zeitraum auch Geschäftsführer der S GmbH gewesen. Die L GmbH sei im Jahr 2006 in das Firmenbuch eingetragen worden. Das Stammkapital von 35.000 EUR habe zunächst W als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer gehalten. Mit Beschluss der Generalversammlung im Jänner 2007 sei das Stammkapital um 1,365.000 EUR auf 1,400.000 EUR erhöht worden. Laut Übernahms- und Beitrittserklärung vom 18. Jänner 2007 habe S einen Teilbetrag von 100.000 EUR übernommen; auch weitere Personen seien als Gesellschafter beigetreten. S habe den Betrag von 100.000 EUR für die Stammeinlage (Kapitalerhöhung) an die L GmbH am 19. Jänner 2007 mittels Banküberweisung von seinem Konto geleistet.

10 Im Oktober 2007 habe W seinen Geschäftsanteil jeweils zu gleichen Teilen an die übrigen Gesellschafter (u.a. S) abgetreten; der Geschäftsanteil des S habe sodann 130.000 EUR (9,29% des Gesamtkapitals) betragen. Die übernehmenden Gesellschafter hätten sich im Gegenzug zur persönlichen Haftungsübernahme für ein Investitionsdarlehen einer Sparkasse verpflichtet.

11 Über das Vermögen der L GmbH sei im September 2010 das Konkursverfahren eröffnet worden. Mit Beschluss im November 2014 sei der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben worden, die Firma sei sodann gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht worden.

12 Eigentümer der in den Bilanzen der Jahre 2007 bis 2009 der S GmbH ausgewiesenen Beteiligung an der L GmbH sei sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich S, der Gesellschafter und Geschäftsführer der S GmbH, gewesen.

13 Dass am 29. Dezember 2007 ein Treuhandvertrag unterzeichnet worden sei, mit dem das wirtschaftliche Eigentum an der Beteiligung an der L GmbH mit Rechtswirksamkeit zu diesem Datum auf die S GmbH übertragen worden sei, sei nicht erwiesen. Der zwischen der S GmbH und S abgeschlossene und am 4. September 2008 beglaubigt unterfertigte Treuhandvertrag, der der Abgabenbehörde erst anlässlich der im März 2012 beginnenden Außenprüfung offengelegt worden sei, halte einem Fremdvergleich nicht stand. Der Vollzug des Treuhandverhältnisses sei nicht so erfolgt, wie es zwischen Fremden üblich sei.

14 Der Treuhandvertrag habe u.a. folgenden Inhalt gehabt (S als Treuhänder, die S GmbH als Treugeberin):

"S sei Gesellschafter der L GmbH. S erkläre hiermit, den Geschäftsanteil an der L GmbH nicht für sich selbst, sondern als Treuhänder für die S GmbH zu halten.

S verpflichte sich und seine Rechtsnachfolger als Treuhänder, über diesen Geschäftsanteil nicht ohne ausdrückliche Zustimmung der Treugeberin zu verfügen; alle ihm entsprechend seiner Beteiligung zukommenden Anteile am Reingewinn der L GmbH unverzüglich an die Treugeberin auszubezahlen oder nach deren Weisung zu verwenden; bei Beschlussfassung der Gesellschafter der

L GmbH sein Stimmrecht nur entsprechend der ihm erteilten Aufträge der Treugeberin auszuüben; die Treugeberin unverzüglich von allen Verständigungen und Benachrichtigungen zu informieren, die den Geschäftsanteil beträfen bzw. mit der Funktion des Treuhänders als Gesellschafter der L GmbH zusammenhingen; die Treugeberin überhaupt von allen ihm zur Kenntnis gelangenden Ereignissen zu unterrichten, welche geeignet seien, die Interessen der Treugeberin im Zusammenhang mit dem Geschäftsanteil zu beeinflussen; die ihm nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag zukommenden Mitgliedschaftsrechte an der L GmbH nur nach den von der Treugeberin erteilten Weisungen unter Wahrung der Interessen der Treugeberin auszuüben.

Der Treuhänder sei verpflichtet, den genannten Geschäftsanteil ganz oder in Teilen jederzeit gegen ein Abtretungsentgelt in Höhe von 10.000 EUR an die Treugeberin selbst oder an eine von ihr namhaft gemachte Person abzutreten.

Die Treugeberin verpflichte sich, den Treuhänder hinsichtlich aller Abgaben, Kosten und sonstigen Verbindlichkeiten, die aus dem Gesellschafterverhältnis oder aus der Treuhandschaft erwüchsen, schad- und klaglos zu halten und dem Treuhänder alle Auslagen zu ersetzen, die diesem aus seiner Tätigkeit als Treuhänder und als Gesellschafter entstünden.

Für die Übernahme und Ausübung dieser Treuhandschaft erhalte der Treuhänder jeweils 10% des auf den Geschäftsanteil entfallenden Teiles des von der Gesellschaft ausgeschütteten Reingewinnes, dies für die Dauer der Treuhandschaft.

Dieses Treuhandverhältnis könne von der Treugeberin jederzeit ohne Einhaltung von Frist und Termin, vom Treuhänder unter Einhaltung einer einmonatigen Frist zu jedem Monatsletzten gekündigt werden.

Der Vertrag werde mit 29. Dezember 2007 rechtswirksam."

15 Der Treuhandvertrag sei von S zweifach unterfertigt, einmal für sich persönlich, einmal als Geschäftsführer der S GmbH.

16 Dieser Treuhandvertrag sei am 4. September 2008 notariell beglaubigt worden. Der Notar habe festgehalten, dass ihm S den selbst errichteten Treuhandvertrag übergeben habe.

17 Außer Streit stehe, dass der Treuhandvertrag von einer zur S GmbH fremd stehenden Person nicht unter diesen Bedingungen abgeschlossen worden wäre; S habe in der Beschwerdeverhandlung selbst angegeben, ein fremder Dritter wäre mit der Treuhandentschädigung nie einverstanden gewesen, da aus der Beteiligung keine Erträge zu erwarten gewesen seien.

18 Der Treuhandvertrag sei erst am 4. September 2008 durch dessen Unterfertigung beim Notar formgerecht und somit nach außen wirksam zustande gekommen. Mit der Rückdatierung des Vertrages auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt zum 29. Dezember 2007 habe die Erfassung der Beteiligung in der Bilanz zum 31. Dezember 2007 gerechtfertigt werden sollen. Ein dem Treuhänder fremd gegenüber stehender Treugeber hätte auf eine zeit- und formgerechte Erstellung des Treuhandvertrages gedrungen, um die Beteiligung auch zeitfolgerichtig als laufenden Geschäftsfall in den Büchern erfassen zu können.

19 Auch nach § 18 Abs. 5 GmbHG sei über Rechtsgeschäfte, die der einzige Gesellschafter sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Gesellschaft abschließe, unverzüglich eine Urkunde zu errichten. Dieser Regelung sei (erst) mit notariell beglaubigter Unterfertigung im September 2008 Rechnung getragen worden.

20 In diesem Zusammenhang sei nicht außer Acht zu lassen, dass es sich bei der S GmbH selbst und ihrem Gesellschafter S um eine renommierte Steuerberatungskanzlei bzw. Steuerberater handle. Es sei davon auszugehen, dass der S GmbH und ihrem Geschäftsführer aufgrund deren einschlägiger Fachkenntnisse in Steuer- und Gesellschaftsrecht die Anforderungen an zwischen nahen Angehörigen abgeschlossene Vereinbarungen mehr als bekannt sein dürften.

21 Die im Treuhandvertrag getroffene Vereinbarung über das Treuhandentgelt halte einem Fremdvergleich nicht stand. Den Ausführungen der Abgabenbehörde, ein fremder Dritter wäre mit der vereinbarten Treuhandentschädigung in Kenntnis der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens und des Jahresabschlusses 2007 nie einverstanden gewesen, da bereits klar gewesen sei, dass keine Entlohnung - aufgrund der angehäuften Verluste auch für die Folgejahre - zu erwarten gewesen sei, sei die S GmbH nicht entgegen getreten. Ein der S GmbH fremd gegenüber stehender Treuhänder würde nicht akzeptieren, in Verlustjahren des Unternehmens, dessen Anteil er zu verwalten habe, kein Treuhandentgelt zu erhalten. Umgekehrt würde ein zum Treuhänder fremder Treugeber nicht tolerieren, dass der Treuhänder ohne Limit 10% des Gewinnes der Beteiligungsgesellschaft abschöpfen könne. Das vereinbarte Treuhandentgelt, das nicht mit den Leistungen des Treuhänders, sondern mit dem Erfolg der Kapitalgesellschaft in Zusammenhang stehe, sei unangemessen und daher nicht fremdüblich. Der Gesellschafter der S GmbH habe jedenfalls keine Entschädigung erhalten.

22 Buchungszeitpunkt bei Einkaufsgeschäften sei grundsätzlich jener Zeitpunkt, zu dem der Käufer das wirtschaftliche Eigentum an der Sache erhalte. Die S GmbH habe die Beteiligung an der L GmbH nicht im Jahr 2007 als laufenden Geschäftsfall in ihre Bücher aufgenommen, sondern erst im Rahmen der "Um- und Nachbuchungen" bei Bilanzerstellung.

23 Im Erstellungszeitpunkt (Februar 2008) der Bilanz zum 31. Dezember 2007 der L GmbH sei der S GmbH und ihrem Gesellschafter die äußerst schlechte finanzielle Situation dieser Gesellschaft bewusst gewesen, was S bewogen habe, seine Beteiligung über ein Treuhandverhältnis in die S GmbH zu transferieren. Mit dem der Abgabenbehörde erst am 14. März 2008 (gemeint wohl: 2012) offen gelegten, nicht fremdüblich gestalteten und fremdüblich durchgeführten Treuhandverhältnis habe die S GmbH den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an der Beteiligung nicht unter Beweis stellen können.

24 Für das Bundesfinanzgericht sei nicht erwiesen, dass der Treuhandvertrag zwischen der S GmbH und ihrem Gesellschafter S am 29. Dezember 2007 unterfertigt worden sei und das wirtschaftliche Eigentum der Beteiligung an der L GmbH von S mit Rechtswirksamkeit dieses Datums oder zum Buchungsdatum 31. Dezember 2007 oder in den Folgejahren an die S GmbH übertragen worden sei. Erwiesen sei hingegen, dass der zwischen der S GmbH und ihrem Gesellschafter S abgeschlossene Treuhandvertrag der Abgabenbehörde nicht gemäß § 121 BAO binnen Monatsfrist angezeigt worden sei, sondern erst bei Beginn der Betriebsprüfung am 14. März 2012 zeitgleich mit der erstmaligen Vorlage des Jahresabschlusses der S GmbH zum 31. Dezember 2007 offen gelegt worden sei. Der Treuhandvertrag halte einem Fremdvergleich nicht stand; auch die Abwicklung des Vertragsverhältnisses sei nicht so erfolgt, wie es zwischen einander fremd gegenüberstehenden Personen üblich sei. Daraus folge, dass das Treuhandverhältnis zwischen der S GmbH und deren Alleingesellschafter S nicht anzuerkennen sei. Die S GmbH sei jede Erklärung schuldig geblieben, auf welche schuldrechtlichen Vereinbarungen (Abtretung eines Optionsrechtes, Kauf oder Schenkung der Anteile) sich die behauptete Treuhandvereinbarung überhaupt gründen solle. Die bloße Erklärung, die Rechte an einem Wirtschaftsgut künftig nur mehr als Treuhänder für einen anderen ausüben zu wollen, entspreche nicht den Kriterien für die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen. Damit sei S zivilrechtlicher wie auch wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligung an der L GmbH, sodass in den Streitjahren weder die Aktivierung dieser Beteiligung noch deren Teilwertberichtigungen zulässig seien.

25 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Masseverwalters. Als Revisionspunkt wird geltend gemacht, die Beteiligung an der L GmbH sei auf Grund einer Sacheinlage ihres Gesellschafters Betriebsvermögen der S GmbH; die mit dieser Beteiligung verbundenen Aufwendungen seien Betriebsausgaben der S GmbH.

26 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

27 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

28 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

29 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das Bundesfinanzgericht erkenne einen Treuhandvertrag zwischen der S GmbH und ihrem geschäftsführenden Gesellschafter nicht an, obwohl dieser im Sinn des § 18 Abs. 5 GmbHG schriftlich und am 4. September 2008 auch notariell beurkundet worden sei; auch in der Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht sei die Vereinbarung bestätigt worden. Der Gesellschafter-Geschäftsführer habe seine GmbH begünstigt. Der Treuhandvertrag übertrage nach § 24 BAO das wirtschaftliche Eigentum an einer GmbH-Beteiligung an die S GmbH; insoweit liege eine Sacheinlage nach § 6 Z 14 EStG 1988 vor. Die mangelnde Entlohnung der Treuhandfunktion könne die Wirksamkeit einer Sacheinlage nach § 6 Z 14 EStG 1988 nicht in Frage stellen. Einlagen dienten immer dazu, mit gemeinsamen Kräften gemeinsame Ziele zu erreichen; insoweit unterschieden sich Einlagen von einem entgeltlichen Leistungsaustausch.

30 Die Revision hängt von diesen Rechtsfragen nicht iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG ab.

31 Wertminderungen einer Beteiligung können nur vom wirtschaftlichen Eigentümer dieser Beteiligung als Betriebsausgaben geltend gemacht werden; nur dieser hat die Wertminderung wirtschaftlich zu tragen (vgl. - zur Absetzung für Abnutzung - Doralt, EStG13, § 7 Tz 10).

32 Wirtschaftlicher Eigentümer (§ 24 BAO) ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann (vgl. VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0039, mwN). Für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ist insbesondere von Bedeutung, wer die Chance von Wertsteigerungen und das Risiko von Wertminderungen trägt (vgl. VwGH 25.1.2017, Ra 2014/13/0029, mwN).

33 Zivilrechtlich war unbestritten weiterhin S Eigentümer der Anteile an der L GmbH. Die S GmbH macht aber geltend, sie sei als Treugeberin wirtschaftliche Eigentümerin dieser Anteile.

34 Treuhand ist gegeben, wenn jemand als Treuhänder Rechte übertragen erhält, die er im eigenen Namen, aber aufgrund einer besonderen obligatorischen Bindung zu einer anderen Person (dem Treugeber) nur in einer bestimmten Weise ausüben soll (vgl. Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 1002 ABGB Tz 9). Auch ein Gesellschaftsanteil kann von einem Treuhänder für einen Dritten als Treugeber gehalten werden (vgl. hiezu insbesondere § 7 Eigenkapitalersatz-Gesetz). Der Anteil wird dabei wirtschaftlich auf Rechnung des Treugebers gehalten, womit der Treugeber zum "wirtschaftlichen Eigentümer" des Anteils wird (vgl. Karollus in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, Erster Zusatzband, § 7 EKEG Tz 3). Auch das Institut der Vereinbarungstreuhand ist zivilrechtlich anerkannt; in diesem Fall soll erst durch die Treuhandvereinbarung die Verschiebung der wirtschaftlichen Zugehörigkeit bewirkt werden, also der bisher auf eigene Rechnung gehaltene Geschäftsanteil in Hinkunft auf Rechnung des Treugebers gehalten werden (vgl. OGH 28.8.2003, 8 Ob 259/02z; 25.2.2004, 7 Ob 287/03m; die in diesen Entscheidungen angesprochenen zivilrechtlichen Formgebote, wie etwa die Notariatsaktspflicht, sind allerdings für die steuerrechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend; vgl. hiezu VwGH 22.7.2015, 2011/13/0067).

35 Aus dem im angefochtenen Erkenntnis geschilderten Inhalt des Treuhandvertrags ergibt sich kein - vom zivilrechtlichen Eigentum des S abweichendes - wirtschaftliches Eigentum der S GmbH an den Anteilen an der L GmbH.

36 Danach verpflichtet sich S zwar, nicht ohne ausdrückliche Zustimmung der S GmbH über die Anteile zu verfügen; eine Verfügungsbefugnis der S GmbH ist daraus aber auch nicht ableitbar (vgl. - insoweit zu einem Belastungs- und Veräußerungsverbot im Zusammenhang mit einem Fruchtgenussrecht - VwGH 19.10.2016, Ra 2014/15/0039, mwN).

37 Nach dem Treuhandvertrag kann das Treuhandverhältnis von der Treugeberin jederzeit ohne Einhaltung von Frist und Termin, vom Treuhänder unter Einhaltung einer einmonatigen Frist zu jedem Monatsletzten gekündigt werden. Da sich S nur im Rahmen dieses Vertrages dazu verpflichtet hat, die Anteile an der L GmbH nicht für sich selbst, sondern als Treuhänder für die S GmbH zu halten, führt die Beendigung des Treuhandvertrages dazu, dass die - zivilrechtlich unbestritten niemals übertragenen - Anteile an der L GmbH sodann wiederum S ohne die im Treuhandvertrag vorgesehenen Einschränkungen zustehen. Damit trägt aber S sowohl das Risiko von Wertminderungen als auch die Chance von Wertsteigerungen.

38 Der S GmbH steht zwar aufgrund des Treuhandvertrags das Recht zu, die Anteile gegen ein im Vertrag fixiertes Abtretungsentgelt zu erwerben. Für sich allein verschafft aber die Option auf den Erwerb eines Geschäftsanteils noch nicht wirtschaftliches Eigentum an diesem Anteil (vgl. VwGH 29.7.2010, 2007/15/0248, mwN). Nach den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts war der S GmbH und ihrem Gesellschafter die äußerst schlechte finanzielle Situation der L GmbH bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Treuhandvereinbarung ("Transferierung in die S GmbH") bewusst. Die Ausübung der Option durch die S GmbH war sohin nicht naheliegend, sodass auch die Chance einer Wertsteigerung für die S GmbH nicht realistisch war. Das Risiko einer Wertminderung der Beteiligung war aber von der S GmbH aufgrund des Treuhandvertrags in keinem Fall zu tragen. 39 Im Übrigen bestand auch keine langfristige Bindung durch

die Treuhandvereinbarung, konnte diese doch durch die Treugeberin ohne Einhaltung von Frist und Termin jederzeit und vom Treuhänder unter Einhaltung einer bloß einmonatigen Frist zu jedem Monatsletzten gekündigt werden.

40 Schon deshalb ist aber der Beurteilung des Bundesfinanzgerichts, S sei sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligung an der L GmbH gewesen, im Ergebnis - unabhängig vom Revisionsvorbringen - nicht entgegen zu treten.

41 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. September 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018150055.L00

Im RIS seit

22.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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