TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/21 LVwG-2017/20/2460-7

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Veröffentlicht am 21.09.2018
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Entscheidungsdatum

21.09.2018

Index

32/01 Finanzverfahren, allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §299

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Stöbich über die Beschwerde des AA, Z, vertreten durch Rechtsanwältin BB, Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 07.06.2017, **, betreffend die Aufhebung von Bescheiden und die Festsetzung von Pflichtbeiträgen nach dem Tiroler Tourismusgesetz für die Jahre 2015, 2016 und 2017,

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird für das Jahr 2015 als unbegründet abgewiesen und für die Jahre 2016 und 2017 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Pflichtbeiträge an den Tourismusverband Region Z-Wattens für die Jahr 2016 und 2017 wie folgt neu festgesetzt und vorgeschrieben werden:

endgültiger Pflichtbeitrag 2016:

Berufsgruppe

Beitragspflichtiger Umsatz

KJ

Prozentsatz

Grundzahl

788 Physikalische Therapeuten und Heilmasseure (bei Anwendung nach ärztlicher Verordnung)

€ 102.534,32

2016

10

10.253

 

Promillesatz

Betrag

Fondsanteil

1,2

€ 12,30

Verbandsanteil

6,0

€ 61,52

Gesamt

7,2

€ 73,82

Davon bereits abgestattet

 

€ 0,00

Einzuzahlender Betrag

 

€ 73,82

vorläufiger Pflichtbeitrag 2017:

Berufsgruppe

Beitragspflichtiger Umsatz

KJ

Prozentsatz

Grundzahl

788 Physikalische Therapeuten und Heilmasseure (bei Anwendung nach ärztlicher Verordnung)

€ 102.534,32

2016

10

10.253

 

Promillesatz

Betrag

Fondsanteil

1,2

€ 12,30

Verbandsanteil

6,0

€ 61,52

Gesamt

7,2

€ 73,82

Davon bereits abgestattet

 

€ 0,00

Einzuzahlender Betrag

 

€ 73,82

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.         Verfahrensgang:

Mit vorläufigen Bescheiden hat die Abgabenbehörde Herrn AA Pflichtbeiträge nach dem Tiroler Tourismusgesetz vorgeschrieben, nämlich:

?     mit Bescheid vom 27.02.2015 für das Jahr 2015 in Höhe von Euro 69,--,

?     mit Bescheid vom 29.03.2016 für das Jahr 2016 in Höhe von Euro 66,20 und

?     mit Bescheid vom 03.02.2017 für das Jahr 2017 in Höhe von Euro 73,14.

Die Vorschreibung erfolgte unter Zuordnung des Beschwerdeführers zur Berufsgruppe der Physiotherapeuten und Heilmasseure.

Mit einem Schreiben vom 07.03.2017 wandte sich der Beschwerdeführer, der eine Praxis für Physiotherapie und Osteopathie in Z betreibt, an die Abgabenbehörde und beantragte die Befreiung von Tourismusförderungsbeiträgen. Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass er keinen Nutzen aus dem Tourismus ziehe. Der Berufsgruppe der Ergotherapeuten würde auf Antrag eine Befreiung von der Beitragspflicht gewährt, da kein Nutzen aus dem Tourismus zu erkennen sei.

In der Folge erließ die Abgabenbehörde endgültige Bescheide vom 13.03.2017, mit welchen die Pflichtbeiträge nach dem Tiroler Tourismusgesetz hinsichtlich der Jahre 2015, 2016 und 2017 mit Null festgesetzt wurden. Ca. zwei Wochen später erließ die Abgabenbehörde drei jeweils als „Berichtigter Bescheid“ bezeichnete Bescheide vom 31.03.2017, mit welchen die Abgaben in ursprünglicher Höhe wieder vorgeschrieben wurden.

Gegen diese „Berichtigten Bescheide“ wurde vom dem zwischenzeitlich rechtsanwaltlich vertretenen Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 03.05.2017 Beschwerde erhoben. Mit Bescheid vom 07.06.2017 wies die Abgabenbehörde diese Beschwerde „gemäß § 299 Abs 1 BAO“ als unzulässig zurück. In der Begründung wurde, ohne dies näher auszuführen, darauf verwiesen, dass es sich bei den bekämpften Bescheiden um „Nichtbescheide“ handle.

Mit einem Schriftsatz vom 10.07.2017 wurde gegen diesen Zurückweisungsbescheid Beschwerde erhoben. In der Begründung wurde Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde geltend gemacht. Die Beschwerde sei an das Landesverwaltungsgericht erhoben worden und daher die Beschwerde diesem vorzulegen. Es lägen auch keine Nichtbescheide vor.

Mit dem im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Bescheid vom 07.06.2017 sprach die Abgabenbehörde unter Spruchpunkt 1. aus, dass die „Nullfestsetzungs-Bescheide“ der Abgabenbehörde vom 13.03.2017 „gemäß § 299 iVm § 302 Bundesabgabenordnung von Amts wegen aufgehoben“ werden. Unter Spruchpunkt 2. wurden die Pflichtbeiträge nach dem Tiroler Tourismusgesetz für die Jahre 2015 (endgültig), 2016 (vorläufig) und 2017 (vorläufig) mit jeweils Euro 60,60 festgesetzt. Es wurde jeweils ein Umsatz von Euro 84.230,-- zugrunde gelegt.

In der Begründung wurde hinsichtlich der Behebung der angefochtenen Bescheide ausgeführt, dass sich diese als rechtswidrig erwiesen hätten, da seitens der Abgabenbehörde Rechtsvorschriften unzutreffend ausgelegt worden seien. Physiotherapeuten würden einen mittelbaren Nutzen aus dem Tourismus erzielen und hätten einen Pflichtbeitrag nach dem Tiroler Tourismusgesetz zu entrichten.

In Bezug auf die Festsetzung der Pflichtbeiträge wurde in der Begründung auf entsprechende Rechtsgrundlagen verwiesen. Die vorläufige Festsetzung sei notwendig, weil die endgültige Festsetzung der Höhe der Abgabe erst nach Bekanntwerden des tatsächlichen Umsatzes hinsichtlich des Vorschreibungszeitraumes möglich sei.

Mit Schriftsatz vom 10.07.2017 wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. In der Begründung wurde im Wesentlichen nochmals darauf verwiesen, dass Physiotherapeuten, ebenso wie Ergotherapeuten von der Abgabepflicht befreit seien. Es sei nicht nachvollziehbar und würden auch rechtliche Grundlagen dafür fehlen, die ursprünglichen Bescheide mit Bescheiden vom 31.03.2017 zu berichtigen. Die nunmehrige Erlassung eines dritten Bescheides mit wiederum abweichenden Pflichtbeiträgen sei das Ergebnis einer unzutreffenden Auslegung der Rechtsvorschriften durch die Abgabenbehörde. Die berichtigenden Bescheide vom 31.03.2017 seien nicht aufgehoben worden, so dass nunmehr das Chaos perfekt sei und „für den gleichen Rechtsbestand“ zwei divergierende Bescheide bestehen würden. Es läge daher Aktenwidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor.

Aufgrund dieser Beschwerde erging eine Beschwerdevorentscheidung der Abgabenbehörde vom 24.08.2017, mit welcher die Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.06.2017 sowohl hinsichtlich Spruchpunkt 1. als auch hinsichtlich Spruchpunkt 2. als unbegründet abgewiesen wurde. In der Begründung wurde im Wesentlichen auf die Berechtigung der Behörde zur Behebung des Bescheides nach § 299 BAO und auf die Festsetzung der Abgaben auf der Grundlage des Tiroler Tourismusgesetzes sowie auf die Beitragsgruppenverordnung verwiesen. Die Zustellungen des angefochtenen Bescheides vom 07.06.2017 sowie der Beschwerdevorentscheidung erfolgten trotz der bereits zuvor (aufgrund der gegen die berichtigten Bescheide erhobenen Beschwerde) bekannt gegebenen Bevollmächtigung der Rechtsvertreterin, die auch die Zustellvollmacht umfassten, an den Beschwerdeführer persönlich. Dieser suchte nach dem Erhalt der Bescheide seine Rechtsvertreterin auf und händigte ihr die Originalentscheidung aus, was in Bezug auf den Ausgangsbescheid an einem nicht mehr feststellbaren Tag nach dem 08.06.2017 und in Bezug auf die Beschwerdevorentscheidung am 31.08.2017 oder am 01.09.2017 der Fall war.

Mit Schriftsatz vom 28.09.2017 wurde innerhalb offener Frist ein Vorlageantrag gestellt, mit welchem zusammengefasst darauf verwiesen wurde, dass die Behörde nicht auf die (unzulässige) Ungleichbehandlung zwischen Physiotherapeuten und Ergotherapeuten eingegangen sei.

Mit Vorlageberichten vom 19.10.2017 wurden die gegenständlichen Akten (Zl LVwG-2017/20/2460 in Bezug auf den Aufhebungs- und Festsetzungsbescheid vom 07.06.2017, sowie Zl LVwG-2017/20/2461 betreffend die Beschwerde gegen die „Berichtigten Bescheide“) vorgelegt.

Vom Landesverwaltungsgericht Tirol wurden daraufhin im gegenständlichen Verfahren (LVwG-2017/20/2460) ergänzende Ermittlungen durchgeführt, welche im Wesentlichen die Vollmachtserteilung (insbesondere auch die Erteilung der Zustellvollmacht) sowie die Übergabe von, an den Beschwerdeführer, gerichteter Bescheide an die Rechtsvertretung betrafen. Diese Ermittlungsergebnisse wurden der Abgabenbehörde zur Kenntnis gebracht. Sie hat in Bezug auf den Vorwurf der mangelhaften Zustellung ausgeführt, dass durch die Aushändigung der Bescheide an die Rechtsvertreterin jedenfalls eine Heilung der Zustellung gemäß § 9 Abs 3 Zustellgesetz eingetreten sei.

In Bezug auf die Behandlung der Berufsgruppe der Ergotherapeuten wurde ausgeführt, dass eine generelle Befreiung der Berufsgruppe von der Entrichtung des Pflichtbeitrages im Tourismusgesetz nicht vorgesehen sei. Die vorliegende Problemstellung gründe sich auf eine unrichtige Verwaltungsübung eines Sachbearbeiters, wobei es in Einzelfällen zu „Befreiungen“ gekommen sei. Dies sei dann in der Folge vom Berufsverband der ErgotherapeutInnen Österreichs aufgegriffen und an die Mitglieder des Verbandes weitergeleitet worden. Nach Feststellung dieses Fehlers sei es nicht mehr zu weiteren Nullfestsetzungen gekommen. Die Behörde sei verpflichtet gewesen, von der als gesetzwidrig erkannten Vorgangsweise abzugehen. Es sei diesbezüglich zu Aufhebungen von Bescheiden und einer Vorschreibung von Pflichtbeiträgen gegenüber Ergotherapeuten gekommen. Ergänzend wurde auch darauf verwiesen, dass vom Finanzamt in Bezug auf die Steuernummer des Beschwerdeführers für 2016 ein Umsatz in Höhe von Euro 102.696,90 gemeldet worden sei.

Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer bzw dessen Rechtsvertretung mit Schreiben vom 12.09.2018 zur Kenntnis gebracht. Mit Schreiben vom 21.09.2018 wurde von der Rechtsvertretung mitgeteilt, dass auf das bisherige Vorbringen verwiesen werde. Hinsichtlich des Jahres 2017 sei noch keine Steuererklärung eingereicht worden. Der Umsatz würde sich jedoch im Bereich vergangener Jahr bewegen.

II.       Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist in Z als Physiotherapeut tätig. Er erzielte in den Jahren 2015 und 2016 folgende Umsätze:

2015:     Euro 84.230,--

2016:            Euro 102.696,--, abzüglich Eigenverbrauch iHv Euro 162,58, somit
Euro          102.534,32

Die Umsätze für 2017 sind der Abgabenbehörde noch nicht bekannt. Im Schätzungswege ist von einem gleich hohen Umsatz wie 2016 auszugehen.

III.      Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich im Wesentlichen aus den abgabenbehördlichen Akten. In Bezug auf die Vollmachtserteilung führte die Rechtsvertreterin in ihrem Schreiben vom 03.08.2018 gegenüber dem Landesverwaltungsgericht aus, dass aus der Beschwerde vom 03.05.2017 hervorgehe, dass der Beschwerdeführer ihr die Vollmacht gemäß § 10 Abs 2 AVG erteilt habe und diese unter anderem die Vertretung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden sowie auch die Zustellung aller Art umfasse.

Weiters führte sie aus, dass ihr der Aufhebungs- und Neufestsetzungsbescheid vom 07.06.2017 vom Beschwerdeführer nach der Zustellung an diesen im Original übergeben worden sei. Den Tag könne sie nicht mehr exakt angeben. Es sei ihr auch die daraufhin in dieser Angelegenheit ergangene Beschwerdevorentscheidung vom Beschwerdeführer ausgehändigt worden, wobei am Bescheid handschriftlich vermerkt worden sei, dass die Zustellung an den Beschwerdeführer am 28.08.2017 stattgefunden habe und dass er den Bescheid am 31.08.2017 vom Postamt abgeholt habe. Sie gehe davon aus, dass ihr der Bescheid entweder an diesem Tag oder jedenfalls zeitnahe übergeben worden sei. Diese Ausführungen erscheinen glaubwürdig und waren daher bei der Sachverhaltsfeststellung entsprechend zu berücksichtigen.

Der Umsatz bezüglich des Jahres 2015 wurde nicht bestritten. Der Umsatz für das Jahr 2016 wurde von der Abgabenbehörde bekanntgegeben, wobei sie auf die Erklärung des Abgabepflichtigen verwies. Der Umsatz für 2017 war, weil noch nicht bekannt, im Schätzungswege festzulegen, wobei die Festsetzung in Anlehnung an das vorangegangene Jahr vorzunehmen war.

IV.       Rechtliche Erwägungen:

IV.1.   Zur Zustellproblematik:

Aufgrund der Erhebung der Beschwerde vom 03.05.2017 gegen die „Berichtigen Bescheide“ vom 31.03.2017, mit denen die Pflichtbeiträge nach dem Tiroler Tourismusgesetz für die Jahre 2015, 2016 und 2017 festgesetzt wurden, kam gegenüber der Abgabenbehörde zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer in dieser konkreten Abgabenangelegenheit rechtsfreundlich vertreten wird. Da es sich bei der Rechtsvertreterin um eine Rechtsanwältin handelt und Vollmachten an RechtsanwältInnen im Regelfall auch ein Zustellvollmacht beinhalten, hätte die Behörde die Zustellung weiterer an den Beschwerdeführer adressierter Schriftstücke an die Rechtsvertreterin ins Auge fassen müssen.

Im konkreten Fall erfolgte im Rahmen der Vollmachtserteilung auch die Erteilung einer Zustellvollmacht, sodass nachfolgende Bescheide jedenfalls nicht an den Beschwerdeführer persönlich sondern an die Rechtsvertreterin zuzustellen gewesen wären. § 9 Abs 3 Zustellgesetz legt fest, dass die Behörde, soweit ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, den Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger zu bezeichnen hat. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Sowohl hinsichtlich des Aufhebungs- und Neufestsetzungsbescheides vom 07.06.2017 also hinsichtlich der daraufhin ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom 24.08.2017 erfolgte die Zustellung durch das tatsächliche Zugehen an die Rechtsvertreterin. Gemäß § 9 Abs 3 zweiter Satz Zustellgesetz ist somit diesbezüglich eine Heilung eines Zustellmangels eingetreten. Die daraufhin erhobenen Rechtsmittel (Beschwerde und Folgeantrag) waren rechtzeitig.

IV.2.   Zur Aufhebung gemäß § 299 BAO:

§ 293 BAO hat folgenden Wortlaut:

„Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.“

§ 299 BAO hat folgenden Wortlaut:

(1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:

         a)       die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;

         b)       die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

Die Abgabenbehörde hat offenbar aufgrund eines entsprechenden Begehrens des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 07.03.2017 in Bezug auf die Pflichtbeiträge nach dem Tiroler Tourismusgesetz für die Kalenderjahre 2015, 2016 und 2017 (endgültige) „Null-Festsetzungs-Bescheide“ erlassen. Ca zwei Wochen später sah sich die Behörde veranlasst, diese Bescheide zu korrigieren und erließ drei, jeweils als „Berichtigter Bescheid“ bezeichnete Bescheide, mit denen die Pflichtbeiträge für die genannten Jahre neuerlich vorgeschrieben wurden.

Im gegenständlichen Verfahren geht es um die Frage, inwieweit die Abgabenbehörde die grundsätzlich berechtigt war, die ursprünglichen („Null-festsetzung-)Bescheide vom 13.03.2017 aufzuheben bzw diese iZm der Aufhebung durch neue Abgabenbescheide zu ersetzen. Die Frage, inwieweit die Erlassung der „Berichtigten Bescheide“ vom 31.03.2017 rechtskonform ist und insbesondere mit § 293 BAO im Einklang steht, stellt sich nicht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sondern in jenem, welches die Beschwerde gegen diese „Berichtigten Bescheide“ zum Inhalt hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist wesentlich, dass ein berichtigender Bescheid nicht an die Stelle des fehlerhaften Bescheides tritt. Vielmehr tritt er hinzu und bildet mit diesem eine Einheit (vgl VwGH 21.09.1993, 93/14/0119; 25.02.1998, 97/14/0141). So wie der berichtigende Bescheid mit Bescheidbeschwerde angefochten oder etwa auch gemäß § 299 BAO aufgehoben werden kann, so ist auch der (ursprünglich ergangene) berichtigte Bescheid anfechtbar und kann aufgehoben werden.

§ 299 BAO gestattet Aufhebungen, wenn sich der Bescheid als nicht richtig erweist. Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt, ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs  1 BAO nicht ausschlaggebend (Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar6, Rz 9 und 10 zu § 299).

Ausgehend von den (auch im Schreiben an das Landesverwaltungsgericht dargelegten) nachvollziehbaren Erwägungen der Abgabenbehörde in Bezug auf das Vorliegen einer Beitragspflicht des Beschwerdeführers kann der Auffassung der Abgabenbehörde, dass den „Null-Festsetzungsbescheiden“ vom 13.03.2017 ein Rechtswidrigkeit anhaftet und somit grundsätzlich eine Aufhebung dieser Bescheide gemäß § 299 BAO in Betracht kommt, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Da das Fristerfordernis des § 302 Abs 1 BAO (Jahresfrist) gewahrt wurde, stellt sich die mit dem angefochtenen Bescheid unter Spruchpunkt I. ausgesprochene Aufhebung gemäß § 299 BAO als rechtskonform dar.

Allerdings darf der Umstand nicht außer Acht gelassen werden, dass die Abgabenbehörde nach Erlassung dieser Null-Festsetzungsbescheiden (offenbar gemäß § 293 BAO) „Berichtigte Bescheide“ erließ mit denen die Pflichtbeiträge nach dem Tiroler Tourismusgesetz hinsichtlich der Jahre 2015, 2016 und 2017 mit näher angeführten Abgabenbeträgen (zum Teil vorläufig) festgesetzt wurden. Diese Bescheide sind nicht unmittelbar von einer Aufhebung gemäß
§ 299 BAO erfasst. Sie werden im Parallelverfahren mit Beschwerde bekämpft, wobei die Abgabenbehörde (jeweils) mit einem (nicht in Form einer Beschwerdevorentscheidung gekleideten) Zurückweisungsbescheid vorging, der wiederum (jeweils) mit Beschwerde bekämpft wird. Die Abgabenbehörde hat in den Zurückweisungsbescheiden vom 07.06.2017 damit argumentiert, dass es sich um Nichtbescheide handeln würde, ohne dies näher auszuführen.

Die ursprünglich erlassenen Bescheide vom 13.03.2017 und die zwei Wochen danach erlassenen (hinzugetretenen) „Berichtigten Bescheide“ vom 31.03.2017 bilden miteinander eine Einheit. Durch die Aufhebung der Bescheide vom 13.03.2017 gemäß § 299 BAO haben die Berichtigungsbescheide vom 31.03.2017 ihre rechtliche Grundlage verloren. Sie stehen daher der Erlassung von Festsetzungsbescheiden, wie dies unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides erfolgte, nicht entgegen. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren wird daher als gegenstandlos geworden einzustellen sein (vgl VwGH 07.05.1990, 88/15/0057).

IV.3.   Zur Neufestsetzung der Pflichtbeiträge:

Nach § 30 Abs 1 Tourismusgesetz 2006 haben die Pflichtmitglieder für jedes Haushaltsjahr des Tourismusverbandes (Vorschreibungszeitraum) an diesen Pflichtbeiträge nach Maßgabe ihres im Bemessungszeitraum nach § 30 Abs 4 leg cit unmittelbar oder mittelbar aus dem Tourismus in Tirol erzielten wirtschaftlichen Nutzens zu entrichten. Für die Beurteilung dieses Nutzens sind die Umsätze nach § 31 Tourismusgesetz 2006 oder die sonstigen Bemessungsgrundlagen nach § 32 leg cit heranzuziehen. Bemessungszeitraum ist nach § 30 Abs 4 Tourismusgesetz 2006 das Kalenderjahr, das dem Haushaltsjahr des Tourismusverbandes entspricht. Werden nicht die Umsätze von einem Kalenderjahr, sondern von einem von diesem abweichenden Wirtschaftsjahr zur Umsatzbesteuerung herangezogen, so ist Bemessungszeitraum jener umsatzsteuerliche Veranlagungszeitraum, der im Haushaltsjahr des Tourismusverbandes endet

Eine Konkretisierung des Kreises der solcherart erfassten Pflichtmitglieder ergibt sich aus der Beitragsgruppenverordnung nach § 33 Tiroler Tourismusgesetz 2006. Die Verordnung, die die Pflichtmitglieder in Beitragsgruppen einzureihen hat, zeigt, welche Berufsgruppen grundsätzlich nach Auffassung der verordnungserlassenden Landesregierung die Kriterien des § 33 Abs 2 Tiroler Tourismusgesetz 2006 erfüllen. Die Subsumtion unter eine der in der Verordnung enthaltenen Berufsgruppen hat im Einzelfall aus Anlass der Beitragsvorschreibung zu erfolgen (VwGH 25.04.2005, 2001/17/0185; ua).

 Der Verfassungsgerichtshof hat gegen solche Beiträge weder an sich noch gegen den Umstand Bedenken gehegt, dass der aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar erzielte Erfolg unter Zugrundelegung des Umsatzes eines Pflichtmitgliedes errechnet wird (VfGH 30.11.2004, G 83/04; VfGH 06.03.2006, B 158/05; ua). In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wurde die Verfassungskonformität von Vorschriften über die Entrichtung von Pflichtbeiträgen nach Berufsgruppen differenziert dann bejaht, wenn die Einordnung einer Berufsgruppe in eine bestimmte Beitragsgruppe bei typisierender Betrachtungsweise (auch im Verhältnis zu anderen Berufsgruppen betrachtet) dem aus dem Tourismus gezogenen Nutzen entspricht (vgl VwGH 10.06.2002, 98/17/0332; ua). So führte der Verfassungsgerichtshof zu einer Vorgängerbestimmung des Tiroler Tourismusgesetzes 2006 in diesem Zusammenhang Folgendes aus: Der Umstand allein, dass das Verhältnis des Umsatzes zum Fremdenverkehrsnutzen und jenes des Fremdenverkehrsnutzens der in den einzelnen Gruppen zusammengefassten Unternehmenstypen zum Nutzen der jeweils einer anderen Gruppe zugeordneten Unternehmenstypen auch als Durchschnittsgrößen nicht exakt zu bestimmen sind, macht eine Festlegung dieser Verhältnisse durch den Gesetzgeber noch nicht unsachlich oder willkürlich. Unsachlichkeit oder Willkür und damit ein Widerspruch zu Art 7 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Feststellung mit den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig gar nicht übereinstimmen könnte oder wollte (vgl VfSlg 7082/1973; VfgH 01.10.1984, B 666/80, B 667/80; VwGH 12.08.2002, 99/17/0258).

Die Höhe eines Beitrages vom Ausmaß des unmittelbaren oder mittelbaren Nutzens aus dem Tourismus abhängig zu machen und diesen Nutzen aus dem Umsatz des Beitragspflichtigen abzuleiten, ist nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung sachlich gerechtfertigt (VfSlg 11025/1986; VwGH 30.08.1999, 99/17/0244; VwGH 28.02.2000, 96/17/0252).

Im gegenständlichen Fall ist nach § 1 der Beitragsgruppenverordnung 1991 die Berufsgruppe Nr 788 - „Physikalische Therapeuten und Heilmasseure (bei Anwendung nach ärztlicher Verordnung)“- in der (für die Region Z-Wattens maßgeblichen) Ortsklasse C - der Beitragsgruppe VI von insgesamt sieben Beitragsgruppen zugeordnet und ist dafür nach § 35 Abs 2 lit e Tiroler Tourismusgesetz 2006 der Prozentsatz mit 10% festgelegt.

Der Beschwerdeführer ist als Physiotherapeut in diese Berufsgruppe einzuordnen. Dass die Abgabenbehörde daher von einer Abgabenpflicht des Beschwerdeführers ausgeht, erweist sich daher als rechtskonform. Aus der von der Abgabenbehörde in der Vergangenheit generell oder in Einzelfällen gepflogenen Vorgangsweise, wonach hinsichtlich der ErgotherapeutInnen von der Abgabepflicht befreit worden wären, können für den Beschwerdeführer keine Rechte abgeleitet werden. Der im § 114 BAO einfachgesetzlich zum Ausdruck kommende verfassungsrechtliche Gleichheitssatz gewährt niemand einen Anspruch darauf, dass sich eine Behörde, die sich in anderen Fällen rechtswidrig verhält, auch ihm gegenüber rechtswidrig verhalte.

Der Gesetzgebung und Vollziehung bindende Gleichheitssatz verbietet unsachliche, willkürliche Entscheidungen. Ob zwei verschiedene Fälle gleich (vergleichbar) sind, kann immer nur im Hinblick auf einzelne Gegebenheiten geprüft werden. Welche Faktoren hiebei in Betracht gezogen werden, ist letztlich eine Frage der (gesetzesgebundenen) Wertung. Die Frage, welche Gesichtspunkte geeignet sind, Differenzierungen sachlich zu rechtfertigen, stellt sich daher als Kernfrage des Problems dar. Die unterschiedliche Behandlung muss in einer sachlichen Relation zu Unterschieden im Tatsachenbereich stehen; die tatsächlichen Unterschiede müssen in Bezug auf die rechtliche Regelung wesentlich sein. Für die Sachlichkeit einer Norm können nicht die subjektive Einschätzung und die Motive des Gesetzgebers, sondern nur ihr objektiver Gehalt maßgebend sein.

Auf die Frage der Abgabenpflicht von Ergotherapeuten war in der gegenständlichen Entscheidung nicht einzugehen. Im gegenständlichen Fall geht es um die Abgabepflicht von Physiotherapeuten. Und diese liegt auf Grund der diesbezüglich eindeutigen Formulierung in der Beitragsgruppenverordnung vor.

Unter Zugrundelegung der festgestellten Umsätze, der Zuordnung zur Ortsklasse C und der Beitragsgruppe VI ergeben sich die von der Abgabenbehörde festgesetzten bzw in Bezug auf die Jahre 2016 und 2017 vom Landesverwaltungsgericht modifizierten Abgabenvorschreibungen. Da der Umsatz für das Jahr 2017 noch nicht endgültig feststeht und zu schätzen war, hatte die Festsetzung diesbezüglich vorläufig zu erfolgen.

V.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Belehrung und Hinweise

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.

Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, entfällt die Eingabengebühr und es wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bestellt, die oder der den Schriftsatz verfasst.

Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Die für eine allfällige Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühr beträgt gemäß § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz und § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz
Euro 240,--.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Stöbich

(Richter)

Schlagworte

Pflichtbeitrag Tourismusverband; Gleichheitsgrundsatz; Beitragsgruppenverordnung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.20.2460.7

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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