TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/22 LVwG 21.3-33/2018

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Veröffentlicht am 22.06.2018
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Entscheidungsdatum

22.06.2018

Index

34 Monopole

Norm

GSpG 1989 §1 Abs3
AVG §52 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Dr. Kundegraber über die Beschwerde der A B C Kft., D utca, E, Ungarn, vertreten durch Mag. F H, Rechtsanwältin in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

z u R e c h t e r k a n n t:

A. Die Beschwerde wegen Beiziehung des I J bei der Kontrolle am 09. November 2017, im Lokal K L, Mstraße, L, wird

abgewiesen.

B. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund die Kosten des Verfahrens in der Höhe von € 368,80 ab Erhalt des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

Art. 130 Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

§§ 9, 28 Abs 6, 35 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 1 VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV)

§ 50 Glücksspielgesetz idF BGBl. Nr. I 107/2017 (GSpG)

§ 52 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)

C. Gegen das Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Im Beschwerdeschriftsatz vom 21. Dezember 2017 wird als Erstbeschwerdeführerin N O geführt und als Zweitbeschwerdeführerin die A B C Kft. Soweit sich die Beschwerde auf die Erstbeschwerdeführerin bezieht, wurde die Beschwerde mit Schriftsatz vom 15. März 2018 zurückgezogen und das Verfahren mit Beschluss des Gerichtes vom 11. Mai 2018, GZ: LVwG 20.3-9/2018-14 eingestellt.

In der Beschwerde bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin wird vorgebracht, dass sie in ihrem Hausrecht durch die Beiziehung des I J zur glücksspielrechtlichen Kontrolle verletzt worden sei. I J zähle nicht zum Personenkreis der in § 50 Abs 2 GSpG genannt sei. Er sei auch kein Organ der öffentlichen Aufsicht, noch sei er Amtssachverständiger im Sinne des § 1 Abs 3 GSpG, da er nicht vom Bundesminister für Finanzen als Sachverständiger bestellt worden sei. Die Zweitbeschwerdeführerin habe jedoch die Anwesenheit des I J dulden müssen, obwohl er vom Gesetz nicht mit Kontrollbefugnissen ausgestattet gewesen sei.

Es wurde daher der Antrag gestellt, die rechtswidrige Hinzuziehung des I J zu der glücksspielrechtlichen Kontrolle am 09. November 2017 für rechtswidrig zu erklären sowie die entsprechenden Kosten zuzusprechen. Beigelegt wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 09. November 2017, GZ: 2.1-3379/2017, wonach im Rahmen der glücksspielrechtlichen Kontrolle eine Beschlagnahme und eine Teilbetriebsschließung für das Lokal K L, L, Mstraße, angeordnet wurde. Der Bescheid wurde P Q am 10. November 2017, um 17.00 Uhr, ausgehändigt. Ebenso war eine handschriftliche Aufzeichnung der Erstbeschwerdeführerin für die am 09. November 2017 stattgefundene Kontrolle in Kopie beigegeben.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Liezen legte am 06. Februar 2018 eine Stellungnahme vor, in der sie bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin ausführte, dass sich die Bezirksverwaltungsbehörden gemäß § 50 Abs 2 GSpG der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen könnten und zur Klärung von Sachverhaltsfragen mit den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes auch Amtssachverständige gemäß § 1 Abs 3 GSpG hinzuziehen könnten. Da bislang derartige Amtssachverständige durch das Bundesministerium für Finanzen nicht bestellt worden seien, komme die Bestimmung des § 52 Abs 2 AVG zur Anwendung, wonach die Behörde bei Nichtvorhandensein von Amtssachverständigen andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen könne. I J sei als nichtamtlicher Sachverständiger für Verfahren nach dem Glücksspielgesetz für die gesamte Steiermark durch die Steiermärkische Landesregierung bestellt. Durch die Anwesenheit sei somit keine rechtswidrige Maßnahme von Seiten der Behörde getroffen worden.

Es wurde der Antrag gestellt, die Maßnahmenbeschwerde mangels Vorliegen der Voraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen. Zudem wurde ein Antrag auf Ersatz der Aufwendungen gestellt.

II. 1. Sachverhalt:

Am 09. November 2017 fand eine glücksspielrechtliche Kontrolle im Lokal K L, Mstraße, L, statt. Bei der Überprüfung war als federführender Beamter Dr. R, Bezirkshauptmannschaft Liezen, und mehrere Polizeibeamte sowie Organe der Finanzpolizei tätig. Als Sachverständiger für das Glücksspielwesen wurde I J von der belangten Behörde hinzugezogen. Bei der Kontrolle wurden Glücksspielgeräte beschlagnahmt (§ 52 Abs 1 GSpG) und eine Teilbetriebsschließung des Betriebes angedroht (§ 56a GSpG).

Die Beiziehung des Sachverständigen I J gründet sich auf den Werkvertrag des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, GZ: ABT03-51177/2014-50, welcher im Dezember 2016 abgeschlossen wurde und für den Zeitraum 01. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2017 Gültigkeit hatte. Als Leistungen wurde Nachfolgendes vereinbart:

„Teilnahme an Einsätzen der Bezirkshauptmannschaften im Verfahren nach dem Glücksspielgesetz, insbesondere Verfahren nach §§ 50 ff Glücksspielgesetz-GSpG und Beratung auf Grundlage der bisher im Zusammenhang mit behördlichen Tätigkeiten gesammelten Erfahrungen. Erstellen von Befunden und Gutachten im Rahmen dieser Verfahren für die Bezirkshauptmannschaften in der Steiermark als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Glücksspielangelegenheiten. Der Ort der Leistungserbringung ergibt sich aus dem jeweiligen Leistungsabruf durch die Bezirkshauptmannschaften. Die Gutachten sind innerhalb der von der BH gesetzten Leistungsfrist bei der abrufenden BH mit schuldbefreiender Wirkung abzuliefern“.

2. Das Gericht geht von dem in der Beschwerde durchgeführten Sachverhalt aus und deckt sich dieser auch mit dem Vorbringen der belangten Behörde. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher gemäß § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen werden. Die in der Entscheidung zu klärende Frage bezieht sich ausschließlich auf rechtliche Überlegungen.

III. 1. Rechtliche Beurteilung:

§ 50 Abs 2 und Abs 3 GSpG lautet:

STRAF- UND VERFAHRENSBESTIMMUNGEN

Behörden und Verfahren

(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.

Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 22.11.2017, Ro 2016/17/0003) sind zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt, wobei gemäß § 50 Abs 2 GSpG zu den Organen der öffentlichen Aufsicht ebenfalls die Organe der Abgabenbehörde – mithin die Finanzpolizei – gehören. Die Befugnisse dieser Organe sind in § 50 Abs 4 GSpG geregelt, wobei die Durchsetzung der Überwachungsaufgaben mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in den letzten Sätzen des § 50 Abs 4 GSpG erst mit der Novelle BGBl. I Nr. 118/2015 hinzugeführt wurde. Diese gesetzlichen Bestimmungen gehen daher davon aus, dass die Organe der Finanzpolizei als gemäß § 9 Abs 3 AVOG 2010 iVm § 10b AVOG 2010-DV eingerichtete Organisationseinheit in Erfüllung der Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG gemäß § 50 Abs 2 und 3 GSpG als Organe der Abgabenbehörde tätig werden und daher, soweit sie nicht selbst im Auftrag der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde gemäß § 50 Abs 1 GSpG tätig werden, dieser zurechenbar sind.

Im konkreten Fall wurden die beigezogenen Finanzpolizisten im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Liezen tätig, die für deren Handlungen die Verantwortung als belangte Behörde übernimmt. Der Sachverständige I J ist jedenfalls nicht zu den Organen der öffentlichen Aufsicht hinzuzuzählen, sondern wurde zur Klärung von Sachverhaltsfragen im Zusammenhang mit dem Glücksspielgesetz beigezogen. Das Glücksspielgesetz sieht zwar grundsätzlich vor, dass Amtssachverständige beigezogen werden, wenn jedoch der Bundesminister für Finanzen keine Amtssachverständige bestellt (§ 1 Abs 3 GSpG), so kann sich die Behörde geeigneter Sachverständiger bedienen (§ 52 Abs 2 AVG). Dass bei der Kontrolle die belangte Behörde hiebei einen gerichtlich beeideten Sachverständigen beigezogen hat, ist sicherlich im Rahmen ihrer Anordnungsbefugnis der glücksspielrechtlichen Kontrolle. Zudem besteht zwischen dem gerichtlich beeideten Sachverständigen und dem Amt der Landesregierung eine finanzielle Vereinbarung (Werkvertrag) sowie Umschreibung des Leistungsumfanges, der eine „Teilnahme an Einsätzen der Bezirkshauptmannschaften im Verfahren nach dem Glücksspielgesetz, insbesondere Verfahren nach §§ 50 ff GSpG“ vorsieht. Dass der beigezogene Sachverständige Handlungen gesetzt hat, die über seinen Kompetenzbereich hinausgehen, wird selbst von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und stellt daher die Anwesenheit bzw. Teilnahme des Sachverständigen bei der Kontrolle keinesfalls eine Verletzung des Hausrechtes der Beschwerdeführerin dar.

Die Beschwerde wegen der behaupteten „rechtswidrigen Hinzuziehung des Herrn I J zu einer glücksspielrechtlichen Kontrolle gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin“ war daher abzuweisen.

2. Als Kosten wurden gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 VwG-AufwErsV dem Bund ein Betrag von € 368,80 als Schriftsatzaufwand zugesprochen.

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Beiziehung des Sachverständigen I J findet ihre Deckung in § 50 Abs 2 GSpG iVm § 52 Abs 2 AVG.

Schlagworte

glücksspielrechtliche Kontrolle, Sachverständige, Amtssachverständige, Anordnungsbefugnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2018:LVwG.21.3.33.2018

Zuletzt aktualisiert am

17.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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