TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/16 LVwG-S-2069/001-2017

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Veröffentlicht am 16.08.2018
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Entscheidungsdatum

16.08.2018

Norm

GewO 1994 §81
GewO 1994 §370 Abs1
GewO 1994 §370 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten vom 5. Juli 2017, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Feststellungen:

1.1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben es als verantwortliche Beauftragter gem. § 9 Abs 2 VStG 1991 der C KG in ***, ***, für die Errichtung Filiale *** der C KG im Standort ***, ***, zu verantworten, dass die behördlich bewilligte Betriebsanlage im Standort ***, ***, zumindest am 18.07.2016 konsenslos geändert und ab 28.07.2016 nach der Änderung betrieben wurde, da das Bestandsgebäude - Ausrichtung rechtwinkelig zur *** im südöstlichen Bereich des Grundstückes mit der Rückseite des Gebäudes der *** zugewandt, Eingangsbereich an der Nordostseite - abgebrochen und ein Betriebsgebäude in geänderter Ausrichtung - parallel zur *** im nordwestlichen Bereich des Grundstückes, mit der Rückseite des Gebäudes den Grundstücken Nr.***, *** und ***, KG ***, zugewandt, Eingangsbereich an der Ostseite - neu errichtet wurde. Am 28.07.2016 wurde das neue konsenslos errichtete Geschäftslokal betrieben. Die Änderung der Betriebsanlage – durch Abbruch des bestehenden Gebäudes und Neubau eines Verkaufslokales - wurde erst am 28.09.2016 mit Bescheid des Magistrates der Stadt St.Pölten, Anlagenbehörde, GZ ***, genehmigt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 366 Abs.1 Ziff.3 GewO 1994 idgF iVm § 81 GewO 1994 idgF“

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von 3.600 Euro zuzüglich Kostenbeitrag verhängt.

1.2.  Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen C-Betriebsanlage in ***, ***, war im Tatzeitpunkt Herr D, geboren ***, als Filialgeschäftsführer bestellt. Diese Bestellung wurde auch angezeigt.

1.3.  Gegen das angefochtene Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde, zusammengefasst mit näherer Begründung und den Antrag das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2018, in welcher Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Der Umstand, dass im Tatzeitpunkt Herr D Filialgeschäftsführer war gründet auf dem die C KG betreffenden Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria, GISA-Zahl: *** (Seite 30).

3.    Rechtliche Erwägungen:

3.1.  § 370 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 42/2008, hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„§ 370.

(1) Wurde die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt, so sind Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

[…]

(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 gelten sinngemäß für den Fall der Anzeige oder der Genehmigung der Bestellung eines Filialgeschäftsführers gemäß § 47, dem nachweislich die entsprechende selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis übertragen wurde, hinsichtlich der Betriebsstätte, für die er verantwortlich ist.

[…]“

3.2.  Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 VStG, dass die darin getroffene Regelung nur subsidiär, das heißt nur dann zur Anwendung zu kommen hat, wenn in den im Einzelfall anzuwendenden besonderen Verwaltungsvorschriften nicht eine selbständige Regelung der Verantwortlichkeit nach außen getroffen ist. Im Bereich des Gewerberechts wird mit § 370 Abs. 1 bzw. 4 GewO 1994 eine derartige Regelung getroffen, wonach Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer bzw. Filialgeschäftsführer zu verhängen sind, wenn die Bestellung eines solchen angezeigt oder genehmigt wurde. Im Gewerberecht kommt die Bestellung eines strafrechtlich verantwortlichen nach § 9 VStG daher nicht in Betracht (vgl. VwGH vom 26. Februar 2014, Ro 2014/04/0030).

Vor dem Hintergrund, dass zum Tatzeitpunkt Herr D als Filialgeschäftsführer bestellt war, wäre gemäß § 370 Abs. 1 bzw. 4 GewO 1994 dieser zur Verantwortung zu ziehen gewesen.

Der Beschwerdeführer hat demgegenüber – ungeachtet des Umstandes, dass er der belangten Behörde mit Schreiben der C KG vom 3. August 2016 als „verantwortlicher Beauftragter“ genannt wurde – die angelastete Verwaltungsübertretung nicht zu verantworten, weshalb das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen war.

Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Gewerberecht; Verwaltungsstrafe; Verfahrensrecht; verantwortlich Beauftragter; Geschäftsführer; Filialgeschäftsführer;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2069.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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