Entscheidungsdatum
04.09.2018Norm
ÄrzteG 1998 §111Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter Dr. Marvin Novak, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch C Rechtsanwalt GmbH, ***, ***, ***, gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 28. August 2015, Zl. ***, nach Beschwerdevorentscheidung vom 18. November 2015, Zl. ***, auf Grund des Vorlageantrages vom 10. Dezember 2015, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
ad 1.: § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG)
ad 2.: § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG)
Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG)
Entscheidungsgründe:
1. Maßgeblicher Verfahrensgang:
1.1. Der nunmehrige Beschwerdeführer, Herr A, beantragte durch seine Rechtsvertretung mit Schreiben vom 12. März 2015 die Ermäßigung seiner Beiträge zum Wohlfahrtsfonds.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer in den vergangenen Jahren wiederholt Ermäßigungen gewährt worden seien und dass die Voraussetzungen für eine Ermäßigung nach wie vor vorlägen (Alleinverdiener mit Ehefrau und drei Kindern; 80%-ige Minderung der Erwerbsfähigkeit; Reduzierung seiner Anstellung auf 30 Wochenstunden; kein nennenswerter Gewinn durch die Ordination).
Der Beschwerdeführer legte dazu in Folge Einkommensunterlagen vor.
1.2. Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 28. August 2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers für den Zeitraum von 1. Jänner 2015 bis 31. Dezember 2015 abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich auf Grund der Gehalts- und Umsatzdaten aus dem Jahr 2012 für den Beschwerdeführer ein Pensionsbeitrag in Höhe von 728,32 Euro errechne und dass bei einer Vergleichsrechnung mit aktuellen Daten ein höherer Beitrag in Höhe von 736,26 Euro ergebe. Die vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Umstände würden zwar Belastungen darstellen, im Hinblick auf das aktuelle Einkommen würden jedoch berücksichtigungswürdigende Umstände im Sinne von unabwendbaren und unverschuldeten akuten Eingriffen in die Lebenssituation ebensowenig vorliegen wie ein Härtefall.
1.3. Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht durch seine Rechtsvertretung Beschwerde. Im Wesentlichen wird darin Folgendes ausgeführt:
Der Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich habe im Jahr 2010 in einem Ermäßigungsbescheid festgehalten, dass die finanzielle und körperliche Belastung des Beschwerdeführers durch seine Behinderung als berücksichtigungswürdigender Grund zu qualifizieren sei, da es sich um einen unabwendbaren und unverschuldeten Eingriff in die Lebenssituation des Beschwerdeführers handle. Die gewährte Ermäßigung sei vom Beschwerdeausschuss im Jahr 2012 und im Jahr 2013 fortgeschrieben worden und es hätten sich die Umstände seitdem nicht wesentlich verändert. Hinsichtlich des Jahres 2014 sei beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein Beschwerdeverfahren anhängig. Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für 2014 weise zwar einen Gewinn auf, berücksichtige aber nicht die Kammerumlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträge, sodass sich bei gleicher Beitragshöhe wie 2013 ein Verlust ergebe. Das verwaltungsbehördliche Verfahren sei insofern mangelhaft als für das Jahr 2015 noch keine Umsatzzahlen vorlägen und die für die Vergleichsrechnung angestellte Berechnung nicht offengelegt worden sei. Die Berechnung sei nicht nachvollziehbar, unschlüssig und falsch, zumal dem Beschwerdeführer im Jänner 2015 ein höherer Beitrag als im Bescheid angegeben vorgeschrieben worden sei. Die Behörde habe ihr Ermessen unrichtig ausgeübt und auch das Vorliegen eines Härtefalles unrichtig beurteilt.
Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
1.4. Mit Beschwerdevorentscheidung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 18. November 2015 wurde die Beschwerde abgewiesen.
Begründend wurde (unter Darlegung der Berechnungsgrundlagen) im Wesentlichen ausgeführt, dass das Verhältnis der Beiträge zu den Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit 8,71% betrage. Eine Vergleichsrechnung unter Zugrundelegung aktueller einkommens- und berufsspezifischer Daten ergebe einen höheren Beitrag als bei Zugrundelegung der Daten aus 2012 (736,26 Euro statt 728,31 Euro). Die vorgeschriebenen Beiträge würden daher ausreichend auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie die Art der Berufsausübung des Beschwerdeführers Bedacht nehmen. Die Beiträge seien dem Beschwerdeführer auf Grund der Höhe seines aktuellen monatlichen Bruttogrundgehaltes und seines aktuellen Umsatzes wirtschaftlich zumutbar. Des Weiteren bewältige der Beschwerdeführer die regelmäßige Anreise von *** zu seiner Ordination in *** und retour trotz seiner 80%-igen Erwerbsminderung, sodass seine körperliche Beeinträchtigung seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht in einem derart großen Ausmaß negativ beeinflusse, dass eine Ermäßigung auf Grund berücksichtigungswürdigender Umstände oder eines Härtefalles auszusprechen sei. Mangels Vorliegens berücksichtigungswürdigender Umstände sei keine Beitragsreduktion zu gewähren.
1.5. Der Beschwerdeführer brachte dazu fristgerecht einen Vorlageantrag ein und es wurde der Verwaltungsakt dementsprechend dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.
1.6. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 31. August 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der vorliegenden Rechtssache durch. An dieser Verhandlung nahmen die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers sowie ein Vertreter des Verwaltungsausschusses teil. Seitens des Verhandlungsleiters wurde das zwischenzeitig ergangene hg. Erkenntnis betreffend den Ermäßigungsantrag des Beschwerdeführers für das Jahr 2014 sowie ein Auszug der Arztsuche betreffend den Beschwerdeführer zum Gerichtsakt genommen. Seitens der Parteien wurden keine Unterlagen vorgelegt.
2. Feststellungen und Beweiswürdigung:
2.1. Feststellungen:
Der am *** geborene Beschwerdeführer ist seit 1. März 1996 in die Ärzteliste eingetragen und er betreibt seit 22. Oktober 2002 eine Ordination als niedergelassener Facharzt für Urologie in ***. Seit 1. März 2007 ist der Beschwerdeführer auch als angestellter Facharzt für Urologie im Gesundheitszentrum *** tätig.
Der Beschwerdeführer war im Jahr 2015 Mitglied des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich.
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2012 ein Jahresbruttogrundgehalt aus ärztlicher Tätigkeit im Ausmaß von 62.954,28 Euro (Monatsbruttogrundgehalt: 5.246,19 Euro), im Jahr 2015 im Ausmaß von 57.436,56 Euro (Monatsbruttogrundgehalt: 4.786,38 Euro). Der Umsatz des Beschwerdeführers betrug 48.301,67 Euro im Jahr 2012 und 51.122,80 Euro im Jahr 2014.
Aktuellere Gehalts- und Umsatzdaten wurden im Verfahren nicht bekannt gegeben. Insbesondere wurden auch keine Gehalts- oder Umsatzeinbrüche vorgebracht.
Der auf Basis der ärztlichen Einnahmen im Jahr 2012 errechnete monatliche Pensionsbeitrag beträgt 728,32 Euro. Der im Sinne einer Vergleichsrechnung auf Basis des Gehalts 2015 und des Umsatzes 2014 errechnete monatliche Pensionsbeitrag beträgt 699,58 (bei Anwendung der Übergangsbestimmung des § 9 der Beitragsordnung 2015) bzw. 736,26 Euro (ohne Übergangsbestimmung) und es beträgt das Verhältnis dieser Einnahmen zum Pensionsbeitrag für das Jahr 2012 rund 8,05% (bzw. 8,71% bei Einbeziehung von Krankenunterstützung, Bestattungsbeihilfe und Beitrag zum Solidaritäts- und Notstandsfonds).
Der Beschwerdeführer stützt sein Begehren auf Ermäßigung der Wohlfahrtsfondsbeiträge vor allem darauf, dass er eine seit Geburt bestehende Gehbeeinträchtigung aufweist und dass ihm deswegen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 80% bescheinigt wurde. Weiters darauf, dass er Alleinverdiener und für seine Ehefrau und drei Kinder unterhaltspflichtig ist und im Jahr 2012 noch für 36 Wochenstunden als angestellter Facharzt tätig war, ab dann nur mehr für 30 Wochenstunden.
Der (nicht mehr existente) Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer für folgende Zeiträume den Beitrag zur Grundrente auf 35% des Pflichtbeitrages bescheidmäßig ermäßigt, wobei die Minderung der Erwerbsfähigkeit als berücksichtigungswürdigender Umstand angesehen wurde:
? September 2009 bis 30. Juni 2010
? 1. Juli 2010 bis 31. Dezember 2011
? 1. Juli 2013 bis 31. Dezember 2013.
Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 6. August 2014 bzw. mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. Oktober 2014 für das Jahr 2014 keine Ermäßigung gewährt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 1. Februar 2017,
Zl. LVwG-AV-102/001-2015, als unbegründet abgewiesen, wobei im Ergebnis davon ausgegangen wurde, dass die wirtschaftliche Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht so weit beeinträchtigt ist, dass ein allfälliger Minderverdienst nicht durch die Anknüpfung des Fondsbeitrages an das tatsächlich erzielte Einkommen ausreichend berücksichtigt wäre.
2.2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich – ebenso wie der dargelegte maßgebliche Verfahrensgang – auf die vorliegende unbedenkliche und unstrittige Aktenlage. Konkret ist Folgendes festzuhalten:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seinen ärztlichen Tätigkeiten und seiner Mitgliedschaft im Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich, ergeben sich insbesondere aus dem im Verwaltungsakt befindlichen ärztlichen Statusblatt (wobei sich aus dem in der Verhandlung zum Gerichtsakt genommenen Auszug der Arztsuche überdies ergibt, dass der Beschwerdeführer nach wie vor über eine Ordination als niedergelassener Facharzt für Urologie in *** verfügt). Die festgestellten Jahresbruttogrundgehälter für 2012 und 2015 ergeben sich insbesondere aus den im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Bezugsnachweisen. Auch im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung wurde von diesen Beträgen ausgegangen. Zu den festgestellten Umsätzen ist auf die vorgelegten Einnahmen-Ausgabenrechnungen zu verweisen. Wiederum wurde auch im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung von diesen Beträgen ausgegangen.
Aktuellere Gehalts- und Umsatzdaten wurden im Verfahren nicht bekannt gegeben. Insbesondere wurden auch keine Gehalts- oder Umsatzeinbrüche vorgebracht. Der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers gab in der Verhandlung über Befragung an, dass er keine Informationen über die aktuellen Gehalts- und Umsatzdaten des Beschwerdeführers habe bzw. über die Entwicklung seit 2012 (Verhandlungsschrift S 3). Dass der auf Basis des ärztlichen Einkommens im Jahr 2012 errechnete monatliche Pensionsbeitrag 728,32 Euro beträgt, ergibt sich anhand folgender Berechnung (§§ 1, 2 und 9 der Beitragsordnung 2015):
Einnahmen unselbständige Tätigkeit: Euro 62.954,28
Abzgl. Berufsspezifischer Pauschalbetrag (5%): Euro 3.147,71
Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit: Euro 48.301,67
Abzgl. Berufsspezifischer Pauschalbetrag (50%): Euro 24.150,84
Abzgl. Allgemeiner Pauschalbetrag: Euro 6.500,00
Bemessungsgrundlage: Euro 77.457,40
Pensionsbeitrag (12% der Bemessungsgrundlage): Euro 9.294,89
Abzgl. Pensionsbeitrag 2012: Euro 7.074,60
Differenz: Euro 2.220,28
Anteilige Differenz gem. § 9 der Beitragsordnung (75%): Euro 1.665,21
Zzgl. Pensionsbeitrag 2012: Euro 7.074,60
Pensionsbeitrag 2015: Euro 8.739,81
Pensionsbeitrag 2015 monatlich: Euro 728,32
Die im Sinne einer Vergleichsrechnung auf Basis des Gehalts 2015 und des Umsatzes 2014 errechneten Beiträge ergeben sich anhand folgender Berechnung:
Einnahmen unselbständige Tätigkeit: Euro 57.436,56
Abzgl. Berufsspezifischer Pauschalbetrag (5%): Euro 2.871,83
Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit: Euro 51.122,80
Abzgl. Berufsspezifischer Pauschalbetrag (50%): Euro 25.561,40
Abzgl. Allgemeiner Pauschalbetrag: Euro 6.500,00
Bemessungsgrundlage: Euro 73.626,13
Pensionsbeitrag (12% der Bemessungsgrundlage): Euro 8.835,14
Pensionsbeitrag monatlich: Euro 736,26
Pensionsbeitrag jährlich: Euro 8.835,14
Abzgl. Pensionsbeitrag 2012: Euro 7.074,60
Differenz: Euro 1.760,54
Anteilige Differenz gem. § 9 der Beitragsordnung (75%): Euro 1.320,41
Zzgl. Pensionsbeitrag 2012: Euro 7.074,60
Pensionsbeitrag: Euro 8.395,01
Pensionsbeitrag monatlich: Euro 699,58
Der Prozentsatz von 8,05% ergibt sich aus dem Verhältnis der aktuellsten bekannten Einnahmen (57.436,56 Euro plus 51.122,80 Euro) zum Pensionsbeitrag von 728,32 Euro (bzw. ergibt sich bei Einbeziehung von Krankenunterstützung, Bestattungsbeihilfe und Beitrag zum Solidaritäts- und Notstandsfonds der Prozentsatz von 8,71%).
Zur Begründung des Ermäßigungsbegehrens ist auf die vom Beschwerdeführer im Verfahren eingebrachten Schriftsätze zu verweisen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers in der Verhandlung angegeben hat, dass der Beschwerdeführer seine Beeinträchtigung seit der Geburt aufweist (Verhandlungsschrift S 3). Zu den vom Beschwerdeausschuss ausgesprochenen Ermäßigungen ist auf die im Verwaltungsakt befindlichen Bescheide zu verweisen, zum Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich auf die in der Verhandlung zum Akt genommene Entscheidung.
3. Maßgebliche Rechtslage:
3.1. § 111 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 idgF BGBl. I Nr. 110/2001, lautet wörtlich:
„Ermäßigung der Fondsbeiträge
§ 111. Die Satzung kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände auf Antrag des Kammerangehörigen oder des Pensionsleistungsempfängers (§ 109 Abs. 8) nach Billigkeit eine Ermäßigung oder in Härtefällen den Nachlass der Wohlfahrtsfonds- oder Pensionssicherungsbeiträge vorsehen.“
3.2. § 15 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (Satzung WFF NÖ, zuletzt geändert durch Beschluss der Erweiterten Vollversammlung am 3. Dezember 2014) lautete für das Jahr 2015 wie folgt:
„§ 15
Ermäßigung der Beiträge
(1) Jede Ermäßigung ist schriftlich unter Vorlage der in § 13 Abs. 1 Beitragsordnung vorgesehenen Unterlagen oder anderer geeigneter Nachweise zu beantragen.
(2) Bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände können die WFF-Beiträge auf Antrag des WFF-Mitgliedes nach Billigkeit ermäßigt oder in Härtefällen nachgelassen werden. Berücksichtigungswürdige Umstände sind insbesondere die Karenz nach dem Mutterschutzgesetz 1979, BGBl Nr. 221/1979, idF BGBl I Nr. 35/2012, die Väterkarenz nach dem Väter-Karenzgesetz 1989, BGBl Nr. 651/1989, idF BGBl I Nr. 58/2010, oder vergleichbaren landesgesetzlichen Regelungen, der Präsenzdienst nach dem Wehrgesetz 2001, BGBl I Nr. 146/2001, idF BGBl I Nr. 63/2012, und der Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz 1986, BGBl Nr. 679/1986, idF BGBl I Nr. 87/2012. Darüber hinaus stellen berücksichtigungswürdige Umstände solche Umstände dar, die ohne Verschulden des WFF-Mitgliedes akut und beträchtlich in seine Lebenssituation eingreifen.
(3) Ermäßigungen und Befreiungen sind rückwirkend höchstens bis zum Beginn des siebtvorangegangenen Beitragsjahres zulässig. Darüber hinaus können Ermäßigungen und Befreiungen rückwirkend ausgesprochen werden, wenn dem WFF-Mitglied ein Verstoß gegen Melde- und Auskunftspflichten nicht vorwerfbar ist oder wenn noch keine Vorschreibungen oder Kontoinformationen über diesen Zeitraum an das WFF-Mitglied ergangen sind.“
4. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:
4.1. Zum Antrag auf Ermäßigung der Wohlfahrtsfondsbeiträge:
Festzuhalten ist zunächst, dass Sache des vorliegenden Verfahrens ausschließlich die Frage ist, ob die Wohlfahrtsfondsbeiträge des Beschwerdeführers für den Zeitraum von 1. Juni 2015 bis 31. Dezember 2015 zu ermäßigen sind. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hängt dies ausschließlich vom Vorliegen berücksichtigungswürdigender Umstände ab (vgl. etwa VwGH 26.1.2017, Ro 2014/11/0052).
Gemäß § 111 ÄrzteG 1998 kann die Satzung bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände nach Billigkeit eine Ermäßigung oder in Härtefällen den Nachlass der Beiträge vorsehen. Gemäß § 15 Abs. 2 der Satzung WFF NÖ können demgemäß bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände die Beiträge nach Billigkeit ermäßigt oder in Härtefällen nachgelassen werden, wobei gemäß dem letzten Satz dieser Satzungsbestimmung berücksichtigungswürdige Umstände solche Umstände darstellen, die ohne Verschulden des Wohlfahrtsfondsmitgliedes akut und beträchtlich in seine Lebenssituation eingreifen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur (auch zu vergleichbaren Satzungsbestimmungen in anderen Bundesländern) bereits mehrfach ausgeführt, dass von einem berücksichtigungswürdigen Umstand nur bei Vorliegen eines außergewöhnlichen Ereignisses gesprochen werden kann. Den Gründen, die eine Ermäßigung oder einen Nachlass der Fondsbeiträge rechtfertigen, liegen überwiegend außergewöhnliche Ereignisse zu Grunde, die außerhalb der Einflusssphäre des Fondsmitglieds liegen und das Fondsmitglied an der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit hindern, was einen erheblichen Einkommensverlust zur Folge hat (vgl. etwa VwGH 2.4.2014, 2011/11/0133).
Das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Umstandes ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa bei einem an der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit hindernden Naturereignis zu bejahen (vgl. VwGH 15.10.2015, Ro 2014/11/0053). Weiters liegen berücksichtigungswürdige Umstände etwa dann vor, wenn ein Fondsmitglied durch krankheitsbedingt erheblich zurückgegangene Einnahmen aus seiner ärztlichen Tätigkeit die Kosten der Lebensführung für sich und seine ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Familienangehörigen nicht mehr bestreiten kann und sich im Verhältnis von Einkommen und Kosten der Lebensführung eine Deckungslücke von mehreren Tausend Euro ergibt (vgl. VwGH 26.2.2015, Ro 2014/11/0045). Eine andere Sichtweise kann aber angebracht sein, wenn das Mitglied über ein hinreichend großes Vermögen zur Abdeckung der Deckungslücke über einen längeren Zeitraum verfügt oder wenn es ungeachtet der eingeschränkten Erwerbsfähigkeit zumutbarer Weise höhere Einnahmen aus seiner ärztlichen Tätigkeit beziehen könnte (vgl. VwGH 17.12.1998, 98/11/0176).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung auch ausgeführt, dass der Beitragspflichtige seine wirtschaftliche Situation grundsätzlich selbst zu verantworten hat (vgl. etwa VwGH 26.2.2015, Ro 2014/11/0045). Dass eine Ordination aufgrund der Verluste in mehreren Jahren „unwirtschaftlich“ ist, stellt keinen berücksichtigungswürdigenden Umstand dar, weil nach der Judikatur die Gründung einer Ordination auf einer wirtschaftlichen Entscheidung zu treffen und in ihren finanziellen Auswirkungen allein vom Fondsmitglied zu verantworten ist (vgl. VwGH 15.10.2015, Ro 2014/11/0053, mwH).
Den Antragsteller trifft im Verfahren eine besondere Mitwirkungspflicht (vgl. etwa VwGH 24.5.2011, 2008/11/0182, mwH).
Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer das Vorliegen eines berücksichtigungswürdigen Umstandes im dargelegten Sinne im gesamten Verfahren nicht aufgezeigt hat. Insbesondere hindert die seit Geburt bestehende Gehbeeinträchtigung des Beschwerdeführers ihn zwar an der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit insoweit als er ärztliche Tätigkeiten, für die ein funktionierender Bewegungsapparat erforderlich ist, nicht bzw. jedenfalls nicht uneingeschränkt ausüben kann. Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, ist der Beschwerdeführer aber in der Lage sowohl ein nicht unbedeutendes regelmäßiges Einkommen als angestellter Facharzt als auch nicht unerhebliche Umsätze auf Grund der von ihm betriebenen Ordination zu erzielen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers ist daher nicht so weit beeinträchtigt, dass ein allfälliger Minderverdienst nicht durch die Anknüpfung des Fondsbeitrages an die tatsächlich erzielten Einnahmen ausreichend berücksichtigt wäre.
Festzuhalten ist, dass aktuellere Gehalts- und Umsatzdaten als die festgestellten nicht bekannt gegeben wurden und dass insbesondere auch keine Gehalts- oder Umsatzeinbrüche vorgebracht wurden.
Festzuhalten ist auch, dass durch das Anknüpfen der Beitragsvorschreibung an die Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit (des drittvorangegangenen Jahres) niedrigere Einnahmen auch zu niedrigeren Beitragsvorschreibungen führen und dass auch allfällige Verluste, die durch Umsatzeinbußen entstehen, in den folgenden Jahren durch Verringerung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden (vgl. etwa VwGH 26.2.2015, Ro 2014/11/0045).
Darüber hinaus ist selbst bei Betrachtung der aktuellsten bekannten Einnahmensdaten des Beschwerdeführers im Sinne der bereits von der belangten Behörde angestellten Vergleichsrechnung keine Unzumutbarkeit der Leistung von nicht ermäßigten Beiträgen zu erkennen. Bei Anwendung der Übergangsbestimmung ergäbe sich ein bloß geringfügig niedrigerer Beitrag und bei Nichtanwendung der Übergangsbestimmung (diese ist nur bis zum Jahr 2016 vorgesehen, sodass sie bei einer am drittvorangegangenen Jahr orientierten Beitragsvorschreibung für Einnahmen nach 2013 nicht mehr zur Anwendung kommt) ergäbe sich sogar der festgestellte höhere Beitrag.
Ob in der Vergangenheit vom Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich zuerkannte Ermäßigungen zu Recht gewährt wurden, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens und es besteht nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zudem auch kein Anspruch auf Nichtanwendung eines Gesetzes trotz gegebener Tatbestandsmäßigkeit (vgl. etwa VfSlg. 16.209/2001).
Darauf hinzuweisen ist schließlich noch darauf, dass mit geleisteten Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds Ansprüche erworben werden und dass die geleisteten Beiträge steuerlich absetzbar sind (vgl. dazu etwa auch Wallner, Ärztliches Berufsrecht, 2011, S 245).
Die erhobene Beschwerde ist somit als unbegründet abzuweisen und es ist die von der belangten Behörde getroffene Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
4.2. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Derartige Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind im vorliegenden Fall weder vorgebracht worden noch sonst wie im Verfahren hervorgekommen und es folgen die hg. Erwägungen der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur. Darüber hinaus ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Frage des Beitragsnachlasses aus berücksichtigungswürdigen Umständen eine Ermessensentscheidung (vgl. etwa VwGH 26.03.1998, 97/11/0366) und es stellt eine im Sinne des Gesetzes erfolgte Ermessensausübung keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. etwa VwGH 22.2.2018, Ra 2018/01/0032, mwH). Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde durchgeführt.
Schlagworte
Freie Berufe; Ärzte; Wohlfahrtsfonds; Wohlfahrtsfondsbeiträge; Ermäßigung; berücksichtigungswürdige Umstände;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1397.001.2015Zuletzt aktualisiert am
17.10.2018