Entscheidungsdatum
25.07.2017Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G313 2137964-1/4E
G313 2137962-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde der BF 1:
XXXX, geb. XXXX,StA Ungarn und der BF 2: XXXX, geb. XXXX, StA Ungarn gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.10.2016, XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 30.08.2016 ersuchte das Magistrat XXXX das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Ausweisung der Beschwerdeführerinnen (im Folgenden: BF) vorlägen.
Im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme am 16.9.2016 wurde der BF 1 Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Entscheidung im Hinblick auf § 66 Abs. 1 FPG auch als gesetzliche Vertreterin der
BF 2 eingeräumt und diese zugleich aufgefordert, Fragen zu ihrer Integration sowie zu ihren Familien- und Einkommensverhältnissen zu beantworten.
Am 28.9.2016 langte beim BFA, Regionaldirektion NÖ die diesbezügliche Stellungnahme der BF ein, in welcher diese vorbrachte, dass sie im Jahre 2007 nach Österreich gekommen sei um Kontakt zum Vater der Kinder herzustellen. Sie habe in Österreich gearbeitet und sei seit 24.10.2014 in der XXXX gemeldet. Sie wohne bei ihrem Ex Freund bis sie Arbeit gefunden habe. Sie selbst suche aktuell Arbeit. Ihr Gewerbe zur Personalbetreuung habe sie seit 2015 zurückgelegt.
Beigefügt wurden dem Schreiben folgende Unterlagen:
* Lebenslauf
* Passkopie
* Certifikat in rumänischer Sprache, rotes Kreuz
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid, den BF persönlich zugestellt am 16.10.2016, wurden die BF gemäß §§ 66 Abs. 1 FPG iVm. 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und den BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt. (Spruchpunkt II.).
Begründend hielt das BFA hierzu im Wesentlichen fest, dass die BF nicht nachweisen habe können, dass sie einer Arbeit nachgehe und über ausreichende Existenzmittel verfüge, ohne Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen zu müssen, sodass ihnen das Aufenthaltsrecht nicht mehr zukomme. Sie sei in Österreich aufrecht gemeldet und wohne an dieser Adresse gemeinsam mit ihrer ebenfalls nicht legal aufhältigen mj. Tochter. Sie habe keine sonstigen intensiven familiären Bindungen in Österreich und verfüge über keinen umfassenden Krankenversicherungsschutz. Da die BF derzeit arbeitslos sei, wäre sie gezwungen, bei Fortdauer ihres Aufenthaltes Sozialhilfeleistungen oder entsprechende Ausgleichszulagen in Anspruch zu nehmen.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurden durch das BVwG Strafregisterauszüge, Auszüge zur Sozialversicherung der BF und Tochter ,Auszüge aus dem Gewerberegister und Schulbesuchsbestätigungen für den von der BF 1 vorgebrachten Zeitraum der Meldung in Österreich angefordert.
Von der BF 1 wurde die Schulnachricht der VS XXXX über die Teilnahme an den Fächern Deutsch, Sachkunde und Mathematik vorgelegt. Die Fächer Musik, Werken und Sport wurden beurteilt.
Eine Schulbesuchsbestätigung für die VS wurde lediglich von 04.10.2011 bis 14.11.2011 vorgelegt.
Für das Schuljahr 2016/17 wurde eine Schulnachricht jedoch kein Abschlusszeugnis vorgelegt. Das Fach Deutsch wurde mit nicht genügend beurteilt.
Weiters eine Unterstützungserklärung des Herrn XXXX zur Einladung zum Besuch der BF nach Abschluss der HS der BF 2.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BF tragen die im Spruch angeführten Namen und sind rumänische bzw. ungarische Staatsangehörige.
Die BF waren nicht durchgehend in Österreich gemeldet. Die BF war vom 20.05.2011 bis 20.06.2011 als Arbeiterin beschäftigt, vom 16.10.2010 bis 29.02.2012 selbständig erwerbstätig und von 19.03.2015 bis 31.12.2015 ebenfalls. Am 10.10.2014 war die BF 1 geringfügig beschäftigt. Seit 2015 ist die BF arbeitslos und auch nicht mehr selbständig erwerbstätig, das Gewerbe legte die BF am 02.12.2015 zurück.
Im Rahmen der Gewerbeausübung wurden von der BF 1 in den Jahren 2011 , 2012 und 2015 keine Beiträge nach BSVG, GSVG und FSVG bezahlt.
Am 22.08.2016 stellte die BF 1 einen Antrag auf Mindestsicherung zur Deckung des Wohnbedarfs und Lebensunterhalts für sich und ihre Tochter.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF 1 aktuell sonstige Einkommen erzielt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF über eine aufrechte Krankenversicherung verfügen.
Die BF sind mit Unterbrechungen bei Herrn XXXX wohnhaft. Sie verfügen über keine sonstigen sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF an Krankheiten leiden, bezüglich derer sie keine medizinische Versorgung in seinem Herkunftsstaat erhalten könnten.
Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der BF in Österreich in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien:
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Familienstand und zur Staatsangehörigkeit der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Die Feststellung, dass die BF mit mehreren Unterbrechungen teilweise auch nur für
1 Monat in Österreich gemeldet sind, beruht auf einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Die Feststellung, dass die BF 1 das Gewerbe zurückgelegt hat, ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt.
Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, dass die BF über eine aufrechte Krankenversicherung verfügen, ergibt sich daraus, dass diese das Vorliegen eines Krankenversicherungsschutzes nicht belegen konnten und solches auch nicht dem eingeholten Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung zu entnehmen war.
Die Feststellung, dass die BF mit ihrer Tochter und Hernn XXXX zeitweilig in Österreich im gemeinsamen Haushalt leben, ergibt sich aus durch eine Einsichtnahme in das zentrale Melderegister
Die Feststellung, dass die BF 1 in Österreich kurzzeitig in einem sozialversicherungspflichten Dienstverhältnis gestanden ist, entspricht dem Amtswissen (Einsicht in den Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung).
2.2.2. Die strafrechtliche Unbescholtenheit folgt aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich).
Die Feststellung, dass die BF einen Antrag auf Mindestsicherung stellte; ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unstrittigen Akteninhalt.
Die Feststellung bezüglich des Gesundheitszustandes der BF ergibt sich daraus, dass diese keine ärztlichen Befunde vorgelegt haben die etwaige gesundheitliche Beschwerden ihrerseits belegen würden.
3. Rechtliche Beurteilung: Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFAVG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern der Sachverhalt hinreichen festgestellt wurde oder dieser effektiver seitens des Verwaltungsgerichtes festgestellt werden kann und die Beschwerde ab- oder zurückzuweisen ist, im Fall der Ermessensübung seitens der belangten Behörde jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.:
3.2.1. Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet:
§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(4) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" § 51 NAG lautet:
§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.
Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:
§ 55.(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.
3.2.2. Die Beschwerde gegen die Bescheide des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:
Dem gegenständlichen Sachverhalt fehlt es an mehreren Erfordernissen, welche für den Verbleib der BF im Bundesgebiet sprechen würden.
Die BF 1 vermochte kein regelmäßiges Einkommen nachzuweisen, sodass das BFA in ihrem Fall völlig zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Existenzmittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nicht hinreichend sind. Soweit Herr XXXX die Übernahme der Kosten für einen Besuch der BF bei ihm nach Abschluss der Schulausbildung der BF 2 zusagt ist dies nicht mit einer Übernahme bzw. Verpflichtungserklärung zur Kostenübernahme zu werten, bzw. stellte die BF 1 gerade erst im Jahre 2016 den Antrag auf Mindestsicherung, daher zu einem Zeitpunkt an dem die BF bereits bei Herrn XXXX wohnten, er hätte daher schon bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Verpflichtungserklärung abgeben können.
Im gegenständlichen Fall fehlt es der BF - wie oben dargelegt - noch zusätzlich an Integrationsmomenten und in großem Ausmaß an finanziellen Grundmitteln zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts.
Die BF 1 war selbständig erwerbstätig, hat jedoch gerade in dieser Zeit umfangreiche Sozialversicherungsbeiträge geschuldet. Einer unselbständigen Tätigkeit ist die BF nur kurz geringfügig beschäftigt nachgegangen und seit 2015 überhaupt keiner Beschäftigung mehr.
Die BF sind nicht krankenversichert.
BF 2 besuchte die VS in Österreich lediglich für die Dauer von einem Monat im Jahre 2011.Ein Schulabschlusszeugnis der Neuen Mittelschule wurde nicht vorgelegt, darüber hinaus wurde die BF in der Schulnachricht im Fach Deutsch mit nicht genügend beurteilt. Weitere Zeugnisse oder Sprachzertifikate wurden nicht vorgelegt.
Etwaige sonstige soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet brachten die BF nicht vor und vermag auch der zu kurze Aufenthalt der BF im Bundesgebiet an sich keine hinreichende Integration zu indizieren (vgl. VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354: Wonach selbst ein Aufenthalt von 3 1/2 Jahren als kurz zu bezeichnen ist). Demzufolge kann auch nicht von einem völligen Abbruch der Bezüge zum Herkunftsstaat, in welchem die BF den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben gesprochen werden, was wiederum für ein Zurechtfinden und erfolgreiches Fußfassen ebendort spricht. Wie die BF 1 auch selbst angab, reisten sie auch immer wieder in den Herkunftsstaat zur Betreuung einer erkrankten Angehörigen, dadurch ergibt sich auch noch weiterhin umfangreiche Bindungen zum Heimatsstaat, auch dass die BF 2 offenbar mehr Jahre die Schule dort besucht hat.
Nach Abwägung aller sich widerstreitenden Interessen ist jenem der öffentlichen Ordnung in Form eines geregelten Fremdenwesens (vgl. VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347) der Vorzug vor jenen der BF zu geben, weshalb angesichts des zuvor Gesagten und aufgrund des Fehlens aufenthaltsberechtigender Voraussetzungen iSd. § 51 Abs. 1 NAG und des damit einhergehenden unrechtmäßigen Aufenthaltes iSd. § 31 Abs. 1 Z 2 FPG, wonach ein Fremder sich nur dann rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, wenn er auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt ist, aufgrund des nichterbrachten Nachweises einer in Aussicht stehenden - dem Sinn der Bestimmungen folgend iSd. § 51 Abs. 1 Z 2 NAG zu wertenden - Einstellung gemäß § 66 FPG, im Ergebnis der (Ermessens-Entscheidung, vgl. den Wortlaut in § 66 Abs. 1 FPG: "...können ausgewiesen werden...") der belangte Behörde nicht entgegenzutreten ist und sich die ausgesprochene Ausweisung der BF als rechtmäßig darstellt.
Demzufolge waren die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
3.2.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Mangels widerstreitender Angaben und fassbarer entgegenstehender Momente war den BF - rechtsrichtig - ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014,
Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. So wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Auch ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl.
Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Ausweisung, EU-Bürger, mangelnde Deutschkenntnisse, MinderjährigeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:G313.2137962.1.00Zuletzt aktualisiert am
18.10.2018