TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/27 W205 2201443-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.07.2018
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Entscheidungsdatum

27.07.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W205 2201443-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.06.2018, Zahl: 1176672207-171389655/BMI-EAST_WEST, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Armenien und reiste gemeinsam mit seiner Mutter im Dezember 2017 in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 14.12.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Das Beschwerdeverfahren seiner Mutter XXXX , geb. XXXX , ist zur Zahl W192 2201440-1 hg. anhängig und wird ebenfalls mit heutigem Tage gleichlautend entschieden.

Hinsichtlich des Beschwerdeführers liegt keine EURODAC-Treffermeldung vor.

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 14.12.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er im Rollstuhl sitze, da er von der Hüfte abwärts gelähmt sei. Er nehme Medikamente, damit er urinieren könne. Nach Bedarf müsse er schmerzstillende Medikamente zu sich nehmen. Auf die Frage nach Familienangehörigen in Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat gab er an, dass er hier außer seiner mitgereisten Mutter niemanden habe. Sie hätten den Herkunftsstaat am 13.12.2017 legal auf dem Luftweg verlassen und seien über Kiew nach Mailand gereist. Danach seien sie in einem PKW nach Österreich gelangt. Man habe ihnen empfohlen, nach Österreich zu reisen und einen Asylantrag zu stellen, da der Beschwerdeführer dort medizinisch behandelt werde. Ihr Reisedokument sei in Mailand vom Schlepper abgenommen worden.

Ein Abgleichsbericht zu einer VIS-Anfrage ergab, dass dem Beschwerdeführer von einer italienischen Konsularbehörde ein Visum mit Gültigkeit von neun Tagen im Zeitraum vom 27.11.2017 bis 20.12.2017 erteilt wurde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 20.12.2017 hinsichtlich des Beschwerdeführers und seiner Mutter auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 Dublin III-VO gestützte Aufnahmeersuchen an Italien, die in der Folge unbeantwortet blieben. Mit Schreiben vom 22.02.2018 wies das BFA die italienischen Behörden auf das Verstreichen der Antwortfrist und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Aufnahme der Antragsteller gemäß Art. 22 Abs. 7 hin. Italien sei beginnend mit 21.02.2018 nunmehr zuständig für die Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens.

Am 07.03.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung. Der Beschwerdeführer gab über Befragen an, dass er während seines Militärdienstes schwer verletzt worden sei. Er habe Probleme mit der Wirbelsäule, im unteren Bereich der Wirbelsäule seien zwei Wirbel gebrochen gewesen. Hinter dem linken Ohr habe er Granatsplitter gehabt, diese seien ihm aber schon entfernt worden. Er sei zwanzig Tage im Koma gewesen und als er wieder aufgewacht sei, habe er ab dem Bauch abwärts nichts mehr gespürt. Auf Vorhalt, dass Italien für das gegenständliche Verfahren zuständig sei und daher beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen und die Außerlandesbringung zu veranlassen, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht nach Italien zurückkehren wolle, weil sie gehört hätten, dass die medizinische Versorgung in Österreich besser sei. Er habe am 19.03.2018 einen Termin beim Arzt und noch einen Termin beim Urologen. Heute sei er schon beim Urologen gewesen und es sei ein weiterer Termin vereinbart worden.

Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer folgende medizinische Unterlagen vor:

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Medizinisches Behandlungsbegleitblatt der Betreuungsstelle vom 18.12.2017

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Klientenkarte der Betreuungsstelle vom 18.12.2017

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Auszug aus der Krankenakte der Arztstation der Betreuungsstelle inkl. Anamnesebogen vom 20.12.2017

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Kurzarztbrief vom 22.12.2017 betreffend einen stationären Aufenthalt an einer Abteilung für Innere Medizin vom 19.12.-22.12.2017 mit den Diagnosen: "Chronische Obstipation; Harnwegsinfekt mit E. coli; Traumatischer inkompletter Querschnitt, Z.n. transpedikulärer dorsaler Stabilisierung Th 7- Th 8, Z.n. pertrochantärer Fraktur rechts, Z.n. Oberschenkelfraktur, Z.n. proximaler Fraktur der Fibula"

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Bestätigung über den stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 19.12.2017 bis 22.12.2017

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Medikamentenverschreibung vom 22.12.2017

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Ambulanzbericht einer Abteilung für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 24.12.2017 mit den Diagnosen: "Z.n. mehrfachen Kriegsverletzungen (anamnestisch Kopf, BWK8-Fraktur mit operativer Stabilisierung, unklare distale Oberschenkelverletzung); akute Obstipation; V.a. respiratorischer Infekt mit Husten"

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Laborbefund vom 10.01.2018

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Arztbrief einer Abteilung für Innere Medizin vom 26.01.2018 mit den Diagnosen: "chron. Obstipation; Harnwegsinfekt mit E. coli; traumatischer inkompletter Querschnitt; Z.n. transpedikulärer dorsaler Stabilisierung Th 7 - Th 8; Z.n. pertrochantärer Fraktur rechts; Z.n. Oberschenkelfraktur; Z.n. prosymaler Fraktur der Fibula"

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Befundversand vom 29.01.2018

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Medikamentenverschreibung vom 07.03.2018

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Ärztliche Fahrt- bzw. Transportanordnung vom 07.03.2018

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Patientenkarte eines Klinikums mit diversen Terminvereinbarungen am 07.03.2018, 18.04.2018, 19.09.2018, 22.01.2019 und 30.01.2019

Nach Erteilung der Zustimmung des Beschwerdeführers wurden auf Anfrage des BFA von seiner Betreuungsstelle weitere medizinische Unterlagen aus dem dort aufliegenden Krankenakt übermittelt:

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Ambulanzbericht einer Abteilung für Urologie vom 18.03.2018 mit den Diagnosen "traumatischer inkompletter Querschnitt; Z.n. transpedikulärer dorsaler Stabilisierung Th 7 - Th 8; Z.n. pertrochantärer Fraktur rechts; Z.n. Oberschenkelfraktur; Z.n. HWI"

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Behandlungsplan (Physiotherapie) mit Terminen im März und April 2018 (insgesamt sechs Termine)

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Ambulanzbericht einer Abteilung für Neurologie vom 22.03.2018 mit den Diagnosen: "ausgeprägte Paraspatik bei traumatischem Querschnittssyndrom; Z.n. transpedikulärer dorsaler Stabilisierung TH7 bis TH9"

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Ambulanzbericht einer Abteilung für Urologie vom 09.04.2018 mit den Diagnosen: "Frenulumblutung; V.a. Harnwegsinfekt; traumatischer inkompletter Querschnitt; Z.n. transpedikulärer dorsaler Stabilisierung Th 7 - Th 8; Z.n. pertrochantärer Fraktur rechts; Z.n. prox. Fraktur der Fibula; Z.n. Oberschenkelfraktur"

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Ambulanzbericht einer Abteilung für Urologie, ebenfalls vom 09.04.2018, mit den Diagnosen: "neurogene Blasenentleerungsstörung bei inkomplettem traumatischen Querschnitt - dauerkatheterversorgt seit 05.03.2018; Z.n. transpediculärer dorsaler Stabilisierung Th 7 bis Th 8, anamnestisch vor etwa 3 Jahren"

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Einladung der Pensionsversicherungsanstalt zur Absolvierung einer Rehabilitation im Zeitraum vom 18.04.2016 bis 16.05.2018

Mit Schreiben vom 18.08.2014 wurde ein medizinischer Sachverständiger vom BFA beauftragt, aus den beigefügten ärztlichen Unterlagen eine Befundinterpretation zu erstellen und - genau umrissenen - Fragen im Zusammenhang mit einer möglichen Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien zu beantworten.

Mit medizinischer Befundinterpretation vom 23.04.2018 fasste der medizinische Sachverständige den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers wie folgt zusammen:

"Lt. Angaben des ASt erlitt er 05/14 ‚während meines Aufenthaltes bei der Armee' bzw. im Rahmen eines ‚Gefechtes mit Aserbaidschan' Kriegsverletzungen, welche in Armenien operiert wurden, und mit deren Folgen er ab 12/17 in Österreich urologisch, neurologisch und orthopädisch vorstellig wurde.

Es zeigte sich dabei vorrangig der Z.n. operierter Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers mit konsekutiver Querschnittssymptomatik. Deren Folge ist eine Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung sowie ein Verlust der Gehfähigkeit bei Paraspastik der Beine (-> Rollstuhl). Aufgrund dessen leidet der ASt an Verstopfung sowie an wiederholten, behandlungsbedürftigen Harnwegsinfekten. 03/18 wurde er mit einem transurethralen Dauerkatheter versorgt, welcher 6-wöchig gewechselt werden muss. Die schmerzhafte Paraspastik der unteren Extremitäten wird st. 03/18 mit Botulinumtoxin-Injektionen behandelt.

Ebenso chirurgisch stabilisiert erwiesen sich eine pertrochantäre Fraktur rechts, eine Oberschenkelfraktur rechts sowie eine prox. Fibulafraktur links.

Ein chirurgischer Interventionsbedarf konnte bei dem ASt nicht erkannt werden, sein Zustand ist als chronisch zu werten. Zur Linderung der Paraspastik der unteren Extremitäten wurden ihm physiotherapeutische Applikationen empfohlen, der ASt befindet sich diesbzgl. seit 18.04.2018 auf einem Reha-Aufenthalt in Bad XXXX . Eine Änderung der Querschnittssymptomatik ist davon nicht zu erwarten."

Der Beschwerdeführer leide an folgenden körperlichen Erkrankungen:

"Z.n. Polytrauma 05/14 mit: BWK-VIII-Fraktur operat. in Armenien (Z.n. transpedikulärer dorsaler Stabilisierung TH7 auf TH9) und inkomplette Querschnittssymptomatik mit neurogener Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung rezidiv. Harnwegsinfekte, Dauerkatheter st. 03/18, Obstipation, schmerzhafte Paraspastik der unteren Extremitäten; pertrochantärer Fraktur rechts operat., distaler Oberschenkelfraktur rechts operat., prox. Fibulafraktur links operat.; Gangstörung im Rollstuhl mobilisiert".

Die an ihn gestellten Fragen beantwortete der medizinische Sachverständige wie folgt:

"Frage 1:

Leidet d. ASt. an einer körperlichen Erkrankung?

Ja (siehe oben unter Diagnosen).

Frage 2:

Wenn ,Ja' zu Frage 1: Besteht im Falle einer Überstellung nach Italien die reale Gefahr, dass d. ASt. aufgrund dieser Erkrankung in einen lebensbedrohlichen Zustand gerät oder sich die Krankheit in lebensbedrohlichem Ausmaß verschlechtert?

Nein. Die Reisefähigkeit ist gegeben.

Frage 3:

Wenn ,Ja' zu Frage 2: Welche Maßnahmen wären aus medizinischer Sicht vor, während oder nach der Übersteilung nach Italien notwendig, um eine derartige Gefährdung weitgehend zu minimieren?

Sämtliche unmittelbar erforderlichen medizinischen Maßnahmen wurden bei d. ASt vor der Überstellung durchgeführt. Während der Überstellung ist darauf zu achten, dass d. ASt seine Medikation mit sich führt. Nach der Überstellung benötigt d. ASt Zugang zu seiner oder einer alternativen Medikation sowie zu fachärztlichen Kontrollen zur Weiterführung der Therapie. Die Überstellung des Rollstuhl-pflichtigen ASt muss in Begleitung einer betreuenden Person erfolgen.

Frage 4:

Wenn ,Ja' zu Frage 2: Ab welchem Zeitpunkt (konkrete Datumsangabe) ist die Überstellung/Abschiebung möglich?

Ab sofort."

Mit Stellungnahme vom 01.06.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass den Unterlagen zu seiner Krankengeschichte zu entnehmen sei, dass er einer intensiven medizinischen Behandlung bedürfe. Der Beschwerdeführer stelle vor diesem Hintergrund eine vulnerable Person dar, die ohne konkrete Einzelzusicherung Italiens, dass gezielte medizinische Betreuung und Versorgung im konkreten Einzelfall gewährleistet sei, keinesfalls nach Italien überstellt werden dürfe. Es werde beantragt, dass Österreich die Zuständigkeit im gegenständlichen Asylverfahren übernehme. Hilfsweise werde die Einholung entsprechender medizinischer Sachverständigengutachten aus den betroffenen Fachgebieten, insbesondere Neurologie und Orthopädie, zum Beweis dafür beantragt, dass der Beschwerdeführer einer gezielten und intensiven medizinischen Behandlung und Betreuung bedürfe, um schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden von ihm abzuwenden.

Im Rahmen der Stellungnahme wurden (neben bereits vorgelegten Befunden) weiters folgende medizinische Unterlagen vorgelegt:

-

Ärztlicher Entlassungsbericht eines österreichischen Rehabilitationszentrums vom 15.05.2018 über den Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 18.04.2018 bis 16.05.2018 mit folgenden Diagnosen bei der Entlassung: "G838 Traumatischer inkompletter Querschnitt C7, Z.n. transpedikulärer dorsaler Stabilisierung Th7/Th8, 2014 Armenien"; vorgelegt wurde weiters ein Konvolut an Unterlagen, Befunden und Entlassungsberichten im Zusammenhang mit den durchgeführten (Rehabilitations)maßnahmen.

Am 04.06.2018 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Rechtsberaters erneut niederschriftlich vor dem BFA befragt. Der Beschwerdeführer gab an, dass er am 12.06.2018 einen Termin beim Neurologen, am 26.07.2018 einen Termin beim Neurochirurgen und am 10.07.2018 einen Termin beim Urologen habe und beschrieb auf Nachfrage die dort stattfindenden Untersuchungen. Nach seiner derzeitigen medizinischen Behandlung befragt, gab er an, dass ihm vor der Reha eine Physiotherapie verordnet worden sei, er diese Termine aufgrund des Reha-Aufenthalts jedoch nicht habe wahrnehmen können. Am 12.06.2018 würden ihm vermutlich diese Termine verordnet werden, ansonsten habe er keine weiteren medizinischen Behandlungen mehr. Auf Vorhalt der vom BFA in Auftrag gegebenen medizinischen Befundinterpretation, wonach etwa eine Überstellung nach Italien möglich sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er Beinschmerzen habe, wenn er lange Fahrten absolvieren müsse. Der Reha-Aufenthalt habe keine positiven Veränderungen für ihn gebracht, deshalb gebe es auch den Termin beim Neurochirurgen. Er könne nachts schlecht schlafen, da sich seine Beine ständig bewegen würden. Er wolle weiterhin von den Ärzten behandelt werden, die ihn schon kennen würden. Auf Vorhalt der Anfragebeantwortungen zur medizinischen Versorgung in Italien gab der Beschwerdeführer an, dass er sich hier bereits eingewöhnt habe und nochmals darum ersuchen wolle, dass er hierbleiben könne.

Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer neben medizinischen Unterlagen auch ein von ihm und seiner Mutter unterfertigtes Schreiben vor, in dem sie sich zunächst für den bisherigen Aufenthalt und die medizinische Versorgung in Österreich bedankten. Ferner würden sie einige Aussagen der Erstbefragung (etwa hinsichtlich der Familienangehörigen) richtigstellen und entschuldigen sich für die Falschaussagen. Der Beschwerdeführer sei ein junger Mann mit vielen Plänen und wolle keinesfalls sein Leben im Rollstuhl verbringen, wenn es eine Möglichkeit gäbe, wieder auf die Beine zu kommen. Er bitte um die Gewährleistung, dass er medizinisch versorgt werde und ihm nicht die Chance entzogen werde, wieder auf eigenen Beinen zu stehen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 2 oder 3 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Italien wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 19.01.2018, Asylstatistik und Unterbringung (relevant für Abschnitt 2/Allgemeines zum Asylverfahren und Abschnitt 6/Unterbringung)

2018 haben in Italien bis 12. Jänner 2.326 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit demselben Datum waren 2.214 Asylverfahren entschieden. Davon erhielten 164 Antragsteller einen Flüchtlingsstatus, 117 einen subsidiären Schutz, 562 humanitären Schutz und 1.267 endeten negativ (einschließlich unzulässiger Anträge). 104 Antragsteller entzogen sich dem Verfahren (MdI 12.1.2018). Mit Stand 31.12.2017 waren im Land 183.681 Fremde in staatlicher Unterbringung (VB 17.1.2018).

Quellen:

-

MdI - Ministero dell Interno (12.1.2018): Statistiken des MdI, per -E-Mail

-

VB des BM.I Italien (17.1.2018): Bericht des VB, per E-Mail

KI vom 13.12.2017, Unterbringung (relevant für Abschnitt 6/Unterbringung)

Mit Stand 30.11.2017 waren in Italien 186.884 Fremde in staatlicher Unterbringung, und zwar in folgender regionaler Verteilung:

...

(VB 12.12.2017)

Quellen:

-

VB des BM.I Italien (12.12.2017): Auskunft des VB, per E-Mail

KI vom 30.11.2017, Asylstatistik und Unterbringung (relevant für Abschnitt 2/Allgemeines zum Asylverfahren und Abschnitt 6/Unterbringung)

2017 haben in Italien bis 24.11. des Jahres 123.020 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit demselben Datum waren 74.184 Asylverfahren entschieden. Davon erhielten 6.271 Antragsteller einen Flüchtlingsstatus, 6.399 einen subsidiären Schutz, 18.232 humanitären Schutz und 38.813 endeten negativ (einschließlich unzulässiger Anträge). 3.891 Antragsteller entzogen sich dem Verfahren. Mit Stand 18.6.2017 waren im Land 194.809 Fremde in staatlicher Unterbringung (VB 29.11.2017; vgl. MdI 24.11.2017).

Quellen:

-

MdI - Ministero dell Interno (24.11.2017): Statistiken des MdI, per -E-Mail

-

VB des BM.I Italien (29.11.2017): Auskunft des VB, per E-Mail

KI vom 26.07.2017, Neuer Circular Letter (Tarakhel); Asylstatistik; Unterbringung (relevant für Abschnitt 3/Dublin-Rückkehrer und Abschnitt 6/Unterbringung)

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte Italien im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind, die als Dublin-Rückkehrer nach Italien zurückkehren. Zuletzt wurde am 24. Juli 2017 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Sie umfasst nun 18 SPRAR-Projekte mit zusammen 78 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 24.7.2017).

Aus einer Statistik des UNHCR geht hervor, dass 2017 bis 16. Juli

93.213 Bootsflüchtlinge in Italien gelandet sind. Das sind um 13.373 Personen mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Allerdings ist der Juli 2017 bislang mit 9.461 Migranten etwas schwächer als der Vergleichszeitraum 2016 (9.618). Aus den Statistiken geht hervor, dass mehr Personen in Italien Asylanträge stellen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wobei diese Anträge nicht notgedrungen von Neuankünften gestellt worden sein müssen (UNHCR 16.7.2017).

Laut offizieller italienischer Statistik haben 2017 bis zum 14. Juli

80.665 Personen einen Asylantrag gestellt. Mit selbem Datum waren

22.406 Anträge negativ erledigt, 3.842 erhielten Flüchtlingsstatus,

4.165 erhielten subsidiären Schutz, 10.632 erhielten humanitären Schutz. 2.118 Antragsteller waren nicht mehr auffindbar (VB 19.7.2017a).

Mit Stand 18. Juni 2017 waren 194.809 Migranten in staatlichen italienischen Unterbringungseinrichtungen untergebracht (VB 19.7.2017b).

Quellen:

-

MdI - Ministero dell Interno (24.7.2017): Circular Letter, per -E-Mail

-

UNHCR - Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (16.7.2017): Italy weekly snapshot - 16 Jul 2017, per E-Mail

-

VB des BM.I Italien (19.7.2017a): Statistiken der ital. Asylbehörde, per E-Mail

-

VB des BM.I Italien (19.7.2017b): Auskunft des VB, per E-Mail

2. Allgemeines zum Asylverfahren

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

Aus aktuellen Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es im Jahre 2016 insgesamt 123.600 Asylanträge gegeben hat, was einer Steigerung von 47% gegenüber 2015 entspricht (MdI 10.3.2017, vgl. Eurostat 16.3.2017). 4.808 Personen haben 2016 Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen, 12.873 subsidiären Schutz und

18.979 internationalen humanitären Schutz. 54.254 Anträge (60%) wurden abgewiesen (MdI - 10.3.2017).

Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 3.3.2017).

Aus Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es in Italien 2017 mit Stand 21. April 46.225 Asylanträge gab.

...

(VB 26.4.2017)

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

-

MdI - Ministero dell'Interno (10.3.2017): Dati e statistiche, http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/i-numeri-dellasilo; Zugriff 23.3.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy,

http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017

-

VB des BM.I Italien (26.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

3. Dublin-Rückkehrer

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).

3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).

5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).

6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).

(Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3 Dublin-Rückkehrer.)

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

4. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Legislativdekret (LD) 142/2015 definiert folgende Personenkreise als vulnerabel: Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Schwangere, alleinstehende Eltern mit minderjährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel, Opfer von Genitalverstümmelung und ernsthaft physisch oder psychisch Kranke sowie Alte, Behinderte, und Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen physischer, psychischer oder sexueller Gewalt. In Italien ist kein eigener Identifizierungsmechanismus für Vulnerable vorgesehen. Wenn im Zuge des Interviews ein Vertreter der Behörde den Verdacht hat, es mit einer vulnerablen Person zu tun zu haben, kann er diese speziellen Diensten zuweisen. Legislativdekret (LD) 142/2015 sieht auch vor, dass Opfern von Gewalt Zugang zu geeigneter medizinischer und psychologischer Betreuung zu gewähren ist (AIDA 2.2017).

Beim Schutz von Minderjährigen sind Reifegrad und Entwicklung des Minderjährigen zu berücksichtigen und es ist im besten Interesse des Kindes zu handeln. Stellt ein unbegleiteter Minderjähriger einen Asylantrag, wird das Verfahren sofort ausgesetzt und es werden das Jugendgericht und der Vormundschaftsrichter informiert. Letzterer muss binnen 48 Stunden einen Vormund ernennen, der dann bei der Quästur die Wiederaufnahme des Verfahrens bewirkt und die Maßnahmen zu Unterbringung und Versorgung des UMA überwacht (AIDA 2.2017).

Bei Zweifeln bezüglich des Alters eines Antragstellers kann jederzeit eine medizinische Altersfeststellung durchgeführt werden

Zu den Methoden der Altersfeststellung gibt es keine spezifischen Vorgaben, außer dass sie nicht invasiv sein sollen und in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen mit pädiatrischen Abteilungen durchzuführen sind. Für medizinische Untersuchungen ist jedenfalls die Zustimmung des Minderjährigen bzw. dessen Vormunds einzuholen. Die Ablehnung einer Altersfeststellung durch den Asylwerber hat keinen Einfluss auf das Asylverfahren. Altersfeststellungen werden oft auch von nicht-spezialisierten Medizinern anhand von Röntgenbildern vorgenommen. Im Zweifel ist jedenfalls die Minderjährigkeit anzunehmen (AIDA 2.2017).

Tatsächlich dauert es bis zur Bestimmung eines Vormunds oftmals bis zu mehreren Monaten. Hierdurch ergibt sich ein Vakuum in Bezug auf den Schutz des Minderjährigen. Ohne Erziehungsberechtigten bzw. Vormund können Verwaltungsverfahren nicht abgeschlossen werden; auch verzögern sich Anträge auf Standortwechsel und Familienzusammenführung. Dies führt dazu, dass viele Minderjährige, die nicht in Italien bleiben wollen, untertauchen und versuchen in andere EU-Länder zu gelangen (CoE 2.3.2017).

In manchen Fällen erschwert das Fehlen eines Vormunds sogar die Möglichkeit, überhaupt um Asyl anzusuchen, da einige Quästuren bei Nichtvorhandensein eines Vormunds das formale Asylverfahren nicht einleiten. Das Gesetz sieht zwar vor, dass Vertreter der Aufnahmeeinrichtungen vorübergehend als Vormund fungieren können; diesen sind die diesbezüglichen rechtlichen Bestimmungen aber oft nicht ausreichend bekannt oder die Quästuren erlauben ihnen unter Verweis auf den vorübergehenden Charakter des Vormundes nicht, Ansuchen von Kindern auf internationalen Schutz zu bestätigen. Das kann zur Folge haben, dass unbegleitete Minderjährige oftmals sogar später ins Asylverfahren eintreten können als Erwachsene (AIDA 2.2017).

Der Vormund kümmert sich während des gesamten Verfahrens um den unbegleiteten Minderjährigen (UMA), im Falle einer negativen Entscheidung auch darüber hinaus. Vor allem während des Interviews ist seine Anwesenheit unerlässlich. Beschwerden gegen negative Entscheidungen sind selten, weil entweder ein anderer Schutztitel oder eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 18. Geburtstag gewährt wird. Der Vormund ist für das Wohlergehen des Minderjährigen verantwortlich. In der Praxis wird der Bürgermeister jener Gemeinde, in welcher der UMA untergebracht ist, zum Vormund ernannt. Aufgrund der hohen Anzahl unbegleiteter Minderjähriger delegiert er die Vormundschaft häufig an andere Personen innerhalb der Gemeinde, die meist wiederum selbst zahlreiche andere Personen, wie etwa Behinderte, zu betreuen haben. Daher sind die ernannten Vormunde oft nicht in der Lage, ihren Schützlingen das erforderliche Maß an Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. In der Folge sehen Vormunde ihre Schützlinge daher oft nur bei der formalen Registrierung des Asylantrags und dann beim Interview, wozu sie gesetzlich verpflichtet sind. Auch die Ernennung eines freiwilligen Vormunds ist möglich, wird aber kaum angewendet. Es gibt keine Bestimmungen, die ein spezielles Training oder eine besondere Expertise des Vormunds im Bereich Asyl vorsehen (AIDA 2.2017; vgl. CoE 2.3.2017).

Laut italienischen Gesetzen ist bei der Unterbringung auf spezifische Bedürfnisse der Asylwerber Rücksicht zu nehmen. Dies gilt insbesondere für Vulnerable. LD 142/2015 sieht einen Gesundheitscheck in der Erstaufnahme vor, um auch spezielle Unterbringungsbedürfnisse erkennen zu können. PD 21/2015 führt die speziellen Unterbringungsvorkehrungen für Vulnerable näher aus. Diese speziellen Unterbringungsmöglichkeiten sind auch in den SPRAR-Strukturen sicherzustellen. Die Erhebung spezieller Bedürfnisse wird in den Unterbringungseinrichtungen vorgenommen, allerdings nicht systematisch und je nach Qualität und Finanzlage des jeweiligen Zentrums unterschiedlich. Es kann in der Praxis passieren, dass Folteropfer aus Platzmangel nicht in SPRAR transferiert werden. Bei Familien ist in jeder Unterbringungsstufe die Familieneinheit zu berücksichtigen. In der Praxis kann es vorkommen, dass der Familienvater bei den Männern untergebracht wird und die Mutter mit den Kindern bei den Frauen. Familien können aus temporären Strukturen auf freie Plätze in SPRAR transferiert werden, da diese besser für Familien geeignet sind. Solche Transfers sind abhängig von der Zusammensetzung der Familie, Vorliegen von Vulnerabilität bzw. Gesundheitsproblemen und der Warteliste für SPRAR-Plätze. Bei UMA ist bei der Unterbringung auf das beste Interesse des Kindes Rücksicht zu berücksichtigen. In Erstaufnahmeeinrichtungen dürfen sie nur für begrenzte Zeit untergebracht werden. In dieser Zeit soll die Feststellung des Altes und der individuellen Bedürfnisse geschehen. Danach sind UMA zur Unterbringung in SPRAR-Strukturen berechtigt. Ist dort kein Platz frei, kann der UMA temporär in der zuständigen Gemeinde untergebracht werden. Unbegleitete Minderjährige, die nicht Asyl beantragen, haben ein Recht auf Unterbringung ohne Unterschied zu asylwerbenden UM. UMA dürfen nicht in Zentren für Erwachsene oder Schubhaftzentren untergebracht werden. Ersteres ist im Jahre 2016 jedoch vorgekommen. Für UM gibt es, zum Unterschied von erwachsenen AW, keinen zentralen Verteilungsmechanismus. Der Transfer in SPRAR ist daher in der Verantwortlichkeit der Ankunftsgemeinde. UM konzentrieren sich daher besonders in einigen Grenzregionen. 2016 waren dies vor allem Sizilien usw. 25.772 UM kamen im Jahre 2016 in Italien an (AIDA 2.2017).

Gerade für unbegleitete Minderjährige (UM) bzw. geistig oder körperlich Behinderte gibt es eigene SPRAR-Projekte mit spezialisierten Leistungen. Da die Kosten für die Unterbringung dieses Personenkreises aber weit über die staatlichen Unterstützungszahlungen hinausgehen, bieten nur wenige Gemeinden solche Plätze an. Derzeit beläuft sich das Angebot für unter 18-Jährige auf rund 2.000 Plätze. Aufgrund dieses Mangels an SPRAR-Plätzen verbringen bis dato viele unbegleitete Minderjährige über sechs Monate in den großen Erstaufnahmezentren, die aber nicht auf die speziellen Bedürfnisse von Minderjährigen eingerichtet sind (CoE 2.3.2017).

Am 6.5.2017 trat ein neues Gesetz zum Schutz unbegleiteter Minderjähriger in Kraft, das diesen nunmehr dieselben Rechte und denselben Schutz wie europäischen Minderjährigen zugesteht. Es reduziert u.a. die Aufenthaltsdauer für UM in Erstaufnahmezentren von 60 auf 30 Tage und besagt, dass UM binnen 10 Tagen identifiziert werden müssen. Außerdem sieht das neue Gesetz im Wesentlichen folgende weitere Verbesserungen vor:

* Die unbegleiteten oder getrennten Minderjährigen dürfen - ohne jede Ausnahme - an den Grenzen nicht zurückgewiesen bzw. abgeschoben werden.

* Die Maßnahmen zur Altersfeststellung werden verbessert und vereinheitlicht.

* Es wird ein strukturiertes und gestrafftes nationales Aufnahmesystem aufgebaut, das entsprechenden Mindeststandards für unbegleitete Minderjährige in allen Aufnahmezentren vorsieht.

* Es wird der Einsatz qualifizierter Kulturmediatoren ausgeweitet, um den Bedürfnissen besonders schutzbedürftiger Minderjähriger gerecht zu werden.

* Es werden für die Minderjährigen das Institut der Pflegefamilie und die zeitgerechte Bestellung eines freiwilligen Vormunds gefördert.

* Einige Rechte Minderjähriger werden gestärkt, beispielsweise bezüglich Gesundheitsfürsorge und Ausbildung.

* Es wird im Ministerium für Arbeit und Soziales ein nationales Informationssystem zur Erfassung der unbegleiteten Minderjährigen aufgebaut

(UNICEF 29.3.2017; vgl. PI 30.3.2017; UNHCR 30.3.2017; ECRE 12.5.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

-

CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder;

internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit;

Integration; etc.),

https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017

-

ECRE - European Council on Refugees and Exiles (12.5.2017): ELENA Weekly Legal Update, per E-Mail

-

PI - Parlamento Italiano, Camera dei Deputati (30.3.2017):

Cittadinanza e immigrazione; Minori stranieri non accompagnati, http://www.camera.it/leg17/465?tema=minori_stranieri_non_accompagnati#m, Zugriff 3.4.2017

-

UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (30.3.2017): Approvata legge su accoglienza e protezione dei minori stranieri non accompagnati in Italia,

https://www.unhcr.it/news/aggiornamenti/approvata-legge-accoglienza-protezione-dei-minori-stranieri-non-accompagnati-italia.html, Zugriff 31.3.2017

-

UNICEF - United Nations Children's Fund (29.3.2017): Approvata la "Legge Zampa": più tutele e inclusione per i minori stranieri non accompagnati,

http://www.unicef.it/doc/7324/approvata-la-legge-zampa-per-minori-stranieri-non-accompagnati.htm, Zugriff 3.4.2017

5. Non-Refoulement

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).

Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger besteht ein absolutes Rückschiebeverbot an der Grenze (UNICEF 29.3.2017).

Das italienische Innenministerium hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Zugang zu Asylverfahren und Grundrechten Personen nicht verweigert werden kann, für die willkürlich angenommen wird, dass sie des internationalen Schutzes nicht bedürfen. Außerdem wurde explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden. Es würden laut Innenministerium keine Ausweisungsbefehle erlassen, wenn Migranten zuvor nicht korrekt informiert wurden (AIDA 2.2017).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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