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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §86Leitsatz
Einstellung des Verfahrens betreffend die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer aufgrund Klaglosstellung durch einen späteren Feststellungsbescheid hinsichtlich des freien Zugangs zum Arbeitsmarkt für den betreffenden ausländischen Arbeitnehmer; kein KostenzuspruchSpruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Verfahrenskosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Dezember 1996 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Bau-Holz Wien - mit dem der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen türkischen Staatsangehörigen abgelehnt worden war - gemäß §66 Abs4 AVG iVm §4 Abs7 AuslBG (idF BGBl. 257/1995) sowie der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996 (kurz: BHZV 1996), BGBl. 763/1995, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV, BGBl. 278/1995, abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die beschwerdeführende Parteien die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Erwerbsfreiheit sowie die "Verletzung des Grundsatzes des Vorgehens von Recht der Europäischen Gemeinschaft vor nationalen Rechtsvorschriften wie dem AuslBG" behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.
3. a) Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor; in ihrer Gegenschrift bringt sie u.a. vor, daß der angefochtene Bescheid "völlig unwirksam" geworden sei, weil durch die Behörde
I. Instanz mit Feststellungsbescheid vom 27. November 1996 dem beantragten Ausländer in Anwendung des Art7 Abs1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses des Assoziationsrates EWG-Türkei Nr. 1/80 der freie Zugang zum Arbeitsmarkt in jeder von ihm gewählten unselbständigen Beschäftigung "rechtskräftig zuerkannt" worden sei und damit der Erfolg der Beschwerde vorweggenommen sei; der angefochtene Bescheid sei nur ein Ausfluß dieses Feststellungsbescheides.
b) Darauf hat die beschwerdeführende Gesellschaft repliziert. Sie stimmt zwar der Auffassung der belangten Behörde zu, daß bei Vorliegen eines Feststellungsbescheides betreffend den freien Zugang zum Arbeitsmarkt keine subjektive Rechtsverletzung durch Verweigerung einer Beschäftigungsbewilligung möglich sei, weil ohnehin aufgrund dieses Bescheides jede beliebige Arbeitsstelle angenommen werden könne, nur übersehe die belangte Behörde folgendes:
"Es gab keinen solchen Feststellungsbescheid und beide vorinstanzlichen Behörden haben auch insbesondere in ihren ablehnenden Bescheidbegründungen in keiner Weise auf ein solches - nunmehr zum ersten Mal behauptetes - Vorliegen Bezug genommen, sondern ohne jede diesbezügliche Bezugnahme sowohl Antrag als auch Berufung abgewiesen.
Zumindest in der Begründung des Berufungsbescheides vom 5.12.1996 wäre die Erlassung des Feststellungsbescheides vom 27.11.1996 erwähnbar gewesen, wenn der Feststellungsbescheid über das Entwurfstadium hinausgekommen wäre.
Es erfolgte daher die Einbringung der Beschwerde zu Recht, da insbesondere der Beschwerdeführer keine Kenntnis davon haben kann, was behördenintern als 'Entwurf' existiert, ohne jemals die Behörde verlassen zu haben."
c) Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes legte die belangte Behörde den dem Feststellungsbescheid vom 27. November 1996 zugrunde liegenden Verwaltungsakt vor und teilte mit, daß dieser Bescheid ohne Zustellnachweis zugestellt worden sei; im Hinblick auf die Behauptung der beschwerdeführenden Gesellschaft, daß dieser dem beantragten türkischen Arbeitnehmer nicht zugegangen sei, werde eine neuerliche Zustellung mit Zustellnachweis veranlaßt.
In der Folge legte die belangte Behörde den Zustellnachweis vor, aus dem hervorgeht, daß der Bescheid nach zwei Zustellversuchen am 4. und am 5. Juni 1997 am zuletzt genannten Tag beim Postamt 1035 hinterlegt wurde.
d) Mit Schriftsatz vom 11. Juli 1997 forderte der Verfassungsgerichtshof die beschwerdeführende Gesellschaft im Hinblick auf den soeben dargelegten Sachverhalt auf mitzuteilen, ob sie sich als klaglos gestellt erachte.
Die beschwerdeführende Gesellschaft erklärte sich daraufhin hinsichtlich des Rechtsanspruches grundsätzlich für klaglos gestellt, nicht jedoch hinsichtlich des Kostenanspruchs, weil sich aus dem bisherigen Akteninhalt ergebe, daß sie zum Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde keine Kenntnis von dem an den beantragten Ausländer gerichteten Feststellungsbescheid haben konnte und die Erhebung einer Beschwerde daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen sei.
II. 1. a) Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB VfGH 28.2.1983, B487/97 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VfSlg. 12503/1990) den Standpunkt, daß eine im Beschwerdeverfahren angefochtene Erledigung vollständig unwirksam wird, wenn die Behörde durch eine neue Entscheidung den bestmöglichen Erfolg der Beschwerde vorwegnimmt; eine solchermaßen rechtlich unwirksame und überholte Erledigung könne keine Grundlage mehr für eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes darstellen, und es sei die Rechtslage so zu beurteilen, als ob die beschwerdeführende Partei im Sinne des §86 VerfGG klaglos gestellt worden wäre.
b) Ein solcher Fall liegt hier schon aufgrund des Feststellungsbescheides vom 27. November 1996, dem Bescheidadressat durch Hinterlegung zugestellt am 5. Juni 1997, vor. Das Verfahren über die vorliegende Beschwerde war sohin in sinngemäßer Anwendung des §86 VerfGG einzustellen.
2. Verfahrenskosten waren nicht zuzusprechen, weil kein Fall der Klaglosstellung iSd §86 VerfGG vorliegt (vgl. hiezu VfGH 28.2.1993, B487/79, weiters VfSlg. 12503/1990).
3. Diese Entscheidung konnte in sinngemäßer Handhabung des §19 Abs3 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Klaglosstellung, VfGH / Kosten, AusländerbeschäftigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B170.1997Dokumentnummer
JFT_10029070_97B00170_00