TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 W161 2194802-1

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Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W161 2194802-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX, festgestellte Volljährigkeit, geboren am XXXX alias XXXX alias XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018, Zl. 1182080402-180173392, zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

2. Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-VG idgF, BGBl. I Nr. 87/2012 wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 19.02.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Eine EURODAC-Abfrage ergab einen Treffer der Kategorie 1 zu Schweden vom 20.08.2015 und einen solchen zu Ungarn vom 05.08.2015.

3. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 19.02.2018 gab der Beschwerdeführer an, er habe seinen Herkunftsstaat vor ca. zwei Jahren verlassen und sei über den Iran, die Türkei, Griechenland, Schweden (Aufenthalt mehr als zwei Jahre), Deutschland (Durchreise) am 19.02.2018 nach Österreich gelangt. Schweden sei ein gutes Land, sie hätten zu essen bekommen und er habe zur Schule gehen können. Er habe dort auch Sport betreiben können, es sei alles in Ordnung gewesen. Er habe einen negativen Bescheid erhalten, weil er keine Tazkira habe, werde er nach Afghanistan abgeschoben. Er habe sich in Schweden mehr als zwei Jahre aufgehalten. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, in Afghanistan hätten die Taliban-Kämpfer seiner Familie ihr Grundstück weggenommen. Sein Vater sei zur Polizei gegangen, um Anzeige zu erstatten, die Polizei habe ihnen jedoch nicht helfen können. Aus diesem Grund habe sich sein Vater entschlossen, Afghanistan zu verlassen und seien sie in den Iran gereist. In Afghanistan habe er niemanden mehr und seine Familie lebe im Iran. Er habe dort keine Arbeit und Angst vor den Taliban.

4. 1. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 28.02.2018 Informationsersuchen nach Artikel 34 Dublin-III-Verordnung an Ungarn und Schweden.

Mit Schreiben vom 23.03.2018 teilten die schwedischen Asylbehörden mit, der Beschwerdeführer sei in Schweden als XXXX, geb. XXXX, Staatsangehöriger von Afghanistan, bekannt. Dieser habe in Schweden am 20.08.2015 um Asyl angesucht. Am 20.09.2016 sei sein Antrag auf internationaler Schutz abgelehnt worden und seien die Behörden zu dem Schluss gekommen, dass es dem Antragsteller nicht gelungen sei, seine Minderjährigkeit nachzuweisen, weshalb er als volljährig registriert worden sei. Sein Rechtsmittel sei mit Entscheidung vom 23.01.2018 abgelehnt worden.

Die ungarischen Behörden teilten am 26.03.2018 mit, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Cousin am 05.08.2015 in Ungarn um Asyl angesucht habe. Er sei kurz nach der Antragstellung untergetaucht und sei das Verfahren am 05.11.2015 eingestellt worden.

Am 03.04.2018 richtete das BFA ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Schweden. Mit Schreiben vom 06.04.2018 stimmte die schwedische Dublin-Behörde der Rückübernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung ausdrücklich zu.

4.2. Eine durchgeführte Untersuchung zur Bestimmung des Knochenalters am 11.04.2018 ergab, das Ergebnis Schmeling 4, GP 31.

5. Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 25.04.2018 im Beisein der Rechtsberaterin die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Dabei gab dieser an, er fühle sich geistig und körperlich in der Lage, die Befragung durchzuführen. Sein Name sei XXXX, geboren amXXXX in XXXX. Er sei afghanischer Staatsangehöriger und ledig. Er sei in Schweden zwei Jahre in der Schule gewesen. Er habe in der EU bzw. in Österreich keine Verwandten und lebe mit niemand in einer Familiengemeinschaft. Es sei richtig, dass er in Schweden am 20.08.2015 einen Asylant5rag gestellt habe. Er habe einen negativen Bescheid erhalten und seine Abschiebung nach Afghanistan sei für zulässig erklärt worden. Er sei nicht zu einem Arzt zur Altersfeststellung geschickt worden und trotzdem für volljährig erklärt worden. Er möchte nicht nach Schweden, weil er von dort nach Afghanistan abgeschoben werde. Sein Zielland sei immer Österreich gewesen, der Schlepper habe ihn aber damals nach Schweden gebracht. Da er in Österreich Bekannte habe, wolle er hierbleiben. Er habe sich in Schweden wohlgefühlt, er sei in der Schule gewesen und habe auch Fußball gespielt. Die Menschen dort seien sehr nett gewesen. Es sei alles dort gut gewesen, aber er habe einen negativen Bescheid erhalten, man würde ihn nach Afghanistan abschieben. Deshalb wolle er nicht zurück. Da er keine Tazkira gehabt hätte, sei er für volljährig erklärt worden. Er habe dort ein Problem mit dem Dolmetscher gehabt. Am Anfang sei er für volljährig erklärt worden, dann habe er eine Beschwerde gemacht und erst dann sei er zur Altersfeststellung geschickt worden. In Wirklichkeit sei er minderjährig. Befragt zu seinen Bekannten in Österreich gab der Beschwerdeführer an, er habe keinen Kontakt zu diesen, aber sein Vater habe Kontakt. Er habe die Leute vor längerer Zeit gesehen, er könne sich nicht an sie erinnern. Er könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, sein Leben sei dort in Gefahr. Er möchte in Österreich bleiben. Seine Familie sei bei seinem letzten Kontakt im Iran gewesen, jetzt wisse er es nicht. Er habe alles gesagt. Nach Afghanistan könne er nicht zurückkehren. Von Schweden werde er abgeschoben. Er möchte in Österreich bleiben, lernen und Fußball spielen. Es sei alles vollständig und richtig protokolliert worden.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30.04.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Schweden gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Schweden zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Schweden traf das BFA folgende Feststellungen (Stand: Februar 2018):

Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (Migrationsverket o.D.; vgl. AIDA 3.2017, USDOS 2.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

-

Migrationsverket (o.D.): Protection and asylum in Sweden, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden.html, Zugriff 16.2.2018

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Sweden,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018

Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer in Schweden haben Zugang zum Asylverfahren laut Dublin-III-VO. Auch haben sie Zugang zu Versorgung wie andere Asylwerber auch. Eine Ausnahme bilden hierbei lediglich Rückkehrer mit bereits vorhandener abschließend negativer Entscheidung bis zur Effektuierung dieser Entscheidung (Migrationsverket 19.9.2016).

Wenn ein Dublin-Rückkehrer nach Schweden kommt, werden neue Asylanträge auf jeden Fall entgegengenommen. Wenn eine frühere Entscheidung in der Zwischenzeit rechtskräftig geworden ist, werden entsprechende Maßnahmen gesetzt (EASO 24.10.2017).

Wen das Asylverfahren eines Dublin-Rückkehrers in Schweden noch läuft, wird er entsprechend untergebracht und das Verfahren beschleunigten geführt. Dublin-Rückkehrer mit einer rechtskräftig negativen Entscheidung in Schweden können zur Außerlandesbringung geschlossen untergebracht werden (AIDA 3.2017).

Wenn ein Dublin-Rückkehrer mit negativer Asylentscheidung gemäß ärztlichem Attest gesundheitlich nicht für die Außerlandesbringung geeignet ist, wird diese ausgesetzt. Solange der Betreffende bei der Asylbehörde registriert ist, hat er das Recht auf Unterbringung. Im Falle einer Nicht-Registrierung bei der Asylbehörde, ist die Gemeinde, in welcher der Antragssteller seinen Wohnsitz hat, für die Unterbringung zuständig (Migrationsverket 3.1.2018).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.

Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

-

Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail

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Migrationsverket (19.9.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail

Non-Refoulement

In Übereinstimmung mit EU-Recht verweigert Schweden Personen Asyl, welche bereits in einem anderen EU-Land oder einem Staat mit dem ein entsprechendes Abkommen existiert, registriert wurden. Eine Ausnahme stellt Griechenland dar (USDOS 3.3.2017).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Sweden,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018

Versorgung

Asylwerber haben in Schweden generell Zugang zu Versorgung. Im Falle von Folgeanträgen besteht jedoch nur ein eingeschränktes Recht darauf. Wenn Antragssteller über eigene finanzielle Mittel verfügen, müssen sie diese zuerst aufbrauchen. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine, die deutlich niedriger ist als die Sozialhilfe für schwedische Staatsangehörige. Das monatliche Taschengeld für Asylwerber beträgt in einem Unterbringungszentrum mit Verpflegung zwischen 60 und 76,50 Euro. Im Falle einer privaten Unterkunft liegt es zwischen 194 und 225 Euro. Für besondere Ausgaben (z.B. Winterkleidung, Brillen, teilweise auch zur Deckung medizinischer Kosten) kann eine Sonderzulage beantragt werden. Asylwerber haben nach Erfüllung bestimmter Kriterien Zugang zum Arbeitsmarkt, ohne dass es für sie eine Arbeitsgenehmigung erforderlich wäre (AIDA 3.2017).

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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

Unterbringung

Die schwedische Asylbehörde bietet bei Bedarf kostenlose Unterbringungsmöglichkeiten während des Asylverfahrens an. Auch private Unterbringung bei Freunden oder Verwandten ist möglich. Individuelle Bedürfnisse werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Familien werden immer getrennt von anderen Asylwerbern und in eigenen Zimmern untergebracht (AIDA 3.2017).

Die schwedische Asylbehörde verfügt in 290 Gemeinden über diverse Unterbringungsmöglichkeiten, in denen Ende 2016 63.063 Asylwerber beherbergt wurden. Dabei handelt es sich meist um angemietete Privathäuser und -wohnungen. 35.449 Asylwerber haben 2016 eine private Unterkunft gehabt und 24.196 Personen befanden sich aufgrund ihrer Schutzbedürftigkeit oder aus anderen Gründen in speziellen Unterbringungszentren (AIDA 3.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf medizinische Nothilfe, sowie unaufschiebbare medizinische und zahnmedizinische Versorgung (Migrationsverket 14.12.2017). Weiters schreibt das Gesetz über die medizinische Versorgung von Ausländern ohne Aufenthaltsberechtigung vor, dass das schwedische Gesundheitssystem für alle Personen, unabhängig von deren Aufenthaltstitel, eine medizinische Versorgung in folgenden Fällen zur Verfügung zu stellen hat: unaufschiebbare Behandlung, Gesundheitsfürsorge für Mütter, Abtreibung und Nachbehandlung, Verhütungsberatung, Verschreibung von Medikamenten in den aufgezählten Fällen und ärztliche Untersuchung (Migrationsverket 5.1.2018).

Alle Asylwerber erhalten auch die Möglichkeit einer Gesundenuntersuchung. Wer nicht Schwedisch spricht, hat das Recht auf einen Übersetzer. Für bestimmte medizinische Leistungen und Rezepte ist je nach Art eine gewisse Gebühr zu bezahlen (Migrationsverket 14.12.2017; vgl. AIDA 3.2017). Diese Gebühren werden für Personen über 18 Jahren staatlich subventioniert. Wenn innerhalb von sechs Monaten Medikamentenkosten von 400 SEK überschritten werden, besteht die Möglichkeit eine Kostenrückerstattung für den

überschreitenden Betrag zu beantragen. Kinder unter 18 Jahren sind in der medizinischen Versorgung mit schwedischen Staatsbürgern gleichgestellt (5.1.2018).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.216).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:

Sweden,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018

-

Migrationsverket (14.12.2017): Health care for asylum seekers, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Health-care.html, Zugriff 16.2.2018

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Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail

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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):

Auskunft MedCOI, per E-Mail

Begründend führte das BFA aus, die Identität des Beschwerdeführers stehe mangels glaubwürdiger Dokumente nicht fest. Dieser leide an keinen schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen. Ausgehend von dem Untersuchungsergebnis vom 11.04.2018 und der Mitteilung Schwedens vom 23.03.2018 und 06.04.2018 gehe das Bundesamt von einer Volljährigkeit aus und stelle das Geburtsdatum XXXX fest. Der Antragsteller habe am 20.08.2015 in Schweden einen Asylantrag gestellt. Schweden habe sich mit Schreiben vom 06.04.2018 gemäß Artikel 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-Verordnung für die Führung seines Verfahrens für zuständig erklärt. Der Antragsteller verfüge in Österreich über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Auch eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich könne nicht festgestellt werden.

Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK und/oder Art. 8 EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer spreche sich ausdrücklich gegen eine Überstellung nach Schweden aus, da er dort keine Bekannten und Verwandten habe, während sich hier in Österreich Freunde seines Vaters befänden. Seine Überstellung nach Schweden stelle eine Verletzung des Privatlebens (Artikel 8 EMRK) dar. Bei vollständiger Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts hätte die Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass sich Österreich im Sinne einer Artikel 3 und 8 EMRK konformen Auslegung der Bestimmungen der Dublin-III-Verordnung für vertraglich zuständig zu erklären und von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen hätte.

8. Der Beschwerdeführer wurde am 07.06.2018 nach Schweden überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste über eine unbekannte Reiseroute in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte am 20.08.2015 in Schweden einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher negativ entschieden wurde. In der Folge reiste er weiter nach Österreich, wo er am 19.02.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Das BFA richtete am 03.04.2018 ein Wiederaufnahmegesuch an Schweden, dem die schwedische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 06.04.2018 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat an.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Beachtliche familiäre, private oder berufliche Anknüpfungspunkte bestehen in Österreich nicht.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen ernsten oder lebensbedrohlichen Krankheiten.

Der Beschwerdeführer wurde am 07.06.2018 nach Schweden überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise des Beschwerdeführers ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie hinsichtlich seines Asylverfahrens in Schweden ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, sowie den Schreiben der schwedischen Asylbehörden.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers seitens Schweden ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes - zwischen der österreichischen und der schwedischen Dublin-Behörde.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Schweden auch Feststellungen dazu getroffen, dass in Schweden ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit existiert, wobei es speziell auf die Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-Verordnung eingegangen ist.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass das schwedische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Schweden den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer sohin nicht dargetan.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers. Von diesem wurden keine Krankheiten behauptet und auch keine ärztlichen Atteste vorgelegt.

Der Beschwerdeführer hat auch selbst eingeräumt, in Österreich keine Verwandten zu haben. Die in der Beschwerde genannten Bekannten des Vaters sind diesem gar nicht näher bekannt. Er hat mit diesen keinen Kontakt. Somit kann auch nicht von einem zu beachtenden Privatleben zu diesen Personen im Sinn des Artikel 8 EMRK ausgegangen werden.

Die Überstellung des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Bericht der LPD Niederösterreich vom 07.06.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 145/2017 anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

...

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-Verordnung) lauten:

Art. 3 Abs. 1:

"(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird."

Art. 7 Abs. 1 und 2:

"(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt."

Art. 13 Abs. 1:

"(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 22 Abs. 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts."

Art. 17 Abs. 1:

"(1) Abweichend von Art. 3 Abs. 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

Artikel 18

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Schwedens zur Prüfung des in Rede stehenden Asylantrages in Art. 13 iVm. Art. 18 Abs. 1 lit. d. Dublin III-Verordnung begründet.

Auch aus Art. 16 (Abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 (Humanitäre Klausel) Dublin III-Verordnung ergibt sich mangels entsprechender familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.

Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;

15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;

25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre.

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

Der angefochtene Bescheid enthält - wie oben dargestellt - ausführliche Feststellungen zum schwedischen Asylwesen. Diese Länderberichte basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt.

Vor dem Hintergrund dieser Länderberichte und der erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Schweden überstellt werden, aufgrund der schwedischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann jedoch in Schweden im Hinblick auf die behördlichen Länderfeststellungen nicht erkannt werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (und nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden, Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10).

Jedenfalls hätte die beschwerdeführende Partei die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen ihrer Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Schweden und letztlich beim EGMR geltend zu machen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer weder systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylwerber, noch eine ihm widerfahrene unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK in Schweden jemals ausreichend konkret geltend machte.

Der Beschwerdeführer gab im Verfahren vielmehr gleichbleibend an, er habe sich in Schweden wohlgefühlt, die Menschen seien sehr nett gewesen und sei dort alles sehr gut gewesen. Als Grund zum Verlassen Schwedens gab er einzig den Erhalt eines negativen Bescheides zu seinem Asylantrag an. Die Tatsache, dass über einen Asylantrag negativ entschieden wird, stellt jedoch für sich alleine keinen Grund dar, in einem weiteren Mitgliedstaat der Dublin-III-Verordnung einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Auch in Österreich werden regelmäßig Anträge von afghanischen Staatsangehörigen negativ entschieden und kommt es auch zu Abschiebungen von Österreich nach Afghanistan.

Wie festgestellt, leidet der Beschwerdeführer an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Nach den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides ist im zuständigen Mitgliedstaat der Zugang zur Gesundheitsversorgung gesichert, sodass davon ausgegangen werden kann, dass für den Fall, dass der Beschwerdeführer im Zielstaat eine Behandlung benötigen sollte, eine solche gewährleistet ist.

Auch im Übrigen konnte die beschwerdeführende Partei keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Wie dargelegt gab der Beschwerdeführer an, keine Familienangehörigen in Österreich zu haben. Er konnte auch eine Verbindung zu den von ihm behaupteten Bekannten seines Vaters nicht glaubhaft nachweisen, sondern gab vielmehr an, mit diesen keinen Kontakt zu haben. Er ersuchte sogar darum, ihm bei der Auffindung dieser Personen behilflich zu sein. Daraus ist jedoch abzuleiten, dass es aktuell kein im Sinn des Artikel 8 EMRK zu beachtendes Familien- oder Privatleben gibt. Der Beschwerdeführer konnte auch sonst keine wesentlichen Integrationstatbestände seiner Person darstellen.

Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet in der Dauer von nur wenigen Monaten kam dem Beschwerdeführer nicht einmal eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, sondern es bestand - da das Verfahren nicht zugelassen war - lediglich faktischer Abschiebeschutz. Zudem war der kurze Zeitraum, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes, als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen (dort: vorläufig berechtigten) Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

Zu A) 2. Anordnung zur Außerlandesbringung:

Die Anordnung der Außerlandesbringung des Beschwerdeführers war gemäß § 61 Abs. 1 Z. 1 FPG gesetzlich indiziert, da sein Antrag auf internationalen Schutz in Österreich zu Recht gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen wurde.

Sie ist auch nicht gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG unzulässig, weil dadurch nicht in unzulässiger Weise in das Familien- oder Privatleben des Beschwerdeführers (Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2 EMRK) eingegriffen wurde.

Die Anordnung der Außerlandesbringung war auch nicht gemäß § 61 Abs. 3 FPG für eine gewisse Zeit aufzuschieben, weil sich aus den Sachverhaltsfeststellungen nichts ergibt, wonach diese aus vorübergehenden Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK hätte darstellen können.

Es wurde nämlich ebenfalls bereits erörtert, warum die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Schweden kein Eingriff in seine Rechte aus Art. 3 EMRK (Art. 4 EU-Grundrechtscharta) darstellte. Einer Feststellung, ob eine Aufschiebung gemäß § 61 Abs. 3 FPG zu erfolgen gehabt hätte, bedarf es daher nicht.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG lagen nicht vor. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedstaat, welche sich aus den umfassenden und aktuellen Länderberichten ergibt, weiters im Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Partei sowie in der Bewertung der Intensität ihrer privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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