TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/6 W254 2182986-2

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Veröffentlicht am 06.08.2018
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Entscheidungsdatum

06.08.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W254 2182986-2/2Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr.in Tatjana Cardona als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA. Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2018, Zl. 1122907805-160992534, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 16.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers mit dem im Spruch genannten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. ab. Weiters erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit. (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG ihm gegenüber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zudem führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt VI.).

In seiner Begründung zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass für den Beschwerdeführer bei der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei. Die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeenden Maßnahme sei im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten. Es sei ihm zumutbar, den Ausgang des Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der der Beschwerdeführer u.a. ausführt, dass er im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat einer realen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung entgegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Es sei nicht nachvollziehbar wie angesichts der Berichte die belangte Behörde dennoch von einer zumutbaren Rückkehr nach Somalia ausgehen könne. Die Sicherheitslage, seine Fluchtgründe und die allgemeine wirtschaftliche Lage in Somalia stelle eine ausweglose, lebensbedrohliche Situation für ihn dar. Durch die Abschiebung wäre er einem realen Risiko einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 16.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 05.07.2018 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia ab und sprach in Spruchpunkt VI. dieses Bescheides aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Antragstellung des Beschwerdeführers und zum erstinstanzlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie zur dagegen erhobenen Beschwerde ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

3.1. Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 1 BFA-VG).

Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz leg.cit. stützt, genau zu bezeichnen.

Ein Ablauf der Frist nach § 18 Abs. 5 BFA-VG steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 leg.cit.).

3.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) ergangen war:

In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof hierzu fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 leg.cit. nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 leg.cit. könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 leg.cit. wenden. § 18 Abs. 5 leg.cit. sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl) gemäß § 18 Abs. 5 leg.cit. binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Schließlich hielt der Verwaltungsgerichtshof auch fest, dass eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen habe (vgl. auch VwGH 19.10.2017, Ra 2017/18/0278; 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

3.3. Vor diesem Hintergrund ist für die vorliegende Beschwerdesache Folgendes festzuhalten:

Der Beschwerdeführer führt in der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid unter anderem aus, dass er im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat einer realen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung entgegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Er bringt vor, dass er weder ein familiäres noch soziales Netz hat auf das er zurückgreifen könnte. Er hat keine Familienangehörigen die ihn unterstützen könnten. In Zusammenschau mit der von ihm geltend gemachten Gefahren (Bedrohung durch die Al Shabaab, Sicherheitslage, wirtschaftliche Lage Somalias) im Falle einer Rückkehr mit der aktuellen Berichtslage kann eine Verletzung des Beschwerdeführers in den nach Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechten daher nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Die dem erkennenden Gericht zum derzeitigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehende Aktenlage bietet noch keine ausreichende Grundlage, eine Verletzung der dem Beschwerdeführer durch Art. 2 EMRK und 3 EMRK garantierten Rechte mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit auszuschließen.

Ob eine entsprechende reale Gefahr vorliegt, wird erst durch eine Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung des im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Berichtsmaterials zur Lage in Somalia nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beurteilen sein.

Somit ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Das Bundesverwaltungsgericht betont ausdrücklich, dass in der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keinerlei Vorentscheidung der Beschwerde in der Sache liegt.

Soweit sich die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides richtet, wird darüber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W254.2182986.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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