Entscheidungsdatum
14.08.2018Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G306 2203297-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX alias XXXX, StA.: Marokko, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft, zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Feststellungen:
Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) reiste zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt, spätestens jedoch am XXXX.2017 illegal in das Bundesgebiet ein. Der BF wurde am XXXX.2017 im Zuge eine Suchtgiftamtshandlung angetroffen und erkennungsdienstlich behandelt und gleichzeitig ein Identitätsfeststellungsverfahren eingeleitet.
Der BF wurde zweimal wegen Verdachts des Diebstahls - Tatzeitpunkt XXXX.2017 sowie XXXX.2017 der Staatsanwaltschaft angezeigt.
Der BF wurde am XXXX.2017 vom Landesgericht XXXX zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben.
Der BF wurde wegen Verdachts des Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz - Tatzeitpunkt XXXX.2017 - der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht.
Vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde mit Bescheid vom 30.01.2018 gegen den BF eine Rückkehrentscheidung samt 5-jährigem Einreiseverbot erlassen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Der Bescheid wurde dem BF im Zuge eine Verwaltungshaft am XXXX.2018 ausgehändigt. Der BF legte keine Beschwerde ein sodass der Bescheid bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Nach der Entlassung aus der Verwaltungshaft tauchte der BF unter. Am XXXX.2018 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten und einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass gegen den BF ein rechtskräftiges Einreiseverbot besteht. Der BF wurde über Anordnung des BFA in das PAZ XXXX eingeliefert und am selben Tag niederschriftlich einvernommen.
Mit oben im Spruch angeführten Bescheid wurde gegen den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt. Der Bescheid wurde dem BF nachweislich am XXXX.2018, um 17:30 Uhr ausgehändigt.
Betreffend des BF wurde bereits am XXXX.2018 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats bei der marokkanischen Botschaft eingeleitet. Der BF wurde zuvor am XXXX.2018 positiv identifiziert.
Der BF stellte im Zuge der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz welcher negativ beschieden und seit dem 20.07.2018 in Rechtskraft erwachsen ist. Der Bescheid befindet sich zwar in Beschwerde, jedoch wurde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
Das BFA hat mittlerweile mehrmals Urgenzen auf der marokkanischen Botschaft - XXXX., XXXX., XXXX., sowie XXXX.2018 durchgeführt. Da in den letzten Monaten vermehrt Zustimmungen erteilt worden wäre, könne man begründet davon ausgehen, dass die marokkanische Behörde auch in diesem Fall innerhalb der zulässig Schubhaftdauer eine Zustimmung erteilen wird (Stellungnahme des BFA vom 09.08.2018 im Akt). Zur Verzögerung der Ausstellung eines HRZ sei es auch gekommen, da der BF mehrere Alias Name führe und eine HRZ-Ausstellung welche fälschlicherweise bereits dem BF zugeordnet wurde, das für diese bereits eine identische Aliasidentität bestehe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Festgestellt wird, dass der BF seit XXXX.2018, 17:30 Uhr durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft erwecken. Solches wurde vom Fremden auch nicht, etwa in einer Schubhaftbeschwerde, geltend gemacht.
Festgestellt wird, dass die Behörde das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats rechtzeitig und zielführend geführt hat. Der BF wurde durch die marokkanischen Behörden identifiziert. Seither wurden mehrmals Urgenzen seitens des BFA zur Erlangung des HRZ vorgenommen.
Der BF ist bereits einmal untergetaucht und wurde mehrmals der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vorgegeben.
Der BF verfügt über keinerlei berufliche, familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich, er hat keinen Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig (wird durch Begehung von Ladendiebstählen untermauert).
Beweiswürdigung:
Den Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts.
Aufgrund der eigenen Angaben des BF sowie des Akteninhalts steht fest, dass der BF nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren möchte, nicht gewillt ist, sich Rechtsordnungen entsprechend zu verhalten. Er hat sich dem Verfahren durch Untertauchen entzogen um seine Abschiebung zu hintertreiben. Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich seiner Abschiebung abermals zu entziehen.
Die Behörde ist zutreffend von hoher Fluchtgefahr und akutem Sicherungsbedarf hinsichtlich des BF ausgegangen, was die Verhängung der Schubhaft und das Absehen eines gelinderen Mittels rechtfertigte. Die Schubhaft ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten und unter Berücksichtigung aller Umstände auch verhältnismäßig.
Im Hinblick auf das eingeleitete Abschiebungsverfahrens ist begründet zu erwarten, dass die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt. Die Ausstellung des Heimreisezertifikates muss jedoch in absehbarer Zeit erfolgen. Bei einer etwaigen neuerlichen amtswegigen Überprüfung innerhalb der nächsten 4 Wochen, müssten seitens des BFA bereits stichhaltigere Angaben betreffend die Erlangung des Heimreisezertifikates vorliegen, um eine Schubhaft weiterhin aufrecht erhalten zu können.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzung der Schubhaft
Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakte gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig. Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann. Die Verhängung der Schubhaft darf stets nur ultima ratio sein.
Die Behörde hat im Sinne der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen zu Recht die Schubhaft wegen Fluchtgefahr angeordnet, weil aus dem vergangenen Verhalten des BF mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der BF seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Die Behörde hat im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF und seine unzureichende Verankerung im Bundesgebiet zu Recht eine hohe Fluchtgefahr und akuten Sicherungsbedarf angenommen. Der BF hat keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde, die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch verhältnismäßig. Das Verhalten des BF in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus. Es besteht nicht nur ein grundsätzliches öffentliches Interesse am effizienten Vollzug des Fremdenrechts, wie die politische Diskussion in der Bundesregierung und in der Öffentlichkeit aktuell zeigt, besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse, Fremde nach abgeschlossenem negativen Asylverfahren, die sich ohne Rechtsgrundlage in Österreich aufhalten, außer Landes zu bringen. In diesem Sinne hat die Behörde sichergestellt, dass das Abschiebeverfahren zeitnah und zweckmäßig durchgeführt wird. Die Ausstellung eines HRZ wurde bereits veranlasst und muss in absehbarer Zeit - in den nächsten Wochen - eine konkrete Antwort der marokkansichen Botschaft vorliegen.
Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die Anberaumung einer Verhandlung auch nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu Spruchpunkt B. (Unzulässigkeit der Revision):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH vom 19.02.2015, Zl. Ro 2013/21/0075, vom 23.04.2015, Zl. Ro 2014/21/0077, und vom 19.05.2015, Zl. Ro 2014/21/0071, sowie auch der die Schubhaft betreffenden Erkenntnisse des VfGH vom 12.03.2015, G 151/2014 ua., und E 4/2014.
Schlagworte
Anhaltung, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, öffentlichesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G306.2203297.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.10.2018