TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/20 W239 2165502-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2018
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Entscheidungsdatum

20.08.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W239 2165502-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 26.01.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu ihrer Person liegt kein EURODAC-Treffer vor. Die Beschwerdeführerin verfügte laut VIS-Abfrage über ein von 27.07.2016 bis 27.01.2017 gültiges Schengen-Visum Typ C, ausgestellt am 22.07.2016 von der italienischen Vertretungsbehörde in Moskau/Russische Föderation.

Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (26.01.2017) gab die Beschwerdeführerin an, sie sei seit 15.08.2016 nach islamischem Recht mit ihrem Lebensgefährten XXXX , geb. XXXX , verheiratet, der sich in Österreich befinde. Dazu legte sie eine Heiratsurkunde vor ("Bestätigung über muslimische Trauung", ausgestellt vom Verein XXXX , unterschrieben von einem näher bezeichneten Imam, datiert mit 15.08.2016). Den Entschluss zur Ausreise habe sie im April 2016 gefasst. Das Zielland sei Österreich gewesen, weil ihr Lebensgefährte hier lebe. Sie sei unter Verwendung eines italienischen Visums am 11.08.2016 von Moskau nach Rom geflogen und habe sich nur wenige Stunden in Italien aufgehalten. Nach Italien wolle sie nicht zurück, da sie dort niemanden habe. Dokumente könne sie keine vorlegen, da sie ihre Tasche verloren habe; darin habe sich ihr Reisepass befunden. Sie sei legal und ohne Zuhilfenahme eines Schleppers eingereist.

Als Fluchtgrund gab die Beschwerdeführerin an, dass ihr Vater und ihre Brüder sie mit einem Mann zwangsverheiraten hätten wollen. Sie habe aber seit drei Jahren Kontakt mit ihrem Lebensgefährten in Österreich und habe ihn heiraten wollen. Sie habe ihre Mutter überredet, ihr zu behilflich zu sein, zu ihrem Lebensgefährten nach Österreich zu kommen. Die Mutter habe eine Bekannte in Moskau, die bei der Erlangung des Visums geholfen habe. Es gebe in ihrer Heimat keine Chance, eine freie Entscheidung über ihre Zukunft zu treffen. Sie müsse dem Willen des Vaters folgen, deshalb wolle sie nicht dorthin zurück.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 30.01.2017 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien.

Italien ließ das Aufnahmeersuchen unbeantwortet. Mit Schreiben vom 31.05.2017 teilte das BFA der italienischen Dublin-Behörde daher mit, dass gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO Verfristung eingetreten und Italien nunmehr zur Führung des Verfahrens zuständig sei.

Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 13.06.2017 im Beisein einer Rechtsberaterin die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA statt. Dabei gab die Beschwerdeführerin über Nachfrage an, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage sehe, die Befragung durchzuführen. Zu ihrem Gesundheitszustand führte sie aus, dass sie Vitamine und Duphaston [Anm. BVwG: Medikament zur Beseitigung von Störungen, die durch einen Mangel an Gelbkörperhormonen auftreten; Wirkstoff:

Dydrogesteron] nehme. Die Tabletten nehme sie, da sie Probleme mit ihrer Menstruation habe. Sie habe die Tabletten einen Monat lang jeden Tag eingenommen. Die Tabletten habe sie zuhause. Gestern habe sie mit einer neuen Packung angefangen. Welche Vitamine sie nehmen, wisse sie nicht.

Die Beschwerdeführerin sei zum ersten Mal in Österreich; sie sei am 11.08.2016 eingereist. Im Juli sei sie in Moskau gewesen, habe dort ein Visum erhalten und dann sei sie in die EU eingereist. Sonst sei sie in keinem Land aufhältig gewesen. Nachgefragt, ob sie sich da sicher sei, erklärte sie, dass sie von Moskau nach Italien gereist sei. Dort sei sie nur am Flughafen gewesen. Ihr Lebensgefährte habe sie vom Flughafen abgeholt und sie seien dann nach Österreich gefahren. Das sei am 11.08.2017 gewesen. Das Flugticket habe sie nicht mehr.

Als Beweismittel legte die Beschwerdeführerin Folgendes vor:

Geburtsurkunde samt beglaubigten Übersetzung aus dem Russischen, Studienbescheinigung der Fakultät für Technologie und Wirtschaftswissenschaften der tschetschenischen staatlichen pädagogischen Universität samt beglaubigter Übersetzung aus dem Russischen, Terminbestätigung zur geplanten standesamtlichen Eheschließung in Österreich, Rechnung zu einem VHS-Deutschkurs im Zeitraum von 19.04.2017 bis 30.06.2017, Meldezettel, Befunde eines Labors zur Hormonstandbestimmung vom 07.06.2017, Honorarnote einer Gynäkologin vom 09.11.2016.

Nachgefragt, weshalb sie sich untersuchen habe lassen, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie nicht schwanger werden könne. Sie habe wissen wollen, was bei ihr nicht stimme. Die Frauenärztin habe gesagt, dass sie Duphaston-Tabletten einnehmen müsse. Sie bekomme ihre Periode nicht regelmäßig und habe auch eine Zyste gehabt. Sie wisse, dass sie nicht schwanger werden könne, weil sie nicht schwanger sei. Sie sei vor ein oder zwei Monaten bei der Frauenärztin gewesen und die habe ihr gesagt, dass sie eine Zyste habe. Es seien auch die Laborbefunde erstellt worden. Die Honorarnote der Ärztin sei vom November 2016; im August 2016 sei die Beschwerdeführerin nach Österreich gekommen. Der Beschwerdeführerin wurde eine Frist zur Vorlage der Befunde der Gynäkologin gewährt.

Die Frage, ob sie im Bereich der EU Verwandte habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe, verneinte die Beschwerdeführerin. Sie habe in Österreich aber ihren Lebensgefährten und seine Familie. Er arbeite nicht. Seine Familie bestehe aus seinem Vater, seiner Mutter und den Geschwistern, nämlich drei Brüdern und zwei Schwestern. Die Familie wohne in Wien. Ein Bruder habe bereits eine eigene Wohnung. Ein Onkel des Lebensgefährten lebe in Salzburg. Nachgefragt nannte die Beschwerdeführerin die Namen und das ungefähre Alter der Familienangehörigen und gab weiter an, dass alle Familienangehörigen - abgesehen vom Onkel und von dem einen Bruder - zusammenwohnen würden. Ihr Lebensgefährte habe auch eine eigene Wohnung. Sie lebe seit Jänner bei ihm. Bis dahin habe sie bei seiner Familie gelebt. Nachgefragt, weshalb sie nicht gleich bei ihrem Lebensgefährten gewohnt habe, antwortete die Beschwerdeführerin, weil sie keinen Meldezettel gehabt habe. Weiter nachgefragt gab sie an, dass sie auch bei der Familie des Lebensgefährten nicht behördlich gemeldet gewesen sei. Sie habe nicht gleich bei ihm gewohnt, weil sie nicht gewusst hätten, was sie machen sollten. Damit meine sie, dass sie selbst es nicht gewusst habe. Einige Male habe sie bei der Familie übernachtet, dann wieder bei ihrem Lebensgefährten und dann in Salzburg bei dem Onkel. Auf die Frage, warum sie sich letztlich entschlossen habe, zu ihrem Lebensgefährten zu ziehen, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie seine Ehefrau sei; irgendwann sollte sie eine eigene Familie gründen und mit ihm zusammenleben. Vorher habe sie das Visum gehabt und sei legal hier gewesen, da sei das nicht so wichtig für sie gewesen. Sie habe ein Visum gehabt, weshalb hätte sie sich also anmelden sollen? Drauf hingewiesen, dass es in Österreich eine Meldeverpflichtung gebe, erklärte sie, dass sie das jetzt verstanden habe. Sie denke, sie habe mit ihrem Lebensgefährten zusammengelebt. Sie sei zwar bei der Familie und in Salzburg gewesen, aber sie sei auch bei ihm gewesen.

Die Beschwerdeführerin habe XXXX , geb. XXXX , am 15.08.2016 traditionell in einer Moschee in Wien geheiratet. Dann seien sie beim Standesamt gewesen und man habe ihnen gesagt, dass es nicht sofort einen freien Termin gebe und sie warten sollten. Sie hätten sich nicht gleich einen Termin ausmachen können, da die Beschwerdeführerin keinen Meldezettel gehabt habe. Warum sie sich nicht schon früher behördlich gemeldet habe, wisse sie nicht. Sie hätten sich gedacht, es sei eigentlich wichtiger, traditionell zu heiraten, als standesamtlich. Nun wolle sie standesamtlich heiraten, weil in Österreich die standesamtliche Trauung wichtiger sei. Für sie persönlich sei aber die traditionelle Heirat wichtiger.

Der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin sei etwa acht Jahre alt gewesen, als er nach Österreich gekommen sei. Seit seiner Ausreise sei er nicht mehr in der Heimat gewesen. Ob er jemals in einem anderen Land als in Österreich gewesen sei, wisse sie nicht. Er habe Fußball gespielt und sie denke, dass er da auch im Ausland gewesen sei, aber damals sei er noch klein gewesen. Er habe nun einen Konventionsreisepass.

Nachgefragt, wo sie sich kennen gelernt hätten, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie sich telefonisch kennen gelernt hätten. Seine Tante wohne in Tschetschenien und sie habe das organisiert. Sie habe der Beschwerdeführerin seine Fotos gezeigt und er habe auch ihre Fotos bekommen. So sei das passiert. Sie hätten sich im Jahr 2012 kennen gelernt. Seitdem hätten sie telefonischen Kontakt gehabt, jeden Tag. Befragt, wie oft sie ihn persönlich gesehen habe, bevor sie geheiratet hätten, gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ihn zum ersten Mal gesehen habe, als er sie in Italien abgeholt habe. Er sei mit seinem Vater dort gewesen. Davor habe sie ihn noch nie persönlich gesehen gehabt. Nachgefragt, was der Anlass der Hochzeit gewesen sei, schilderte die Beschwerdeführerin, ihr Vater habe gewollt, dass sie einen anderen Mann heirate. Diesen habe sie nicht heiraten wollen. Sie habe mit ihrem jetzigen Lebensgefährten schon ziemlich lange Kontakt gehabt und sie habe ihn gemocht. Da sie den anderen Mann auf keinen Fall heiraten habe wollen, und ihre Mutter gesagt habe, dass sie das auch nicht tun müsse, habe sie eben ihren jetzigen Lebensgefährten geheiratet, und zwar, weil sie ihn liebe; warum auch nicht? Sie habe von zuhause wegmüssen; sie habe vor ihrem Vater fliehen müssen. Sie könne nicht mehr nachhause zurück. Bis zu ihrer Einreise in Österreich habe sie noch kein aufrechtes Familienleben mit ihrem jetzigen Lebensgefährten geführt.

Ihr Lebensgefährte sei in Grosny in Tschetschenien aufgewachsen. Sie lebe jetzt mit ihm an der bereits genannten Meldeadresse zusammen. Derzeit arbeite der Lebensgefährte nicht. Die Caritas helfe ihnen. Sie würden auch Sozialhilfe erhalten. Abgesehen davon würden sie noch ein bisschen Geld von der Familie des Lebensgefährten erhalten, und zwar für Lebensmittel. Eigentlich erhalte er das Geld und sie bekomme es dann von ihm, um einkaufen zu gehen.

Zur geplanten Vorgehensweise, die Beschwerdeführerin aufgrund der vorliegenden Zustimmung Italiens dorthin außer Landes zu bringen, gab sie an, dass sie von Anfang an nicht nach Italien habe wollen. Sie habe zu ihrem Lebensgefährten gewollt, anders sei es nicht gegangen. In Italien habe sie niemanden und hier habe sie die Familie ihres Lebensgefährten. Sie habe ein Visum von Österreich erhalten wollen, aber das sei nicht gegangen. Sie sei einmal in Italien gewesen, aber damals sei sie gleich vom Flughafen weggefahren. Es sei schon dunkel gewesen und in der Früh seien sie dann bereist in Österreich gewesen. Zu den italienischen Behörden habe sie keinen Kontakt gehabt. Nachgefragt, wann sie beschlossen habe, zu heiraten, gab sie an, dass das im April 2016 gewesen sei.

Zu den Länderfeststellungen zu Italien gab die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme ab. Die anwesende Rechtsberaterin verwies abschließend auf Art. 9 Dublin-III-VO.

Im Anschluss daran fand am 13.06.2017 auch die Zeugeneinvernahme von XXXX statt. Dieser gab an, seine Heimat im Jahr 2003 verlassen zu haben und seither nicht mehr dort gewesen zu sein. Er sei damals etwa sieben Jahre alt gewesen. Er sei in Grosny aufgewachsen. Nachgefragt nannte er die Namen seiner Eltern und seiner Lebensgefährtin, der Beschwerdeführerin. Er gab an, seit Mai 2016 an der bereits genannten Meldeadresse zu leben. Seine Lebensgefährtin sei am 11.08.2016 nach Italien geflogen und von dort habe er sie gemeinsam mit seinem Vater dann abgeholt. Befragt, wo die Beschwerdeführerin von August 2016 bis Jänner 2017 gewohnt habe, erklärte er, dass sie immer woanders gelebt habe. Sie seien zusammen bei seinen Eltern gewesen, dann sei sie wieder alleine bei seiner Mutter in Salzburg gewesen, da seine Wohnung noch neu gewesen sei und sie noch keine Küche gehabt hätten. Er sei dann später draufgekommen, dass er die Beschwerdeführerin bei sich melden sollte und könnte. Nachgefragt, weshalb sie nicht gleich nach der Ankunft bei ihm gelebt habe, erklärte er, dass sie ein Visum gehabt habe und er nicht darüber nachgedacht habe. Erst nach dem Ablauf des Visums habe er nachgefragt. Er selbst habe in seiner Wohnung geschlafen, aber es habe noch keine Küche gegeben und deshalb hätten sie noch nicht dort zusammengelebt.

Sie hätten traditionell geheiratet, und zwar in Wien, am 15.08.2016. Nachgefragt, warum sie nicht standesamtlich geheiratet hätten, gab er an, dass das eine gute Frage sei; er wisse es nicht, denn eigentlich wäre es ja zu ihrem Vorteil gewesen; er habe sich das später auch gefragt. Er habe damals seine Lehre gemacht und habe diese unbedingt abschließen wollen. Er habe keine Zeit gehabt, sich um manche Sachen zu kümmern. Seine Lebensgefährtin habe er durch seine Tante kennengelernt. Er habe seine Tante nach der Nummer gefragt und dann hätten sie über WhatsApp Kontakt gehabt. Zum ersten Mal persönlich gesehen habe er sie, als er sie vom Flughafen in Italien abgeholt habe. Sie hätten geheiratet, weil er sie liebe. Bevor sie nach Österreich gekommen sei, hätten sie noch kein aufrechtes Familienleben miteinander geführt.

Befragt nach dem Fluchtgrund der Beschwerdeführerin gab er an, er sei darüber informiert worden, dass die Beziehung zwischen ihm und ihr nichts werde; da sei er traurig gewesen. Ihr Vater sei überhaupt nicht damit einverstanden gewesen, dass sie ausreise. Der Vater habe sie schon einem anderen Mann versprochen gehabt. Sie habe in einem Dorf gelebt und dort sei das so.

Neben den bereits genannten Unterlagen findet sich im Akt noch ein ärztliches Schreiben einer Gynäkologin, datiert mit 14.06.2017, dem sich zusammengefasst entnehmen lässt, dass die Beschwerdeführerin die Ordination erstmals am 20.10.2016 besucht habe. Sie habe starke Unterbauchschmerzen gehabt und es sei eine 5x6 cm große, einkämmrige, unkomplizierte Zyste festgestellt worden. Die Beschwerdeführerin habe ein Rezept für Duphaston erhalten. Bei der Kontrolle am 09.11.2016 sei sie beschwerdefrei gewesen. Beim nächsten Besuch am 14.03.2017 habe die Beschwerdeführerin über Kinderwunsch und einen unregelmäßigen Zyklus berichtet. Die Untersuchung habe Anzeichen auf ein PCO-Syndrom [Anm. BVwG:

Polyzystische Ovarialsyndrom, eine der häufigsten Stoffwechselstörungen geschlechtsreifer Frauen] ergeben. Sie habe eine Laborüberweisung für eine Hormonstandbestimmung erhalten. Heute [14.06.2017] sei die Beschwerdeführerin mit dem Hormonbefund gekommen. Da sowohl eine Hyperandrogenämie [Anm. BVwG: Überschuss männlicher Geschlechtshormone bei der Frau] als auch ein erhöhtes AMH [Anm. BVwG: Anti-Müller-Hormon] vorliege, habe sie eine Überweisung zu einer endokrinologischen Ambulanz erhalten. Eine weitere Behandlung müsse durchgeführt werden.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12.07.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 12 Abs. 2 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Italien zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Italien traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert und nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

Aus aktuellen Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es im Jahre 2016 insgesamt 123.600 Asylanträge gegeben hat, was einer Steigerung von 47% gegenüber 2015 entspricht (MdI 10.3.2017, vgl. Eurostat 16.3.2017). 4.808 Personen haben 2016 Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen, 12.873 subsidiären Schutz und

18.979 internationalen humanitären Schutz. 54.254 Anträge (60%) wurden abgewiesen (MdI - 10.3.2017).

Die Asylverfahren nehmen je nach Region sechs bis fünfzehn Monate in Anspruch. Wenn Rechtsmittel ergriffen werden, kann sich diese Dauer auf bis zu zwei Jahren erstrecken (USDOS 3.3.2017).

Aus Statistiken des italienischen Innenministeriums geht hervor, dass es in Italien 2017 mit Stand 21. April 46.225 Asylanträge gab (VB 26.4.2017). (...)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

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MdI - Ministero dell'Interno (10.3.2017): Dati e statistiche, http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/i-numeri-dellasilo; Zugriff 23.3.2017

-

USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy,

http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017

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VB des BM.I Italien (26.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).

3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).

5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).

6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).

(Für weitere Informationen, siehe Kapitel 6.3 Dublin-Rückkehrer.)

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

-

EASO - European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

(...)

Non-Refoulement

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre (USDOS 25.6.2015).

Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger besteht ein absolutes Rückschiebeverbot an der Grenze (UNICEF 29.3.2017).

Das italienische Innenministerium hat ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Zugang zu Asylverfahren und Grundrechten Personen nicht verweigert werden kann, für die willkürlich angenommen wird, dass sie des internationalen Schutzes nicht bedürfen. Außerdem wurde explizit bestätigt, dass alle Migranten das Recht haben, vor Refoulement geschützt zu werden. Es würden laut Innenministerium keine Ausweisungsbefehle erlassen, wenn Migranten zuvor nicht korrekt informiert wurden (AIDA 2.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

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UNICEF - United Nations Children's Fund (29.3.2017): Approvata la "Legge Zampa": più tutele e inclusione per i minori stranieri non accompagnati,

http://www.unicef.it/doc/7324/approvata-la-legge-zampa-per-minori-stranieri-non-accompagnati.htm, Zugriff 3.4.2017

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Italy, http://www.ecoi.net/local_link/306380/443655_de.html, Zugriff 14.4.2016

Versorgung

Unterbringung

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).

Wie die untenstehende Statistik des italienischen Innenministeriums zeigt, wurden die Unterbringungskapazitäten in den letzten 3 Jahren massiv gesteigert. (...)

Mit Stand 31.3.2017 waren in Italien laut offiziellen Statistiken des italienischen Innenministeriums 137.599 Personen in Flüchtlingsunterkünften untergebracht, davon 2.204 in den sogenannten Hotspots (dienen nur der Registrierung der Flüchtlinge; nach max. 72 Stunden Weiterverbringung in Flüchtlingsunterkünfte in ganz Italien), 13.835 in Erstaufnahmezentren, 137.599 in temporären Strukturen (meist durch NGOs und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 23.867 in staatlicher Betreuung (SPRAR):

(...)

CPSA - (Centri di primo soccorso e accoglienza) / Hotspots

Menschen, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Einwanderungszentren bzw. Hotspots (AIDA 2.2017, vgl: MdI 28.7.2015). Die ursprünglichen CPSA in Lampedusa und Pozzallo bilden seit 2016 zusammen mit den Zentren Taranto und Trapani die sogenannten Hotspots. Dieses Hotspot-Konzept wurde von der Europäischen Kommission entwickelt, um jene Mitgliedsstaaten zu unterstützen, die an den EU-Außengrenzen einem besonderen Migrationsdruck ausgesetzt sind. Nähere Informationen sind weiter unten dem Abschnitt "Hotspots" zu entnehmen (AIDA 2.2017, vgl. EC o. D.). Nach dieser Phase der ersten Hilfe unmittelbar nach Ankunft in den CPSA bzw. Hotspots werden die Fremden, je nach Status, entweder rückgeführt oder in andre Unterkünfte verlegt (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). (Für weitere Informationen siehe Kapitel 6.2 Hotspots.)

CDA, CARA und CAS

CDA, CARA und CAS sind Erstaufnahmezentren und bieten eine eher grundlegende Versorgung mit Essen, Kleidung, Basisinformation, Rechtsberatung und medizinischer Notversorgung. Es handelt sich um große Erstaufnahmezentren mit sehr vielen Unterbringungsplätzen (AIDA 2.2017).

Die CDA (centri di accoglienza) sind allgemeine Aufnahmezentren, in denen insbesondere die auf dem Staatsgebiet aufgegriffenen Fremden zur Identitätsfeststellung und Statusbestimmung untergebracht werden, während CARA (Centri d'Accoglienza Richiedenti Asilo) Zentren für die Aufnahme von Asylwerbern sind. CDA und CARA umfassen derzeit 15 Erstaufnahmezentren mit ca. 14.694 Plätzen (AIDA 2.2017). Asylwerber sollen dort einige Wochen oder Monate untergebracht werden, bis die administrativen Formalitäten bezüglich eines Asylantrags abgeschlossen und ein neuer Unterkunftspatz gefunden ist. Sprachtraining oder andere Integrationsmaßnahmen finden in diesen Zentren nicht statt (CoE 2.3.2017).

CARA, CDA und CPSA sollen sukzessive in den durch das Gesetz 142/2015 eingeführten sogenannten "hub regionali" aufgehen. Jede Region soll über einen solchen hub verfügen. Migranten, die in den Hotspots um internationalen Schutz ansuchen, sollen dann an diese "hub regionali" als Erstaufnahmezentren weitergeleitet werden. Ziel ist es, die Strukturen zu straffen und die Schutzsuchenden in Zentren unterzubringen, die in der Nähe von Einwanderungsbüros liegen (AIDA 2.2017, vgl. MdI 2016; SFH 8.2016)

Die CAS (Centri di accoglienza straordinaria) sind temporäre Aufnahmezentren, die speziell in Zeiten hoher Migrationsströme andere Zentren entlasten sollen. De facto dienen sie zur Unterbringung von Bootsflüchtlingen. Ihre Zahl wird je nach Bedarf angepasst und ist daher nur schwer festzumachen. Die CAS dienen auch als "Second-Line-Aufnahme" in Vorbereitung auf die Unterbringung in SPRAR. Derzeit sind ca. 130.000 Personen in über 7000 CAS-Unterkünften in ganz Italien untergebracht (AIDA 2.2017, vgl. MdI 28.7.2015). Primär als Notunterkünfte vorgesehen, liegt der Schwerpunkt der CAS nicht auf einer längerfristigen Integration, obwohl viele Asylsuchende während der Bearbeitung ihrer Asylanträge in einem CAS untergebracht sind (CoE 2.3.2017).

Grundsätzlich sollen Asylwerber jedenfalls in allen hier genannten Einrichtungen nur temporär untergebracht werden, bis eine Verlegung in das SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) möglich ist. Da SPRAR aber nicht über ausreichende Kapazitäten verfügt, gibt es einen chronischen Rückstau, der wiederum eine zum Teil massive Überbelegung der CAS-Unterkünfte zur Folge hat. Viele Asylsuchende bleiben bis zum Asylentschied in den CAS. Um eine gewisse Entlastung des Systems herbeizuführen, werden Asylwerber oft sofort nach Erhalt eines positiven Bescheids aus dem Aufnahmesystem genommen (AIDA 2.2017).

Generell variiert die Qualität zwischen den verschiedenen Arten von Flüchtlingsunterkünften und auch innerhalb der jeweiligen Kategorien stark und hängt vom Ausmaß der jeweiligen Überbelegung und dem lokalen Management ab (AIDA 2.2017). Die Bedingungen in einigen Einrichtungen führen zu Bedenken nach den Artikeln 3 und 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) (CoE 2.3.2017).

SPRAR - (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati)

Das SPRAR besteht derzeit (Stand 2. Februar 2017) aus 640 kleineren dezentralisierten Zweitaufnahmezentren/Projekten mit einer aktuellen Gesamtkapazität von 25.838 betreuten Personen. Etwa 95 dieser Projekte widmen sich unbegleiteten Minderjährigen (2.007 Personen) und 44 Unterkünfte mit insgesamt 592 Plätzen widmen sich Menschen mit psychischen Problemen (SPRAR 2.2.2017).

Die SPRAR-Projekte der Gemeinden sind hauptsächlich Wohnungen oder kleine Zentren und bieten Übersetzungsleistungen, linguistisch-kulturelle Mediation, rechtliche Beratung, medizinische Versorgung, sozio-psychologische Unterstützung, Unterstützung Vulnerabler, Integrationsberatung sowie Freizeitaktivitäten. Die Unterbringungsbedingungen sind besser als in CARA-Zentren. Es steht mehr Platz pro Person zur Verfügung (in kleineren Einheiten teilen sich oft nur zwei Personen ein Zimmer) und die hygienischen Standards sind besser. Es gibt Erholungsbereiche, manchmal besteht auch die Möglichkeit, selbst zu kochen. Bei Unterbringung unbegleiteter Minderjähriger werden diese Standards normalerweise - beispielsweise um Sportmöglichkeiten - nochmals ausgeweitet (AIDA 2.2017).

Trotz aller positiver Aspekte ist das Wachstum von SPRAR in den vergangenen Jahren nicht ausreichend, um den Unterbringungsbedürfnissen in ausreichendem Maße entsprechen zu können. SPRAR deckt derzeit nur etwa 20% der Aufnahmenachfrage ab (AIDA 2.2017, vgl. MdI 31.3.2017).

Ist in keiner der vorgesehenen Strukturen Platz für einen Asylwerber gegeben, wäre für den Zeitraum, in dem dieser nicht untergebracht werden kann, eigentlich ein Taggeld vorgesehen. In der Praxis wird dieses aber nicht ausbezahlt. Stattdessen wird der Asylwerber unter Inkaufnahme einer entsprechenden Überbelegung trotzdem untergebracht (AIDA 2.2017).

NGOs berichten, dass Tausende legale und illegale Fremde - ohne Zugang zu öffentlichen Diensten und Leistungen - in verlassenen alten Gebäuden leben (USDOS 3.3.2017).

NGOs

Außerhalb der staatlichen Strukturen existiert noch ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, betrieben etwa von Kirchen und Freiwilligenorganisationen. Ihre Zahl ist schwierig festzumachen. Interessant sind sie im Notfall oder für die Unterbringung von Familien (AIDA 2.2017).

CIE - (Centro di identificazione ed espulsione)

Personen, die sich illegal im Land aufhalten und für internationalen Schutz nicht in Frage kommen, werden in Erwartung der Abschiebung in den Schubhaftzentren CIE untergebracht. Die Dauer des Aufenthalts beträgt hierbei maximal 18 Monate (MdI 28.7.2015).

Italien verfügt mit Stand vom 20. Jänner 2016 über insgesamt sechs in Betrieb befindlichen CIEs mit einer theoretischen Kapazität von insgesamt 720 Plätzen (PI 2.2016).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

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CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder;

internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit;

Integration; etc.),

https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017

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EC - European Commission (o.D.), Hotspot-Konzept zur Steuerung außergewöhnlicher Migrationsströme, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/background-information/docs/2_hotspots_de.pdf, Zugriff 3.4.2017

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MdI - Ministero dell'Interno Italiano (28.7.2015): Centri per l'imigrazione,

http://www.interno.gov.it/it/temi/immigrazione-e-asilo/sistema-accoglienza-sul-territorio/centri-limmigrazione, Zugriff 28.3.2017

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MdI - Ministero dell'Interno Italiano (2016): Piano accoglienza 2016. Tavolo di ccordinamento nazionale, Zugriff 11.4.2017

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MdI - Ministero dell'Interno (31.3.2017): Dati e statistiche, http://www.libertaciviliimmigrazione.dlci.interno.gov.it/it/documentazione/statistica/cruscotto-statistico-giornaliero, Zugriff 4.4.2017

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PI - Parlamento Italiano, Senato della Repubblica (2.2016):

Rapporto sui centri di identificazione ed espulsione in Italia, https://www.senato.it/application/xmanager/projects/leg17/file/repository/commissioni/dirittiumaniXVII/rapporto_cie.pdf, Zugriff 11.4.2017

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016): Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017

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SPRAR - Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati (2.2.2017): Composizione di base della rete SPRAR, http://www.sprar.it/i-numeri-dello-sprar, Zugriff 11.4.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Italy,

http://www.ecoi.net/local_link/337159/479923_de.html, Zugriff 30.3.2017

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VB des BM.I Italien (19.4.2017): Statistik des ital. Innenministeriums, per E-Mail

Hotspots

Im Zuge der zunehmenden Migrationsbewegungen in Richtung Europa hat die Europäische Kommission am 13. Mai 2015 eine Migrationsagenda zur "besseren Steuerung der Migration" verabschiedet. Eine der Maßnahmen ist der sog. "Hotspot approach", bei dem mit Unterstützung der europäischen Asylunterstützungsagentur EASO (sowie unter Hinzuziehung von Frontex, Europol und Eurojust) mit den Behörden der Grenzstaaten eine rasche Identifizierung der ankommenden Migrantinnen und Migranten und die umfassende Registrierung sowie die Abnahme der Fingerabdrücke gewährleisten sollen. Menschen, die Anspruch auf internationalen Schutz haben, können von den betroffenen Mitgliedsstaaten an andere EU Mitgliedsstaaten umverteilt werden, wo ihr Asylantrag bearbeitet wird. Italien und Griechenland sind die ersten beiden Mitgliedstaaten, in denen das Hotspot-Konzept derzeit angewandt wird (EC 27.3.2017; vgl. SFH 8.2016).

Migranten, die - vor allem auf dem Seeweg - illegal nach Italien kommen, erhalten zunächst Unterstützung in den großen Hotspot-Zentren. Dort werden ihre Daten erkennungsdienstlich aufgenommen, es erfolgt ein erster medizinischer Check und sie haben die Möglichkeit, um internationalen Schutz anzusuchen (AIDA 2.2017). Jene Menschen, die keinen Schutzanspruch haben, sollen rasch rückgeführt werden. Die anderen werden in die "hub regionali" (Regionalzentren) überstellt. Auch wird eine mögliche Umverteilung an andere EU-Staaten für die Durchführung des Asylverfahrens überprüft (AIDA 2.2017; vgl. EC 27.3.2017).

In Italien wurden bisher 4 Hotspots mit einer Kapazität von insgesamt 1.600 Personen eingerichtet (Lampedusa, Pozzallo, Taranto und Trapani) (EC 27.3.2017). Nach Medienberichten sollen diese nun durch weitere Hotspots ergänzt werden. Im Gespräch hierfür sind Messina und Palermo auf Sizilien sowie Corigliano, Reggio Calabria und Crotone in Kalabrien (AIDA 2.2017, vgl. GdS 17.3.2017).

Die gesetzlich zulässige Aufenthaltsdauer von 48 bzw. 72 Stunden in den Hotspots wird in der Praxis vielfach nicht eingehalten (AIDA 2.2017).

Die hohe Anzahl der Ankünfte hat sich negativ auf das System zur Registrierung und auf das italienische Empfangssystem als Ganzes ausgewirkt. Nicht immer ist die wirksame Identifizierung von Opfern von Menschenhandel oder Vulnerablen bzw. die Bereitstellung von angemessenen Informationen über deren Rechte gewährleistet. Dies ist insbesondere problematisch, wenn eine hohe Anzahl von Flüchtlingen und Migranten gleichzeitig eintrifft (CoE 2.3.2017).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

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CoE - Council of Europe Secretary General (2.3.2017): Bericht zu Fact-Finding-Mission zur Lage von MigrantInnen und Flüchtlingen von 16. bis 21. Oktober 2016 (Aufnahmebedingungen; unbegleitete Kinder;

internationale Schutzverfahren; MigrantInnen im Transit;

Integration; etc.),

https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectId=09000016806f9d70, Zugriff 7.4.2017

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EC - European Commission (27.3.2017), Hotspots in Italy, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/press-material/docs/state_of_play_-_hotspots_en.pdf, Zugriff 3.4.2017

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GdS - Giornale di Sicilia (17.3.2017): Migranti, hotspot a Palermo e Messina. Tramonta l'ipotesi Mineo, http://catania.gds.it/2017/03/17/migranti-hotspot-a-palermo-e-messina-tramonta-lipotesi-mineo_641852/, Zugriff 4.4.2017

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.2016): Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1472034789_160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, Zugriff 11.4.2017

Dublin-Rückkehrer

Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von Informationsmangel, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. In den letzten Jahren wurden daher temporäre Aufnahmestrukturen für die Rückkehrer geschaffen, in denen vulnerable Fälle verbleiben bis eine alternative Unterbringung gefunden ist, bzw. in denen nicht-vulnerable Fälle bleiben, bis ihr rechtlicher Status geklärt ist. Berichten zufolge kommt es aber vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen (AIDA 2.2017).

Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Ebenso haben Rückkehrer mit einem Schutzstatus in Italien Probleme beim Zugang zu Unterbringung (AIDA 2.2017).

Im Sinne des Tarakhel-Urteils stellte IT im Juni 2015 in einem Rundbrief eine Liste von SPRAR-Einrichtungen zur Verfügung, welche für die Unterbringung von Familien geeignet sind. Zuletzt wurde am 12. Oktober 2016 ein neuer Rundbrief versendet und die Liste aktualisiert. Sie umfasst nun 11 SPRAR-Projekte mit zusammen 58 Unterbringungsplätzen für Familien mit Kindern (MdI 12.10.2016).

Die NGOs Danish Refugee Council und Swiss Refugee Council haben Anfang 2017 6 Fälle von vulnerablen Rückkehrern (Familien mit Kindern bzw. Schwangeren) nach Italien einem Monitoring unterzogen und berichten, dass 2 dieser Fälle bei Rückkehr keinen Zugang zu Unterbringung hatten. Die übrigen 4 Fälle wurden zunächst übergangsweise untergebracht, wobei die Bedingungen als für Vulnerable unpassend kritisiert wurden. In weiterer Folge konnten Plätze in SPRAR gefunden werden. Die Betroffenen und die beteiligten NGOs sprechen von Willkür oder zumindest Unvorhersehbarkeit seitens der italienischen Behörden. Als problematisch wurde in den gemonitorten Fällen vor allem der mangelnde Informationsfluss betreffend die Vulnerabilität der Rückkehrer zwischen den Behörden des überstellenden Staats und Italiens beschrieben (DRC/SRC 9.2.2017).

Der BM.I-Verbindungsbeamte in Italien, der gegebenenfalls die Rückkehr vulnerabler Fälle aus Österreich am Flughafen Rom-Fiumicino begleiten kann, berichtete im Feber 2017 von der Rückkehr einer Familie mit Kindern nach Italien, woraus sich abseits des Einzelfalls interessante allgemeine Fakten ergeben. Am Flughafen Fiumicino sind ab 10:30 Uhr Vertreter der Vereinigung ITC (Interpreti Traduttori in Cooperativa) vertreten. Es handelt sich dabei um eine Kooperative von Übersetzern, Dolmetschern und Kulturmediatoren, die in ganz Italien mit über 2.000 Experten aktiv sind und mehrere italienische Behörden und internationale Organisationen mit ihrer Kompetenz beim Umgang mit Migranten unterstützen. Diese decken offenbar eine gewisse Bandbreite an Sprachen ab und unterstützen gegebenenfalls bei der niederschriftlichen Befragung zu den Asylgründen in Italien. Die Quästur hat direkt am Flughafen Rom Fiumicino eine Zweigstelle eingerichtet, um den administrativen Ablauf zu beschleunigen und den Rückkehrern die Anfahrt ins Zentrum von Rom zu ersparen. Nach der Befragung wurde der Familie der zeitlich auf 6 Monate befristete Aufenthaltstitel für Asylwerber von der Quästur ausgestellt und die Familie erhielt eine Mahlzeit, während mit der Präfektur von Rom abgeklärt wurde, wo die Rückkehrer vorübergehend unterzubringen wären. Da zum Zeitpunkt der Anreise keine Plätze in SPRAR-Strukturen (Unterkünfte der 2. Stufe; auch: Folgeunterkünfte) zur Verfügung standen, wurde die Familie zuerst außerordentlich untergebracht (in sogenannten Centri accoglienza straordinari). Auch bei dieser Art der Unterbringung werden Familien in eigenen Strukturen untergebracht. Sobald ein Platz in einer SPRAR-Struktur frei wird, werden die Familien dorthin verlegt. Der Transfer in die Unterbringung erfolgt entweder organisiert, oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wobei die Kosten dann durch die Vereinigung "ITC" getragen werden. Im gemonitorten Fall war der Transfer für denselben Nachmittag angekündigt. (VB 14.2.2017; ITC o.D.).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (ASGI - Association for Legal Studies on Immigration; ECRE - European Council on Refugees and Exiles) (2.2017): National Country Report Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2016update.pdf, Zugriff 23.3.2017

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DRC - Danish Refugee Council / SRC - Swiss Refugee Council (9.2.2017): Is mutual trust enough? The situation of persons with special reception needs upon return to Italy, https://www.refugeecouncil.ch/assets/news/2017/drc-osar-drmp-report-090217.pdf, Zugriff 8.5.2017

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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