TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/22 W169 2188391-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.08.2018
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Entscheidungsdatum

22.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2188391-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018, Zl. 1162915603-171422185, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in Österreich am 27.12.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme und die Sprache Punjabi spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs, habe vier Jahre die Grundschule, danach acht Jahre eine Allgemeinbildende Höhere Schule besucht und zuletzt als Landwirt gearbeitet. Zu seinem Ausreisegrund führte er an, dass seine Familie mit der Akali-Partei sympathisiere, jetzt aber die Kongress Partei an der Macht sei. Diese hätte den Beschwerdeführer aufgefordert, die Partei zu wechseln und ihn auch bedroht. Daraufhin habe er das Land verlassen.

2. Am 27.12.2017 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation ausgehändigt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

3. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.01.2018 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme und die Sprachen Punjabi, sowie etwas Hindi und Englisch spreche. Im Herkunftsstaat würden sich noch die Eltern und eine Schwester des Beschwerdeführers befinden, zu denen er in Kontakt steht. Der Beschwerdeführer sei gesund.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor (A:

nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

"(...)

F: Hatten Sie jemals persönlich Probleme in Indien?

A: Ja, ich wurde persönlich attackiert. Sie sind auch nach Hause gekommen und wurden gewalttätig. Ich wurde belästigt und sie haben mir nicht erlaubt zu arbeiten oder einen Job zu suchen.

F: Wen meinen Sie mit "sie"?

A: Das sind die Leute der Kongress Partei, die derzeit an der Macht ist.

F: Wer genau sind diese Leute?

A: Ich kenne die Gesichter der Leute, aber die Namen kenne ich nicht.

F: Zu welcher Partei gehören Sie?

A: Zur Akali Partei.

F: Seit wann sind Sie Mitglied? Haben Sie einen Ausweis?

A: Ich war kein Mitglied der Partei. Ich habe sie nur bei der Wahl unterstützt.

F: Wie hat die Unterstützung für die Partei ausgesehen?

A: Wir haben uns gegenseitig geholfen. Ich und meine Freunde sind bei den Wahlkampagnen mitgekommen. Wir haben uns gegenseitig geholfen.

F: Welche Unterstützung haben Sie bekommen und wer waren die Leute die mit Ihnen bei den Kampagnen waren?

A: Die Partei hat den Leuten im Dorf geholfen bei der Landwirtschaft und auch wenn man einen Kredit brauchte. Weiters haben sie bei Behördenwegen geholfen und auch bei der Jobsuche.

F: Wer war Ihr Ansprechpartner der Akali Partei?

A: Ein Abgeordneter namens XXXX . Ich hatte keinen persönlichen Kontakt mit diesem Abgeordneten. Die Leute von XXXX sind aber zu uns ins Dorf gekommen. Die kleinen Leute haben Probleme bekommen, von der Kongress Partei. Die Parteiführer von der AKALI Partei haben keine Probleme bekommen.

Vorhalt: Sie gaben vorher an, dass es einen gewalttätigen Vorfall gab. Schildern Sie diesen genauer.

A: Bei diesem Vorfall war ich unterwegs zur Arbeit. Ich wurde von sieben bis acht Leuten aufgehalten und geschlagen. Ich habe mich gewehrt und geschrien. Es sind ein paar Leute mit Autos gekommen und mit diesen bin ich dann geflüchtet. Nach zwei Tagen kamen diese Leute auch zu mir nach Hause.

F: Wo und wann war der Vorfall?

A: Der Vorfall war ungefähr sechs Kilometer von meinem Wohnort entfernt. Der Vorfall war um 09:00 Uhr morgens.

F: An welchem Tag?

A: Es war irgendwann im Mai 2017. Das genaue Datum kann ich nicht mehr sagen.

F: Wann genau haben Sie Indien verlassen?

A: Am 09.08.2017.

F: Sie konnten sich also noch drei Monate lang in Indien aufhalten, bevor Sie ausgereist sind?

A: Ja.

F: Gab es in dieser Zeit weitere Probleme?

A: Ja, die Leute waren noch weitere zwei Mal bei mir zu Hause. Ich habe mich aber versteckt.

F: Wo haben Sie sich versteckt?

A: Zuerst war ich bei einem Freund ein paar Tage und dann bei einer Bekannten. Die Leute sind immer abends zu uns nach Hause gekommen. Ich habe das Haus dann aus der Hintertür verlassen und bin jedes Mal weg.

F: Wie meinen Sie das genau?

A: Das erste Mal wurde ich auf der Straße attackiert. Dann waren sie einmal bei mir zu Hause, da bin ich aus der Hintertür geflohen. Danach war ich nicht mehr zu Hause.

F: Woher wussten die Angreifer wo Sie wohnen?

A: Das Dorf ist klein. Es ist nicht schwer jemanden zu finden.

F: Haben Sie Anzeige erstattet oder sich an die Behörden gewandt?

F: Ich habe mich nicht an die Behörden gewandt. Sie sagten, wenn ich das mache werde ich noch mehr Probleme haben.

F: Verfügen Sie über Dokumente oder können Sie solche beschaffen?

A: Nein. Ich habe keine Beweise, da ich nirgends Anzeige machen kann.

Vorhalt: Aus den Länderinformationen zu Indien ergibt sich, dass sich die politische Opposition grundsätzlich frei betätigen kann. Die Wahlen zu den Gemeindeversammlungen, Stadträten und Parlamenten auf bundesstaatlicher wie nationaler Ebene sind frei, gleich und geheim. Sie werden - ungeachtet von Problemen, die aus der Größe des Landes, verbreiteter Armut bzw. hoher Analphabeten-Rate und örtlich vorkommender Manipulationen resultieren - nach Einschätzung internationaler Beobachter korrekt durchgeführt. Behinderungen der Opposition kommen insbesondere auf regionaler und kommunaler Ebene vor, z.B. durch nur eingeschränkten Polizeischutz für Politiker, Versagung von Genehmigungen für Wahlkampfveranstaltungen,

Laut den LFST zu Indien werden tätliche Übergriffe durch Anhänger anderer Parteien geahndet. Derartige Vorkommnisse werden von der Presse aufgegriffen und können von den politischen Parteien öffentlichkeitswirksam thematisiert werden. Sie ziehen in der Regel auch Sanktionsmaßnahmen der unabhängigen und angesehenen staatlichen Wahlkommission ("Election Commission of India") nach sich (AA 16.8.2016).

F: Was möchten Sie dazu angeben?

A: Was alles geschrieben ist wird in Wirklichkeit nicht befolgt. Wir haben nicht genug Geld damit wir etwas unternehmen können.

Vorhalt: Ihre Fluchtgründe sind nicht asylrelevant und auch nicht glaubhaft. Sie machen nur oberflächliche Angaben. Sie könne Ihr Vorbringen nicht glaubhaft schildern oder Namen von Personen nennen, durch die Sie einer Bedrohung in Indien ausgesetzt wären. Sie waren Ihren Angaben nach auch kein Mitglied einer Partei. Sie können nicht von einer positiven Entscheidung ausgehen. Was beabsichtigen Sie zu tun, wenn Sie eine negative Entscheidung erhalten?

A: Ich bin sehr verwirrt, ich kann in mein Land nicht zurück. Ich weiß, sie werden mich umbringen. Ich weiß nicht was ich tun werde. Ich bin sehr verwirrt.

F: Gibt es auch noch andere Personen, welche sie kennen, die von der Partei verfolgt werden?

A: Andere werden auch belästigt, aber jeder wird anders belästigt.

F: Warum sollte die Partei gerade Sie verfolgen, wenn Sie nicht einmal ein Mitglied einer oppositionellen Partei waren?

A: Weil meine Familie über drei Generationen hinweg die Akali Partei unterstützt hat werde ich explizit verfolgt.

F: Wie kann Ihre Familie noch in Indien leben, wenn diese auch die Akali Partei unterstützt hat?

A: Meine Eltern sind sehr alt und krank. Sie werden nur ab und zu mündlich bedroht.

F: Warum haben Sie sich nicht wo anders in Indien niedergelassen?

A: Ich habe mich nicht getraut wo anders niederzulassen, weil ich dort keine Arbeit gehabt hätte.

F: Wenn Sie Geld gehabt hätten, hätten Sie sich wo anders in Indien niedergelassen?

A: Innerhalb des Punjabs wäre es nicht möglich gewesen, und außerhalb hätt es sprachliche und kulturelle Unterschiede gegeben. Außerdem hätte ich meine Eltern nicht mitnehmen können, weil sie alt und krank sind.

F: Glauben Sie, dass Sie außerhalb des Punjabs weiterhin bedroht werden?

F: Es könnte überall Gefahr bestehen.

F: Warum?

A: Es könnte mich jemand verraten.

F: Indien hat kein Meldewesen. Wie sollen diese Personen Sie genau finden?

A: Ich kann mich wo anders nicht versorgen. Es hätte mich jemand verraten können.

(...)"

Weiters führte der Beschwerdeführer befragt an, dass er vor seiner Ausreise ein Grundstück verkauft habe. Auf Vorhalt, wonach es sich somit um keine abrupte Flucht gehandelt haben könne, erwiderte er, dass er seine Ausreise zwei Monate lang geplant habe und sich bei der Behörde Papiere habe ausstellen lassen; diese habe er aber nicht mehr. Da seine Eltern Analphabeten seien, würden sie auch keine neuen besorgen können.

Zu dem dem Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.12.2017 ausgehändigten Länderinformationsblatt zu Indien gab der Beschwerdeführer an, dass es keine Gerechtigkeit gebe; wenn man sich beschweren wolle, höre niemand auf einen. Man werde öfter bedroht, es gäbe keine Sicherheit.

Am Ende der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, sich Beweismittel und Dokumente schicken zu lassen und diese nach Erhalt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zukommen zu lassen. Der Beschwerdeführer gab hierzu an, dass er das nicht machen könne.

4. Am 01.02.2018 wurde der Beschwerdeführer erneut vom Bundesamte für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und wurde ihm vorgehalten, dass er der Behörde keine Beweismittel oder Dokumente vorgelegt habe. Dazu führte er an, dass er sich keine Dokumente aus Indien schicken lassen könne, damit man nicht erfahre, dass er sich in Österreich befinde. Zur beabsichtigten Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz gab der Beschwerdeführer an, dass er in Indien Angst um sein Leben habe. Auch könne er dort nicht woanders leben, da die neuen Nachbarn seinen Aufenthaltsort weitergeben könnten.

Zu den Lebensumständen in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er sich hier wohl fühle.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten

(Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien

(Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werde. Unabhängig davon stehe dem Beschwerdeführer aber eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der sehr kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und wurde nach Wiederholung der Fluchtgründe insbesondere ausgeführt, dass das Bundesamt den Großteil seiner Aussagen nicht zur Kenntnis genommen, sondern "nur selektiv und in tendenziöser Weise jene herausgeklaubt" habe, die seiner eigenen Argumentation zuträglich seien. So habe der Beschwerdeführer genaue Orts- und Zeitangaben gemacht, die Ereignisse chronologisch und konsistent geschildert sowie Erklärungen über sämtliche Personen getätigt. Aus den Aussagen des Beschwerdeführers gehe ferner hervor, dass die indischen Behörden ihm gegenüber schutzunfähig seien, was das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht untersucht habe. Auch sei die pauschale Behauptung, in Indien bestehe immer und für jeden eine innerstaatliche Fluchtalternative, nicht zutreffend. Schließlich verletze die Rückkehrentscheidung seine in Art. 8 EMRK geschützten Rechte. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Punjab und gehört der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Er spricht die Sprachen Punjabi sowie etwas Hindi und Englisch. Im Herkunftsstaat genoss er eine langjährige Schulbildung und arbeitete als Landwirt. Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und gesund. Im Herkunftsstaat leben auch nach wie vor die Eltern und eine Schwester des Beschwerdeführers, zu denen er in Kontakt steht.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Dem Beschwerdeführer steht in Indien eine inländische Schutz- bzw. Fluchtalternative offen.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörigen in Österreich und spricht kein Deutsch. Der Beschwerdeführer bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung, ist strafgerichtlich unbescholten und steht im erwerbsfähigen Alter.

Der Beschwerdeführer war in Besitz eines österreichischen Visums, gültig von 04.08.2017 bis 21.08.2017.

Mit 02.02.2017 wurde über den Beschwerdeführer von Belgien ein Aufenthalts- bzw. Einreiseverbot im Schengener Gebiet, gültig bis 19.01.2020, verhängt.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Sicherheitslage

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).

Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011

Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_09493FC61FD08185D486477F8D93E1EE/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

-

Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 5.12.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

SATP - South Asia Terrorism Portal (9.1.2017): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2016,

http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/database/indiafatalities.htm, Zugriff 9.1.2017

Punjab

Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Millionen. im Punjab (MoHA o.D.) und bilden dort die Mehrheit (USDOS 10.8.2016).

Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren aus anderen Unionsstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland (ÖB 12.2016). Nichtstaatliche Kräfte, darunter organisierte Aufständische und Terroristen, begehen jedoch zahlreiche Morde und Bombenanschläge im Punjab und Konfliktregionen wie etwa Jammu und Kaschmir (USDOS 13.4.2016). Im Juli 2015 griffen Mitglieder einer bewaffneten Gruppe eine Polizeiwache und einen Busbahnhof in Gurdaspur im Bundesstaat Punjab an und töteten drei Zivilpersonen und vier Polizisten. 15 Personen wurden verletzt (USDOS 2.7.2016; vgl. auch: AI 24.2.2016). Es handelte sich dabei um den ersten größeren Anschlag seit den Aktivitäten militanter Sikhs in 1980er und 1990er Jahren (USDOS 2.7.2016).

Im Oktober 2015 gab es in fünf Distrikten des Punjab weitverbreitete und gewalttätige Proteste der Sikhs gegen die Regierung in Punjab. Dabei hat die Polizei auf Protestanten geschossen und zwei Personen getötet sowie 80 Personen verletzt. Grund der Proteste waren Berichte, laut denen unbekannte Täter das heilige Buch der Sikhs entweiht hätten. Die Polizei hat ein Duzend Protestanten wegen versuchten Mordes, Beschädigung öffentlichen Eigentums und des Tragens von illegalen Waffen festgenommen. Was die Aufarbeitung der Gewaltausbrüche im Jahr 1984, bei denen 3.000 Menschen, darunter hauptsächlich Sikhs, ums Leben gekommen seien betrifft, so kommen Gerichtsverfahren nur langsam voran. Zivilgesellschaftliche Aktivisten und Interessensverbände der Sikhs zeigen sich weiterhin besorgt, dass die Regierung die Verantwortlichen noch nicht zur Rechenschaft ziehen konnte (USDOS 10.8.2016).

Der illegale Waffen- und Drogenhandel von Pakistan in den indischen Punjab hat sich in letzter Zeit verdreifacht. Im Mai 2007 wurden dem indischen Geheimdienst Pläne der ISI bekannt, die gemeinsam mit BKI und anderen militanten Sikh- Gruppierungen Anschläge auf Städte im Punjab (Jalandhar, Ludhiana, Pathankot) beabsichtigten. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der militanten Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 12.2016). In Jammu und Kaschmir, im Punjab und in Manipur haben die Behörden besondere Befugnisse ohne Haftbefehl Personen zu suchen und zu inhaftieren (USDOS 13.4.2016; vgl. auch:

BBC 20.10.2015). Menschenrechtsberichten zufolge kommt es im Punjab regelmäßig zu Fällen von Menschenrechtsverletzungen insbesondere der Sicherheitsbehörden (extralegale Tötungen, willkürliche Festnahmen, Folter in Polizeigewahrsam, Todesfolge von Folter etc.) (ÖB 12.2016). Ehrenmorde stellen vor allem in den nördlichen Bundesstaaten Haryana und Punjab weiterhin ein Problem dar. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass bis zu 10% aller Tötungen in diesen Staaten sogenannte Ehrenmorde sind (USDOS 13.4.2016).

Die Staatliche Menschenrechtskommission im Punjab hat in einer Reihe von schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte (Folter, Folter mit Todesfolge, extra-legale Tötungen etc.) interveniert. In vielen Fällen wurde die Behörde zu Kompensationszahlungen verpflichtet. Die Menschenrechtskommission erhält täglich 200-300 Beschwerden über Menschenrechtsverletzung und ist in ihrer Kapazität überfordert. Oft sind Unterkastige oder Kastenlose Opfer der polizeilichen Willkür (ÖB 12.2016).

Die Zugehörigkeit zur Sikh-Religion ist kein Kriterium für polizeiliche Willkürakte Die Sikhs, 60% der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen (ÖB 12.2016).

In Indien ist die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit rechtlich garantiert und praktisch von den Behörden auch respektiert; in manchen Grenzgebieten sind allerdings Sonderaufenthaltsgenehmigungen notwendig. Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit sich in anderen Landesteilen niederzulassen, Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut. Sikhs können ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben. Aktive Mitglieder von verbotenen militanten Sikh-Gruppierungen, wie Babbar Khalsa International müssen mit polizeilicher Verfolgung rechnen (ÖB 12.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - India, http://www.ecoi.net/local_link/319831/466697_de.html, Zugriff 5.1.2017

-

BBC - British Broadcasting Corporation (20.10.2015): Why are Indian Sikhs angry?,

http://www.bbc.com/news/world-asia-india-34578463, Zugriff 5.1.2017

-

MoHA - Government of India, Ministry of Home Affairs, Office of the Registrar General & Census Commissioner, India (o.D.): C-1 Population By Religious Community, http://www.censusindia.gov.in/2011census/C-01.html, Zugriff 5.1.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 5.12.2016

-

USDOS - US Department of State (2.7.2016): Country Report on Terrorism 2015 - Chapter 2 - India, http://www.ecoi.net/local_link/324726/464424_de.html, Zugriff 5.1.2017

-

USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - India, http://www.ecoi.net/local_link/328426/469205_de.html, Zugriff 21.12.2016

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 28.12.2016

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, zur Visumserteilung und über seine Lebenssituation im Herkunftsstaat sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten oder Familienangehörigen hat, kein Deutsch spricht und gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahmen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.01.2018 und am 01.02.2018 und einer im Akt aufliegenden Abfrage der Visadatenbank vom 27.12.2017.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Dass seit 02.02.2017 durch Belgien über den Beschwerdeführer ein Aufenthalts- bzw. Einreiseverbot im Schengener Gebiet (gültig bis 19.01.2020) verhängt wurde, ergibt sich aus einem im Akt aufliegenden Auszug aus dem IZR.

Die Beurteilung der belangten Behörde, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Bedrohung durch politische Gegner der Kongress Partei nicht glaubhaft sei, ist zutreffend. Der Beschwerdeführer hat zwar eine derartige Bedrohungssituation sowohl im Verlauf der sicherheitsbehördlichen Erstbefragung am 27.12.2017 als auch bei den Einvernahmen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.01.2018 und am 01.02.2018 behauptet, seine diesbezüglichen Angaben sind jedoch, wie im angefochtenen Bescheid richtig festgehalten, insgesamt logisch nicht nachvollziehbar, sowie als wenig konkret und detailliert zu qualifizieren.

So war der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.01.2018 nicht in der Lage, die gegen seine Person gerichtete Bedrohungssituation zu schildern und genaue Angaben zu den Personen, welche ihn attackiert haben sollen, zu machen. Vom Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl danach gefragt, wen der Beschwerdeführer eigentlich mit "sie" meine, führte er nur lapidar an, dass es jene Leute der Kongress Partei seien, die an der Macht stehen würden. Nochmals danach gefragt, wer das genau sei, führte der Beschwerdeführer an, dass er zwar die Gesichter kenne, jedoch nicht deren Namen. Eine konkrete Antwort und Details zu seinen Verfolgern blieb der Beschwerdeführer somit schuldig. In diesem Zusammengang ist auch anzuführen, dass die Schilderungen zu seinen Helfern, die ihn mit dem Auto mitgenommen hätten, ebenfalls wenig konkret und überdies logisch nicht nachvollziehbar waren. So lässt sich aus den Schilderungen nicht schließen, um wen es sich bei den Personen gehandelt haben soll und wie sie ihn konkret vor den Misshandlungen seiner Verfolger, wobei es sich um sieben bis acht Personen gehandelt haben soll, so schnell hätten retten können. Auch nach Vorhalt, dass dem Vorbringen aufgrund mangelnder Details kein Glauben geschenkt werde, führte der Beschwerdeführer erneut nur allgemein an, dass er verwirrt sei und "sie" ihn im Falle seiner Rückkehr umbringen würden. Erneut blieb der Beschwerdeführer sämtliche Details zu den Verfolgungsbehauptungen schuldig. Ebenso waren die Angaben des Beschwerdeführers, wonach ihn seine Feinde mehrere Male zuhause aufgesucht hätten, nur wenig konkret und detailliert. Weder lässt sich aus dem Vorbringen erschließen, woher seine Verfolger gewusst haben sollen, in welchem Haus der Beschwerdeführer wohnhaft gewesen sei, noch ist nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer unbemerkt durch die Hintertür hat flüchten können, weshalb auch das diesbezügliche Vorbringen als unglaubwürdig zu qualifizieren ist.

Ferner gab der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.01.2018 zu seiner politischen Tätigkeit eindeutig an, dass er kein Mitglied der Alkali Partei gewesen sei. Er habe diese nur bei der Wahl unterstützt, indem er mit seinen Freunden zu den Wahlkampagnen mitgegangen sei; man habe sich gegenseitig geholfen. In seinen weiteren Schilderungen führte der Beschwerdeführer an, dass "die kleinen Leute" Probleme bekommen würden, nicht aber die Parteispitze. Diese Schilderungen erweisen sich jedoch, wie im angefochtenen Bescheid zu Recht vorgehalten, als logisch nicht nachvollziehbar. Warum sich ausgerechnet der Beschwerdeführer durch das äußerste Mittel der Flucht hat retten müssen, während andere Personen, die tatsächlich Mitglieder der Akali Partei sind und in der Hierarchie sogar höher stehen, sehr wohl in der Lage sind, sich im Herkunftsstaat aufzuhalten, lässt sich logisch nicht erklären und hat der Beschwerdeführer auch nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Vollständigkeit halber ist noch festzuhalten, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach er besonders gefährdet sei, weil seine Familie seit drei Generationen der Akali Partei angehören würde, ebenso wenig auf eine Verfolgung schließen lassen. Ganz im Gegenteil ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer, wie seiner gesamte Familie seit Generationen auch, ein Leben im Herkunftsstaat zuzumuten ist, zumal die Eltern und eine Schwester des Beschwerdeführers auch weiterhin und unverändert im Herkunftsort leben.

Der Beschwerdeführer machte auch, wie im angefochtenen Bescheid richtig festgehalten, keinerlei Versuche, sich an die Behörden seines Heimatlandes zu wenden, jedoch wäre es ihm jedenfalls zumutbar gewesen, sich - zum Beispiel gleich nach der Schlägerei, gemeinsam mit seinen Helfern als Zeugen - an die Polizei zu wenden und seine Verfolger zur Anzeige zu bringen.

Darüberhinaus würde sich auch bei Wahrunterstellung der Bedrohungsbehauptungen des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen über die Lage in seinem Herkunftsstaat daraus keine ernsthafte Bedrohungssituation für den Beschwerdeführer ableiten lassen. Aus den Länderberichten ergibt sich deutlich, dass in Indien volle Bewegungsfreiheit gewährleistet ist. Es kann grundsätzlich örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungshandlungen durch Übersiedelung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Weiters gibt es kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Staatsbürger und diese besitzen in der Mehrzahl keine Ausweise. Die indische Verfassung garantiert indischen Staatsangehörigen das Recht auf Bewegungsfreiheit im Staatsgebiet sowie das Recht auf Niederlassung und Aufenthalt in jedem Teil des Landes. Auch bei strafrechtlicher Verfolgung ist in der Regel ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken in anderen Teilen Indiens möglich, ohne dass diese Person ihre Identität verbergen muss. Der Beschwerdeführer würde daher auch bei Zugrundelegung seiner Angaben über eine Bedrohungssituation die Möglichkeit haben, vor einer Verfolgung von dieser Seite durch Niederlassung außerhalb seiner Herkunftsregion Sicherheit zu finden. Dies erscheint für den Beschwerdeführer aufgrund seiner Sprachkenntnisse in Punjabi und Hindi, seiner Ausbildung und Arbeitserfahrung zumutbar, zumal er seinen Lebensunterhalt auch durch Gelegenheitsarbeiten und die finanzielle Unterstützung seiner in Indien lebenden Familie sichern könnte.

2.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichten, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben.

Den Länderberichten wurde weder in den Einvernahmen, noch im Beschwerdeschriftsatz substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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