Entscheidungsdatum
23.08.2018Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W154 2203631-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2018,
Zahl: IFA 1138877701 / VerfZ 180714148, und die andauernde
Anhaltung, zu Recht erkannt:
A) I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.07.2018 wird gemäß Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft von 30.07.2018 bis 23.08.2018 für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
III. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF), ein Staatsangehöriger Gambias, wurde am 23.12.1016 beim Versuch, illegal nach Österreich einzureisen, am Grenzübergang aufgegriffen und nach Italien zurückgeschoben.
Nach der Zurückschiebung reiste der BF unmittelbar darauf nach Österreich ein und stellte am 24.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 16.03.2017 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit d iVm 25 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.09.2017, GZ W205 2151359-1/8E, als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung erwuchs mit 19.09.2017 in 2. Instanz in Rechtskraft. Die Durchsetzbarkeit war mit 05.04.2017 gegeben.
Mit 29.03.2017 tauchte der BF unter und wurde aus der Grundversorgung abgemeldet.
Am 06.04.2017 wurde der BF von der Polizei im Zuge einer Kontrolle festgenommen. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 06.04.2017 wurde über den BF die Schubhaft angeordnet. Am 20.04.2017 wurde der BF nach Italien überstellt.
Am 13.10.2017 wurde der BF neuerlich aufgegriffen und wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes festgenommen. Mit Mandatsbescheid wurde über den BF am 14.10.2017 die Schubhaft angeordnet. Am 31.10.2017 wurde der BF wegen eines Selbstmordversuches aus der Schubhaft entlassen.
Mit Mandatsbescheid vom 01.11.2017 wurde erneut die Schubhaft über den BF verhängt. Am 20.11.2017 erfolgte die zweite Überstellung nach Italien.
Am 09.12.2017 wurde der BF erneut in Österreich aufgegriffen und wegen des Verdachtes einer Übertretung nach dem SMG festgenommen und in das PAZ Linz eingeliefert. Mit Mandatsbescheid vom 11.12.2017 wurde über den BF erneut die Schubhaft verhängt. Die Überstellung nach Italien erfolgte am 26.01.2018.
Am 30.07.2018 wurde der BF im Bundesgebiet erneut von Sicherheitsbeamten betreten und festgenommen.
2. Mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des BFA wurde über den BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 30.07.2018, um 11.30 Uhr, zusammen mit einer Verfahrensanordnung vom selben Tag, mit der dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt wurde, persönlich zugestellt.
Begründet wurde der genannte Bescheid im Wesentlichen folgenderweise:
"Zu Ihrer Person:
Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.
Sie haben einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Ihre Identität steht fest.
Sie sind Staatsangehöriger von Gambia.
Sie sind volljährig.
Sie leiden an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Eine Anordnung zur Außerlandesbringung wurde in zweiter Instanz mit 19.09.2017 rechtskräftig. Sie wurden bereits dreimal, zuletzt am 26.01.2018 nach Italien abgeschoben.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
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Sie sind bereits mehrmals illegal nach Österreich eingereist und haben sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten.
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Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.
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Sie mussten in der Grundversorgung mehrmals abgemahnt werden.
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Einen Tag nach der Durchsetzbarkeit Ihrer Anordnung zur Außerlandesbringung tauchten Sie unter.
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Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie falsche Angaben zu Ihrem Alter machten und sich durch einen Suizidversuch aus der Schubhaft freipressen wollten.
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Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie die Ausreise aus Österreich. Stattdessen tauchten Sie unter.
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Obwohl bezüglich Ihrer Person eine Anordnung zur Außerlandesbringung bestand, kehrten Sie nach Österreich zurück.
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Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.
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Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf.
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Sie sind in keinster Weise integriert, weil Sie in Österreich keine familiären oder sozialen Bindungen aufweisen können.
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Nach bereits dreimal erfolgter Abschiebung nach Italien reisten Sie spätestens am 30.07.2018 wieder illegal in das Bundesgebiet ein und wurden neuerlich festgenommen.
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Sie wurden außerdem einmal wegen des Verdachts der Übertretung nach dem SMG festgenommen.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.
Sie haben keine Angehörigen im Bundesgebiet.
Sie sind als mittellos zu bezeichnen.
Sie sind der deutschen Sprache nicht mächtig.
Sie haben keine Möglichkeit auf legalem Weg einer Beschäftigung und somit einem Einkommen in Österreich nachzukommen."
Und Des Weiteren:
"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende
Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Sie sind bereits mehrfach, zuletzt spätestens am 30.07.2018 illegal nach Österreich eingereist, haben sich mehrmals dem Verfahren durch Untertauchen entzogen und haben keine Möglichkeit auf Grund Ihres bisherigen Verhaltens über die Grundversorgung eine Unterkunft zu erhalten.
Sie sind offensichtlich nicht gewillt in dem für Sie zuständigen Mitgliedsstaat Italien zu bleiben. In den diversen Einvernahmen und auch in Ihrer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vom 20.03.2017 führten Sie ebenfalls an, dass Sie nicht nach Italien wollten.
Nur einen Tag nach Durchsetzbarkeit Ihrer Anordnung zur Außerlandesbringung tauchten Sie unter und führten in Folge bis zu Ihrer Festnahme ein Leben im Verborgenen.
Während einer Schubhaft begingen Sie einen Selbstmordversuch, um sich so freizupressen und eine Abschiebung zu verhindern. Sie wurden bereits dreimal nach Italien abgeschoben, zuletzt am 26.01.2018.
Sie haben gezeigt, dass Ihnen gegebene Rechtsordnungen nichts bedeuten und, dass Sie offensichtlich der Meinung sind über dem Gesetz zu stehen und sich nicht an dieses halten zu müssen. Sie folgen keinen behördlichen Anordnungen und haben klar gestellt, dass Sie nicht nach Italien zurück wollen. In Ihrem Fall besteht eine erhebliche Fluchtgefahr.
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da Sie einerseits keinerlei Integration in Österreich aufweisen und Ihre Abschiebung zeitnah erfolgen kann, da Ihr Verfahren durchsetzbar ist und die Zustimmung zu Ihrer Rückübernahme zeitnah zu erwarten ist. Ein entsprechendes Verfahren mit Italien wurde mit heutigem Tag eingeleitet.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Sie haben keinen festen Wohnsitz - Verwandte oder Familie im Bundesgebiet fehlen.
Durch Ihr bisheriges Verhalten haben Sie außerdem klargestellt, dass Sie nicht nach Italien oder in Ihr Heimatland zurück wollen.
Sie wurden außerdem bereits einmal wegen Vergehen nach dem SMG angezeigt.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Auf Grund Ihres oben beschriebenen Verhaltens, und der zeitnah bevorstehenden Abschiebung geht das Bundesamt davon aus, dass Sie sich nicht an Anordnungen, wie eine Meldeverpflichtung halten werden.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Gesundheitliche Beeinträchtigung gehen aus der Aktenlage nicht hervor und wurden von Ihnen auch nicht behauptet. Eine ärztliche Betreuung ist auch in der Schubhaft gewährleitstet.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."
3. Mit Schriftsatz vom 16.08.2018, hg. eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch seinen Rechtsberater fristgerecht Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid und die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft.
In der Beschwerde wurde beantragt, dass Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgten und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen. Verfahrenskosten wurden nicht beantragt.
In der Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der BF nicht rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalte, zumal er über einen Aufenthaltstitel in Italien (permesso di soggiorno) verfüge, der ihn berechtige, sich bis zu 3 Monaten zu touristischen Zwecken in Österreich aufzuhalten. Gegen ihn wurde seitens Österreichs kein Aufenthaltsverbot erlassen. Er sei am 29.07.2018 nach Österreich eingereist, um seine hier lebende Freundin zu besuchen. Gegen ihn liege in Österreich auch keine strafrechtliche Verurteilung vor. Von erheblicher Fluchtgefahr könne in seinem Fall keine Rede sein, weshalb die Anordnung der Schubhaft zu Unrecht erfolgt sei.
4. Die belangte Behörde erstattete am 17.08.2018 eine Stellungnahme, dabei führte sie nach Zusammenfassung des wesentlichen Sachverhaltes wie folgt aus:
"
-
Bezüglich des Vorbringens der Partei, wonach diese über einen italienischen Aufenthaltstitel (Permesso die Soggiorno) verfügt wird mitgeteilt, dass dieser von 11.07.2017 bis 02.06.2019 gültig ist.
Die Anordnung zur Außerlandesbringung wurde jedoch nach Ausstellung des Aufenthaltstitels rechtskräftig, und zwar am 19.09.2017. Somit kann aus dem italienischen Aufenthaltstitel keine Aufenthaltsberechtigung für das österreichische Bundesgebiet abgeleitet werden.
Trotz bestehender Anordnung zur Außerlandesbringung reiste die Partei immer wieder unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein. Auch die Überstellungen nach Italien, die bereits drei Mal erfolgt sind, hinderten die Partei nicht an einer weiteren unrechtmäßigen Einreise in das österreichische Bundesgebiet.
-
Zu dem Vorbringen der Partei, wonach kein Aufenthaltsverbot besteht wird angeführt, dass aufgrund der gegebenen Rechtslage die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht möglich ist. Allerdings darf auf die gültige und rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung hingewiesen werden.
-
Zu dem Vorbringen, über private Anknüpfungspunkte in Österreich zu verfügen, wird mitgeteilt, dass Ihr Privat- und Familienleben bereits in dem Erkenntnis des BVwG v. 14.09.2017 gewürdigt wurde. Darin wurde ausgeführt, dass im österreichischen Bundesgebiet keine privaten, familiären oder beruflichen Bindungen bestehen. Nachfolgende, aufgrund der gültigen und rechtskräftigen Anordnung zur Außerlandesbringung unrechtmäßige Aufenthalte sind nicht annähernd dazu geeignet, ein Privat- und Familienleben in dem Ausmaß zu begründen, welches einer Schubhaftverhängung entgegenstehen würde.
Insbesondere zeigt das durch die wiederholten unrechtmäßigen Einreisen und Aufenthalte so gesetzte Verhalten, dass die Partei weder gewillt noch irgendwie dahingehend vertrauenswürdig ist sich an Gesetze oder Anordnungen österr. Behörden oder Gerichte zu halten.
Widersprüchlich und nicht ansatzweise schlüssig zu den jetzt in der Beschwerdeschrift getätigten Angaben über angebliche soziale Bindungen in Österreich ist auch, dass die Partei mit Schreiben an das BFA vom 13.8.2018 eine solche Bindung mit keinem Wort erwähnte, vielmehr in diesem Schreiben ankündigt, dass er nicht wieder nach Österreich zurückkehren werde, sollte er freiwillig ausreisen dürfen. Das Schreiben vom 13.8.2018 konterkariert den drei Tage später eingebrachten Sachverhalt in der Beschwerdeschrift.
-
Zur bestehenden Fluchtgefahr darf auf den Inhalt des gegenständlichen Schubhaftbescheides verwiesen werden. Insbesondere darf in diesem Zusammenhang auf die mehrmaligen erfolgten Überstellungen nach Italien, sowie die daraufhin erfolgten unrechtmäßigen Einreisen in das österreichische Bundesgebiet hingewiesen werden. "
Des Weiteren beantragte die belangte Behörde, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Darüber hinaus wurde Verfahrenskostenersatz in der verzeichneten Höhe begehrt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist gambischer und nicht österreichischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.
Er verfügt gegenwärtig über einen bis 02.06.2019 gültigen Aufenthaltstitel in ITALIEN.
Er wurde in der Vergangenheit mehrmals im Bundesgebiet betreten und in Folge nach Italien überstellt. Die letzte Überstellung erfolgte am 26.01.2018.
Am 30.07.2018 wurde der BF abermals im Bundesgebiet betreten und einer polizeilichen Kontrolle unterzogen, gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Linz eingeliefert. Über ihn wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung mehr als 90 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen im Bundesgebiet aufgehalten hatte.
Der BF leidet an keinen relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ist somit haftfähig.
Er befindet sich seit 30.07.2018 in Schubhaft. Diese wird gegenwärtig im Polizeianhaltezentrum Wien, Hernalser Gürtel vollzogen.
2. Beweiswürdigung:
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorliegenden Reisepasses fest.
Die Feststellungen zum Aufenthaltstitel in ITALIEN ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
Dass die belangte Behörde den BF in der Vergangenheit mehrmals, zuletzt am 26.01.2018, nach Italien überstellt hat, ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
Die Angabe, wonach nicht festgestellt werden konnte, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung mehr als 90 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen im Bundesgebiet aufhielt, beruht auf dem Umstand, dass der BF selbst angegeben hat, am 29.07.2018 in Österreich eingereist zu sein. Dem ist die belangte Behörde im Verfahren nicht entgegengetreten.
Dass der BF gegenwärtig im Polizeianhaltezentrum Wien Hernalser Gürtel angehalten wird, beruht auf einem Auszug aus der Anhaltedatei.
Dass der BF gesund ist, beruht auf dem Umstand, dass gegenteiliges in der Beschwerde nicht vorgebracht wurde.
3. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.
2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt A.I.) - Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft
1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, (Z 1) oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z 2).
Die Dublin III-VO trat mit am 19. Juli 2013 in Kraft und ist gemäß Art. 49 leg.cit. auf alle Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem 1. Jänner 2014 gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Im - gegenüber der Dublin II-VO neuen - Art. 28 Dublin III-VO ist die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung im Dublin-Verfahren geregelt. Allfällige entgegenstehende Bestimmungen des nationalen Fremdenrechts sind, sofern keine verordnungskonforme Interpretation möglich ist, demgegenüber unanwendbar. Solange die Dublin III-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen angewendet wird, darf Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 leg.cit. verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung vereitelt wäre (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 223).
Gemäß Art. 28 Dublin III-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss. Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.
"Fluchtgefahr" definiert Art. 2 lit. n Dublin III-VO als das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
1.2. Der BF ist gambischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Sohin ist er ein Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Er ist im Besitz eines gambischen Reisepasses und eines italienischen Aufenthaltstitels.
1.3. Über den Beschwerdeführer wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt. Eine Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG zu erlassen, wenn sich der Drittstaatsangehörige nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Eine Abschiebung nach § 46 FPG ist gemäß Abs. 1 leg. cit. nur gegen Fremde möglich, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist.
§ 52 Abs. 6 FPG bestimmt: "Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen."
§ 31 Abs. 1 Z 3 FPG normiert, dass sich ein Fremder rechtmäßig bis zu drei Monaten (Art. 21 SDÜ) im Bundesgebiet aufhält, wenn er Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels ist, sofern er während seines Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgeht.
1.4. Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass der BF sich zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung länger als den in § 31 Abs. 1 Z 3 FPG normierten Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten hat.
1.5. Anders als die Behörde geht das Gericht im vorliegenden Fall nicht von "Fluchtgefahr" aus, die ja in Zusammenhang mit einem konkreten Sicherungsbedarf zu sehen wäre. Der BF ist in Ausübung seines Rechtes auf Bewegungs-/Reisefreiheit in Österreich eingereist (Art. 21 SDÜ iVm dem italienischen Aufenthaltstitel).
Die Behörde hat ihren Bescheid im Wesentlichen auf das bisherige Verhalten des BF gestützt, nämlich, dass der BF nach erfolgten Überstellungen nach Italien immer wieder in das Bundesgebiet eingereist ist. Dem gegenüber steht jedoch der Umstand, dass der BF aktuell im Besitz eines fremdenrechtlichen Status ist, der ihn zum Grenzübertritt (auch) nach Österreich berechtigt. In einem Fall wie diesem tritt der Tatbestand der (wiederholten) Einreise gegenüber dem Recht auf Freizügigkeit zurück und ist jedenfalls nicht geeignet, "Fluchtgefahr" bzw. einen Sicherungsbedarf zu begründen, der die Verhängung von Schubhaft rechtfertigen würde. Dafür, dass sich die Situation jetzt grundlegend geändert hätte, und die Einreise des BF nach Österreich nicht (mehr) rechtmäßig wäre, hätte es weiterer Erwägungen bzw Entscheidungsgrundlagen bedurft. Es ist darauf hinzuweisen, dass der italienische Titel nach wie vor gültig ist und dass der Umstand, der BF befände sich mehr als 90 Tage im Bundesgebiet nicht festgestellt werden konnte (und von der Behörde auch nicht festgestellt wurde). Es konnte unter Verwendung der vorliegenden Entscheidungsgrundlagen auch nicht gefunden werden, dass der Aufenthalt des BF in Österreich aus anderen Gründe rechtswidrig wäre, etwa, weil der BF die ihm gem. Art. 21 SDÜ zukommende Reisefreiheit zu anderen als den dort erlaubten Reisezwecken (nämlich solchen privater oder touristischer Natur), insbesondere für eine unerlaubte Erwerbstätigkeit, gebraucht hätte.
Im Ergebnis erweist sich in Ermangelung eines konkreten Sicherungsbedarfs daher die Verhängung der Schubhaft hier als nicht notwendig und somit unrechtmäßig.
2. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH 08.09.2009, 2009/21/0162; 26.01.2012, 2008/21/0626; 11.06.2013, 2012/21/0114).
Ebenso war daher die Anhaltung des BF in Schubhaft von 30.07.2018 bis 23.08.2018 für rechtswidrig zu erklären.
Aus den oben genannten Erwägung war daher der Schubhaftbescheid sowie die darauf gestützte Anhaltung für rechtswidrig zu erklären.
Zum Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:
Maßnahmenbeschwerden kommt gemäß § 22 VwGVG keine aufschiebende Wirkung zu. Soweit die Beschwerde dadurch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bzw. die Rechtswidrigkeit der angewandten Bestimmungen darzutun versucht, geht sie ins Leere, da die Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft - das Vorliegen von Fluchtgefahr und zwingende öffentliche Interessen - den Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (zB § 64 Abs. 2 AVG) bzw. Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung (§ 13 Abs. 3 VwGVG) oder die Erlassung von Mandatsbescheiden (§ 57 Abs. 1 AVG) entspricht und die auf Schubhaftverfahren anzuwendende Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG - wie auch die dem Verfahren VfSlg. 19.215/2010 zugrunde liegende Bestimmung - im Hinblick auf Beschwerdeführer, die sich in Schubhaft befinden, den rechtsstaatlichen Anforderungen (vgl. VfSlg. 17.340/2004) durch die für diesen Fall sehr kurze Entscheidungsfrist des § 22a Abs. 2 BFA-VG von einer Woche Rechnung trägt, die im Übrigen den Fristen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entspricht (vgl. § 17 Abs. 1 Z 2 BFA-VG, § 18 Abs. 5 BFA-VG). Dass der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid aufschiebende Wirkung zukommen müsse, hat dementsprechend bislang weder der Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 17.340/2004) noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR 26.07.2011, Fall M ua., Appl. 41.416/08 = newsletter 4/2011,
235) gefordert; dies ist auch in Art. 15 Abs. 2 lit. b RL 2008/115/EG (anders etwa als in Art. 13 leg.cit.) nicht vorgesehen.
Zu Spruchpunkt A.II.) Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:
1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Aufgrund obiger Erwägungen, insbesondere des Nichtvorliegens eines konkreten Sicherungsbedarfs, war die Schubhaft auch nicht fortzusetzen.
Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Zu Spruchpunkt A.III.) Kostenbegehren
1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
3. Lediglich die belangte Behörde begehrte im gegenständlichen Verfahren den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die belangte Behörde die unterlegene Partei ist, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen der Ersatz ihrer Aufwendungen nicht zu.
Zu Spruchpunkt B. ) Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in Bezug auf die Kostenentscheidung war die Revision bezüglich der Spruchpunkt A.III. und IV. gleichfalls nicht zuzulassen.
Schlagworte
Aufenthaltsdauer, Aufenthaltstitel, Kostentragung, Mitgliedstaat,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2203631.1.00Zuletzt aktualisiert am
16.10.2018