TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/23 L516 2203475-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

L516 2203475 -1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2018, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I.

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte I und II gemäß § 68 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

II.

Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte III bis VI gemäß §§ 10 Abs 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 Abs 1a, 53 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 24.12.2017 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Jene Entscheidung des BFA wurde am 31.01.2018 durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 28.02.2018 in Rechtskraft.

2. Am 18.04.2018 stellte der Beschwerdeführer den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie am 15.05.2018 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

2.1. Das gegenständliche Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

3. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 19.07.2018 den Antrag gemäß § 68 Abs 1 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I des bekämpften Bescheides) und hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides) wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Das BFA sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer vom BFA mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.

4. Der Beschwerdeführer hat gegen diesen ihn am 20.07.2018 zugestellten Bescheid am 09.08.2018 Beschwerde erhoben.

5. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte der Aktenlage nach am 16.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, gehört der Volksgruppe der Punjabi sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht nicht fest.

1.2. Er besuchte in Pakistan zehn Jahre die Schule und zwei Jahre ein College, danach arbeitete er in der eigenen Landwirtschaft. Seine Ehefrau und sein minderjähriger Sohn sowie seine Eltern, eine Schwester und eine Schwägerin leben nach wie vor in der Heimatregion des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer gab in der Einvernahme an, dass die Familie nach Sialkot umgezogen sei, niemand wisse aber, wo die Familie genau lebe, sie habe jetzt aber Ruhe von den Onkeln (AS 75). Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in der Türkei, der zweite im Oman.

1.3. Der Beschwerdeführer reiste im Dezember 2017 in Österreich ein, wo er sich seither ununterbrochen aufhält. Der Beschwerdeführer verfügt über keine Deutschkenntnisse und wurde in keinem Verein bzw keiner Organisation in Österreich tätig. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er ist gesund.

1.4. Der Beschwerdeführer stellte am 24.12.2017 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom BFA mit Bescheid vom 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Diese Entscheidung des BFA erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 28.02.2018 in Rechtskraft.

1.5. Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz damit, dass er wegen eines Grundstücksstreites mit seinen Onkeln aus Pakistan ausgereist sei. Die Familie des Beschwerdeführers habe den Onkeln Grundstücke abgekauft. Als die Onkel das für die Grundstücke erhaltene Geld bereits ausgegeben gehabt haben würden, hätten sie die Grundstücke wieder zurückhaben wollen, ohne aber dafür zu bezahlen. Streitereien, Beschimpfungen und Angriffe habe es seit fünf Jahren gegeben und würden die Onkel bei den Angriffen Holzlatten dabeigehabt haben (BFA 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191).

1.6. Das BFA gelangte mit näherer Begründung zur Überzeugung, dass das vom Beschwerdeführer in der Erstbefragung und in der Einvernahme deckungsgleich angegebenen Vorbringen glaubhaft sei, es aber keine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention darstelle (BFA 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191).

1.7. Zu seinem verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag vom 18.04.2018 führte der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.04.2018 zusammengefasst aus, dass er seine Fluchtgründe der letzten Befragung aufrecht erhalte, neue Fluchtgründe gebe es nicht. Er ersuche darum, ihn hier leben zu lassen (AS 19). Bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 15.05.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine alten Fluchtgründe noch immer aufrecht seien und sich seit der rechtskräftigen Entscheidung des Vorverfahrens nichts Wesentliches geändert habe. Sein Vater habe Stress, weil es ein Verfahren gebe. Der Onkel des Beschwerdeführers habe wegen des Grundstücksstreites gegen den Vater des Beschwerdeführers ca Mitte Jänner [Anm 2018] eine Anzeige erstattet. Ca Mitte März [Anm 2018] habe dann der Vater gegen den Onkel eine Anzeige erstattet. Zuvor habe man versucht, den Streit untereinander und mit Hilfe des Dorfältesten zu lösen, nunmehr sei auch die Polizei involviert. Dabei, dass er bei der Einvernahme hinsichtlich seines ersten Antrages auf internationalen Schutz am 08.01.2018 angegeben habe, dass der Vater gegen den Onkel Anzeige erstattet habe, müsse es sich um einen Irrtum handeln; soviel er wisse, könne er das nicht gesagt haben. Als Beweis könne er die Anzeigen vorlegen. Zur Vorlage dieser Anzeigen wurde dem Beschwerdeführer vom BFA eine Frist bis zum 29.05.2018 eingeräumt (AS 71, 73). Im Jahr 2014 sei der Beschwerdeführer von seinem Onkel mit einem Messer angegriffen worden, im August 2015 sei er aus Pakistan ausgereist (AS 77).

1.8. Das BFA stellte im angefochtenen Bescheid fest, dass der Beschwerdeführer keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht habe (AS 106). Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA aus, dass die nun im gegenständlichen Verfahren dargestellten Angaben zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert gewesen seien um diese als glaubhaft bezeichnen zu können oder um darin einen neuen Sachverhalt zu erkennen. Die Frist, die dem Beschwerdeführer für die Vorlage der Anzeigen eingeräumt worden sei, habe der Beschwerdeführer ungenützt lassen. Während der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme am 08.01.2018 noch behauptet habe, Angst vor [mehreren] Onkeln zu haben, habe er bei der Einvernahme am 15.05.2018 nur mehr von einem Onkel gesprochen. Auch hinsichtlich erfolgter Anzeigen des Vaters bzw der Onkel habe sich der Beschwerdeführer widersprochen. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachen Aspekte würden angesichts der Widersprüche nicht glaubhaft sein und würden mangels asylrelevanter Fluchtgründe keinen berücksichtigungswürdigen neuen Sachverhalt darstellen. Der Beschwerdeführer habe lediglich Nebenumstände seines ursprünglichen Fluchtvorbringens modifiziert, was nichts an der Identität der Sache ändere. Es liege entschiedene Sache vor, was zu keiner neuen Entscheidung führen könne. Weiters habe sich weder in Hinblick auf die persönliche Situation noch auf die allgemeine Lage im Heimatland des Beschwerdeführers ein Hinweis auf einen seit Rechtskraft des Erstverfahrens entscheidungsrelevant geänderten Sachverhalt ergeben (AS 149ff).

1.9. In der Beschwerde wurde auf das Wesentliche zusammengefasst vorgebracht, dass sich die Sicherheitslage in Pakistan seit rechtskräftigem Abschluss des letzten Asylverfahrens verschlechtert habe; die Länderberichte seien teilweise veraltet und nicht individualisiert. Weiters wurden allgemeine Ausführungen zu Grundstücksstreitigkeiten in Pakistan wiedergegeben und das Länderinformationsblatt des BFA betreffend Rechtsschutz in Pakistan zitiert. Das BFA habe es auch verabsäumt, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt amtswegig zu ermitteln und habe gegen seine Pflicht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und zur ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens des Beschwerdeführers verstoßen, weshalb das Verfahren mit schwerwiegenden Ermittlungsmängeln belastet sei. An einen anderen Ort in Pakistan könne der Beschwerdeführer mangels eines sozialen Netzwerks, das ihn bei seiner Rückkehr unterstützen könne, nicht ausweichen (AS 205ff).

2. Beweiswürdigung

2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zu den Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sowie zu den Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid und der Beschwerde ergeben sich konkret aus den im Akt einliegenden Niederschriften, dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden Aktenseiten (AS) angeführt sind.

2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keine Deutschkenntnisse verfügt beruht darauf, dass dieser angab, kein Deutsch zu sprechen (AS 67) und dass ihm kein Deutschkurs angeboten werden habe können, da sein Verfahren bereits abgeschlossen gewesen sei (AS 73). Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister der Republik Österreich, die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde bezieht, aus dem Betreuungsinformationssystems über die Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich (GVS). Dass der Beschwerdeführer gesund ist wurde festgestellt, da dem Akt kein Hinweis auf Krankheiten des Beschwerdeführers zu entnehmen war und der Beschwerdeführer auch nicht behauptete, nicht gesund zu sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides)

3.1. Zur Rechtslage

3.1.1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

3.2. Allgemein zur entschiedenen Sache nach § 68 Abs 1 AVG

3.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

3.3. Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren

3.3.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen unter Beachtung der zuvor zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

3.3.2. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), im vorliegenden Fall somit der Bescheid des BFA vom 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191, welcher mit Ablauf des 28.02.2018 rechtskräftig geworden ist.

3.3.3. Wie sich bei einem Vergleich der Verfahrensinhalte des ersten sowie des gegenständlichen Verfahrens zeigt, stützt der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag mit seinem nunmehrigen Vorbringen auf seine bereits im Vorverfahren getätigten Angaben, denen zufolge er aufgrund eines Grundstücksstreites mit seinem Onkel bzw seinen Onkeln verfolgt sei (vgl oben II.1.5., II.1.6.). So gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 15.05.2018 an, dass seine alten Fluchtgründe aufrecht seien und sich in seinem Leben seit der rechtskräftigen Entscheidung des Vorverfahrens nichts Wesentliches geändert habe (AS 75). Das BFA erachtete das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers im Vorverfahren zwar als glaubhaft, es erkannte jedoch, dass es keiner Verfolgung bzw Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention entsprach. Weiters erkannte das BFA, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege. Das BFA erteilte im Vorverfahren auch keinen Aufenthaltstitel, erließ eine Rückkehrentscheidung und erklärte die Abschiebung nach Pakistan für zulässig (II.1.4.).

3.3.5. Der Beschwerdeführer brachte im gegenständlichen Verfahren auch noch vor, dass es sich [lediglich] um einen Onkel handle, mit dem es den Grundstücksstreit gebe (AS 71), dass der Vater gegen den Onkel Mitte März [Anm 2018] Anzeige erstattet habe (AS 71) und dass er 2014 von seinem Onkel mit einem Messer seitlich am Bauch verletzt worden sei (AS 77). Zum Vorhalt, dass er bereits in der Einvernahme am 08.01.2018 erwähnt habe, dass der Vater Anzeige gegen den Onkel gemacht habe, erwiderte der Beschwerdeführer, dass es sich dabei um einen Irrtum handeln müsse, er könne das nicht gesagt haben (AS 71).

3.3.6. Das BFA verwies im Rahmen seiner Beweiswürdigung darauf, dass der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 08.01.2018 noch behauptete, Angst vor [mehreren] Onkeln zu haben und dass es auch hinsichtlich der zeitlichen Angaben der Anzeigen (Vater gegen den Onkel) zu Widersprüchen des Beschwerdeführers gekommen sei. Weiters habe der Beschwerdeführer am 08.01.2018 angegeben, er sei durch drei Onkel höchstens mit Holzstücken angegriffen worden, während er dazu am 15.05.2018 gegensätzlich angab, von einem Onkel mit einem Messer angegriffen worden zu sein. Aufgrund dieser Widersprüche würden die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Aspekte jeder Glaubwürdigkeit entbehren (AS 150).

3.3.7. In der Beschwerde wurde den beweiswürdigenden Ausführungen des BFA nicht konkret entgegengetreten, sondern das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers in knapper Form wiederholt; die bloße Wiederholung eines bestimmten Tatsachenvorbringens in der Beschwerde stellt weder ein substantiiertes Bestreiten der behördlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung dar (VwGH 27.05.2015, Ra 2015/18/0021). Soweit in der Beschwerde dem BFA vorgehalten wird, kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt zu haben und das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ganzheitlich gewürdigt zu haben, weshalb das Verfahren mit schwerwiegenden Verfahrensmängeln belastet sei, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne in konkreter Weise die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012). Die Beschwerde lässt nämlich nicht erkennen, was bei einer anderen bzw weiterführenden Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt hervorkommen hätte können, zumal in der Beschwerde nicht die Gelegenheit wahrgenommen wurde, die vom BFA in seiner Beweiswürdigung aufgezeigten Argumente zu entkräften. Die in der Beschwerde enthaltenen, allgemeinen Ausführungen zu Grundstücksstreitigkeiten in Pakistan gehen deshalb ins Leere, da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine Verfolgung seiner Person aufgrund eines Grundstücksstreites glaubhaft zu machen - die diesbezüglichen Ausführungen sind daher nicht relevant. Weiters ist die Behauptung in der Beschwerde, wonach dem Beschwerdeführer keine innerstaatliche Fluchtmöglichkeit offen stünde, ebenso nicht von Belang, da der Beschwerdeführer eine Gefährdung von maßgeblicher Intensität nicht glaubhaft machen konnte und daher die Notwendigkeit eines Lebens an einem anderen Ort in Pakistan als dem Herkunftsort des Beschwerdeführers nicht erforderlich ist.

In der Beschwerde wird darüber hinaus behauptet, die Länderberichte des BFA seien teilweise veraltet und nicht individualisiert. Die Beschwerde zeigt jedoch nicht auf, inwiefern die aktuelle Lage in Pakistan - etwa in Bezug auf die Sicherheitslage oder die Grundversorgung bzw Wirtschaftslage - im Vergleich zu den vom BFA getroffenen Länderfeststellungen abweicht (vgl VwGH 07.11.2017 Ra 2017/18/0210; siehe dazu Punkte II.3.6. bis II.3.6.2.).

3.3.8. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet die oben unter Punkt II.1.8. dargestellten beweiswürdigenden Argumente des BFA zur Begründung der Unglaubhaftigkeit des neuen Vorbringens des Beschwerdeführers als logisch konsistent, in sich schlüssig und nachvollziehbar und teilt daher ebenso die Beurteilung des BFA, dass das im gegenständlichen Verfahren neu erstattete Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweist, zumal der Beschwerdeführer auch selbst angab, dass er seine "alten Asylgründe" aufrecht erhalte (AS 19, 75) und entscheidungsrelevante Änderungen in Bezug auf die im ersten Antrag auf internationalen Schutz angegebene Verfolgungsgefahr nicht vorgebracht wurden.

3.4. Mit dem gegenständlich zweiten Antrag auf internationalen Schutz wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sachlage und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs 1 AVG verhindert werden soll (vgl VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).

3.5. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides)

3.6. Durch die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das BFA im Erstverfahren wurde rechtskräftig darüber abgesprochen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan kein reales Risiko einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht bzw relevante exzeptionelle Umstände nicht vorliegen. Die Rechtskraft dieser Entscheidung wäre daher nur durchbrochen, wenn der Beschwerdeführer im Folgeverfahren den Beweis des realen Risikos einer derartigen Behandlung bzw des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände erbracht hätte.

3.6.1. Nach der ständigen Judikatur des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 MRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 MRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 MRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

3.6.2. Derartige Nachweise hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht. Das erstmals in der Beschwerde vom 09.08.2018 erstattete Vorbringen, wonach sich die Sicherheitslage seit rechtskräftigem Abschluss des letzten Asylverfahrens verschlechtert habe (Beschwerde, S 3), reicht nicht (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307 in Bezug auf Afghanistan); die erstmals in der Beschwerde behauptete Lageänderung war für sich daher von vornherein nicht geeignet, eine maßgebliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts zu bewirken. Soweit in der Beschwerde auch darauf hingewiesen wird, dass es dem Beschwerdeführer an einem anderen Ort innerhalb Pakistans an einem sozialen Netzwerk das ihn unterstützen könne, mangle, ist auf jenen Umstand zu verweisen, wonach der Beschwerdeführer sich nach seiner Einreise in Österreich ebenso ohne sozialem Netzwerk sowie ohne Sprachkenntnisse zurecht finden konnte, weshalb davon auszugehen ist, dass ihm dies auch in Pakistan gelingen wird, zumal er dort aufgewachsen ist, sozialisiert wurde und die Landessprache spricht.

Besondere, in der Person des Beschwerdeführers (neu) begründete Umstände, die dazu führten, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung von Pakistan im Allgemeinen - höheres Risiko bestünde, einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen, wurden - wie bereits oben dargelegt - nicht glaubhaft vorgebracht und sind nicht ersichtlich.

3.7. Es war daher auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Spruchpunkt II

Zu Spruchpunkte III bis V des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung)

3.8. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

3.9. Gemäß § 52 Abs 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

3.10. Gemäß § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. (Abs 1)

Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. (Abs 1a) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. (Abs 2) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt. (Abs 3) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. (Abs 4)

3.11. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

3.12. Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; 4. der Grad der Integration; 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit; 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren; 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

3.13. Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

3.14. Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren

3.14.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass eine Entscheidung nach § 68 AVG als eine solche zu betrachten ist, die (auch) in Anwendung der §§ 3 und 8 AsylG 2005 ergangen ist, und mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).

3.14.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

3.14.3. Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

3.14.4. Für den Beschwerdeführer spricht seine strafrechtliche Unbescholtenheit. Demgegenüber stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber, wobei im konkreten Fall Folgendes miteinzubeziehen ist:

Der Beschwerdeführer hält sich nach unrechtmäßig erfolgter Einreise seit Dezember 2017 ununterbrochen in Österreich auf und verfügt über keinen aufrechten Aufenthaltstitel für Österreich; sein bisheriger Aufenthalt stützte sich ausschließlich auf das Asylrecht. Der Beschwerdeführer hält sich somit zum Entscheidungszeitpunkt erst etwa acht Monate im österreichischen Bundesgebiet auf. Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 24.12.2017 wurde bereits am 30.01.2018 und sohin nach einer Verfahrensdauer von lediglich etwas mehr als einem Monat vom BFA zur Gänze rechtskräftig negativ abgewiesen. Der Beschwerdeführer leistete der gleichzeitig mit dem Bescheid des BFA verfügten Rückkehrentscheidung nicht Folge, sondern stellte am 18.04.2018 einen zweiten, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Dass der Beschwerdeführer besondere Bindungen in oder zu Österreich haben würde, hat er weder vor dem BFA noch in der Beschwerde vorgebracht. Der 27jährige Beschwerdeführer verbrachte lediglich etwa acht Monate seines bisherigen Lebens in Österreich wobei er sich zuvor etwa ein Jahr in der Türkei aufgehalten habe (vgl Einvernahme vom 08.01.2018 zum ersten Antrag des Beschwerdeführers). In Pakistan leben nach wie vor seine Ehefrau, sein Sohn, seine Eltern sowie weitere Familienmitglieder. Da der Beschwerdeführer nach wie vor in Kontakt mit seiner Familie steht und es dieser gut geht (AS 71) liegen keine Hinweise darauf vor, dass der Beschwerdeführer keine Unterstützung seiner Familie erfahren würde. Es deutet somit nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Im Falle des Beschwerdeführers hat das bisherige Verfahren auch sonst keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben. Der Beschwerdeführer hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Pakistan verbracht und wurde dort auch sozialisiert. Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten iSd Art 8 Abs 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen des Beschwerdeführers iSd Art 8 Abs 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.

3.14.5. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen und Ausführungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass eine Abschiebung nach Pakistan unzulässig wäre. Derartiges wurde in der gegenständlichen Beschwerde geltend gemacht, konnte jedoch nicht schlüssig dargelegt werden.

3.14.6. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkte III bis V des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides (Ausreisefrist)

3.15. Der Spruchpunkt VI des bekämpften Bescheides stützte sich rechtskonform auf die Bestimmung des § 55 Abs 1a FPG in Verfahren, in denen ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, und war daher zu bestätigen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.16. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da die das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Anträge der Parteien zurückzuweisen sind. Bei der Frage, ob das Prozesshindernis der entschiedenen Sache vorlag, handelt es sich bloß um eine nicht übermäßig komplexe Rechtsfrage (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0056).

Zu B)

Revision

3.17. Da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

3.18. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Folgeantrag, Identität der Sache, Interessenabwägung, öffentliches
Interesse, Prozesshindernis der entschiedenen Sache,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L516.2203475.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten