TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/24 W124 1405174-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.08.2018
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Entscheidungsdatum

24.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs11
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52 Abs3
FPG §55

Spruch

W124 2145321-1/10E

W124 1405174-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA. Indien und 2.) mj. XXXX , StA. Indien gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX und vom XXXX , zu den Zahlen 1.) XXXX und 2.) XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 Abs. 3, 55 iVm 58 Abs.11 Asylgesetz (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52 Abs. 3, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (BF 1) ist Staatsangehörige von Indien und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes (BAA) vom XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und diesem der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde dem BF 1 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde dieser aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

3. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes, Zl. XXXX gemäß §3, 8 und 10 AsylG als unbegründet zurückgewiesen. (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG wurde die Durchführung der Ausweisung bis zum XXXX aufgeschoben. (Spruchpunkt II.).

Diese Entscheidung wuchs mit XXXX in Rechtskraft.

4. Der Zweitbeschwerdeführer (BF 2) und Sohn des BF 1, wurde am XXXX in Österreich geboren. Am XXXX stellte der BF 1 für diesen einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BAA vom XXXX negativ beschieden und der BF 2 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde am XXXX als unbegründet zurückgewiesen.

5. Am XXXX beantragte der BF1 die Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 4 NAG und legte als Beweismittel eine Kopie des Reisepasses bei.

6. Mit Bescheid vom XXXX wurde der Antrag mangels vorgelegter Dokumente und Unterlagen zurückgewiesen.

7. Am XXXX stellte der BF 1 für den BF 2 bei der MA 35 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 41a Abs. 9 NAG.

8. Mit Bescheid vom XXXX wurde dieser Antrag mangels vorgelegter Dokumente und Unterlagen zurückgewiesen.

9. Am XXXX stellte der BF 1 für sich und den BF 2 einen Antrag gem. § 55 Abs. 1 AsylG auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.

Im Zuge dessen wurde der BF 1 darauf hingewiesen, dass im Zuge eines solchen Antrages eine schriftliche Antragsbegründung und sowohl ein gültiges Reisedokument als auch eine beglaubigte Geburtsurkunde oder ein dieses gleichzuhaltendes Dokument des Antragstellers sowohl in Kopie als auch in Orginal anzuschließen sei. Hingewiesen wurde in diesem Zusammenhang auf § 58 Z 11 AsylG, wonach für den Fall, dass der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten nicht nachkomme, nach § 58 Abs. 11 Z 1 das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels ohne weiteres einzustellen oder der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen sei, worüber der BF 1 zu belehren sei.

Der BF 1 wurde demnach aufgefordert innerhalb von 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens eine schriftliche Antragsbegründung, ein gültiges Reisedokument und eine von der österreichischen Botschaft in Indien beglaubigten Geburtsurkunde mit Übersetzung jeweils für sich und seinen Sohn vorzulegen, wobei die Personendokumente sowohl im Orginal als auch in Kopie vorzulegen seien. Der BF 1 wurde gleichzeitig darüber belehrt, dass andernfalls der Antrag ohne inhaltliche Absprache zurückzuweisen sei und diese Zurückweisung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden sei.

10. Im Rahmen der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme zur Beweisaufnahme führte der BF 1 aus, dass er verheiratet sei, drei Kinder habe, wovon ein Sohn in Österreich und zwei Kinder in Indien leben würden. Der in Österreich lebende Sohn würde über denselben Aufenthaltsstaus wie die Eltern verfügen.

Familienangehörige habe der BF 1 außer seiner Ehefrau und den Sohn in Österreich nicht. In Indien habe der BF 1 keine Familienangehörigen. Sie würde derzeit von Bekannten und der Caritas unterstützt werden und könne umgehend einen Arbeitsvorvertrag vorlegen. Einer erlaubten Erwerbstätigkeit gehe er nicht nach. Eine ehrenamtliche Tätigkeit würde er nicht ausüben, besuche nur einen Fitnessclub. Aufgrund der nach wie vor bestehenden, politischen Verfolgung hätte er und seine Frau nicht ausreisen können.

11. Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurden der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als unzulässig zurückgewiesen. Ebenso wurde gegen die BF gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen. Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt II.).

12. Gegen diesen Bescheid erhoben die BF fristgerecht Beschwerde am

XXXX . Darin wurde im Wesentlichen moniert, dass das BFA nicht auf die Gründe eingehen würde, wie diesem auch bekannt sein müsste, dass die Vorlage der betreffenden Dokumente, wie Reisepass und Geburtsurkunde nicht möglich gewesen sei.

Es entspreche vielmehr dem Amtswissen, dass die indische Botschaft seit langer Zeit auf Anträge indischer Staatsbürger, die in Österreich leben würden, keine Reisepässe ausgestellt werden würden, sondern vielmehr die bemitleidenswerten Betroffenen auffordere, sie mögen ein Schreiben des jeweils zuständigen BFA vorweisen, wonach die amtlicherseits gewünscht sei.

Dazu sei das BFA, RD Wien, keineswegs bereits. Aus nicht bekannten, vermutlich rein subjektiven Gründen, weil sie auf diese Art und Weise wohl die Deportation des jeweiligen Antragstellers im Sinne habe. Interessanter Weise seien nun andere BFA sehr wohl dazu nötigenfalls, sofern die indische Botschaft dies wünsche, entsprechende Schreiben an die indische Botschaft zu richten, worauf in der Folge auch dem Antragsteller ein indischer Pass ausgestellt werden würden.

Es würde einseitig Schwergewicht auf einen Zeitraum gelegt, wo sich der BF behaupteter Weise illegal in Österreich aufhalten würde. Dass er seit 2011 das Recht auf entsprechende Antragsstellungen beim Magistrat, aber auch beim BFA wahrgenommen hat, würde ihm zu Last gelegt, so als ob dieses nicht wüsste, dass die Einreichung eines rechtlich zugestandenen Antrags niemals gegen die Gesetze sein können.

Die von der belangten Behörde getätigte Vorgangsweise entbehre einer tragfähigen Begründung. Man habe die Unmöglichkeit an die erwähnten Dokumente in Österreich heranzukommen bewusst übersehen.

Die Behörde hätte sich, selbst wenn sie dem BF Unglaubwürdigkeit unterstellen würde, mit der Frage auseinandersetzten müssen, ob er BF im Falle einer Rückkehr nach Indien mit maßgeblichen asylrelevanten Verfolgungshandlungen zu rechnen gehabt hätte. Dazu hätte es einer konkreten Einschätzung des Verfolgungsrisikos bedurft, inwieweit den Behörden und Personen in Indien das Ausweichen des BF nach Österreich bekannt sei und mit ernstzunehmender Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen geknüpft seien. Ohne solche Feststellungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr keine Verfolgungshandlungen seitens Indiens zu befürchten habe. Der BF habe eine ganze Reihe von Belegen, Dokumenten und Unterlagen vorgelegt, die unzweifelhaft ein ernstes Bemühen um Integration darlegen würden.

Zusammenfassend wurde ausgeführt, dass das BFA die Rückkehrsituation des BF im Lichte der aktuellen Länderinformationen zu seinem Herkunftsland einer genauen Prüfung unterziehen hätte müssen, damit eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK im Falle einer Rückkehr mit Sicherheit ausgeschlossen ist.

Mit Schreiben vom XXXX wurden die BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihnen eine Stellungnahmefrist von zehn Tagen eingeräumt.

13. Am XXXX wurde eine Verhandlung vor dem BVwG anberaumt. Die Verhandlung nahm folgenden Verlauf:

..........

R: Was ist mit Ihrer Frau?

BF1: Sie ist im Februar dieses Jahres nach Indien zurückgekehrt. Ich habe noch drei andere Kinder, ein Sohn ist hier und die anderen beiden Kinder sind auch in Indien.

R: Wo lebt jetzt Ihre Frau mit Ihren Kindern?

BF1: Meine Gattin war schon sieben oder acht Jahre lang alkoholkrank und ich hatte deswegen Probleme mit dem Jugendamt. Ich habe meine Frau im Februar dieses Jahres nach Indien geschickt und habe keinen Kontakt. Ich weiß nicht, ob sie im Spital oder woanders ist. Die Gattin wird nicht mehr zurückkommen.

RV legt eine Bestätigung der MA 11 vom XXXX vor, wonach die BF2 bereits am XXXX Österreich verlassen hat, welche als Beilage A zum Akt genommen wird, einen Arbeitsvorvertrag, welcher als Beilage B zum Akt genommen wird, eine Besuchsbestätigung von BF3, welche als Beilage C zum Akt genommen wird, ein Empfehlungsschreiben der Klassenlehrerin, welche als Beilage D zum Akt genommen wird, drei Zeugnisse, welche als Beilage E zum Akt genommen werden, Empfehlungsschreiben und zwar, den Angaben des BF1 vor zwei Tagen verfasst, welche als Beilage F zum Akt genommen wird und fünf Empfehlungsschreiben von verschiedenen Personen, welche als Beilage G zum Akt genommen werden.

R: Was ist das Projekt " XXXX "?

BF1: Mein Sohn hat dort Klarinette gelernt und jetzt singt er. In den ersten und zweiten Klassen gibt es keine Noten.

Eröffnung der Verhandlung

(...).

R: Was ist Ihre Muttersprache?

BF1: Punjabi.

R an die Dolmetscherin: In welcher Sprache übersetzen Sie für die Beschwerdeführer?

D: Punjabi.

R befragt den Beschwerdeführer, ob er die Dolmetscherin gut versteht, dies wird bejaht.

R befragt den Beschwerdeführer, ob dieser geistig und körperlich in der Lage ist der heutigen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen. Nun wird der Beschwerdeführer befragt, ob er gesund ist oder ob bei ihm (Krankheiten) und /oder Leiden vorliegen. Diese Fragen werden vom Beschwerdeführer dahingehend beantwortet, dass keine Hindernisgründe oder chronische Krankheiten und Leiden vorliegen. Der Beschwerdeführer ist in der Lage der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.

BF1: Mir geht es gut, ich bin gesund.

Dem Beschwerdeführer wird dargelegt, dass er am Verfahren entsprechend mitzuwirken hat bzw. auf die Fragen wahrheitsgemäß zu antworten hat. Andernfalls dies sich entsprechend im Erkenntnis im Bundesverwaltungsgerichtes auswirken würde.

R: Sie sind auch darüber informiert worden, dass ein Rechtsberater von der XXXX teilnehmen kann. Sind Sie mit dieser/diesem in Verbindung getreten?

BF1: Ich verzichte auf die Teilnahme der Diakonie.

Eröffnung des Beweisverfahrens

Zum bisherigen Verfahren:

Die Partei verzichtet ausdrücklich auf die Verlesung des Akteninhaltes (vorgelegter Verwaltungsakt des BAA und Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes), dieser wird jedoch vom R der Reihe nach erläutert und zur Akteneinsicht angeboten.

Die Partei verzichtet auf eine Akteneinsicht.

R erklärt diese Aktenteile zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und zum Inhalt der hier zu Grunde liegenden Niederschrift.

R weist Beschwerdeführer auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin. Der Beschwerdeführer wird aufgefordert nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und belehrt, dass unrichtige Angaben bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. Ebenso wird auf die Verpflichtung zur Mitwirkung einer Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen und dass auch mangelnde Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist.

R: Wie lautet Ihr vollständiger Name, Ihr Geburtsdatum, in welchem Ort sind Sie geboren und wo haben Sie in Indien gelebt, bevor Sie Indien verlassen haben?

BF1: Mein Name ist XXXX . Ich bin am XXXX in XXXX geboren und habe in XXXX gelebt.

R: Haben Sie dort bis zu Ihrer Ausreise in Indien gelebt?

BF1: Ja.

R: Wie lange haben Sie in Indien gelebt bzw. wie alt waren Sie, als Sie Indien verlassen haben?

BF1: Ich habe Indien XXXX verlassen und war damals 30 Jahre alt.

R: Haben Sie Indien alleine verlassen?

BF1: Ja.

R: Wann haben Sie Ihre Ehefrau kennengelernt?

BF1: Ich kenne sie seit XXXX .

R: Von Ihrem Heimatort?

BF1: Ja.

R: Hatten Sie zuvor schon eine Beziehung mit ihr, bevor Sie geheiratet haben?

BF1: Wir hatten schon seit XXXX eine Beziehung.

R: Sind die drei Kinder alle gemeinsame Kinder von Ihnen und Ihrer Ehefrau?

BF1: Ja.

R: Wo leben Ihre beiden Kinder?

BF1: Bei der Großmutter mütterlicherseits.

R: Wo ist das?

BF1: " XXXX ".

R: Wie alt sind diese beiden Kinder, die in Indien leben?

BF1: Fast zwei Jahre und circa fünf Jahre.

R: Ist Ihre Ehefrau zu Ihrer Mutter und zu den beiden Kindern zurückgekehrt?

BF1: Nein.

R: Warum nicht?

BF1: Sie ist in XXXX gelandet und wurde von den Verwandten abgeholt. Auch damals hat sie Whiskey in ihrer Tasche gehabt. Ich weiß nicht, von wo meine Frau dort hin gegangen ist.

R: Welche Verwandten haben Ihre Frau abgeholt?

BF1: Meine Schwägerin lebt in Amritsar.

R: Haben Sie Ihre Schwägerin gefragt, wo sich Ihre Ehefrau aufhält?

BF1: Die Schwägerin hat gesagt, dass meine Gattin ins Spital eingeliefert wurde, aber seither haben sie auch keinen Kontakt mit ihr. Es kann auch sein, dass sie mir nicht sagen wollen, wo sie aufhältig ist.

R: Warum sollten sie es Ihnen nicht sagen, wenn Sie Ihre Frau selbst nach Indien geschickt haben?

BF1: Vielleicht wissen sie das selber nicht. Ich habe ein- bzw. zweimal gefragt und keine Antwort bekommen.

R: Haben Sie mit Ihrer Schwiegermutter darüber gesprochen?

BF1: Ja, ich habe mit meiner Schwiegermutter gesprochen, aber sie hat mir auch keine klare Antwort gegeben. Meine zwei Kinder sind bei ihr. Vielleicht will sie auch nicht, dass die alkoholkranke Tochter bei ihr auftaucht.

R: Wer hat dann die beiden Kinder nach Indien gebracht?

BF1: Ein Freund von mir.

R: Wann?

BF1: Am XXXX .

R: Haben Sie auch Anträge für Ihre andren beiden Kinder gestellt?

BF1: Nein. Das eine Kind hat ein Asylverfahren gehabt, aber das wurde negativ entschieden.

R: Wie hat das Kind geheißen?

BF1: XXXX .

R: Wer hat jetzt die Obsorge über den BF 3?

BF1: Ich habe die Obsorge für alle drei Kinder.

R: Wer ist Herr XXXX (Beschluss vom BG Fünfhaus vom XXXX , welche als Beilage H zum Akt genommen wird)?

BF1: Er war mein Mitbewohner von XXXX .

R: Wann sind Sie nach Österreich gekommen?

BF1: Im XXXX .

R: Sind Sie zivilrechtlich verheiratet?

BF1: Nein.

R: Wie hat dann die Trauung mit Ihrer Frau stattgefunden?

BF1: Wir haben hier im Sikh-Tempel im 12. Bezirk geheiratet.

R: Wann ist Ihre Frau nach Österreich gekommen?

BF1: Im XXXX .

R: War das Ihre Idee, dass Ihre Frau nach Österreich nachkommt?

BF1: Ja.

R: In welcher Sprache unterhalten Sie sich mit Ihren Kindern?

BF1: Mit meinem älteren Sohn unterhalte ich mich jetzt mehr in Deutsch.

R: Unterhalten Sie sich mit Ihrem Sohn auch in der Muttersprache?

BF1: Ja.

R auf Deutsch: Sprechen Sie Deutsch?

BF1 auf Deutsch: Ja.

R auf Deutsch: Verstehen Sie Deutsch?

BF1 Deutsch: Ja.

R auf Deutsch: Haben Sie Kinder?

BF1 auf Deutsch: Ja.

R auf Deutsch: Wie viele?

BF1 auf Deutsch: Drei.

R auf Deutsch: Sagen Sie mir bitte die Namen und die Geburtsdaten und den Geburtsort Ihrer Kinder?

BF1 auf Deutsch: 1. XXXX . Das Geburtsdatum ist der XXXX in Wien.

2. XXXX . Das Geburtsdatum ist der XXXX , in Wien.

3. XXXX . Das Geburtsdatum ist der XXXX in Wien.

R auf Deutsch: Wie bestreiten Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt? Arbeiten Sie in Österreich?

BF1 auf Deutsch: Ich habe schon früher gearbeitet, schon bis XXXX , aber dann habe ich Schwierigkeiten mit Arbeit gehabt, darf nix arbeiten.

R: Fragewiederholung auf Punjabi.

BF1 auf Punjabi: Bist XXXX habe ich als Zeitungszusteller bzw. als Lieferant für Apotheken gearbeitet. Derzeit bekomme ich finanzielle Unterstützung von der XXXX .

R auf Deutsch: Seit wann haben Sie in Österreich zu arbeiten begonnen?

BF1 auf Deutsch: Seit dem Jahr XXXX .

R auf Deutsch: Haben Sie vom Jahr XXXX bis zum Jahr XXXX durchgehend gearbeitet?

BF1 auf Deutsch: Ja.

R auf Deutsch: Wie viel Geld haben Sie in dem Zeitraum XXXX verdient?

BF1 auf Deutsch: Von XXXX habe ich ungefähr 700 bis 800 Euro monatlich verdient. Danach habe ich "Lieferung von Apotheke". Habe im Monat 1.500 bis 1.600 Euro im Monat verdient.

R auf Deutsch: Haben Sie für den Zeitraum XXXX Ihr Einkommen versteuert, sprich Einkommenssteuer und Umsatzsteuer bezahlt?

BF1 auf Deutsch: Ich habe bis XXXX wenig verdient. Danach habe ich nichts bekommen.

R: Legen Sie mir bis XXXX sämtliche Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide für den Zeitraum XXXX und den aktuellen Versicherungsdatenauszug vor.

R: Haben Sie beim Finanzamt eine Steuererklärung für die Jahre XXXX abgegeben?

BF1: XXXX habe ich eine Steuererklärung abgegeben. Ich habe einmal XXXX Euro und dann wieder XXXX Euro bezahlt.

R: Wie haben Sie dann ab dem Jahr XXXX Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF1: Durch die finanzielle Unterstützung der XXXX .

R auf Deutsch: Wie viel bekommen Sie dafür monatlich?

BF1 auf Deutsch: 1.030 Euro.

R: Sind die 1.030 Euro für Sie und Ihren Sohn?

BF1: Derzeit bekomme ich 700 Euro. Solange meine Frau da war, habe ich die 1.030 Euro bekommen.

R: Wie viel zahlen Sie Miete?

BF1: 700 Euro.

R: Von was leben Sie dann, wenn Sie 700 Euro von der XXXX bekommen und 700 Euro Miete zahlen?

BF1: Mein Bruder, welcher in Kanada lebt, schickt mir ab und zu Geld und ich bekomme auch Geld aus Indien.

R: Von wem bekommen Sie Geld aus Indien?

BF1: Ein Cousin hat mir ein- oder zweimal Geld aus Indien geschickt und auch meine Schwiegermutter hat mir ein- oder zweimal Geld geschickt.

R: Wie viel hat Ihnen Ihr Cousin und wie viel hat Ihnen Ihre Schwiegermutter geschickt?

BF1: Mein Cousin hat mir 2.000 Euro geschickt und meine Schwiegermutter hat auch ungefähr 4.000 Euro geschickt?

R: Ist das Ihr Cousin mütterlicherseits oder väterlicherseits?

BF1: Väterlicherseits.

R: Woher hat Ihre Schwiegermutter und Ihr Cousin so viel Geld?

BF1: Vielleicht hat mein Cousin Geld ausgeborgt, aber ich habe ihn nicht gefragt, woher er das Geld hat. Meine Schwiegermutter hat gearbeitet und bekommt jetzt eine Pension in der Höhe von 25.000 Rupien im Monat und mein Schwiegervater bekommt auch eine Pension in der Höhe von 25.000 Rupien.

R: Sind Ihre Schwiegereltern wohlhabend?

BF1: Sie gehören zur Mittelschicht.

R: Wie viel haben Sie denn Sozialversicherung bezahlt, als Sie in Österreich gearbeitet haben?

BF1: Von 2009 bis 2014 habe ich im Quartal 400 Euro bezahlt.

R: Wieso haben Sie dann Schwierigkeiten bekommen, die Arbeit nicht mehr ausüben zu dürfen?

BF1: Meine Gattin ist alkoholkrank und hat sich um die Kinder nicht gekümmert, daher musste ich zu Hause bleiben.

R: Fragewiederholung.

BF1: Die Zeitungszustellerarbeit musste ich aufgeben, weil ich keinen Vertrag mehr auf meinen Namen bekam und meine Firma bezüglich der Apothekenarbeit habe ich "geschlossen", da ich meine Ausgaben nicht mehr decken konnte.

R: Haben Sie Ihr Gewerbe ruhend gestellt?

BF1: Das Finanzamt hat mir einen Brief geschickt, dass ich im Konkurs bin.

R: Vorlagefrist bis XXXX bezüglich Schreiben des Finanzamtes, in dem mitgeteilt wird, dass Ihre Firma in Konkurs ist und den gewerberechtlichen Auszug.

R: Haben Sie eine arbeitsrechtliche Bewilligung?

BF1: Nein.

R: Haben Sie einen Deutschkurs besucht?

BF1 auf Deutsch: Ja.

R: Haben Sie eine Deutschprüfung absolviert?

BF1 auf Deutsch: Ja.

R: Welche Stufe haben Sie absolviert?

BF1 auf Deutsch: A2.

R: Nachdem Sie jetzt nicht arbeiten gehen, wie gestalten Sie derzeit Ihren Tagesablauf. Schildern Sie mir die Tätigkeiten vom Aufstehen bis zum Bettgehen.

BF1 auf Deutsch: "Ich stehe ungefähr um 05:35 Uhr auf und mache Tee für mich. Dann warte ich bis 07:00 Uhr und "mache" meinen Sohn wach. Wenn er aufsteht, schicke ich ihn zum Badezimmer und Zähneputzen. Ich helfe ihm in die Kleidung. Ich schicke ihn in die Schule oder ich gehe mit ihm in die Schule um 07:45 Uhr. Wenn ich nach Hause zurückkomme, "mache" ich das Putzen und schaue etwas Fernsehen und mache Frühstück für mich. Wenn ich etwas liegen will, liege ich noch etwas oder ich gehe hinaus oder einkaufen. Manchmal setze ich mich in den Park. Meine Wohnung ist in der Nähe von einem Park und dann komme ich nach Hause zurück. Manchmal vorbereite ich Essen für Nacht und dann kommt mein Sohn um 15:00 Uhr. Dann gebe ich ihm oder koche. Ich frage, was er essen will. Danach später schaut er manchmal Fernsehen. Ich warte und manchmal gehen wir dann gemeinsam hinaus. Wir spielen Fußball. Er mag das und dann gebe ich ihm zwischen 19:00 Uhr und 20:00 Uhr das Abendessen. Nach dem Abendessen schicke ich ihn eine halbe Stunde später zu Bett. Ich sitze vor dem Fernseher oder rufe ein paar Leute. Fortsetzung in Punjabi: Nachdem mein Sohn ins Bett geht, rufe ich meine Freunde an und schaue Fern und gehe ins Bett."

R: Sind Sie in einem Verein, in einer Kirche, einer Organisation beschäftigt oder engagiert?

BF1: Ich besuche nur unseren Sikh-Tempel am Wochenende.

R: Wie viele Verwandte haben Sie noch in Indien?

BF1: Die Geschwister meines Vaters sind in Indien und auch die Geschwister meiner Mutter. Mein eigener Bruder ist in Kanada und meine Eltern sind verstorben.

R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?

BF auf Deutsch: Ich habe die erste bis zehnte Klasse in einer allgemeinen bildenden höheren Schule absolviert. Fortsetzung auf Punjabi. Danach die elfte und zwölfte Klasse ein College und danach ein Bachelorstudium.

R: Wie lange hat der Bachelor gedauert?

BF1: Drei Jahre.

R: Welche Fachrichtung?

BF1: Politische Wissenschaften, Englisch, Punjabi und Literatur.

R: Wie haben Sie in Indien Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF1: Von XXXX habe ich meinem Bruder in seinem Computergeschäft geholfen.

R: Was haben Sie da genau gemacht?

BF1: Mein Bruder hat Computergrafiken gemacht, das heißt er hat Visitenkarten oder Flugblätter gedruckt. Ich habe ihm dabei geholfen.

R: Was war Ihre Aufgabe dabei?

BF1: Ich habe das Marketing gemacht, also Kunden akquiriert.

R: Haben Sie Verwandte, außer Ihrem Sohn, in Österreich?

BF1: Nein.

R: Haben Sie Verwandte in der Europäischen Union (Frankreich, Belgien usw.)?

BF1: Nein.

R: Haben Sie in Österreich einen Freundeskreis?

BF1: Ja.

R: Gehören diesem Freundeskreis auch Österreicher an?

BF1: Ja.

R: Wer sind Ihre zwei besten Freunde bzw. Freundinnen?

BF1: Der eine heißt XXXX . Er wohnt im 20. Bezirk in der Stromstraße neben der Engerthstraße und habe noch einen sehr guten Freund gehabt, er heißt XXXX . Er ist seit drei Jahren in Deutschland.

R: Haben Sie eine Lebensgefährtin oder eine Freundin?

BF1: Ich habe eine Freundin.

R: Ist es eine Lebensgemeinschaft im engeren Sinne?

BF1: Ja.

R: Was heißt es für Sie?

BF auf Deutsch: Ich stehe ihr sehr nahe. Wie kann ich das erzählen.

R: Wo wohnt denn Ihre Freundin genau?

BF1 auf Deutsch: Sie wohnt in der XXXX . Sie ist Krankenschwester.

R: Seit wann kennen Sie Ihre Freundin?

BF1 auf Deutsch: Seit fünf Monaten.

R: Was heißt für Sie jetzt, Sie ist Ihre Freundin?

BF1: Wir lieben einander. Wenn sie nicht in ihrer Arbeit ist, sind wir zusammen. Sie steht auch meinem Sohn nahe. Fortsetzung auf

Deutsch: In Zukunft planen wir weiterzuleben.

R: Wo haben Sie Ihre Freundin kennengelernt?

BF1 auf Deutsch: Im XXXX Hauptstraße. Fortsetzung auf Punjabi: Ich habe die Frau auf der Straße gesehen, sie gefiel mir. Ich bin dann zu ihr gegangen und habe sie gefragt, ob sie mit mir auf einen Kaffee gehen will. Auf anfänglichem Zögern hat sie ja gesagt.

R: Machen Sie so etwas öfters?

BF1: Nein.

R: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten oder benötigen Sie irgendwelche Medikamente?

BF1: Nein.

R: Sie haben im Zuge der Beschwerde an den Asylgerichtshof eine Entscheidung von diesem erhalten. In dieser wurde Ihnen eine Frist bzw. der Behörde zur Ausweisung bis XXXX gewährt. Warum sind Sie nach dem Zugang des Erkenntnisses nicht ausgereist?

BF1: Ich habe damals ein Visum beantragt und habe gewartet, dass ich einen positiven Bescheid bekomme, damit ich da leben kann.

R: Was für ein Visum?

BF1: Ich habe von der MA 35 einen Antrag auf humanitären Aufenthalt gestellt und habe dann einen negativen Bescheid bekommen.

R: Wann haben Sie den negativen Bescheid bekommen?

BF1: Ich glaube, das war im XXXX .

R: Warum sind Sie XXXX nicht ausgereist?

BF1: Ich habe dann wieder einen Antrag bei der Fremdenpolizei gemacht.

R: Es wurde Ihnen auch im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 120 Abs. 1a FPG zur Kenntnis gebracht, dass Sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Was sagen Sie dazu?

BF1: Ich kann mich daran nicht erinnern.

R: Warum haben Sie dann keinen Originalreisepass vorgelegt?

BF1: Ich habe keinen gehabt.

R: Vorgehalten wird die AS 29 oben, insbesondere die Aufforderung innerhalb von 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens eine schriftliche Antragsbegründung, ein gültiges Reisedokument, eine von der Österreichischen Botschaft beglaubigten Geburtsurkunde mit Übersetzung für Sie und eine schriftliche Antragsbegründung und ein gültiges Reisedokument für Ihren Sohn (BF3) im Original und in Kopie vorzulegen. Sie wurden darüber belehrt, dass andernfalls Ihre Anträge zurückzuweisen wären und diese Zurückweisung einer Rückkehrentscheidung zu verbinden sei.

BF1: Ich war mehrmals bei der Indischen Botschaft, um meinen Reisepass zu beantragen, aber ich bekam keinen, deshalb konnte ich nur eine Kopie vorlegen. Mir wurde von der Botschaft gesagt, dass ich ohne ein österreichisches Visum keinen indischen Reisepass bekommen. Ich habe niemanden in Indien, der eine Geburtsurkunde für mich von der Behörde holen kann und mir herschicken kann.

R: Wer hat eigentlich die Ausreise für Ihren Schlepper aus Indien bezahlt?

BF1: Mein Vater.

R: Wie viel hat er diesen Schleppern bezahlt?

BF1: 400.000 indische Rupien.

R: Woher hatte Ihr Vater so viel Geld?

BF1: Mein Vater hat gearbeitet und auch Grundstücke gehabt.

R: Wer hat das Vermögen geerbt, nachdem Ihr Vater und Ihre Mutter verstorben sind?

BF1: Das Land hat mein Vater noch zu Lebzeiten verkauft. Nach seinem Tod ist mein Bruder nach Indien gereist und hat das Haus verkauft.

R: Wie viel haben Sie von dem Verkaufserlös bekommen?

BF1: Mein Bruder hat das Geld mitgenommen. Ich habe bislang nichts bekommen. Wenn wir uns treffen, dann werden wir darüber reden.

R: Er schickt Ihnen aber immer wieder Geld, wie Sie heute gesagt haben?

BF1: Ja.

R an RV: Haben Sie noch Fragen an den BF1?

RV: Ja.

RV: Werden Sie von Ihrer derzeitigen Freundin finanziell unterstützt?

BF1: Ja.

RV: Wie viel Geld bekommen Sie da?

BF1: Sie gibt mir kein Geld, aber sie kauft Lebensmittel ein.

RV: Beabsichtigen Sie den Deutschkurs B1 zu absolvieren?

BF1: Ja.

R: Wann?

BF1 auf Deutsch: Ich wollte das machen, aber wegen der Zeit.

Fortsetzung auf Punjabi: Wenn ich die Erlaubnis bekomme, hier zu bleiben, möchte ich den B1-Kurs besuchen und eine Berufsausbildung machen.

RV: Hat Ihr Sohn einen Freundschaftskreis?

BF1: Ja, er hat drei sehr gute Freunde von der Schule, daher möchte er auch die Wohnung nicht wechseln.

R: Wie heißen seine besten Freunde?

BF1: Einer heißt Sebastian. Familiennamen kenne ich nicht. XXXX heißt der zweite.

RV: Sie haben auch einen Arbeitsvorvertrag vorgelegt. Was sagen Sie dazu?

BF1: Wenn ich einen Aufenthaltstitel sowie eine Arbeitserlaubnis bekomme, würde ich kein Problem haben, hier wieder zu arbeiten. Ich könnte in der Nacht die Zeitungsarbeiten machen und tagsüber auch irgendwo arbeiten. Auch laut Arbeitsvorvertrag könnte ich dort arbeiten.

R: Welche Staatsbürgerschaft hat ihre Freundin?

BF1: Sie ist Slowakin.

......."

14. Am XXXX langte die Stellungnahme ein. Darin wurde ausgeführt, dass der BF 1 seit fast vierzehn Jahren in Österreich aufhältig sei. Er habe das Sprachdiplom A2 absolviert und einen großen Freundeskreis in Österreich aufgebaut. Er wohne in einer ortüblichen Unterkunft, sei krankversichert und unbescholten. Er habe eine slowakische Freundin, die als Krankenschwester in Wien tätig sei; der BF 2 besuche in Wien die Schule und habe sich gut integriert. Durch seine langjährige Arbeit als Zeitungszusteller und einer Einstellzusage sei seine Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben. Er habe in Österreich einen nicht unbedeutenden Teil seines Lebens verbracht, habe zwar noch Angehörige im Heimatland, allerdings bestehe zu diesen nur mehr ein sporadischer Kontakt. Gegenständlich könne unter Würdigung der Integrationsbemühungen, sozial, beruflich, privat und gesellschaftlich eventuell auch sprachlich ein Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle frei von Zweifeln sein. Der VwGH habe sich bereits wiederholt ausgesprochen, dass ein über zehnjähriger, überwiegend rechtmäßiger Aufenthalt - möge dieser auch auf asylrechtliche Bestimmungen zurückzuführen sein- den persönlichen Interessen eines Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet ein großes Gewicht verleihen könne. Es werde gebeten, bei der Entscheidungsfindung das Wohl des Kindes in Betracht zu ziehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Feststellungen zur Person der BF:

Die BF sind nach eigenen Angaben Staatsangehörige von Indien. Der BF 1 ist der Vater des minderjährigen BF 2.

Der BF 1 gehört der Religionsgemeinschaft der Sikh an und war im Herkunftsstaat im näher genannten Ort im Bundesstaat XXXX wohnhaft. Er besuchte zehn Jahre lang eine allgemein bildende höhere Schule, besuchte danach zwei Jahre lang ein College und absolvierte in der Folge ein dreijähriges Bachelorstudium mit der Fachrichtung politische Wissenschaften, Englisch, Punjab und Literatur. Er arbeitete von XXXX im Marketingbereich des Computergeschäftes seines Bruders und beherrscht eine Sprache des Herkunftsstaats als Muttersprache.

Die Ex- Lebensgefährtin des BF 1 und Mutter des BF 2, die gemeinsamen zwei Söhne und Brüder des BF 2, sowie die Schwiegereltern des BF 1, die Geschwister seines Vaters und die Geschwister seiner Mutter leben in Indien, der BF 1 steht in Kontakt mit ihnen. Die Eltern des BF 1 sind bereits verstorben. Die zwei in Indien lebenden Söhne leben bei der Schwiegermutter des BF 1.

Der BF 2 wurde am XXXX in Österreich geboren, spricht die deutsche Sprache sowie eine Sprache des Herkunftsstaats.

Die BF stellten am XXXX (BF 1) bzw. XXXX (BF 2) einen Antrag auf internationalen Schutz. Diese wurde mit Bescheid des BAA vom XXXX bzw. vom XXXX abgewiesen und die BF nach Indien ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX rechtskräftig abgewiesen.

Die BF brachte am XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 43 Abs. 4 NAG ein. Am XXXX stellte der BF 1 für den BF 2 bei der MA 35 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 41a Abs. 9 NAG.

Diese Anträge wurden mit Bescheiden des Amtes des Wiener Landesregierung, MA 35, vom XXXX zurückgewiesen.

Am XXXX stellte der BF 1 für sich und den BF 2 einen Antrag gem. § 55 Abs. 1 AsylG auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als unzulässig zurückgewiesen. Ebenso wurde gegen die BF gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen. Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt II.).

Der BF 1 befindet sich seit seiner unrechtmäßigen Einreise am XXXX , der BF 2 seit seiner Geburt am XXXX , nach dem rechtskräftigen negativen Erkenntnis des AsylGH vom XXXX , illegal in Österreich.

Die BF haben sich somit seit dem XXXX (rechtskräftige Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz), somit über einen Zeitraum von mehr als 7 Jahren nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten.

Der BF 1 ist strafgerichtlich unbescholten. Er war zwei Tage im Jahr XXXX als Arbeiter angemeldet. Von XXXX arbeitete er selbständig als Lieferant für Apotheken. Während dieser Zeit zahlte der BF 1 keine Sozialversicherungsbeiträge. Der BF 1 hat keine arbeitsrechtliche Bewilligung. Seit XXXX wird er finanziell von der Caritas unterstützt. Der BF 1 bekommt weiters unregelmäßig finanzielle Zuwendungen von seinem Bruder in Kanada und seiner Schwiegermutter in Indien. Der BF 1 ist im Besitz eines Arbeitsvorvertrages. Er hat die Deutschprüfung A2 erfolgreich absolviert.

Der BF 1 ist kein Mitglied eines Vereins einer Kirche oder einer Organisation, besucht aber am Wochenende den Sikh-Tempel. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF 1 in Österreich in sprachlicher, sozialer und beruflicher Sicht festgestellt werden.

Es kann nicht festgestellt werde, dass der BF 1 seit fünf Monaten eine Freundin in Österreich hat.

Beide BF sind gesund.

Der BF 2 besuchte im Schuljahr XXXX die 3. Klasse einer österreichischen Volksschule

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass es dem BF 2 unmöglich oder unzumutbar wäre, sich in das indische Gesellschaftssystem zu integrieren.

Es wird nicht festgestellt, dass die BF im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien in ihrem Recht auf das Leben gefährdet sind, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen sind oder von der Todesstrafe bedroht sind oder willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt sind.

Zur Situation im Herkunftsstaat wird von den Feststellungen, welche dem BF 1 im Rahmen der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme übermittelt wurden ausgegangen:

Feststellungen zur Lage in Indien:

Politische Lage

Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 12.12.2016; vgl. auch: AA 16.8.2016, BBC 27.9.2016). Die - auch sprachliche - Vielfalt Indiens wird auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 27.9.2016). Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten (AA 9.2016a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 13.4.2016). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 9.2016a).

Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 16.8.2016), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 9.2016a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 16.8.2016). Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2016). Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 9.2016a).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 13.4.2016). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 16.8.2016).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 13.4.2016). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 9.2016a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 11.2016).

Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 16.8.2016). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP - Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 16.8.2016).

Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis NDA (AA 16.8.2016), mit der hindu-nationalistischen BJP (AA 9.2016a) als stärkster Partei (282 Sitze), den Kongress an der Regierung ab (AA 16.8.2016). Die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh erlitt hingegen große Verluste, womit Sonia Gandhi und Sohn Rahul nun auf die Oppositionsbank rücken (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. auch:

FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2016). Die AAP, die 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen erringen konnte, errang landesweit nun nur vier Sitze (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Der BJP Spitzenkandidat, der bisherige Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, wurde zum Premierminister gewählt (AA 16.8.2016) und steht seit 16.5.2014 (GIZ 11.2016) einem 65-köpfigen Kabinett vor (AA 16.8.2016).

Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 12.2016).

Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktivere Außenpolitik als zuvor. Die frühere Strategie der "strategischen Autonomie" wird zunehmend durch eine Politik "multipler Partnerschaften" mit allen wichtigen Ländern in der Welt überlagert. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Profilierung als aufstrebende Großmacht (AA 9.2016b). Ein ständiger Sitz im VN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 12.2016). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an. Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Association of Southeast Asian Nations - ASEAN) und Mitglied im "ASEAN Regional Forum" (ARF). Auch bilateral hat Indien in den letzten Monaten seine Initiativen in den Nachbarländern verstärkt. Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. In der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) hat Indien im Februar 2016 von Russland den diesjährigen Vorsitz übernommen. Bei ihrem Treffen in Ufa im Juli 2015 beschloss die Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Indien und Pakistan nach Abschluss der Beitrittsprozeduren als Vollmitglieder aufzunehmen (AA 9.2016b).

Die Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan haben sich jüngst erneut zugespitzt. In den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit haben sich wiederholt Phasen des Dialogs und der Spannungen bis hin zur kriegerischen Auseinandersetzung abgelöst.

Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmirproblem (AA 9.2016b).

Indien ist durch das Nuklearabkommen mit den USA ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat (GIZ 12.2016).

Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze, kontrolliert Indien die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs, und war Indien maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert. Die Beziehungen des Landes zur EU sind vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung. Die EU ist der größte Handels- und Investitionspartner Indiens. Der Warenhandel in beide Richtungen hat sich faktisch stetig ausgeweitet (GIZ 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016a): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien, Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_F210BC76845F7B2BE813A3

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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