Entscheidungsdatum
26.08.2018Norm
ArbVG §144Spruch
W216 2116352-1/2E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER über die Beschwerde des Betriebsrats der XXXX, vertreten durch Mag. Karin Koller, Sekretärin der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck Journalismus Papier, Region Wien, 1034 Wien, Alfred-Dallinger-Platz 1, gegen den Bescheid der Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 14.08.2015, Zl. XXXX, beschlossen:
A)
Der Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichts Wien zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 22.06.2015 beantragte die XXXX, (im Folgenden: antragstellende Gesellschaft) durch ihre rechtfreundliche Vertretung bei der Präsidentin des Arbeits- und Sozialgerichts Wien (im Folgenden: belangte Behörde) die Einrichtung einer Schlichtungsstelle nach § 144 ArbVG und durch diese die Aufhebung der Betriebsvereinbarung Nr. 29/12 (Sozialplan), welche zwischen der Geschäftsführung des Unternehmens und dem Betriebsrat im August 2012 abgeschlossen worden war. Begründet wurde dieser Antrag im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen für einen Sozialplan nicht mehr gegeben seien, da das Unternehmen verkleinert worden sei und mittlerweile nur noch 18 Arbeitnehmer und einen leitenden Angestellten beschäftige. Dadurch könne das Unternehmen einen derartig großzügigen Sozialplan finanziell nicht mehr aufrechterhalten, ohne wirtschaftlich schwere Schäden davonzutragen. Da der Betriebsrat einer einvernehmlichen Auflösung des Sozialplans nicht zugestimmt habe, sei es nötig gewesen, eine Schlichtungsstelle einzuberufen.
Nach Durchführung weiterer Verfahrensschritte, wie Erteilung eines Verbesserungsauftrags an die antragstellende Gesellschaft (dem diese entsprochen hat) und der Gewährung der Möglichkeit einer Stellungnahme bzw. einer allfälligen Nominierung der Beisitzer des Betriebsrats der antragstellenden Gesellschaft sowie einer weiteren Äußerung der antragstellenden Gesellschaft, erließ die belangte Behörde am 14.08.2015 den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit welchem antragsgemäß eine Schlichtungsstelle gemäß § 144 ArbVG zur Aufhebung einer Betriebsvereinbarung eingerichtet wurde und ein Richter des ASG Wien zum Vorsitzenden, sowie die von den beiden Streitteilen nominierten Personen zu Beisitzern bestellt wurden. Des Weiteren wurde festgelegt, dass der Termin für die Schlichtungsverhandlung vom Vorsitzenden festgelegt und auch die Angelobung der Beisitzer diesem übertragen werde. Der Bescheid enthält weder eine Begründung (auch keinen Hinweis auf Rechtsvorschriften, nach denen eine Begründung entfallen hätte können) noch eine Rechtsmittelbelehrung.
Mangels einer Rechtsmittelbelehrung erhob der Beschwerdeführer am 28.09.2015 sowohl Berufung an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, als auch eine (abgesehen von der Begründung der Zuständigkeit) gleichlautende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Berufung wurde vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien mit Schreiben vom 02.10.2015 an die belangte Behörde samt einer kurzen Stellungnahme zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts weitergeleitet. Die gleichzeitig erhobene Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 28.10.2015 (einlangend) vorgelegt.
Die Beschwerde begründete der Beschwerdeführer damit, dass die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts in der Geschäftsordnung der Schlichtungsstellen zwar nur hinsichtlich deren Entscheidungen festgelegt sei, nicht aber bezüglich deren Errichtung, es würde sich dabei aber um eine planwidrige Lücke handeln, weshalb eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts im Wege der Analogie begründet werden könne. Vorsichtshalber sei parallel eine Berufung an den Präsidenten des OLG Wien erhoben worden. Inhaltlich wurde ausgeführt, dass der gegenständliche Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten werde. Der angefochtene Bescheid bestehe allein aus dem Spruch. Entgegen der Bestimmung des § 58 AVG enthalte er weder eine Begründung, noch eine Rechtsmittelbelehrung, weshalb Nichtigkeit vorliege. Zum Antrag der antragstellenden Gesellschaft werde vorgebracht, dass es sich bei der durch die Schlichtungsstelle aufzuhebenden Betriebsvereinbarung (dem Sozialplan) um keine erzwingbare Betriebsvereinbarung handle und daher eine Schlichtungsstelle nicht zuständige wäre. Es liege lediglich eine sogenannte "freie Betriebsvereinbarung" vor. Dazu komme noch, dass, wie die antragstellende Gesellschaft selbst vorgebracht habe, derzeit nur noch 18 Arbeitnehmer und ein leitender Angestellter im Betrieb beschäftigt wären und daher nicht einmal mehr die Voraussetzungen der Erzwingbarkeit eines Sozialplans vorliegen würden. Der Antrag auf Errichtung einer Schlichtungsstelle sei daher bereits aus diesem Grund zurückzuweisen gewesen. Die belangte Behörde habe sich mit den Einwänden des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt und dennoch eine Schlichtungsstelle errichtet.
Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, sowie die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass der Antrag auf Errichtung einer Schlichtungsstelle abgewiesen werde, beantragt. In eventu wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben bzw. dessen Nichtigkeit festzustellen und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Mit Schreiben vom 09.10.2015 beantragte die antragstellende Gesellschaft den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde, da sonst der Fortbestand des Betriebes der antragstellenden Gesellschaft gefährdet sei.
Mit Bescheid vom 23.10.2015 gab die belangte Behörde diesem Antrag statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der festzustellende Sachverhalt ergibt sich im gegenständlichen Fall aus dem oben angegebenen Verfahrensgang.
2. Beweiswürdigung:
Die sich aus der Darstellung des Verfahrensgangs ergebenden Feststellungen gründen sich auf den unbestritten gebliebenen Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Mangels materiengesetzlicher Anordnung einer Senatszuständigkeit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes, soweit sich aus Abs. 3 nichts Anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Sieht ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 2 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 in Vollziehung Bundessache sind. Sieht ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 3 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten des Bundes.
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG werden mit 1. Jänner 2014 die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der unabhängige Finanzsenat aufgelöst; ferner werden die in der Anlage genannten Verwaltungsbehörden aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren sowie der bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen (Art. 119a Abs. 5) geht auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde.
Gemäß § 58 Abs. 1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Lässt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.
Gemäß § 144 Abs. 1 ArbVG ist zur Entscheidung von Streitigkeiten über den Abschluss, die Änderung oder die Aufhebung von Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten, in welchen das Gesetz die Entscheidung durch Schlichtungsstellen vorsieht, auf Antrag eines der Streitteile eine Schlichtungsstelle zu errichten. Die Schlichtungsstelle ist am Sitz des mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befassten Gerichtshofes, in dessen Sprengel der Betrieb liegt, zu errichten. Bei Streitigkeiten über den Abschluss, die Änderung oder Aufhebung von Betriebsvereinbarungen, deren Geltungsbereich Betriebe umfasst, die in zwei oder mehreren Sprengeln liegen, ist der Sitz des Unternehmens, dem die Betriebe angehören, maßgebend. Durch Vereinbarung der Streitteile kann die Schlichtungsstelle am Sitz eines anderen mit Arbeits- und Sozialrechtssachen in erster Instanz befassten Gerichtshofes errichtet werden. Ein Antrag auf Entscheidung einer Streitigkeit durch die Schlichtungsstelle ist an den Präsidenten des in Betracht kommenden Gerichtshofes zu richten.
Gemäß § 146 Abs. 2 letzter Satz ArbVG kann gegen die Entscheidung der Schlichtungsstelle Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Zu A) Aufhebung und Zurückverweisung:
Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist festzuhalten, dass in einem ähnlich gelagerten Fall (es ging in diesem nicht um eine Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Schlichtungsstelle, sondern um Streitigkeiten über die Besetzung einer solchen) hat das Bundesverwaltungsgericht seine Zuständigkeit bejaht (vgl. BVwG, 23.02.2015, W207 2003401-1/2E). Im gegenständlichen Fall, in dem es statt um die Entscheidung einer Schlichtungsstelle um die Einrichtung einer selben geht, ist die dort ausgesprochene Rechtsansicht auf den gegenständlichen Fall umzulegen und in Analogie zu den dort herangezogenen Art 130, 131 B-VG bzw. Art 151 B-VG und § 146 Abs. 2 ArbVG die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes ebenfalls zu bejahen.
Im gegenständlichen Fall weist der angefochtene Bescheid lediglich Kopf samt Bezeichnung als Bescheid und den Spruch auf, eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung fehlen völlig. Somit fehlen dem gegenständlichen Bescheid konstitutive Bescheidmerkmale. Die Voraussetzung für den Entfall einer Begründung liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Zwar wurde dem Antrag der antragstellenden Gesellschaft vollinhaltlich stattgegeben und eine Schlichtungsstelle nach § 144 ArbVG eingerichtet über Einwendungen oder sonstige widerstreitende Anträge von Verfahrensbeteiligten wurde jedoch nicht abgesprochen (vgl. auch VwGH, 27.11.1995, 95/10/0048). Im gegenständlichen Fall gab es aber zum gegenständlichen Antrag eine Stellungnahme samt widerstreitender Anträge des nunmehrigen Beschwerdeführers. Da § 59 Abs. 1 S 2 AVG fingiert, dass mit der Entscheidung über die Hauptsache alle anderen Einwendungen und Anträge als miterledigt gelten (vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG, § 58, Rz. 28), wurde, wenn auch nicht ausdrücklich, über Einwendungen von Beteiligten abgesprochen, weshalb im gegenständlichen Fall eine Begründung keinesfalls entfallen hätte dürfen. Somit erweist sich der angefochtene Bescheid als mangelhaft, jedoch nicht als absolut nichtig.
Gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG hat das Verwaltungsgericht in Rechtssachen nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (außer Verwaltungsstrafsachen) dann in der Sache zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht, oder wenn (2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. § 28 Abs. 2 VwGVG wiederholt diese Anordnung auf einfachgesetzlicher Ebene. § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG sieht die Entscheidung in der Sache vor, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, sofern nicht die belangte Behörde einer Entscheidung in der Sache bei Vorlage der Beschwerde (unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens) widerspricht.
Für den Fall, dass die Behörde "notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat, kommt dem Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG unter den durch die Judikatur präzisierten Voraussetzungen die Befugnis zu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, dessen Succus in zahlreichen nachfolgenden Entscheidungen des Höchstgerichts wiederholt wurde, hat die meritorische Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes Vorrang und bildet die Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme, deren Inanspruchnahme begründungspflichtig ist und die strikt auf den ihr gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Zur Aufhebung und Zurückverweisung ist das Verwaltungsgericht bei "krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken" befugt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Verwaltungsbehörde "jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen", "lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt" oder "bloß ansatzweise ermittelt" hat oder wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Behörde "Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer ‚Delegierung' der Entscheidung ...)".
Im vorliegenden Verfahren ergibt sich, dass die belangte Behörde "jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen" hat.
"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfanges - nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032, mwN). Das Verwaltungsgericht hat also die Angelegenheit zu entscheiden, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (vgl. VwGH 27.08.2014, Ro 2014/05/0062; 27.01.2016, Ra 2014/10/0038).
Vorliegend hatte die belangte Behörde über den Antrag antragstellenden Gesellschaft auf Errichtung einer Schlichtungsstelle zu entscheiden.
Zur Erreichung der Entscheidungsreife hinsichtlich des Antrags auf Errichtung einer Schlichtungsstelle bedürfte es Ermittlungen hinsichtlich der gesetzlich geregelten Voraussetzungen. Diesbezüglich finden sich im Verwaltungsakt sowie in der angefochtenen Entscheidung keinerlei Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde. Vielmehr wurde hinsichtlich der Prüfung der Voraussetzungen für die Errichtung einer Schlichtungsstelle jegliche Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde unterlassen. Die derzeit vorliegenden Ermittlungen könnten eine abschließende Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auf Errichtung einer Schlichtungsstelle nicht ansatzweise zu tragen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht die Befugnis zur Zurückverweisung der Angelegenheit in Einklang mit der Rechtsprechung in Anspruch nimmt.
Die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst ist nicht im Interesse der Raschheit gelegen, weil nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung mit einem Zeitgewinn verbunden wäre. Es liegt auch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer "erheblichen Kostenersparnis" verbunden wäre. Nicht zuletzt ergeht der h.g. Beschluss auch unter Berücksichtigung des Rechtsschutzinteresses des Beschwerdeführers, dem im Falle einer (im fortgesetzten Verfahren) nicht vollinhaltlich stattgebenden Entscheidung der belangten Behörde über sein Anbringen erneut die Möglichkeit offen stünde, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht zu erheben, zumal den Verwaltungsgerichten (anders als den Höchstgerichten) volle Kognitionsbefugnis auch in tatsächlicher Hinsicht zukommt.
Der Bescheid war aus den dargelegten Erwägungen aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die Errichtung einer Schlichtungsstelle erfüllt sind, und gestützt auf die Ermittlungsergebnisse - nach Gewährung von Parteiengehör - einen neuen Bescheid zu erlassen haben.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Im vorliegenden Beschwerdefall nimmt das Bundesverwaltungsgericht von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG Abstand, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 22). Bei der Ermessensübung war dabei auch ausschlaggebend, dass es der Prozessökonomie und dem Sinn der gesetzlichen Ermächtigung zur Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG jedenfalls entspricht, dass der Aufhebungsbeschluss gefasst wird, wenn sich die grobe Ermittlungslücke bereits aus der Aktenlage und damit noch vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergibt. Die Abstandnahme von der Verhandlung steht diesfalls nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 18.725/2009) auch im Einklang mit dem einschlägigen Grundrecht nach Art. 6 EMRK (und folglich auch dem insofern - zufolge Art. 52 Abs. 3 GRC - mit gleichen Rechtsfolgen ausgestatteten Art. 47 GRC).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 58 AVG und den Voraussetzungen eines mängelfreien Bescheides ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
In den rechtlichen Ausführungen zu Punkt A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im Verfahren vor der belangten Behörde gravierende Ermittlungslücken bestehen. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG wurde auf die aktuelle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (ua. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) Bezug genommen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W216.2116352.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.10.2018