TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/28 W125 2185267-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2018
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Entscheidungsdatum

28.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W125 2185267-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch den Verein Österreichische Flüchtlings- und MigrantInnenhilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2017, Zahl 1156920200/170722917, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.4.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005, § 8 Abs 1 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs 2 Z 2 FPG, § 52 Abs 9 FPG und § 46 FPG sowie § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien, Angehöriger der Volksgruppe der Jat und der Religion der Sikhs zugehörig und stellte am 19.6.2017 den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

2. Er wurde am 20.6.2017 vor Organen der Landespolizeidirektion Niederösterreich erstbefragt; hierbei gab der Beschwerdeführer an, Indien im Dezember 2015 per Flugzeug verlassen zu haben. Zu seiner Reiseroute befragt führte er aus, sich zunächst sechs bis sieben Monate in Georgien aufgehalten zu haben, anschließend jeweils für ein paar Monate in der Türkei, in Griechenland, Serbien und Ungarn.

Als Fluchtgrund brachte er vor, gemeinsam mit anderen Sikhs im Punjab gegen die Beleidigung ihrer Religion durch eine unbekannte Gruppe - diese habe aus dem heiligen Buch des Sikhismus Seiten herausgerissen und auf der Straße verteilt - demonstriert zu haben, wobei die Polizei einige Demonstranten erschossen sowie seine Familie festgenommen habe; anschließend seien er und seine Familie von besagter Gruppe, welche von der Regierung unterstützt werde, mit dem Tod bedroht worden.

3. Nach Führung von Konsultationen mit Ungarn im Dublin-Verfahren teilten die ungarischen Behörden mit, dass sich keine Hinweise auf einen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Ungarn gefunden hätten und sich Ungarn daher als unzuständig erachte. In der Folge wurde das Verfahren in Österreich am 16.10.2017 zugelassen und der Beschwerdeführer am 7.12.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Punjabi niederschriftlich einvernommen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der Beschwerdeführer aus, dass ihr Guru XXXX beschimpft worden sei, woraufhin er und andere Sikhs gegen die Regierung protestiert hätten, da diese nichts unternehme; im Zuge der Demonstration sei es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen und habe diese Anzeige gegen die Demonstranten erstattet. Mitglieder der Hindugesellschaft hätten die Demonstranten mit dem Tod bedroht.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.12.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 19.6.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), diesem gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer ausschließlich persönliche Gründe und somit keine asylrelevante Verfolgung geltend gemacht habe; es wäre vielmehr davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit der Hoffnung auf Migration und Sozialleistungen nach Österreich gereist sei.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 26.12.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass ihm für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt werde.

6. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde der Österreichischen Flüchtlings-und MigrantInnenhilfe vom 24.1.2018, mit der die Entscheidung wegen inhaltlich falscher Entscheidung und mangelhafter Verfahrensführung im vollen Umfang angefochten wurde.

Begründend wurde insbesondere geltend gemacht, dass der Beschwerdeführer in logischer Art ein Bedrohungsszenario vorgebracht habe, das jedenfalls einer genaueren Überprüfung bedurft hätte. Eine Pauschalbegründung dahingehend, das Vorbringen sei unglaubwürdig und von Vornherein nicht asylrelevant, sei keinesfalls ausreichend.

7. Die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 5.2.2018.

8. Am 12.4.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, welche primär anberaumt worden war, weil das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine ausreichenden Feststellungen zur aktuellen Lage in Indien getroffen hatte.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen Verhältnissen, seinem Leben in Indien sowie Österreich und insbesondere zu seinen Fluchtgründen und einer eventuellen Relokationsalternative befragt.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, dass sein Großvater väterlicherseits ein Priester im Sikh-Tempel gewesen sei. Jemand habe das Heilige Buch zerrissen und im Dorf herumgeworfen; er und andere Leute hätten daher am XXXX demonstriert und verlangt, dass die Schuldigen zur Verantwortung gezogen würden. Die Polizei habe auf die Demonstranten geschossen, wobei zwei Freunde des Beschwerdeführers getötet worden seien, und habe viele Leute festgenommen. Die Gegner hätten ihn und andere Demonstranten mit dem Tod bedroht und sei er deshalb geflüchtet; die Polizei und die Regierung seien gegen sie. Auch sein Bruder und sein Vater seien zwischenzeitlich nach XXXX geflüchtet.

Darüber hinaus wurden über die in der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde gelegten hinaus mehrere Berichte zur aktuellen Lage in Indien in das Verfahren eingeführt, mit dem Beschwerdeführer erörtert und ihm Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben. Die aus den Berichten gezogenen Schlussfolgerungen wurden als die entscheidungsrelevanten dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde gelegt.

9. Die in der mündlichen Verhandlung am 12.4.2018 eingeräumte, zweiwöchige Frist zur Vorlage allgemeiner ergänzender Beweismittel (zum Beispiel Aufenthaltskarte oder Asylkarte aus XXXX des Vaters und des Bruders) ließ der Beschwerdeführer ungenutzt verstreichen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Seine präzise Identität steht nicht fest. Er gehört der Volksgruppe der Jat an und bekennt sich zur Glaubensgemeinschaft der Sikh.

Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer in dem Dorf XXXX im Bezirk XXXX im Punjab in Indien. Er besuchte zwölf Jahre lang die Grundschule und arbeitete danach in der elterlichen Landwirtschaft.

In Indien leben noch die Mutter und deren Eltern, zu denen jene inzwischen gezogen ist, zirka dreißig Kilometer vom Heimatort des Beschwerdeführers entfernt. Sein Vater und sein Bruder haben Indien vor ungefähr einem Jahr verlassen und sind dem Vorbringen des Beschwerdeführers folgend nach XXXX gegangen. Dass diese in XXXX aufenthalts- oder asylberechtigt sind, kann mangels Vorliegen von Beweismitteln nicht festgestellt werden. Die Landwirtschaft hat der Vater des Beschwerdeführers kurz vor der Ausreise verpachtet. Ein Onkel väterlicherseits lebt in Kanada.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Er ist jung und arbeitsfähig und verfügt über eine langjährige Grundschulbildung.

In Österreich hält sich der Beschwerdeführer seit Stellung des Antrages auf internationalen Schutz am 19.6.2017 auf. Er lebt mit drei Freunden zusammen, arbeitet als Zeitungszusteller und geht regelmäßig in den Sikh-Tempel; er unterhält freundschaftliche Beziehungen zu Nachbarn. Er hat keine besonderen Deutschkenntnisse vorzuweisen und besucht keinen Deutschkurs, sondern hat nur im Erstaufnahmelager am Deutschunterricht teilgenommen. Am kulturellen oder sozialen Leben in Österreich nimmt der Beschwerdeführer nicht teil.

Der unbescholtene Beschwerdeführer hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte und verfügt auch über keine engen Anknüpfungspunkte wirtschaftlicher Natur.

1.2. Feststellungen zu den vorgebrachten Fluchtgründen

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung nicht zugrunde gelegt.

Festgestellt wird, dass es im Oktober 2015 im Punjab in Indien zu Zwischenfällen gekommen ist, im Zuge derer an verschiedenen Orten das Heilige Buch der Sikh, Guru Grant Sahib, geschändet worden ist, unter anderem durch das Herausreißen von Buchseiten; in der Folge kam es zu Demonstrationen durch Angehörige der Sikh-Religion.

Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den oben festgestellten Protesten individuell verfolgt oder bedroht worden ist und daher Indien aufgrund von religiösen Problemen verlassen hat. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass Bewohner des Nachbardorfes oder andere Akteure zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen sind oder ihn mit dem Tod bedroht haben, weil er demonstriert und verlangt hat, dass die für die Schändung Verantwortlichen verurteilt werden.

Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat oder dass ihm eine solche Verfolgung im Fall einer Rückkehr nach Indien drohen würde.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

1.3. Feststellungen zur Lage in Indien

Indien ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem und ein Rechtsstaat. Mit über 1,2 Milliarden Menschen ist Indien der bevölkerungsreichste Staat der Welt.

Die Sicherheit ist grundsätzlich gewährleistet, die Lage bleibt vor dem Hintergrund zahlreicher schwerer Terroranschläge in den vergangenen Jahren in verschiedenen Landesteilen, insbesondere in den Landesteilen Kaschmir und Jammu, freilich angespannt.

Im Bundesstaat Punjab fanden immer wieder terroristische Anschläge und Menschenrechtsverletzungen statt, laut Auskunft der ÖB Delhi war die Situation zuletzt jedoch in Teilbereichen ruhig. Eine bürgerkriegsähnliche Situation liegt im Punjab jedenfalls nicht vor, es gibt auch aktuell im Unterschied zu anderen Bundesstaaten keine spezifischen Sicherheitswarnungen. Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren aus anderen Unionsstaaten oder Pakistan. Seit den Wahlen im Februar 2017 ist die Kongresspartei die stärkste politische Kraft im Punjab.

Indien verfügt über ein System von Sicherheitskräften, das unter Kontrolle der Regierung steht, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten; die Effektivität der polizeilichen Tätigkeiten ist unterschiedlich.

Gegen polizeiliches Fehlverhalten, wie zum Beispiel Folter oder Amtsmissbrauch, stehen Rechtsmittel zur Verfügung, Fehlverhalten wird geahndet.

Volle Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes ist gewährleistet. Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, sodass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von lokaler Verfolgung. Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern. Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch.

Die Religionsfreiheit ist in der Verfassung garantiert und wird im Allgemeinen auch in der Praxis respektiert. Die Verfassung verbietet Diskriminierung auf religiöser Basis. Es gibt spezielle staatliche Einrichtungen, die Vorwürfe von Diskriminierung aufgrund der Religion untersuchen. Bei Verstößen gegen die Religionsfreiheit können Haft- und Geldstrafen verhängt werden.

Muslime, Sikhs, Christen, Parsis, Janais und Buddhisten gelten als gesetzlich anerkannte Minderheitengruppen unter den religiösen Gruppierungen, deren Vertreter in einer staatlichen nationalen Minderheitenkommission sitzen. Das Gesetz legt fest, dass die Regierung die Existenz dieser religiösen Minderheiten schützt und Konditionen für die Förderung ihrer individuellen Identitäten begünstigt. Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Religionsgruppen werden von der Regierung nicht geduldet. Obwohl es zu religiös motivierten Zwischenfällen kommt, besteht für Anhänger einer religiösen Minderheit keine reale Gefahr einer systematischen Verfolgung.

60% der Bevölkerung in Punjab gehören der Sikh-Religionsgemeinschaft an. Sie leben in ganz Indien und werden wenig bis gar nicht diskriminiert.

Grundsätzlich ist in Indien die Grundversorgung gesichert, einschließlich einer solchen medizinischer Natur.

Die Rückkehr von abgeschobenen Asylwerbern ist - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - problemlos möglich.

2. Beweiswürdigung

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt, einschließlich ständiger Beobachtung der aktuellen Berichterstattung zum Herkunftsstaat Indien, Beweis erhoben. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes über die Beschwerde nach Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.4.2018 die folgenden Erwägungen getroffen:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die präzise Identität des Beschwerdeführers konnte aufgrund fehlender Urkunden nicht festgestellt werden. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab er dazu befragt an, dass er zwar zum Zeitpunkt seiner Ausreise einen Reisepass gehabt habe; diesen habe ihm aber in Griechenland der Schlepper abgenommen und nicht zurückgegeben.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers stützen sich auf seine diesbezüglich nicht zu bezweifelnden (da kohärenten) Angaben im Verfahren sowie auf seine Sprach- und Ortskenntnisse.

Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer gesund ist, beruht auf seinen diesbezüglichen Angaben im Verfahren. Es ergaben sich zu keinem Zeitpunkt Hinweise auf eine physische oder psychische Erkrankung des Beschwerdeführers oder auf eine Behandlungsbedürftigkeit und konnte mangels Erstattung eines diesbezüglichen Vorbringens oder Vorlage medizinischer Befunde nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer an schwerwiegenden Erkrankungen leidet.

Die Feststellung, dass Vater und Bruder des Beschwerdeführers in XXXX nicht aufenthalts- oder asylberechtigt sind, gründet sich auf das Nicht-Vorliegen von Beweismitteln - im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer eine zweiwöchige Frist zur Vorlage ergänzender Beweismittel wie beispielsweise einer Aufenthalts- oder Asylkarte des Vaters oder Bruders aus XXXX eingeräumt; diese Frist ließ der Beschwerdeführer jedoch ungenützt verstreichen.

Die Feststellungen zum Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich und zu seinen Familienangehörigen und Lebensverhältnissen in Indien beruhen auf seinen eigenen und insofern nicht zu bezweifelnden Angaben im Verfahren.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit ist aus einem aktuell eingeholten Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich ersichtlich.

2.2. Zu den vorgebrachten Fluchtgründen

2.2.1. Die Aussage eines Asylwerbers stellt im Verfahren wegen internationalen Schutzes zweifellos das Kernstück dar. Hierbei ist es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Antragstellers, entsprechende, seinen Antrag untermauernde Tatsachenbehauptungen aufzustellen und diese glaubhaft zu machen.

Die entscheidungsbefugte Instanz kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens vor den verschiedenen Instanzen im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängen, dass sie nur der Asylerlangung dienen sollen, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubwürdig können Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH vom 6.3.1996, Zl 95/20/0650).

2.2.2. Im gegenständlichen Verfahren hatte der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit, seine Ausreisegründe darzulegen. Der zur Entscheidung berufene Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes geht aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes sowie aufgrund der am 12.4.2018 vor dem erkennenden Gericht abgehaltenen Beschwerdeverhandlung davon aus, dass dem Beschwerdeführer im Heimatland eine Verfolgung durch private Dritte, die indische Polizei oder Regierung wegen seiner Religion nicht droht; dies aus den nachfolgenden näheren Erwägungen:

2.2.2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass es im Oktober 2015 tatsächlich zu Zwischenfällen im Punjab gekommen ist, im Zuge derer an verschiedenen Orten im Punjab das Heilige Buch der Sikh, Guru Grant Sahib, geschändet worden ist, unter anderem durch das Herausreißen von Buchseiten (Quelle: Wikipedia, 2015 Guru Granth Sahib desecration controversy,

https://en.wikipedia.org/wiki/2015_Guru_Granth_Sahib_desecration_controversy).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, der Befragung vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung dazu ist jedoch nicht gleichbleibend und insgesamt unschlüssig, insbesondere hinsichtlich einer ihn selbst betreffenden Bedrohung im Zusammenhang mit den geschilderten Ereignissen, und daher unglaubwürdig und im gegenständlichen Kontext nicht entscheidungsmaßgeblich.

2.2.2.2. Im Speziellen ist das Vorbringen betreffend die demonstrationsauslösenden Ereignisse nicht schlüssig:

In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, dass das Heilige Buch des Sikhismus im Nachbardorf "beleidigt" worden sei, indem eine unbekannte Gruppe Seiten herausgerissen und auf der Straße verteilt habe.

Demgegenüber führte der Beschwerdeführer in der Befragung vor der belangten Behörde aus, dass die der Sikh-Religion zugehörigen Demonstranten einen Guru namens XXXX hätten, welchen die Dorfbewohner beschimpft hätten. Selbst wenn es sich hinsichtlich des Guru um einen Übersetzungsfehler handeln würde und damit das Heilige Buch Guru Grant Sahib gemeint wäre, ist nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer plötzlich von Beschimpfungen spricht, anstatt vom Herausreißen der Seiten.

In der Verhandlung schließlich legte der Beschwerdeführer dar, dass er Probleme gehabt habe, weil sein Großvater väterlicherseits Priester im Sikh-Tempel gewesen sei. Er gab an: "Die Leute aus dem Sikh-Tempel haben unser heiliges Buch (Grant Sahib) zerrissen und im Dorf herumgeschmissen."

Was genau vorgefallen ist, lässt sich aus diesen Angaben nicht schlüssig entnehmen. Dass der Beschwerdeführer insbesondere aufgrund seiner Verwandtschaft zum Priester des Sikh-Tempel Probleme gehabt habe, hat er erst sehr spät - in der mündlichen Verhandlung -dargelegt.

Bezüglich seines Großvaters führte der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 12.4.2018 aus (Hervorhebungen durch das Gericht):

"Sie geben an, Sie wurden deshalb so besonders bedroht, weil Sie der Enkel des Großvaters sind, obwohl der schon tot war?

BF: Ja. Mein jüngerer Bruder war da. Zwei enge Freunde wurden bei der Demonstration getötet. Die ganze Verantwortung im Sikh-Tempel liegt beim Priester. Der jüngere Bruder war besonders bedroht.

Warum war der jüngere Bruder besonders bedroht wegen des Großvaters?

BF: Sie haben gemeint, dass unsere Familie von dieser Sache wegbleiben soll, sonst würde man einem von der Familie ernsthaften Schaden zufügen.

Warum hat man sich so auf Ihre Familie fokussiert? Sie selbst wollten nicht Sikh-Priester im Tempel werden.

BF: Wir haben die Leute gekannt und die Schuldigen auch persönlich in der Anzeige genannt.

Wer konkret hat die Anzeige gemacht?

BF: Alle, die an der Demonstration teilgenommen haben.

Wenn alle unterschrieben haben, warum gehen sie speziell gegen Sie und Ihren Bruder vor, das scheint ja wenig schlüssig zu sein!?

BF: Ja. Weil mein Großvater der Priester gewesen ist. Wenn unsere Familie dahinter bleibt, würde keine andere vorkommen."

Die Angaben des Beschwerdeführers sind insofern nicht stimmig. Wenn der Großvater des Beschwerdeführers tatsächlich eine solch große Rolle gespielt hätte - entsprechend obigen Ausführung ist jener der Grund, warum von allen Demonstranten, die Anzeige erstattet hätten, gerade der Beschwerdeführer und sein Bruder bedroht worden seien - hätte der Beschwerdeführer dies wohl auch bei den beiden vorangegangenen Befragungen dargelegt, beziehungsweise wäre ein solches Vorbringen unverzüglich zu erwarten gewesen.

Auch beantwortet der Beschwerdeführer die Frage des Richters, warum gerade der jüngere Bruder besonders bedroht worden sei, ausweichend.

2.2.2.3. Nicht nachvollziehbar ist weiters das Vorbringen betreffend die "Gegner" des Beschwerdeführers, also jene Gruppe, die ihn mit dem Tod bedroht haben soll.

In der Erstbefragung gab er nur an, dass die Seiten des Heiligen Buches von einer unbekannten Gruppe herausgerissen worden seien und er "von dieser Gruppe" mit dem Tod bedroht worden sei. Weiters legte er dar: "Diese Gruppe wird von den Politikern und der Regierung unterstützt." Wer genau diese Leute seien, beziehungsweise warum sie von der Regierung unterstützt würden, legte der Beschwerdeführer nicht dar.

In der Befragung vor der belangten Behörde brachte der Beschwerdeführer diesbezüglich vor: "Die Mitglieder der Hindugesellschaft haben uns Demonstranten auch mit dem Tod bedroht."

Dass die Leute, die ihn mit dem Tod bedroht hätten, Mitglieder einer Hindugesellschaft seien, behauptete der Beschwerdeführer nur in dieser Befragung und führte nicht aus, warum die vormals unbekannte Gruppe nunmehr bekannt sei; in der mündlichen Verhandlung erwähnte er von dieser Hindugesellschaft nichts mehr.

Stattdessen legte er in der Verhandlung Folgendes dar:

"[...] Wir haben dort Probleme gehabt, weil mein Großvater väterlicherseits ein Priester im Sikh-Tempel gewesen war. Die Leute aus dem Sikh-Tempel haben unser Heiliges Buch (Grant Sahib) zerrissen und im Dorf herumgeschmissen. [...] Dann haben die Leute, die diese Demonstration organisiert haben, angefangen uns zu bedrohen, dahingehend dass sie diese Demonstranten töten werden. Meine Familienangehörigen und andere Leute unserer Gemeinde haben mir nahe gelegt von dort wegzugehen, weil mich diese Leute sicher töten werden. [...]"

Dieses Vorbringen ist - betreffend die Drohung seitens der Organisatoren der Demonstration, die Demonstranten zu töten - zunächst in sich widersprüchlich. Aber auch für den Fall, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Übersetzung falsch verstanden worden wäre, bleibt schwer nachvollziehbar, warum er in der Verhandlung nun vorbrachte, dass die Seiten des Buches "durch Leute aus dem Sikh-Tempel" herausgerissen worden seien, zugleich aber angab, gerade aufgrund seiner Verwandtschaft zu dem Sikh-Priester aus diesem Tempel aus den übrigen Angehörigen der Sikh-Religion, welche Anzeige erstattet hätten, hervorzustechen und deshalb bedroht zu werden.

Wenig stimmig dazu stellt sich auch das später in der Verhandlung erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers dar, dass Bewohner des Nachbardorfes zu ihm nach Hause gekommen wären; diese hätten gewusst, dass er im Sikh-Tempel aktiv sei und gegen sie demonstriert und verlangt habe, dass die Schuldigen verurteilt würden. Diese Bewohner hätten gewollt, dass er nicht länger verlange, dass jene verurteilt würden.

Die Menschen, die den Beschwerdeführer bedroht haben sollen, beschrieb dieser nunmehr in der Verhandlung als "Leute aus dem Sikh-Tempel" sowie "Bewohner des Nachbardorfes" (gegenüber einer unbekannten Gruppe in der Erstbefragung und einer Hindugesellschaft in der Befragung vor der belangten Behörde).

Der Beschwerdeführer bringt überdies nie vor, dass es sich bei seinen Verfolgern um staatliche Organe oder staatlichen Organen zurechenbare Akteure handeln würde.

2.2.2.4. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zeigt sich sohin sowohl hinsichtlich der demonstrationsauslösenden Ereignisse als auch hinsichtlich seiner Verfolger nicht gleichbleibend und schlüssig und ist daher insgesamt unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer an den Protesten teilgenommen hat und unter allen teilnehmenden und Anzeige erstattenden Demonstranten besonders im Fokus der Gegner gestanden und deshalb von diesen bedroht worden ist.

Durch die aufgezeigten Unstimmigkeiten in der Erzählung des Beschwerdeführers wirkt es nicht glaubhaft, dass dieser die geschilderten Ereignisse tatsächlich wie dargelegt erlebt hat.

2.2.2.5. Auch die Schilderung in der Verhandlung, wonach die Gegner den Beschwerdeführer zu Hause aufgesucht hätten, widerspricht diesbezüglich früher getätigten Aussagen und ist das Vorbringen hinsichtlich dieser Drohungen daher nicht glaubhaft. In der Verhandlung brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor:

"Sie haben vorher auch erwähnt, Ihr Bruder hat Probleme gehabt. Können Sie das näher schildern?

BF: Die Gegner wollten uns Schaden zufügen. Deshalb sind sie einmal bis zweimal zu uns nach Hause gekommen und haben Probleme gemacht.

[...]

Wann sind die Gegner zu Ihnen nach Hause gekommen?

BF: 2017 sind sie zweimal bis dreimal zu uns nach Hause gekommen."

Der Beschwerdeführer bringt also zuerst vor, dass die Gegner einbis zweimal bei ihm zu Hause gewesen seien; dann, dass dies im Jahr 2017 zwei- bis dreimal der Fall gewesen wäre.

Demgegenüber hatte der Beschwerdeführer in der Befragung vor der belangten Behörde noch - entsprechend nachfolgendem Auszug aus dem Einvernahmeprotokoll - angegeben:

"F: Wie ist der Kontakt mit Ihrer Familie jetzt?

A: Wir telefonieren. Sie wissen nicht, wie es meinem Bruder geht. (AW weicht aus)

Frage wird wiederholt

A: Die Gegner waren nicht bei uns zu Hause und haben nicht nach mir gefragt.

F: Dann wäre ja eigentlich alles in Ordnung zu Hause?

A: Ja."

Dieses Vorbringen korreliert nicht dem in der Verhandlung erstatteten. Es ist angesichts des regelmäßigen Kontaktes des Beschwerdeführers zu seiner Familie - er gab an, mit dieser zu telefonieren - zu erwarten, dass er auch bei der Einvernahme am 7.12.2017 schon gewusst hätte, dass die Gegner zu ihm nach Hause gekommen seien. Insbesondere gab er in dieser Einvernahme an, dass auch sein Bruder bereits auf der Flucht sei.

Sollten die Gegner den Beschwerdeführer also nicht in dem kurzen, zwischen der Einvernahme und dem Ende des Jahres 2017 verbleibenden Zeitraum daheim aufgesucht haben, ist nicht nachvollziehbar, warum er vor der belangten Behörde ausdrücklich erklärte, dass die Gegner nicht bei ihm zu Hause gewesen seien; in der Verhandlung jedoch davon sprach, dass die Gegner im Jahr 2017 ein- bis zweimal respektive zwei- bis dreimal bei ihm zu Hause gewesen seien.

Überdies ist die Aussage des Beschwerdeführers, die Gegner hätten ihn zu Hause aufgesucht und "Probleme gemacht", sehr vage und erläuterte er dieses Vorbringen nicht näher.

2.2.2.6. Festzuhalten ist schließlich, dass der Beschwerdeführer zweimal selbst angab, in Indien schwer eine seinem Bildungsniveau angemessene Arbeit zu finden und damit in seinem Heimatland bestehende wirtschaftliche Schwierigkeiten vorbrachte. Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, sofern sie dieses Vorbringen als nicht in Zusammenhang mit den ursprünglich dargelegten Fluchtgründen stehend feststellt und daher Zweifel an der Glaubwürdigkeit der geschilderten Bedrohung hegt.

2.2.3. Angesichts des im Asylverfahren/Verfahren wegen internationalen Schutzes gültigen Maßstabes für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit, vgl nur EGMR 24.6.2014 Rs 17200/11 S.B. against Finland: "The Court acknowledges that, owing to the special situation in which asylum seekers often find themselves, it is frequently necessary to give them the benefit of the doubt when it comes to assessing the credibility of their statements and the documents submitted in support thereof. However, when information is presented which gives strong reasons to question the veracity of an asylum seeker's submissions, the individual must provide a satisfactory explanation for the alleged discrepancies (see, among other authorities, Collins and Akasiebie v. Sweden (dec.), no 23944/05, 8 March 2007, and Matsiukhina and Matsiukhin v. Sweden (dec.), no 31260/04, 21 June 2005)", ist zusammenfassend festzuhalten, dass die dargestellten Umstände die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers so massiv in Zweifel ziehen, dass sein Vorbringen zu den Fluchtgründen den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden konnte.

Das erkennende Gericht kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Angaben des Beschwerdeführers nicht geeignet sind, die von ihm behauptete Verfolgung seiner Person glaubhaft zu machen, zumal er keine schlüssige Verfolgungssituation schildern konnte und unter anderem in seinem Heimatland bestehende wirtschaftliche Schwierigkeiten erwähnte. Ebenso ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer aus den von ihm vorgebrachten Gründen um sein Leben fürchtet oder zu fürchten hätte oder ihm eine unmenschliche Behandlung durch private Dritte, die indische Polizei oder die Regierung droht.

2.3. Zur Lage in Indien

Die Feststellungen zu den entscheidungsrelevanten Aspekten der Situation in Indien, welche diesem Erkenntnis zugrunde liegen, ergeben sich aus einer Gesamtschau nachfolgender in der mündlichen Verhandlung vom 12.4.2018 mit dem Beschwerdeführer erörterter Quellen:

* Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juli 2017)

* Auswärtiges Amt, Reise- und Sicherheitshinweise zu Indien (Stand April 2018)

* BBC News India country profile (January 2018)

* Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Indien (Stand 09.01.2017, Aktualität zuletzt überprüft am 21.12.2017)

* Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformationsblatt Republik Indien (2016)

* Human Rights Watch, World Report 2018

* India 2016 International Religious Freedom Report

* ÖB New Delhi, Indien Asylländerbericht (Stand Oktober 2017)

* UK Home Office, Country Information and Guidance, India: Religious minority groups (April 2015)

* US Department of State, India 2016 Human Rights Report, März 2017

* aktuelle Medienberichte / Informationen aus dem Internet (zB Wikipedia, Hindustan Times) zu Wahlen im Punjab am 04.02.2017 und nachfolgende politische Entwicklungen

Der Beschwerdeführer hat die Richtigkeit der entsprechenden seitens des Gerichtes getroffenen Feststellungen und der daraus gezogenen Feststellungen nicht bestritten, sondern in der mündlichen Verhandlung dazu stellungnehmend festgehalten, dass die Beurteilung der Situation in Indien richtig sei. Er habe dort eine gut gehende Landwirtschaft; es sei aber schwierig, als gut gebildeter Mensch eine adäquate Beschäftigung zu finden.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer den getroffenen Feststellungen nicht entgegengetreten, sondern hat diese im Gegenteil bestätigt.

Das Vorbringen, dass die Regierung ebenso gegen die Sikhs sei wie dadurch bedingt die Polizei und deshalb untätig geblieben wäre, widerspricht den in der Verhandlung getroffenen Feststellungen zur aktuellen Lage in Indien und erweist sich im Übrigen als so unkonkret, dass keine weiteren Ermittlungsschritte dadurch ausgelöst werden.

In der Verhandlung führte der Beschwerdeführer aus:

"BF: Wenn die Polizei für uns gewesen wäre, hätten sie schon die Beschuldigten festgenommen und bei Gericht angezeigt. Es sind fast 3 Jahre vergangen.

Was ist der Grund, warum die Polizei so gegen Sie ist? Sind sie korrupt oder politisch motiviert?

BF: Die Regierung war gegen die Leute, die die Anzeige erstattet haben.

Welche Regierung? Die Regierung im Punjab?

BF: Die Polizisten und die höheren Beamten waren alle für unsere Gegner gewesen.

RI wiederholt die Frage.

BF: Die Regierung im Punjab.

Der jüngste Regierungswechsel im Punjab hat da auch keine Auswirkungen gehabt?

BF: Nein. Die Leute sind ja noch immer nicht verhaftet worden."

Gemäß den in der Verhandlung getroffenen Feststellungen gelten Sikhs als eine gesetzlich anerkannte Minderheitengruppe. Zwar kommt es zu religiös motivierten Zwischenfällen, gewalttätige Auseinandersetzungen werden aber von der Regierung nicht geduldet und besteht für Anhänger einer religiösen Minderheit insbesondere keine reale Gefahr einer systematischen Verfolgung.

Diesen Feststellungen ist der Beschwerdeführer durch seine Ausführungen nicht substantiiert entgegengetreten. Die tatsächlich stattgefunden habenden, notorischen Ereignisse (siehe zu den Feststellungen unter II.1.2. sowie den Quellen unter II.2.2.2.1.) weisen keinen konkreten Bezug zum Beschwerdeführer auf und ist auch vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen nicht erkennbar, dass die indischen Behörden die für die Schändungen Verantwortlichen unterstützen würden.

2.4. Innerstaatliche Fluchtalternative

Im Übrigen stünde es dem Beschwerdeführer - vollständigkeitshalber erwähnt - jedenfalls auch offen, sich der vorgebrachten Gefährdungssituation durch Umzug an einen anderen Ort in Indien, konkret nach Neu Delhi oder Mumbai, zu entziehen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht schlüssig zu entnehmen, dass er Verfolgung in ganz Indien zu befürchten hätte.

Gegen eine landesweite Verfolgung spricht auch, dass die Mutter in ein nur dreißig Kilometer entferntes Dorf gezogen ist und dort offenbar dem Vorbringen des Beschwerdeführers folgend keiner existenzbedrohenden Gefährdung ausgesetzt ist.

Dem erwerbsfähigen Beschwerdeführer wäre es selbst außerhalb seiner engeren Heimat und ohne unmittelbare familiäre Anknüpfungspunkte möglich, zumindest zunächst durch Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt zu sichern (siehe zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers unter II.1.1.); später eventuell im Hinblick auf seine langjährige Ausbildung durch eine seinem Bildungsstand entsprechenden Arbeit. Der Beschwerdeführer hat auch zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar behauptet, die Verfolgung würde ihm im gesamten Land drohen beziehungsweise konnte er keinen plausiblen Grund dafür nennen, weshalb gerade er in einem anderen Teil Indiens nicht vor Verfolgung sicher sein sollte.

Mit seinen Ausführungen, dass man nicht in Indien bleiben könne, wenn die Regierung gegen einen sei, und es schwierig sei, sich in Indien eine neue Existenz aufzubauen, ist der Beschwerdeführer den Feststellungen zur Möglichkeit einer Relokationsalternative nicht substantiiert entgegengetreten.

Zusammenfassend folgert der Schluss des Verweises auf eine Schutzalternative in eventu aus den Bezug habenden länderkundlichen Quellen, wonach volle Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet ist, es kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem gibt und davon auszugehen ist, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art auch von halbstaatlichen Probleme entziehen können da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Verfahrensbestimmungen

Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich in seiner Entscheidung verfahrensrechtlich insbesondere auf §§ 1, 7 Abs 1 Z 1, 16 Abs 6, 18 Abs 7 BFA-VG, § 6 BVwGG sowie §§ 1, 17, 27, 28, 58 Abs 2 VwGVG.

Da gegenständlich der maßgebliche Sachverhalt mit Durchführung der Beschwerdeverhandlung am 12.4.2018 vollständig erhoben worden ist und somit feststeht, lagen gemäß § 28 Abs 2 VwGVG die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vor.

3.2. Zu Spruchteil A) Spruchpunkt I des gegenständlichen Erkenntnisses

Mit der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bekämpft und richtet sich daher gegen die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides.

3.2.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.2.1.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

3.2.1.2. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt wurde, kommt dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zu und ist es ihm im gesamten Verfahren nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Auch vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Indien kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung drohen würde.

3.2.1.3. Darüber hinaus würde dem Beschwerdeführer auch bei teilweiser Wahrunterstellung seines Vorbringens hinsichtlich der Bedrohung und das Aufsuchen zu Hause durch seine Gegner keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention drohen, weil diese Verfolgung entsprechend den Angaben des Beschwerdeführers nicht staatlichen Stellen zurechenbar wäre; es handelte sich dabei lediglich um eine Verfolgung durch private Dritte (siehe unter II.2.2.2.3.). Denn auch bei teilweiser Wahrunterstellung jedenfalls unrichtig ist - entsprechend den herangezogenen Länderfeststellungen - das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die private Gruppe der "Gegner" durch die Regierung unterstützt werde oder deren Handlungen dulde; es besteht sohin kein Zusammenhang zwischen dem Agieren der "Gegner" und staatlichen Stellen irgendeiner Art.

Dazu wurde unter II.2.3. ausgeführt, dass religiös motivierte gewalttätige Auseinandersetzungen von der Regierung nicht geduldet werden und für Anhänger einer religiösen Minderheit keine reale Gefahr einer systematischen Verfolgung besteht.

3.2.1.4. Schließlich ist für den Fall des (teilweisen) Zutreffens der Angaben des Beschwerdeführers über vergangene tatsächliche Geschehnisse entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in eventu darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer jedenfalls eine Relokationsalternative in andere Landesteile zur Verfügung steht (siehe dazu im Speziellen die beweiswürdigenden Erwägungen unter II.2.4.). Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, ist nach den Angaben des Beschwerdeführers insbesondere nicht davon auszugehen, dass er landesweit gesucht oder existenzbedrohend verfolgt würde.

3.2.1.5. Die Beschwerde war somit aus den dargelegten Gründen gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abzuweisen.

3.2.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

3.2.2.1. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (VwGH, 21.2.2017, 2016/18/0137).

Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH, 30.1.2018, Ra 2017/20/0406).

3.2.2.2. Wie die Beweiswürdigung ergeben hat, ist das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer ihn selbst betreffenden Verfolgungsgefahr unglaubwürdig, weshalb auf Grund des konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers auch keine derartige individuelle Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG 2005 erkannt werden kann.

Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine sonstigen ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 8 AsylG 2005 bedroht wäre.

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, wonach Art 3 EMRK der Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine Lebensgrundlage im Herkunftsstaat entgegenstehen würde.

Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, der zufolge die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der in Indien aufgewachsen ist, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geriete.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen erwerbsfähigen Mann (siehe zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers unter II.1.1.), dem es im Falle einer Rückkehr zugemutet werden, das zum Überleben Notwendige durch eigene Arbeit zu bestreiten, allenfalls (zunächst) durch Gelegenheitsarbeiten.

Sollte der Beschwerdeführer kurzfristig nicht dazu in der Lage sein, seine Existenz zu sichern, so ist davon auszugehen, dass für ihn die Möglichkeit bestünde, Unterstützung durch seine Mutter und deren Eltern, die sich nach wie vor in Indien aufhalten, zu erhalten. Der Beschwerdeführer gab an, regelmäßigen Kontakt zu seiner Mutter zu haben und ist daher davon auszugehen, dass ein Kontakt im Fall einer Rückkehr nach Indien ebenso herzustellen wäre.

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für den Beschwerdeführer kann somit nicht erkannt werden. Ziel des subsidiären Schutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Bedrohungen zu geben.

Sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten, sind im gegenständlichen Verfahren weder hervorgetreten, noch wurde ein derartiges Abschiebehindernis vorgebracht.

Es ergibt sich kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers nach Indien zu einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Darüber hinaus ist wiederum (siehe unter II.3.2.1.4.) für den Fall des (teilweisen) Zutreffens der Angaben des Beschwerdeführers in eventu auf die Möglichkeit einer Relokationsalternative zu verweisen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. war somit aus den dargelegten Gründen gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 abzuweisen.

3.2.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

3.2.3.1. Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG nicht seit mindestens einem Jahr geduldet ist, sein Aufenthalt nicht zur Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist und der Beschwerdeführer nicht Opfer von Gewalt wurde oder eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können, ist eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs 1 AsylG nicht von Amts wegen zu erteilen.

3.2.3.2. Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde, der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger von Indien kein begünstigter Drittstaatsangehöriger ist und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt, weil mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet, war vom Bundesamt gemäß § 52 Abs 2 FPG unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

3.2.3.3. Zu prüfen ist gemäß § 9 BFA-VG, ob durch die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird.

Hierbei hat eine Abwägung nach den in § 9 Abs 2 BFA-VG demonstrativ aufgezählten Kriterien zu erfolgen.

3.2.3.4. Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren durchgängig vor, über keine Familienangehörigen im Bundesgebiet zu verfügen.

Ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers ist daher jedenfalls zu verneinen.

3.2.3.5. Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht und im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/01/0479 argumentiert, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [... ] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist im Fall des Beschwerdeführers, der sich seit Dezember 2017 - sohin noch nicht einmal annähernd drei Jahre - in Österreich aufhält, anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz ist, um ein schützenswertes Privatleben zu begründen (vgl auch VwGH vom 15.3.2016, Ra 2016/21/0040, VwGH vom 30.6.2016, Ra 2016/21/0192, VwGH vom 23.2.2017, Ra 2016/21/0235 und VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0188).

3.2.3.6. Der Beschwerdeführer stellte am 19.6.2017 den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seitdem in Österreich auf. Eine besonders fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers kann seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erkannt werden.

Der Beschwerdeführer brachte vor, im Bundesgebiet Zeitungen zu verteilen, mit drei Freunden zusammen zu wohnen und regelmäßig in den Sikh-Tempel zu gehen sowie freundschaftliche Beziehungen zu ein paar Nachbarn zu unterhalten. Er besucht keinen Deutschkurs und hat keine besonderen Deutschkenntnisse vorzuweisen.

Darin kann ein gewisser Grad der sozialen Integration erkannt werden. Im Hinblick auf die kurze Aufenthaltsdauer von eineinhalb Jahren ist entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht anzunehmen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers stattfindet. Geht man dennoch davon aus, dass unter Abwägung der in § 9 Abs 2 BFA-VG demonstrativ aufgezählten Umstände diese Integration trotz der kurzen Aufenthaltsdauer stark genug ist, um ein schützenswertes Privatleben zu begründen und folglich durch die Erlassung der Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird, so ist weiters die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes zu prüfen. Auch im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung würde keine Entscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers ergehen:

Dabei ist eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen erforderlich. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Der Beschwerdeführer durfte sich bislang nur aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz im Bundesgebiet aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).

Der Beschwerdeführer hat sein Leben bis zu seiner Ausreise im Herkunftsstaat Indien verbracht, ist dort aufgewachsen, hat zwölf Jahre lang die Schul

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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