TE Bvwg Beschluss 2018/8/28 L516 1424737-3

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Veröffentlicht am 28.08.2018
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Entscheidungsdatum

28.08.2018

Norm

AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L516 1424737-3/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.07.2018, IFA: XXXX, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, stellte am 25.01.2012 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Instanzenzug vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 05.06.2012, E10 424737-1/2012/5E, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisung erlassen. Jene Entscheidung des Asylgerichtshofes erwuchs am 13.06.2012 in Rechtskraft.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 11.02.2014 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Instanzenzug vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17.08.2016, L519 1424737-2/9E, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Jene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs mit Zustellung an den Beschwerdeführer am 23.08.2016 in Rechtskraft.

3. Der Beschwerdeführer stellte am 09.03.2017 einen dritten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 25.04.2017, Zahl GF: 13-820112807 VZ: 170302748-EAST Ost, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde (Spruchpunkt I); gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer erneut eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei wobei keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkte II und III). Diese Entscheidung des BFA wurde am 26.04.2017 durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 10.05.2017 in Rechtskraft.

4. Am 09.12.2017 stellte der Beschwerdeführer den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden vierten Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er am 10.12.2017 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie zunächst am 27.12.2017 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

5. Das BFA veranlasste eine Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.01.2018 durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, die dazu am 15.01.2018 eine "Gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren" verfasste. Das BFA übermittelte diese Stellungnahme mit Schreiben vom 17.01.2018 dem Beschwerdeführer und dieser gab dazu mit Schriftsatz vom 24.01.2018 eine Äußerung ab.

6. Das BFA forderte den Beschwerdefüher mit Schreiben vom 28.02.2018 dazu auf, sämtliche Befunde und Beweismittel zu seinem Fluchtvorbringen vorzulegen und der Beschwerdeführer brachte mehrere ärztliche Dokumente in Vorlage.

7. Am 10.07.2018 wurde der Beschwerdeführer vom BFA niederschriftlich einvernommen.

8. Am 17.07.2018 legte der Beschwerdeführer dem BFA weitere ärztliche Dokumente vor.

9. Das gegenständliche Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

10. Das BFA wies mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 19.07.2018 den Antrag gemäß § 68 Abs 1 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides) und hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides) wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Das BFA sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI) und erließ gegen den Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 53 Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII). Mit Verfahrensanordnung wurde vom BFA gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren amtswegig eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt.

11. Gegen diesen am 24.07.2018 zugestellten Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 14.08.2018.

12. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte der Aktenlage nach am 21.08.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der Beschwerdeführer begründete einen ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 25.01.2012 zusammengefasst damit, dass er in seinem Heimatdorf Probleme mit Mitgliedern der Muslim League gehabt habe. Er selbst sowie seine gesamte Familie, Vater, Geschwister, Onkel, Tanten, seine Mitglieder der PPP gewesen. Im Jahr 2007 habe es im Dorf Dorfratswahlen gegeben und seine Familie und er seien vor diesen Wahlen von den Mitgliedern der Muslim League bedroht worden. Im Jahr 2008 seien sie nach den Parlamentswahlen vom 18.02.2008 auch von jenen verprügelt worden, auch der Beschwerdeführer. Leute von der Muslim League Noon Partei seinen zu ihnen nach Hause gekommen und hätten sie attackiert. Ein Dorfbefwohner namens XXXX, der zum Dorfrat gewählt worden sei, sei sein Feind geworden. Der Beschwerdeführer habe dabei auch einen Bauchstich erhalten und ihm sei das linke Bein gebrochen worden. Er sei dann nach Lahore, wo er sich seit 2008 versteckt gehalten habe. Seine gesamte Familie sei bedroht gewesen, aber nur er habe sich dann zur Ausreise entschlossen.

Der Asylgerichtshof erachtete im ersten Verfahren mit näherer Begründung das Vorbringen des Beschwerdeführers zu dessen vorgebrachten Ausreisegrund für nicht glaubhaft und führte aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege und eine Ausweisung im Falle des Beschwerdeführers keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle (AsylGH Erkenntnis vom 05.06.2012, E10 424737-1/2012/5E). Jene Entscheidung des Asylgerichtshofes erwuchs am 13.06.2012 in Rechtskraft.

1.2. Der Beschwerdeführer begründete den zweiten Antrag auf internationalen Schutz vom 11.02.2014 zusammengefasst damit, dass er nach Abschluss seines ersten Verfahrens im Oktober 2013 nach Pakistan zurückgekehrt sei, da alle seine Probleme gelöst worden seien. Er habe dann jedoch seine damalige Frau am 08.12.2013 mit einem Mann namens XXXX beim Sex erwischt, habe diesen mit einer Pistole angeschossen und werde nun von XXXX und dessen Brüdern XXXX und XXXX mit dem Umbringen bedroht. Er habe zudem am 18.12.2013 beim Bezirksgericht XXXX die Scheidung von seiner Frau eingereicht und werde deshalb von seinen reichen Schwiegereltern bedroht, deren Wille es sei, dass er wieder mit seiner Frau zusammenlebe. Er werde nicht von der Polizei gesucht, da keine Anzeige erstattet worden sei. Er sei in Pakistan nicht politisch aktiv gewesen und sei auch nicht Mitglied einer Partei gewesen. Er habe sich bis 20.01.2014 in Pakistan aufgehalten, sei von 08.02.2014 bis 10.02.2014 in Italien gewesen und dann von Italien wieder nach Österreich.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete zweiten Verfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit näherer Begründung das Vorbringen des Beschwerdeführers zu dessen vorgebrachten Ausreisegrund für nicht glaubhaft, ging zudem - für den Fall der Wahruntersstellung - vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sowie der Schutzfähigkeit und -willigkeit der pakistanischen staatlichen Stellen aus und führte aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege und eine Rückkehrentscheidung im Falle des Beschwerdeführers keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle (BVwG Erkenntnis vom 17.08.2016, L519 1424737-2/9E). Jene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs mit Zustellung an den Beschwerdeführer am 23.08.2016 in Rechtskraft. Eine dagegen erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 09.11.2016, Ra 2016/19/0260-4, zurückgewiesen.

1.3. Der Beschwerdeführer führte zur Begründung des dritten Antrages auf internationalen Schutz vom 09.03.2017 zusammengefasst aus, dass er zuletzt in Pakistan von September/Oktober 2013 bis Jänner 2014 gewesen sei und von Jänner 2014 bis 10.02.2014 in Italien gewesen sei. In seinem Heimatdorf sei seine Familie die einzige sunnitische Familie, der Rest des Dorfes seien Schiiten. Seit ungefähr vier Monaten sei seine Familie aufgrund der Religion von einer schiitischen Familie misshandelt und verfolgt worden. Sein Bruder sei von jenen vergiftet und dadurch getötet worden. Die restliche Familie sei nach Dubai geflohen. Er sei von jener Familie gesucht und mit dem Tode bedroht worden. Er habe schon Probleme mit jener Familie gehabt, bevor er Pakistan verlassen habe. Er könne deshalb derzeit nicht nach Pakistan zurück. Diese Änderung seiner Fluchtgründe sei ihm seit ungefähr September 2016 bekannt. Jene Familie habe eine falsche Anzeige gegen ihn erstattet und er könne bald eine Kopie der Anzeige besorgen.

Das BFA wies jenen Antrag wegen entschiedener Sache zurück und begründete dies zusammengefasst damit, dass das neue Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei und sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht geändert habe; gleichzeitig führte das BFA aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege und eine Rückkehrentscheidung im Falle des Beschwerdeführers keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle (Bescheid des BFA vom 25.04.2017). Diese Entscheidung des BFA wurde am 26.04.2017 durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 10.05.2017 in Rechtskraft.

1.4. Zu seinem verfahrensgegenständlichen vierten Antrag vom 09.12.2017 führte der Beschwerdeführer zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass

1) er im April 2017 aus Österreich ausgereist und über mehrere Länder nach Pakistan zurückgekehrt sei, ehe er von dort wieder nach Österreich eingereist sei und er nach dieser vorgebrachten Rückkehr in Pakistan

2) für acht Tage in der Polizeistation XXXX in Haft gewesen sei, es auf dem Weg zu einer Verurteilung gewesen sei und er auch einige Male zu Gericht geladen worden sei aber ja von dort geflohen sei;

3) von den politischen Leuten festgenommen und sehr arg geschlagen und mit dem Umbringen bedroht worden sei;

4) auch die Polizei hinter ihm her sei;

5) sein Zuhause beschossen worden sei, als er da letzte Mal zu Hause gewesen sei, man verucht habe, ihn umzubringen;

6) er von ihnen nackt geschlagen und ausgezogen worden sei und man ihm einen mit Gewürzen beschmierten Schlagstock in seinen Hintern hineingeschoben habe, sodass er einige Tage krank gewesen sei;

7) der Onkel väterlicherseits gewollt habe, dass der Beschwerdeführer dessen Tochter heirate und nach der Ablehnung durch den Beschwerdeführer der Onkel sich mit den Politikern zusammengeschlossen habe und veranlasse, dass der Beschwerdeführer nicht im Dorf leben könne ;

8) er vom Bruder von seiner Ex-Frau und ihrem Onkel mütterlicherseits sehr viel geschlagen worden sei;

9) der Bruder seiner Stiefmutter es auf das Hab und Gut des Beschwerdeführers abgesehen habe;

10) eine Auseinandersetzung zwischen Sunniten und Schiiten im Dorf gebe;

11) der Bruder des Beschwerdeführers im März 2017 getötet worden sei

.

(Niederschriften vom 10.12.2017, 27.12.2017 und 10.07.2018)

1.5. Das BFA traf im angefochtenen Bescheid zu den Gründen für den neuen Antrag auf internationalen Schutz die Feststellung, der Beschwerdeführer habe keinerlei neuen Fluchtgründe vorgebracht bzw keine aussagekräftigen Beweismittel in das nunmehrige Verfahren eingebracht, welche die Glaubwürdigkeit bekräftigen würden und das nunmehrige Vorbringen sei ebenfalls nicht glaubhaft (Bescheid S 33) und gelangte zu dieser Feststellung aufgrund folgender wörtlicher Beweiswürdigung (Bescheid S 103 ff; Hervorhebungen und Orthografie im Original):

"In nunmehrigen Asylverfahren brachten Sie keine Gründe vor, warum Sie nicht nach Pakistan zurück könnten.

Der Feststellung wurde Ihr Vorbringen im Erstverfahren sowie Ihr nunmehriges Vorbringen zugrunde gelegt.

Sie haben während Ihres gesamten Verfahrensverlaufs in Ihren vorherigen Asylverfahren die Möglichkeit gehabt Ihre Fluchtgeschichte ausreichend zu schildern und die Wahrheit zu sagen, nachdem Sie behauptet haben, Sie hätten bereits in der Erstbefragung 2017 / Einvernahme 2017 dieses Vorbringen bereits vorgebracht, aber diesbezüglich keine Entscheidung erhalten.

Sie hatten sogar eine ergänzende Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs.

Sie steigerten Ihr Fluchtvorbringen.

Ihr Vorbringen aus dem früheren Verfahren - im Wesentlichen bezüglich politische Aspekte, familiäre Streitigkeiten und insbesondere das Vorbringen den Geliebten Ihrer Ex-Ehefrau angeschossen zu haben - halten Sie aufrecht. Über dieses wurde bereits rechtskräftig negativ abgesprochen. Auch in II. Instanz.

Somit bauen Sie Ihre Fluchtgründe im gegenständlichen Fall in modifizierter Form auf jene im Erstverfahren auf, über das bereits in 2. Instanz rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Ergo ist dies wie auch u.a. nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter asyl- bzw. refoulementrelevanter Sachverhalt festgestellt werden.

Es kann von der ho. Behörde nicht festgestellt werden, dass Sie in Pakistan jemals verurteilt worden sind und/ oder Gefahr einer Verfolgung durch den Staat ausgesetzt sind bzw. waren.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie tatsächlich aus dem Bundesgebiet ausgereist sind.

Eine alleinige Abmeldung von Ihrer Wohnadresse bzw. untertauchen in die Anonymität beweisen noch keine Ausreise.

Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Asylwerber tatsächlich bestehende Verfolgung wider besseren Wissens verschweigt, da man von einer Person, welche tatsächlich im Herkunftsstaat Verfolgung erfahren hätte bzw. solche befürchten würde, erwarten müsste, dass sie ein derartig wichtiges Faktum nicht dermaßen leichtfertig in jenem Staat verschweigt, von dem sie sich Schutz erwartet und obendrein noch bewusst falsche Angaben machen würde, indem sie wissentlich fälschlich eine diesbezügliche Frage seitens des befragenden Organs wahrheitswidrig verneint.

Gerade von einem juristischen Laien muss vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine solche Person über das Asylrecht in allen Einzelheiten nicht im Vorhinein informiert ist, davon ausgegangen werden, dass ein solcher Mensch im Bestreben, seine Position im Asylverfahren nicht zu gefährden, auf eine Frage seitens der Asylbehörde nach dem Bestehen eines nicht unwesentlichen Sachverhaltselements spontan und freiwillig wahrheitsgemäß beantwortet, anstatt diesen besseren Wissens zu verschweigen, weil es auch einem juristischen Laien aus seiner Wissenssphäre notorisch erkennbar ist, dass wahrheitswidrige Angaben die Glaubwürdigkeit im Asylverfahren und somit seine Position im Asylverfahren beeinträchtigen. Es ist daher gerade von einer solchen Person zu erwarten, dass sie von sich heraus auch aus der Laiensphäre betrachtet am Verfahren mitwirkt und wahrheitsgemäß über tatsächlich Geschehenes bereitwillig Auskünfte erteilt. (vgl. auch UBAS 300.443-2/3E-XVIII/58/08)

Die Feststellung, dass Sie im gegenständlichen Verfahren keinen nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens neu entstandenen und asylrelevanten Sachverhalt vorgebracht haben, ergibt sich aus Ihren Angaben im gesamten Verwaltungsverfahrensakt.

Es ist ganz offensichtlich, dass Sie gegenständlichen Asylantrag nur stellten, um einer Abschiebung zu entgehen bzw. um Ihren Aufenthalt in Österreich damit legalisieren zu können.

Mit Ihrem nunmehrigen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

Diese Behauptungen sind aufgrund folgender Überlegungen nicht glaubhaft:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass es für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind (vgl. VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304).

Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Ihr lediglich in den Raum gestelltes Vorbringen, welches sich weder be- noch widerlegbar darstellt, ist zudem keiner Verifizierung zugänglich. Es wäre sehr wohl in Ihrer Sphäre gelegen, zumindest Anstrengungen dahingehend zu unternehmen, konkretere Informationen zu den handelnden Personen zu eruieren oder dem Bundesamt ohne Verzug die o.a. Sachverhalte mitzuteilen.

Nachdem Sie nicht einmal diese Minimalerfordernisse einer Mitwirkung erfüllt haben und dadurch nicht einmal ansatzweise eine Überprüfbarkeit Ihres Vorbringens möglich ist, kann Ihren lediglich in den Raum gestellten Behauptungen kein besonderes Gewicht beigemessen werden. Die von Ihnen aufgestellten Behauptungen erfüllen somit in keinster Weise die vom Verwaltungsgerichtshof für eine Glaubhaftmachung erforderliche "zumutbare" Mitwirkung Ihrerseits im Verfahren. Die heutigen Angaben zu den Umständen Ihres Fluchtgrundes bauen auf Ihr früheres Fluchtvorbringen auf.

So behaupteten Sie seit Erstantragstellung Österreich bereits zwei Mal verlassen zu haben.

Sie haben bis dato keine Beweismittel eingebracht die nur ansatzweise eine Aus- bzw. Einreise oder gar einen Aufenthalt im Herkunftsstaat beweisen würden.

Des Weiteren brachten Sie bereits in Ihrem zweiten Asylverfahren vor, den Liebhaber Ihrer Ex Ehefrau angeschossen zu haben und daraufhin geflüchtet zu sein.

Nun brachten Sie vor, die Situation hätte sich angeblich gelöst bzw. es hätte eine Versöhnung gegeben-deshalb sind Sie nach Hause zurückgekehrt, brachten trotzdem vor, aufgrund desselben Umstandes Ihr Heimatland verlassen zu haben. Sie steigerten Ihr Fluchtvorbringen indem Sie angegeben haben, ein Bruder von Ihnen wäre im Jahr 2017 vergiftet worden.

Wie sich aus Ihrem Einvernahmen ergibt haben Sie dies Vorbringen bereits mehrmalig geschildert und es musste festgestellt werden, dass über diese Thematik im Sinne des Fluchtvorbringens bereits mehrmalig rechtskräftig negativ abgesprochen wurde.

Sie haben keinen neuen Fluchtgrund vorgebracht.

Sie haben es wiederum nicht geschafft der Behörde glaubwürdig eine Verfolgung darzulegen.

Vielmehr geht die Behörde davon aus, dass Sie Ihr Heimatland aus Privaten- und wirtschaftlichen Gründen verlassen haben.

Nachdem Sie vorgebracht haben, angeblich keine Entscheidung von Ihrem letzten Asylverfahren erhalten zu haben, wurde Ihnen bei Ihrem

4. Antrag auf internationalen Schutz ausreichend Gelegenheit geboten, Ihr Vorbringen zu schildern.

Nach einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren das in Ihren Angaben keine glaubwürdigenden Anknüpfungspunkte oder Hinweise für eine individuelle Verfolgung erkennbar waren.

Auch ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass private Probleme bzw. Schwierigkeiten objektiv nicht dazu geeignet sind die Flüchtlingseigenschaft zu begründen.

Dem Prinzip der normativem Vergewisserung und dem Gedanken des 2. Erwägungsgrundes der Präambel folgend erscheint es zulässig, die Beweislast bei Behauptung einer Verletzung der EMRK durch eine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat tendenziell zu Lasten des Drittstaatsangehörigen zu verschieben, wie dies etwa durch § 5 Abs 3 AsylG 2005 erfolgt ist und in diesem Zusammenhang höhere Anforderungen an die Darlegungspflicht der behaupteten individuellen Gefährdung zu stellen als in anderen Fällen, sofern dies etwa durch eine frei zugängliche rechtliche Beratungsmöglichkeit (wie das Institut der Rechtsberatung nach österreichischem Recht) abgestützt ist.

(Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin-II-VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte; Autor: Christian Filzwieser; migraLex 2007, 18).

Im Sinne der vorstehenden Ausführungen ist anzumerken, dass Sie dem Anspruch der geforderten und zumutbaren Beweislastdarlegung im gegenständlichen Verfahren in keinster Weise entsprochen haben. Aufgrund des gesamten vorliegenden Sachverhaltes und aufgrund der Unglaubhaftigkeit des gesamten Vorbringens kann somit nicht festgestellt werden, dass Ihnen im Falle der Rückverbringung nach Pakistan eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte droht.

Im nunmehrigen Asylantrag haben Sie offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt.

Die vorgebrachten Gründe, warum es Ihnen nun nicht mehr möglich wäre, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, sind somit nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter asyl- bzw. refoulementrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Werden nur Nebenumstände modifiziert, so wie in diesem Fall, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl, zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057).

Insgesamt wurde Ihr Vorbringen im Erstverfahren vom Bundesverwaltungsgericht als nicht gänzlich der Wahrheit entsprechend bzw. als nicht asylrelevant angesehen.

Weiters ist noch darauf zu verweisen, dass Sie im Zuge des nunmehrigen Verfahrens keine Beweismittel vorgelegt haben, die zu einem abweichenden Verfahrensergebnis führen könnten.

Der bloß allgemeine Hinweis auf in der Vergangenheit erhaltene Informationen kann nicht als neu entstandenes Beweismittel gewertet werden. Es liegen nämlich keinerlei Aufzeichnungen über diese Informationen vor und kann daher nicht nachvollzogen werden, ob der behauptete Sachverhalt tatsächlich zutreffend ist.

Darüber hinaus ist explizit festzuhalten, dass Sie sich in der Einvernahme explizit auf Ihr früheres Fluchtvorbringen berufen. Ihr Vorbringen bleibt weiterhin unglaubhaft.

Dies entspricht auch den Feststellungen und der Würdigung durch das BVwG im Erstverfahren.

In der Gesamtbetrachtung kann die erkennende Behörde sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass Ihre Angaben im gegenständlichen keinen glaubhaften Kern aufweisen und der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.

Mangels Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wird voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen.

Ihr Vorbringen ist für die Behörde weiterhin nicht glaubhaft.

Glaubhaft wäre, dass Sie Ihr Heimatland aufgrund Privater - und wirtschaftlicher Gründe verlassen haben.

Sie haben die Möglichkeit gehabt Beweismittel einzubringen bzw. welche zu besorgen/ nachzureichen.

In weiterer Folge haben Sie keinerlei realen Fluchtgründe vorgebracht, sondern vielmehr wurde festgestellt, dass Sie zusammenfassend keine konkrete Verfolgung darzustellen vermochten.

Somit dient Ihr gesamtes Vorbringen im Wesentlichen dazu eine Besserstellung Ihres Verfahrens zu erwirken.

Ihr gesamtes Vorbringen in diesem Verfahren was Ihre ehemaligen Fluchtgründe für die Antragstellung betrifft wurde bereits in Ihrem Erstverfahren überprüft und als unglaubhaft eingestuft.

Sie haben keinerlei neuen Fluchtgründe vorgebracht bzw. haben Sie keine aussagekräftigen Beweismittel in Ihr nunmehriges Verfahren eingebracht, die Ihre Glaubwürdigkeit bekräftigen würde.

Bei einer Rückkehr in die Heimat wären Sie keiner Gefahr ausgesetzt.

Die Feststellung, dass Sie im gegenständlichen Verfahren keinen nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens neu entstandenen und asylrelevanten Sachverhalt vorgebracht haben, ergibt sich aus Ihren Angaben im gesamten Verwaltungsverfahrensakt.

Es ist ganz offensichtlich, dass Sie gegenständlichen Asylantrag nur stellten, um Ihren Aufenthalt in Österreich damit legalisieren zu können.

Auch haben Sie die Möglichkeit sich in einem anderen Teil des Landes niederzulassen.

Mit Ihrem 2. Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

Denn nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Vorbringen insbesondere auch dann nicht als glaubwürdig anzusehen, wenn dieses im Laufe des Instanzenzuges gesteigert wird (VwGH v. 7.12.1988, 88/01/0276,0284, VwGH v. 2.2.1994, 93/01/1035 auch VwGH vom 10.10.1996, ZI 96/20/0361; vgl. auch VwGH vom 17.6.1993, ZI 92/01/0776, vom 30.6.1994, ZI 93/01/1138, oder vom 19.5.1994, ZI 94/19/0049). Aufgrund der gleichen Interessenslage muss dies auch bei Ihnen angenommen werden.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass Sie im gegenständlichen Verfahren keinen nach Rechtskraft des Erstverfahrens neu entstandenen Sachverhalt vorgebracht haben und Ihr nunmehr erstattetes Vorbringen unglaubhaft ist, nachdem sich dieses als lediglich auf Behauptungen gestützt darstellt. Ihrem Vorbringen kommt im gegenständlichen Verfahren hinsichtlich der aktuell vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen auch kein glaubhafter Kern zu.

Insgesamt liegt somit kein Sachverhalt vor, welcher die Führung eines neuerlichen inhaltlichen Asylverfahrens erforderlich machen würde."

2. Beweiswürdigung

2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz, aus den Gerichtsakten des Asylgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes zum Vorverfahren sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zum gegenwärtigen Beschwerdeverfahren, konkret aus den in den Akten befindlichen Niederschriften und aus dem angefochtenen Bescheid, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden konkreten Quellen bzw Aktenseiten (AS) angeführt sind.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Stattgabe der Beschwerde gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG und Behebung des bekämpften Bescheides

§ 68 AVG

3.1. Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Allgemein zur entschiedenen Sache gem § 68 Abs 1 AVG

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts hat nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Rechtsmittelverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

§ 21 Abs 3 BFA-VG

3.3. Gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint (Satz 2). Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen (Satz 1).

3.4. Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren

3.4.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen unter Beachtung der zuvor zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

3.4.2. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), im vorliegenden Fall somit das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.08.2016, L519 1424737-2/9E, welches am 23.08.2016 rechtskräftig geworden ist.

3.4.3. Das BFA beschränkt die Begründung seiner Entscheidung (siehe im Detail dazu oben, II.1.5.) neben allgemeinen Ausführungen zusammengefasst im Wesentlichen auf seine Argumentation, wonach der Beschwerdeführer seine Fluchgründe in modifizierter Form auf ein Vorbringen stütze, das er bereits im Vorverfahren erstattet habe und über welches bereits entschieden worden sei.

Zu der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rückkehr nach Pakistan im Jahr 2017 führte das BFA aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer tatsächlich aus dem Bundesgebiet ausgereist sei, eine alleinige Abmeldung von seiner Wohnadresse bzw Untertauchen in die Anonymität beweise noch keine Ausreise und der Beschwerdeführer habe bis dato keine Beweismittel eingebracht, die nur ansatzweise eine Aus- bzw. Einreise oder gar einen Aufenthalt im Herkunftsstaat beweisen würden. Eine Auseinandersetzung mit der Schilderung des Beschwerdeführers zu Reiseweg und Reisezeitraum unterließ das BFA. Damit lässt das BFA jedoch im Ergebnis offen, ob es die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Pakistan mit anschließender Wiedereinreise nach Österreich im Jahr 2017 für glaubhaft erachtet oder nicht. Der bloße Verweis auf die Nichtvorlage von Beweismitteln ist dazu nicht hinreichend.

Soweit das BFA - im Rahmen der Beweiswürdigung - noch ausführte, dass private Probleme bzw. Schwierigkeiten objektiv nicht dazu geeignet seien die Flüchtlingseigenschaft zu begründen, ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer unter anderem eine Verfolgung von politischen Gegnern und Schiiten behauptete. Zu Fragen des Vorliegens einer innerstaatlichen Schutzalternative oder von staatlichen Schutzmöglichkeiten, wie sie noch vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 17.08.2016 thematisiert wurden, wurde der Beschwerdeführer bisher nicht befragt.

3.4.4. Fallbezogen hat der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren einige Ereignisse behauptet, die nach Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.08.2016, L519 1424737-2/9E, geschehen sein sollen; (siehe im Detail oben, II.1.4.).

Das BFA unterließ mit seiner Vorgangsweise eine individuelle beweiswürdigende Auseinandersetzung mit den konkreten vom Beschwerdeführer behaupteten neuen Ereignissen. Dieses neue Vorbringen wäre vom BFA im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daraufhin zu überprüfen gewesen, ob dieses einen "glaubhaften Kern" aufweise oder nicht. Dass das neue Vorbringen dabei in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den im Erstverfahren nicht geglaubten Behauptungen stand, ändert an diesem Umstand nichts. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der behaupteten neuen Tatsachen argumentativ von Bedeutung sein, macht eine Beweiswürdigung des neuen Vorbringens aber nicht von vornherein entbehrlich (vgl VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025).

3.4.5. Im Ergebnis wurde insoweit eine - ordnungsgemäße - Prüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren auf das Vorliegen eines "glaubhaften Kerns" vom BFA unterlassen und dem Bundesverwaltungsgericht ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erlaubt, diesen Mangel selbst zu beheben (vgl VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025).

3.4.6. Der Beschwerde ist daher gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG stattzugeben und der angefochtene - im Zulassungsverfahren ergangene - Bescheid ist aufzuheben. Das Verfahren ist somit zugelassen.

3.4.7. Das BFA wird im fortzusetzenden Verfahren das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete Parteivorbringen - im gegenständlichen Fall somit die Beschwerdeausführungen - sowie allfällig zwischenzeitig vorgelegte Beweismittel zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass getätigte Angaben ergänzt bzw vervollständigt werden. Das BFA wird nach den dazu zweckmäßigen Ermittlungsschritten das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer - schlüssigen und individuellen - Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen zu haben, wobei vom Beschwerdeführer dabei neu behauptete Geschehnisse - und auch seine Rechtfertigung für den Zeitpunkt seines Vorbringens - vom BFA individuell und schlüssig daraufhin zu überprüfen sein werden, ob diese einen "glaubhaften Kern" aufweisen oder nicht.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.5. Aufgrund der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B)

Revision

3.6. Da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist, ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

3.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Befragung, Behebung der Entscheidung, Beweiswürdigung, geänderte
Verhältnisse, Verfahrensführung, Vorbringen, Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L516.1424737.3.00

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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