TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/29 W256 2144148-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.08.2018
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Entscheidungsdatum

29.08.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W256 2144148-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX auch XXXX , geboren am XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20. Dezember 2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19. Jänner 2018, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 16. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Am 18. September 2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt (wortwörtlich wiedergegeben) folgendes an: "Vor eineinhalb Jahren war ich in Kabul und habe dort gearbeitet, als ich von einem Dorfbewohner meines Dorfes erfahren habe, dass mein Vater erschossen worden ist.

Daraufhin habe ich mit meiner Mutter telefoniert, welche mir sagte:

Ich solle aus Afghanistan fliehen. Mein Vater hat keine Feindschaft gehabt. Deswegen weiß ich nicht, warum ich fliehen habe müssen."

Über Auftrag der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer am 27. November 2015 einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für medizinische Begutachtung in Asylverfahren vorgestellt, der beim Beschwerdeführer zum Untersuchungszeitpunkt anhand einer multifaktoriellen Untersuchung ein Mindestalter von 18,3 Jahren und damit einen Unterschied zu dem von ihm angegebenen Alter von 2,91 Jahren errechnete. Zusammenfassend erbrachte die beim Beschwerdeführer durchgeführte Befunderhebung ein spätmöglichstes fiktives Geburtsdatum mit XXXX .

Unter Zugrundelegung des zitierten Gutachtens wurde das Geburtsdatum des Beschwerdeführers mit Verfahrensanordnung der belangten Behörde vom 1. Februar 2016 mit XXXX festgesetzt.

Der Beschwerdeführer wurde am 1. Dezember 2016 durch die belangte Behörde einvernommen. Dabei führte er zu seinem Fluchtgrund befragt ergänzend aus, die Taliban hätten ihn regelmäßig für eine verpflichtende Teilnahme am "heiligen Kampf" in der Moschee seines Heimatdorfes angeworben. Als junger Mann habe sich der Beschwerdeführer zwar betroffen gefühlt, jedoch nicht kämpfen wollen. Daraufhin habe er nicht mehr die Moschee besucht und sei er nach Kabul ausgereist. Nach seiner Abreise hätten die Taliban seine Eltern zuhause aufgesucht und nach dem Verbleib des Beschwerdeführers gefragt. Etwa zwei Monate nach seiner Ankunft in Kabul hätten diese den Vater des Beschwerdeführers entführt und anschließend getötet. Etwa fünf Tage später sei er in den Iran ausgereist. Auch sein Bruder, XXXX , habe Afghanistan mittlerweile aus denselben Gründen verlassen müssen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan fürchte er von den Taliban getötet zu werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Eine Rückkehr nach Ghazni sei zwar nicht zumutbar, jedoch könne er sich erneut nach Kabul begeben. Aufgrund des kurzen Aufenthalts in Österreich und seiner privaten Situation kann nicht von einer nachhaltigen Integration, die schwerer als das öffentliche Interesse an der Effektuierung der negativen Asylentscheidung wiegen würde, ausgegangen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, die Weigerung sich den Taliban anzuschließen resultiere in der Regel in der Unterstellung, eine den Taliban feindliche Gesinnung zu haben. Die Taliban würden überdies befürchten, dass sich andere Jugendliche aus der Region des Beschwerdeführers ein Beispiel an diesem nehmen und ebenfalls eine Flucht wagen würden. Daher würden sie ein Exempel an dem Beschwerdeführer statuieren wollen. Bei einer Rückkehr würde er keinen ausreichenden Schutz durch den afghanischen Staat erfahren. Auch wäre der Beschwerdeführer in einem anderen Teil Afghanistans aufgrund der weitreichenden Vernetzung der Taliban in großer Gefahr und sei Verfolgungsfreiheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht gegeben. Rückkehrer, die über keinerlei soziales Auffangnetz verfügen, seien selbst in Kabul einer besonderen Gefährdung ausgesetzt. Zusätzlich legte der Beschwerdeführer u.a. zwei Teilnahmebestätigungen von Alphabetisierungskursen vor.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde den Parteien u.a. das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 2. März 2017, zuletzt aktualisiert am 27. Juni 2017 und der EASO Bericht zu den Rekrutierungsstrategien der Taliban vom Juli 2012 zum Parteiengehör übermittelt.

Mit Schreiben vom 5. Jänner 2018 legte der Beschwerdeführer diverse Kursbestätigungen in Kopie vor.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch die erkennende Richterin in der gegenständlichen Rechtssache am 19. Jänner 2018 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und im Beisein der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt. Dabei führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er sei gesund, jedoch leide er an Schlafstörungen und habe er insofern bereits zwei Mal einen Arzt aufgesucht. In diesem Zusammenhang wurde vom Beschwerdeführer eine Bestätigung über den Besuch einer Allgemeinmedizinerin am 15. Jänner 2018 vorgelegt. Der insofern ergangenen Aufforderung von Seiten des Gerichts, den diesbezüglichen Befund als Beleg seines Vorbringens (Krankheit und Medikation) innerhalb einer Frist von einer Woche dem Gericht vorzulegen, ist der Beschwerdeführer bislang nicht nachgekommen. In Bezug auf sein Fluchtvorbringen brachte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergänzend vor, im Falle einer Rückkehr würden ihn die Taliban als Spion ansehen und töten und verwies er diesbezüglich auf Medienberichte von zwei jungen Rückkehrern, die von den Taliban als Geheimagenten angesehen und getötet worden seien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person

Der Beschwerdeführer besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit (OZ 1 AS 9, AS 107, Verhandlungsschrift Seite 7).

Er hat im Zuge der Erstbefragung als sein Geburtsdatum den XXXX angegeben (AS 9). Im Rahmen des Verfahrens wurde das Geburtsdatum des Beschwerdeführers aufgrund einer Altersfeststellung mit XXXX festgesetzt (AS 81).

Er wurde in Afghanistan, in der Provinz Ghazni im Distrikt XXXX im Dorf XXXX geboren und ist er dort aufgewachsen. Die letzten zwei Monate vor seiner Ausreise aus Afghanistan im Jahr 2014, hat er in Kabul gelebt. Er ist danach gemeinsam mit seinem Onkel mütterlicherseits, XXXX , in den Iran ausgereist. Nach einem Aufenthalt von ungefähr einem Jahr, ist der Beschwerdeführer schlussendlich nach Europa aufgebrochen (Verhandlungsschrift Seite 5 f).

Seine Kernfamilie besteht aus seiner Mutter, seiner Schwester und seinen drei Brüdern XXXX , XXXX und XXXX . Bis auf seinen Bruder XXXX , leben diese nach wie vor im Heimatdorf des Beschwerdeführers (Verhandlungsschrift Seite 8).

Der heute ungefähr 17 bis 18-jährige XXXX hat das Heimatdorf frühestens ein Jahr nach der Ausreise des Beschwerdeführers verlassen (AS 9 und Verhandlungsschrift Seite 8). Sein Bruder XXXX ist ungefähr um zwei Jahre jünger als sein Bruder XXXX (AS 13 und Verhandlungsschrift Seite 8).

Der Beschwerdeführer verfügt auch über zwei Onkel mütterlicherseits in Ghazni, welche Grundstücke besitzen und von deren Bewirtschaftung leben.

Die Mutter des Beschwerdeführers erwirtschaftet den Lebensunterhalt der Familie durch den Verkauf von Joghurt (Verhandlungsschrift Seite 10). Die finanzielle Situation seiner Familie ist mittelmäßig (Verhandlungsschrift Seite 11). Im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan würde die Familie den Beschwerdeführer durch Geldüberweisungen finanziell unterstützen (Verhandlungsschrift Seite 11).

Der Beschwerdeführer spricht Dari und Paschtu (OZ 1 AS 107; Verhandlungsschrift Seite 7).

Er hat in Afghanistan keine Schule besucht. Der Beschwerdeführer hat in Kabul als Verkäufer und im Iran als Bauarbeiter gearbeitet (Verhandlungsschrift Seite 7).

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, gesund und arbeitsfähig.

Er ist seit seiner Antragsstellung am 16. September 2015 im Bundesgebiet aufhältig (OZ 1 AS 9). Zudem ist er strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterauszug vom 23. August 2018).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über zwei Onkel mütterlicherseits, XXXX , wobei mit diesen Verwandten keine aufrechte Wohngemeinschaft und keine - über einen allgemeinen Kontakt hinausgehende - Bindung besteht (OZ 1 AS 109; Verhandlungsschrift Seite 12, 19).

Der Beschwerdeführer verbringt seinen Alltag in Österreich damit, einen Deutschkurs zu besuchen und Fußball zu spielen. Er nimmt auch an Festen, die vom XXXX veranstaltet werden, teil (Verhandlungsschrift Seite 12).

Er hat freundschaftliche Kontakte (Verhandlungsschrift Seite 13).

Er hat bereits einen Alphabetisierungskurs und sonstige Deutschkurse besucht. Auch nimmt er derzeit an einem Deutschkurs für A1 teil. Deutschprüfungen hat er bislang noch keine abgelegt (Schreiben vom 5. Jänner 2018; Verhandlungsschrift Seite 12). Der Beschwerdeführer hat für die Caritas ehrenamtlich gearbeitet, indem er bei Umzügen mitgeholfen oder Räume geputzt hat (Verhandlungsschrift Seite 13).

Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 23. August 2018).

zur Lage in Afghanistan

zur Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten.

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes.

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben. Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht.

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften. Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen.

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern.

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen; dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt.

zur Sicherheitslage in Ghazni

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Ghazni 1.292 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im Vergleich zum vorigen Berichtszeitraum wurden Veränderungen der Sicherheitslage in Ghazni festgehalten; gleichwohl sind die Gewinne der Taliban in diesen Teilen des Landes minimal und unbeständig. Im Dezember 2016 verlautbarte der CEO Afghanistans den baldigen Beginn militärischer Spezialoperationen in den Provinzen Ghazni und Zabul, um Sympathisanten des Islamischen Staates und Talibanaufständische zu vertreiben.

Ghazni zählt zu den volatilen Provinzen in Südostafghanistan, wo regierungsfeindliche aufständische Gruppen in den verschiedenen Distrikten aktiv sind und regelmäßig Operationen durchführen. Die Bevölkerung der Provinz kooperiere bereits mit den Sicherheitskräften. Ein Mitglied des Provinzrates verlautbarte, dass sich die Sicherheitslage verbessern könnte, wenn die Polizei mit notwendiger Ausrüstung versorgt werden würde.

In der Provinz werden regelmäßig Militäroperationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien, auch in Form von Luftangriffen. Es kommt zu Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften. Unter anderem wurden Taliban Kommandanten getötet.

zur Sicherheitslage in Kabul

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren. Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren. Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen.

Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen.

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt. Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet. Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt.

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden.

zur Erreichbarkeit von Kabul

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan - Internationaler Flughafen Kabul:

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen. Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt.

Zur Zwangsrekrutierung durch die Taliban

Zwang oder die sogenannte Zwangsrekrutierung zählen zu den Mechanismen bzw. Faktoren, die bei der Anwerbung zum Einsatz kommen. Allerdings sollte bei einer Definition zwischen den unterschiedlichen Akteuren, die daran beteiligt sein können, unterschieden werden.

Familienmitglieder oder nahe Verwandte können Zwang gegenüber einem Angehörigen ausüben, damit er sich den Kämpfern anschließt. Wirtschaftliche, religiöse und weitere Faktoren können eine Familie dazu bringen, eines ihrer jungen männlichen Familienmitglieder für die Taliban-Truppen zur Verfügung zu stellen oder in eine Madrassa zu schicken, wo sie ebenfalls rekrutiert werden können. Aber auch Stammes- oder Gemeinschaftsvorstehen könnten im Falle einer Gruppenmobilisierung zur Unterstützung der Taliban Zwangsmaßnahmen gegen Familien oder Einzelpersonen ergreifen. Als Gründe, warum sich Teile der Bevölkerung den Aufständischen anschließen, werden Loyalität gegenüber dem alten Taliban-Regime, wirtschaftliche Anreize, Machtkämpfe mit Staatsbediensteten, Fehden mit anderen Gemeinschaften sowie Rachegefühle aufgrund willkürlicher Tötungen durch ausländische Soldaten, genannt.

Zwangsrekrutierungen durch Militärkommandeure, Führungspersönlichkeiten oder Kämpfer der Taliban (d. h. Fälle, in denen Einzelpersonen oder ihre Familien direkt angesprochen und zur Teilnahme gezwungen werden, weil ihnen im Falle der Weigerung Vergeltung oder Gewaltanwendung angedroht werden) sind als Ausnahmen zu betrachten. Beispiele für diese Ausnahmefälle gibt es nach vorliegenden Informationen in Helmand, Kunduz, Kunar, Regionen in Pakistan und in Urusgan. Häufig werden auch die Gebiete genannt, in denen diese Ausnahmefälle auftreten: in Regionen unter ausgeprägtem Einfluss oder vollständiger Kontrolle der Taliban und in Bereichen, in denen soziale und staatliche Schutzstrukturen nicht funktionieren, wie in Flüchtlingslagern und Lagern für Binnenvertriebene.

In einigen Quellen werden Argumente aufgeführt, die gegen eine Zwangsrekrutierung sprechen: Die Taliban wollen die Bevölkerung nicht gegen sich aufbringen und verfügen über eine ausreichende Zahl von Freiwilligen, so dass Zwang nicht notwendig ist.

Zur Zwangsrekrutierung von Minderjährigen

Unicef ist besorgt über die Rekrutierung von Kindern für den bewaffneten Konflikt in Afghanistan. Im Jahr 2010 erklärte die Organisation, dass Kinder als Spione und Informanten, zum Transport von Sprengstoff oder zur Durchführung von Selbstmordanschlägen rekrutiert würden. Von der Anwerbung Minderjähriger durch verschiedene bewaffnete Gruppen in Afghanistan und Pakistan berichten mehrere Quellen. Gruppen von Aufständischen rekrutieren Minderjährige als Kämpfer, Informanten, Wächter oder sogar als Selbstmordattentäter. Fälle von Zwangsrekrutierungen werden überwiegend aus dem Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan gemeldet. Kinder können von Aufständischen am leichtesten in Gebieten rekrutiert werden, in denen zurückgekehrte Flüchtlinge und Binnenvertriebene leben und keine schützenden sozialen Strukturen bestehen.

Das Islamische Emirat Afghanistan (Quetta Shura der Taliban) gab eine Erklärung zu der Behauptung ab, dass die Quetta Shura die Rekrutierung von Kindern zulasse. Dabei wird auf Artikel 69 des Verhaltenskodexes verwiesen: "Es besteht ein Verbot für die Unterbringung von Jugendlichen an Orten, an denen sich Mudschaheddin aufhalten, und in militärischen Zentren." Weiter heißt es, dass kein Bedarf an der Rekrutierung von Kindern bestehe, da es mehr als genug erwachsene Kämpfer gebe. Die Rekrutierung von Kindern würde überdies gegen die Scharia verstoßen, und Kinder seien nicht fähig, ernsthafte Militärschläge auszuführen. Das Kriterium zur Bestimmung des Minderjährigenstatus ist der Bartwuchs. Dieses Kriterium ist offenbar bei den Taliban allgemein anerkannt, entspricht aber natürlich nicht dem Maßstab der Vollendung des 18. Lebensjahres.

Ein Kommandeur der Taliban in den pakistanischen Stammesgebieten unter Bundesverwaltung äußerte sich zu seinen Rekruten wie folgt:

"Die Jungen wollen bei uns mitmachen, weil ihnen unsere Waffen gefallen. Am Anfang benutzen sie keine Waffen. Sie tragen sie nur für uns. (...) Die Kinder bei uns sind fünf, sechs und sieben Jahre alt." In der Tat gibt es Berichte über die Rekrutierung von erst fünf Jahre alten Kindern. Es kommt häufig vor, dass Kinder bereits in sehr jungen Jahren an Kampfhandlungen beteiligt sind.

Laut Auskunft eines kanadischen Kommandeurs wurde (2010) von einem Einheimischen im Bezirk Panjwai in der Provinz Kandahar in Erfahrung gebracht, dass er sogar acht Jahre alte Jungen für das Auslegen von Sprengfallen auf Straßen und in der Nähe von kanadischen Stellungen rekrutierte.

zur Versorgungslage allgemein

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im "Human Development Index" (HDI) den 171. von 188 Plätzen. Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt.

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist. Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können.

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten. Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig. Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe.

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden.

Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken.

Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens' Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie Zufriedenheit zu steigern und Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren.

zur medizinischen Versorgung

Medizinische Versorgung ist in den staatlichen Spitälern, inklusive Medikamente, frei. Die staatlich geförderten Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar, und müssen somit bei privaten Apotheken von den atient/innen selbst bezahlt werden. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinscher Versorgung und Medikamenten.

Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Herat, Mazar-e Sharif und Kandahar.

zur Versorgung mit Wohnraum

In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden.

zu den Erhaltungskosten

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt.

zum Bankensystem in Afghanistan

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist einfach in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird nach folgendem fragen: Tazkira/ (Personalausweis/Pass); 2 Passfotos und AFA 1,000 bis 5,000 als Mindestkapital für das Bankkonto.

Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv:

Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, Alfalah Bank Ltd., Bank-E-Millie Afghan, BRAC Afghanistan Bank, Development Bank of Afghanistan, Export Promotion Bank, Habib Bank of Pakistan, Kabul Bank, National Bank of Pakistan, Pashtany Bank, Punjab National Bank - India, The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank. Zu deren Leistungen zählen: Internationaler Geldtransfer via SWIFT (Society For World Wide Interbank Funds Transfer), inländische Geldtransfers in Afghanistan, diverse Kreditprodukte und andere Handelsleistungen, sowie Sparen und Girokonten.

Internationaler Geldtransfer via SWIFT ist seit 2003 über die Zentralbank verfügbar. Auch kommerzielle Banken bieten derzeit internationalen Geldtransfer an, manche nutzen eigene Möglichkeiten, andere greifen auf die Ressourcen der Zentralbank zurück. Die Zentralbank kann die Nachfrage des Bankensektors nach Bargeld in afghanischer Währung sowie in US Dollar bedienen. Um Geld nach Afghanistan zu überweisen, müssen die Betroffenen ein Konto in Afghanistan haben. Die Zentralbank beabsichtigt, sich vom kommerziellen Bankgeschäft zurückzuziehen, da die kommerziellen Banken ihre Tätigkeiten in Afghanistan ausbauen. Die Zentralbank kann Überweisungen und andere Bankdienstleistungen in den Provinzen in ganz Afghanistan gewährleisten. Geldtransferanbieter wie Western Union sind ebenfalls weit verbreitet.

zur Situation im Falle einer Rückkehr

Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern.

Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben.

Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.

Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren.

UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc.

Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden.

Im September 2016 suchten die Vereinten Nationen um 152 Millionen US Dollar an, um lebensnotwendige Hilfe für Internvertriebenen, nicht-dokumentierten Rückkehrer/innen und registrierten Flüchtlingen bieten zu können. Von den zugesagten 42 Millionen US Dollar wurden 40,2 Millionen US Dollar bereits entgegengenommen. Somit stand die gesamte humanitäre Unterstützung für Afghanistan im November 2016 bei 401 Millionen US Dollar.

2. Beweiswürdigung:

1. zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, seiner Herkunft, seinen Sprachkenntnissen und seinem Aufenthalt in Afghanistan und im Iran ergeben sich aus seinen diesbezüglichen gleichbleibenden und glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei, weshalb das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls keine Veranlassung sieht, daran zu zweifeln.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, wonach er gesund sei (AS 106 und Verhandlungsschrift Seite 4). Dass der Beschwerdeführer wegen Schlafstörungen in ärztlicher Behandlung stehe bzw. eine solche benötige, konnte vom Beschwerdeführer trotz ausdrücklicher Aufforderung von Seiten des erkennenden Gerichts nicht nachgewiesen werden. Allein die Vorlage einer Bestätigung über einen Arztbesuch vermag darüber keinen geeigneten Aufschluss geben.

Die Feststellungen zu seiner Familie ergeben sich aus den eigenen im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln (AS 13, AS 110 und Verhandlungsschrift Seite 8).

Die Feststellung, dass der Bruder des Beschwerdeführers XXXX derzeit ungefähr 17 oder 18 Jahre alt ist und sein Bruder XXXX um ungefähr 2 Jahre jünger als XXXX ist, ergeben sich aus den eigenen diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Erstbefragung und der Befragung vor dem erkennenden Gericht (AS 13 und Verhandlungsschrift Seite 8).

Die Feststellung, dass XXXX Afghanistan frühestens ungefähr ein Jahr nach der Ausreise des Beschwerdeführers aus Afghanistan verlassen hat, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Erstbefragung am 18. September 2015, wonach sein Bruder zu dieser Zeit noch in Afghanistan aufhältig gewesen ist. Dass er im Zuge der Erstbefragung zu seinen Brüdern - wie von ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht behauptet - gar nicht befragt worden sein soll, ist angesichts der dabei sogar erfolgten namentlichen Nennung der Brüder unter gleichzeitiger Angabe ihres Alters - wie im Ersteinvernahmeprotokoll vermerkt - nicht glaubhaft.

Die Feststellung, dass die Familie den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr finanziell unterstützen kann, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsschrift Seite 11: "R: Würden Sie finanzielle Unterstützung durch Ihre Familie bzw. Ihre sonstigen Angehörigen im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan erhalten? BF:

Zwei Afghanen wurden aus dem Iran in mein Heimatdorf abgeschoben und wurden dann getötet. Wie soll ich da zurückkehren. R wiederholt die Frage. BF: Ja, ich würde finanzielle Unterstützung bekommen, aber ich möchte nicht zurückkehren. Ich habe dort keine finanziellen Schwierigkeiten.").

Die Feststellung seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen zu seinem Leben und seiner Integration in Österreich ergeben sich aus seinem diesbezüglichen Vorbringen in Zusammenhalt mit den vorgelegten Bestätigungen.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer zu seinen in Österreich lebenden Verwandten keinen engen Kontakt hat, ergibt sich aus seinen Aussagen im behördlichen und im gerichtlichen Verfahren. Darin führte er aus, dass er mit diesen nicht zusammenwohne und lediglich über einen Internetzugang in Kontakt stehe (Verhandlungsschrift Seite 12, 19). Eine darüberhinausgehende Beziehung bzw. Unterstützung wurde nicht behauptet bzw. sogar ausdrücklich ausgeschlossen, sodass auch von keinem Abhängigkeitsverhältnis auszugehen war (Verhandlungsschrift Seite 19).

2. zu den Nichtfeststellungen in Bezug auf individuelle gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohungen in Afghanistan:

Die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung durch die Taliban aufgrund einer verweigerten Zwangsrekrutierung konnte nicht plausibel und damit auch nicht glaubhaft gemacht werden.

Der Beschwerdeführer brachte dazu selbst vor, dass er schon immer in der Moschee zur Zusammenarbeit mit den Taliban aufgefordert worden sei und diese Aufforderung nicht nur ihn, sondern auch andere Jugendliche betroffen habe. Erst als er älter geworden sei, habe er die Gefahr "gespürt" und sei er insofern nach Kabul ausgereist. Einer persönlichen Bedrohung sei er in diesem Zusammenhang nie ausgesetzt gewesen (Verhandlungsschrift Seite 14: "R: Wurden Sie konkret aufgefordert, sich den Taliban anzuschließen? BF: Nein, der Geistliche hat die jungen Männer generell aufgefordert. R: Wann kam es zur ersten Aufforderung? BF: Der Mullah hat von Anfang an darüber gesprochen. Ich kann mich erinnern, dass ich sehr jung war und er über dieses Thema geredet hat. Als ich dann älter wurde, habe ich die Gefahr gespürt und habe meiner Familie gesagt, dass ich dort nicht mehr leben könne. R: Das heißt, diese Aufforderungen fanden mehrmals statt und über einen längeren Zeitraum? BF: Ja, er hat

immer über dieses Thema gesprochen. ... R: Wurden Sie jemals direkt

von den Taliban bedroht? BF: Der Mullah hat den Taliban angehört. Persönlich hat er mir nicht gedroht, er hat gesagt, dass ich nun älter bin und aus diesem Grund verpflichtet sei, mich den Taliban anzuschließen."). Schon allein aufgrund dieser eigenen Schilderungen des Beschwerdeführers kann eine von ihm von den Taliban geforderte Rekrutierung unter Einsatz von Zwang nicht angenommen werden und deckt sich dies im Übrigen auch mit den Länderfeststellungen, wonach Zwangsrekrutierungen eher die Ausnahme darstellen.

Hinzu kommt, dass es dem Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge selbst nach der letzten behaupteten (fluchtauslösenden) Aufforderung zur Zusammenarbeit immerhin noch 2 Monate möglich gewesen ist, in Kabul zu leben und zu arbeiten und zwar nach eigenen Angaben unbehelligt (Verhandlungsschrift Seite 7 und Seite 17).

Dass sein Vater wegen seiner verweigerten Zusammenarbeit von den Taliban in diesen 2 Monaten zur Rechenschaft gezogen worden sein soll, ist nicht nachvollziehbar, weil andernfalls nicht einzusehen wäre, weshalb es seiner restlichen Familie teilweise nach wie vor möglich ist, im Heimatdorf zu leben.

Auch überzeugt in diesem Zusammenhang nicht, dass sein immerhin noch ein Jahr nach der Ausreise des Beschwerdeführers im Heimatdorf verbleibender damals ungefähr 14-jähriger Bruder, XXXX , aber auch sein nach wie vor im Heimatdorf lebender ungefähr 15 oder 16-jähriger Bruder, XXXX , von solchen Rekrutierungsmaßnahmen der Taliban bislang nicht betroffen gewesen sein soll. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass laut den Länderfeststellungen Zwangsrekrutierungen auch an Minderjährigen vorgenommen werden und selbst der Beschwerdeführer im Zeitpunkt seiner Ausreise nach seinen eigenen Altersangaben, aber auch nach seinem festgesetzten Alter, minderjährig gewesen ist.

Es kann daher aufgrund der obigen Erwägungen das geschilderte Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers insgesamt als nicht schlüssig und damit glaubhaft bewertet werden. Dabei wird nicht verkannt, dass - aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses - Unstimmigkeiten im Aussageverhalten bzw. Lücken und Unschärfen des Erinnerungsvermögens vorliegen können und auch hinzunehmen sind (siehe dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2014, Zl. 2014/19/0020.). Diesem Umstand Rechnung tragend wurde in der vorliegenden Beweiswürdigung auf bestehende Widersprüchlichkeiten in der Erzählung in Bezug auf Detailfragen des Beschwerdeführers nicht eingegangen, sondern alleine die Plausibilität und Glaubhaftigkeit des Kerninhaltes seiner Erzählung herangezogen.

Dass jeder junge Rückkehrer - wie vom Beschwerdeführer erstmals in der mündlichen Verhandlung angedeutet - automatisch als Spion angesehen und damit von den Taliban verfolgt werde, konnte vom Beschwerdeführer nicht bescheinigt und im Übrigen auch den vorliegenden Länderberichten nicht entnommen werden. Allein der - vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte - Umstand, dass laut den Medien zwei junge Rückkehrer von den Taliban aufgrund von Spionagevorwürfen getötet worden seien, kann jedenfalls keinen Rückschluss darauf geben, dass jeder junge Rückkehrer von den Taliban als Spion angesehen und verfolgt werde.

Es konnten daher insgesamt keine Feststellungen in Bezug auf diese vom Beschwerdeführer behaupteten Verfolgungen getroffen werden.

zu den Feststellungen zur Lage in Afghanistan

Die Feststellungen zur Lage in Afghanistan ergeben sich aus dem den Parteien übermittelten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 2. März 2017 (LIB), zuletzt am 27. Juni 2017 aktualisiert. Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Afghanistan allgemein, und zu Kabul und Ghazni, sowie zur Erreichbarkeit von Kabul ergeben sich auszugsweise aus den im LIB enthaltenen Kapiteln 1. (neueste Ereignisse), 3. (Sicherheitslage),

3.1. (Kabul), 3.2. (Erreichbarkeit), 3.10. (Ghazni) und 5. (Sicherheitsbehörden). Die Feststellungen zur allgemeinen Versorgungslage, zur medizinischen Versorgung und zur Versorgung mit Wohnraum sowie zum Bankensystem in Afghanistan, zu den Erhaltungskosten und zu der Situation von Rückkehrern wurden aufgrund der in den Kapiteln 20. (Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge), 21. (Grundversorgung und Wirtschaft), 22. (Medizinische Versorgung), und 23. (Rückkehr) enthaltenen Ausführungen im LIB getroffen. Die Feststellungen zur Zwangsrekrutierung ergeben sich aus dem den Parteien übermittelten EASO Bericht zu den Rekrutierungsstrategien der Taliban vom Juli 2012. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer diesbezüglich auch nichts Gegenteiliges vorgebracht hat.

Dass sich seither in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, ist nicht hervorgekommen und kann dies im Übrigen unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums in diesem Fall verneint werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. bspw. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. September 2016, Ra 2016/19/0074 u.v.a).

§ 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie), worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/18/0083).

Einer (versuchten) Zwangsrekrutierung kommt dann Asylrelevanz zu, wenn aus der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, eine tatsächliche oder nur unterstellte politische Gesinnung abgeleitet wird, an die eine Verfolgung anknüpft. Entscheidend für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist, mit welchen Reaktionen der Taliban der Revisionswerber aufgrund seiner Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, rechnen muss und ob in seinem Verhalten eine - wenn auch nur unterstellte -politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (siehe dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. März 2016, Ra 2015/01/0069 u.v.m.).

In Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan konnte der Beschwerdeführer allerdings - wie bereits in der Beweiswürdigung näher dargestellt - keine konkrete individuelle, gegen ihn gerichtete Bedrohung, aus welcher möglicherweise eine aktuelle asylrelevante Verfolgung der Person des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat ableitbar wäre, festgestellt werden. Dem Beschwerdeführer ist es entgegen dem Beschwerdevorbringen insgesamt nicht gelungen, die von ihm behauptete Verfolgung glaubhaft zu machen.

Sonstige Anhaltspunkte für eine asylrelevante gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung sind nicht hervorgekommen, und wurde eine solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet.

Sohin kann insgesamt nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG 2005 droht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (siehe dazu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2004, 99/20/0573). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (siehe dazu u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1997, 95/21/0294, uvm.)

In seinem Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2015/01/0134 hat der Verwaltungsgerichtshof auch unter Bezugnahme auf dazu ergangene Urteile des EGMR ausgeführt, dass die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde. Insofern obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Dabei reicht es für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Afghanistan nicht aus, bloß auf die allgemeine schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu verweisen. Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden Sicherheitslage ist eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional - sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt - unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08. September 2016, Ra 2016/20/0063, sowie zuletzt vom 20. September 2017, Ra 2017/19/0205).

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhalts ergibt sich vor dem Hintergrund der obigen Rechtsprechung, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gegenständlich nicht gegeben sind.

In Bezug auf die Heimatprovinz des Beschwerdeführers, Ghazni, geht - insbesondere auch angesichts der festgestellten hohen Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen - hervor, dass es sich dabei um eine umkämpfte und damit volatile Provinz Afghanistans handelt. In verschiedenen Distrikten sind aufständische Gruppen verstärkt aktiv, wobei regelmäßig und auch vermehrt Militäroperationen durchgeführt werden, um Aufständische zu vertreiben. Wie auch bereits die belangte Behörde erkannt hat, stellt sich demnach bereits die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers als unsicher dar, weshalb eine Rückkehr dorthin schon allein aufgrund der festgestellten allgemeinen schlechten Sicherheitslage eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK für den Beschwerdeführer darstellen würde.

Allerdings kann dem Beschwerdeführer ein Aufenthalt in der Hauptstadt Kabul und damit zumindest eine innerstaatliche Fluchtalternative zugemutet werden.

Zwar wird nicht verkannt, dass die Sicherheitslage (auch) in der Stadt Kabul nach wie vor angespannt ist und nach wie vor Anschläge zu verzeichnen sind, wie auch die zwei vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zeitungsartikel belegen. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren hat. Auch ist Kabul eine vergleichsweise sichere und über den jeweiligen Flughafen gut erreichbare Stadt. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude) oder NGOs ereignen. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul als ausreichend sicher zu bewerten ist. Allein die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen bedeutet jedenfalls nicht, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre.

Hinsichtlich der in Afghanistan vorherrschenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung geht aus den getroffenen Feststellungen hervor, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, und Gesundheitsversorgung zwar nur sehr eingeschränkt, aber doch möglich bzw. gesichert ist. Die in diesem Zusammenhang vorgelegten Länderberichte des Beschwerdeführers zeigen zwar schwierige, aber nicht fehlende Lebensbedingungen in Afghanistan auf.

Für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan reicht es - wie oben ausgeführt - nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen vom Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen. Solche Umstände vermochte der Beschwerdeführer im Verfahren jedoch nicht darzulegen:

Wie festgestellt und oben bereits ausgeführt wurde, stammt der junge, gesunde und damit erwerbsfähige Beschwerdeführer aus der Provinz Ghazni und hat er dort den Großteil seines Lebens verbracht. Auch verfügt er über Berufserfahrungen. Zudem hat sich der Beschwerdeführer bereits für zumindest zwei Monate in Kabul aufgehalten und war es ihm möglich, dort eine Arbeit zu finden. Der Beschwerdeführer ist insofern nicht nur mit den Landessprachen, sondern auch mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates, insbesondere auch in Kabul, vertraut. Zudem kann der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan - wie festgestellt wurde - mit finanzieller Unterstützung seiner Familie rechnen. Es ist in Anbetracht der Feststellungen auch nicht ersichtlich, weshalb eine - wenn auch nur geringe - räumliche Trennung die Kernfamilie des Beschwerdeführers außer Stande setzen sollte, ihn finanziell - bspw. durch Geldüberweisungen - zu unterstützen. Außerdem kann der Beschwerdeführer Rückkehrhilfen vorübergehend in Anspruch nehmen. Deshalb ist auch nicht zu befürchten, dass der Beschwerdeführer bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, wieder selbst für seinen Unterhalt gänzlich zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte. Gründe, die einer Eingliederung des Beschwerdeführers in Kabul entgegenstehen würden, sind daher nicht erkennbar.

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung daher nicht zu erkennen, dass er im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in der Stadt Kabul in eine auswegslose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt daher im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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