Entscheidungsdatum
30.08.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
W125 1428599-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX auch XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch die Österreichische Flüchtlings- und MigrantInnenhilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.1.2018, Zahl IFA-598740904-151549402, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.4.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 55 AsylG 2005, § 10 Abs 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs 3 FPG und § 9 BFA-VG, § 52 Abs 9 iVm § 46 und § 55 Abs 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Indien, reiste irregulär in das Bundesgebiet ein und stellte am 18.7.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Als Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er von der Polizei verdächtigt werde, bei einer Waffenlieferung beteiligt gewesen zu sein und fürchte, verhaftet zu werden; die indischen Behörden seien ihm gegenüber schutzunwillig und -unfähig.
2. Mit Bescheid des seinerzeitigen Bundesasylamtes vom 3.8.2012 wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt und der Beschwerdeführer nach Indien ausgewiesen.
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 18.4.2013 ab und führte begründend aus, dass eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nicht gegeben sei, weil der Beschwerdeführer die von ihm behaupteten Fluchtgründe aus näher dargestellten Erwägungen nicht glaubhaft machen konnte; dies insbesondere in Anbetracht der getätigten widersprüchlichen Aussagen. Mit Zustellung dieses Erkenntnisses am 29.4.2013 erlangte der Beschwerdeführer Kenntnis von der durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung sowie seiner rechtskräftigen Verpflichtung zur Ausreise.
4. Durch Organe der Landespolizeidirektion Wien wurde der Beschwerdeführer am 18.7.2013 über seine Verpflichtung zur Ausreise informiert und zu deren Vorbereitung niederschriftlich einvernommen. Am selben Tag wurde durch die Landespolizeidirektion Wien ein Straferkenntnis gegen den Beschwerdeführer erlassen, weil er sich nach Erlassung der Ausweisungsentscheidung unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hatte.
5. Am 14.10.2015 stellte der Beschwerdeführer, der im Inland verblieben war, den dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005.
6. Am 14.12.2016 wurde der Beschwerdeführer vor Organen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu seinem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 einvernommen.
Im Zuge dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, sich seit August 2012 in Österreich aufzuhalten. Er sei nicht aus Österreich ausgereist, weil er der Meinung gewesen sei, dass sein Verfahren noch am Laufen wäre; seinen Reisepass habe er verloren. Er arbeite als Zeitungszusteller und habe die deutsche Sprache erlernt, seine Familie lebe in Indien.
7. Mit Verfahrensanordnung vom 18.7.2017 wurde dem Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde Gelegenheit gegeben, Änderungen seiner Lebensumstände seit der niederschriftlichen Einvernahme vom 16.12.2016 bekanntzugeben.
Dazu legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.8.2017 einen Arbeitsvorvertrag, eine Anmeldung zu einem Deutschkurs auf B1-Niveau, einen Einkommensnachweis, Kopien seines alten sowie neuen Reisepasses und Empfehlungsschreiben vor.
8. Mit Bescheid vom 16.1.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK vom 14.10.2015 gemäß § 55 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 3 FPG (Spruchpunkt II.) und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Indien gemäß § 46 zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass kein für das Verfahren relevantes Privatleben festgestellt werden konnte. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei seit dem negativen Abschluss seines Asylverfahrens seit 18.4.2013 unrechtmäßig. Er habe keine Familienangehörigen im Bundesgebiet; diese lebten in Indien. Es könne nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Indien in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde.
9. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 30.1.2018, mit welcher der Beschwerdeführer die Entscheidung in vollem Umfang angefochten hat.
Insbesondere führte der Beschwerdeführer aus, dass er seit fünfeinhalb Jahren in Österreich lebe und außergewöhnlich gut integriert sei; er sei bereits langjährig beruflich tätig, strafrechtlich unbescholten und finanziell selbständig. Weiters habe er einen großen Freundeskreis, spreche die deutsche Sprache und beabsichtige, das B1-Deutschzertifikat zu erlangen.
10. Die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 31.1.2018 und wurde die vorliegende Rechtssache in Anwendung der geltenden Geschäftsverteilung der Gerichtsabteilung W125 zugewiesen.
11. Am 12.4.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der erkennende Einzelrichter, der Beschwerdeführer sowie sein Rechtsvertreter und ein Dolmetscher für die Sprache Punjabi teilnahmen.
In dieser wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seiner Identität, seinen persönlichen Verhältnissen und seinem Leben in Indien sowie Österreich befragt. Dazu gab er an, dass sich seine Familie in Indien befinde, in Österreich habe er keine Familienangehörigen, jedoch engere Freunde. Er spreche Deutsch und arbeite als Zeitungszusteller, er habe einen Werkvertrag mit XXXX . Mit einem Freund gemeinsam lebe er in einer Wohngemeinschaft. Er habe einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert, spende an humanitäre Organisationen und habe Rettungsdienste XXXX geleistet.
Die ausdrückliche Frage des Richters an den Beschwerdeführervertreter, ob dieser eingangs Anträge stellen wolle, verneinte dieser. Der rechtlichen Beurteilung des Gerichtes hinsichtlich des Berufungsumfanges des gegenständlichen Verfahrens - Rückkehrentscheidung und nicht Antrag auf internationalen Schutz - stimmte der Beschwerdeführer auf Frage des Richters explizit zu.
Darüber hinaus wurden über die in der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde gelegten hinausgehend mehrere Berichte zur aktuellen Lage in Indien in das Verfahren eingeführt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Feststellungen zum Verfahrensgang
Der unter I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben.
1.2. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Er gehört der Volksgruppe der Jat an und bekennt sich zur Glaubensgemeinschaft der Sikh. Seine Identität steht fest; der vollständige Name des Beschwerdeführers lautet XXXX , das Geburtsdatum ist der XXXX . Seinen Reisepass hat der Beschwerdeführer am 26.4.2016 als verloren gemeldet und bis dato keinen neuen ausstellen lassen. Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde spätestens am 13.7.2017 begonnen.
Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer in einem Dorf im Punjab in Indien. Er besuchte zwölf Jahre lang die Grundschule und arbeitete danach zwei bis drei Jahre in einer privaten Sicherheitsfirma.
Der junge und arbeitsfähige Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten.
In Indien leben noch die Mutter, der Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers sowie zwei Onkel; sein Vater ist bereits verstorben. Mutter und Bruder leben gemeinsam in einem Haus mit Grundstück, in dem auch der Beschwerdeführer zuletzt gelebt hat. Er hat regelmäßig Kontakt zu seiner Mutter und seinen Geschwistern sowie zwei Freunden, die sich ebenfalls im Punjab aufhalten.
In Österreich hält sich der Beschwerdeführer jedenfalls seit Stellung des Antrages auf internationalen Schutz am 18.7.2012 auf. Mit Ende April 2013 ist der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet unrechtmäßig geworden. Von diesem Umstand sowie seiner Verpflichtung zur Ausreise war der Beschwerdeführer seit Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes am 29.4.2013 in Kenntnis; er ist seiner Verpflichtung zur Ausreise bewusst nicht nachgekommen. Für diese Verwaltungsübertretung ist im Juli 2013 eine Geldstrafe gegen ihn verhängt worden.
Der strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführer hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte und verfügt auch über keine engen Anknüpfungspunkte wirtschaftlicher Natur.
Er spricht Deutsch auf A2-Niveau und hat über zwei Wochen einen Kurs zur Erreichung des B1-Niveau absolviert, aber nicht beendet. Er arbeitet als Zeitungszusteller und hat einen mit einer Pizzeria geschlossenen arbeitsrechtlichen Vorvertrag (Einstellungszusage) vorgelegt; er verfügt jedoch über keine Arbeitsbewilligung.
Der Beschwerdeführer hat aus seiner Zustelltätigkeit ein Einkommen von rund 500,- bis 700,- Euro monatlich und ist sozialversichert; Leistungen aus der Grundversorgung bezieht er nicht.
Er wohnt gemeinsam mit einem Freund in einer Mietwohnung.
Der Beschwerdeführer hat einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert sowie einen Rettungsdienst XXXX geleistet; dort zahlt er auch einen monatlichen Mitgliedsbeitrag in geringer Höhe ein. Weiters legte er zwei Empfehlungsschreiben von Arbeitskollegen vor.
1.3. Feststellungen zur Lage in Indien
Die allgemeine Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, speziell im Punjab, hat sich in Bezug auf die im vorangehenden Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz behandelten Aspekte nicht geändert. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Indien auf Grund der dortigen allgemeinen Lage im Fall einer Rückkehr in eine seine Existenz bedrohende Notlage geriete.
Grundsätzlich ist in Indien die Grundversorgung gesichert, einschließlich einer solchen medizinischer Natur.
Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Rückkehrer sind vielfach auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (Auswärtiges Amt, 16.8.2016: Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien).
Die gesundheitliche Grundversorgung wird vom Staat kostenfrei gewährt. Sie ist aber durchweg unzureichend. Im wirtschaftlich starken Punjab und in New Delhi ist die Gesundheitsversorgung im Verhältnis zu anderen Landesteilen gut (Auswärtiges Amt, 16.8.2016:
Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien).
Die Rückkehr von abgeschobenen Asylwerbern ist - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - problemlos möglich (Auswärtiges Amt, 16.8.2016: Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien).
2. Beweiswürdigung
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in die vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, einschließlich ständiger Beobachtung der aktuellen Berichterstattung zum Herkunftsstaat Indien, Beweis erhoben. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes über die Beschwerde nach Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.4.2018 die folgenden Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorliegenden Gerichtsaktes des Asylgerichtshofes, des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers
Die Identität des Beschwerdeführers konnte aufgrund Vorlage seiner Geburtsurkunde im Original und einer Kopie seines Reisepasses - welchen er gemäß ebenfalls vorgelegter Verlustbestätigung vom 28.4.2016 am 26.4.2016 verloren hat - festgestellt werden. Bis zum Verlust seines Reisepasses wäre dem Beschwerdeführer eine freiwillige Ausreise nach Indien jedenfalls möglich gewesen. Beim nur im neuen Reisepass geführten zusätzlichen Namen XXXX handelt es sich entsprechend den als glaubwürdig erachteten Angaben sowie einer vorgelegten Bestätigung der indischen Botschaft um den Familiennamen des Beschwerdeführers, welcher früher (in der Geburtsurkunde sowie im alten Reisepass) nicht eingetragen war.
Dass das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates spätestens am 13.7.2017 eingeleitet wurde, ist aus einem E-Mail der belangten Behörde vom selben Tag ersichtlich.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers stützen sich auf seine diesbezüglich nicht zu bezweifelnden (da kohärenten) Angaben im Verfahren sowie auf seine Sprach- und Ortskenntnisse.
Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer gesund ist, beruht auf seinen diesbezüglichen Angaben im Verfahren. Es ergaben sich zu keinem Zeitpunkt Hinweise auf eine physische oder psychische Erkrankung des Beschwerdeführers oder auf eine Behandlungsbedürftigkeit und konnte mangels Erstattung eines diesbezüglichen Vorbringens oder Vorlage medizinischer Befunde nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer an schwerwiegenden Erkrankungen leidet.
Die Feststellungen zum Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich und zu seinen Familienangehörigen und Lebensverhältnissen in Indien beruhen auf seinen eigenen und insofern nicht zu bezweifelnden Angaben im Verfahren.
Dass der Beschwerdeführer Deutsch auf A2-Niveau spricht, ergibt sich aus dem vorgelegten Zertifikat vom 5.10.2015; der zweiwöchige Besuch des B1-Kurses ist aus der vorgelegten Inskriptionsvereinbarung vom 28.7.2017 ersichtlich.
Seine Tätigkeit als Zeitungszusteller ergibt sich aus den vorgelegten Gutschriften der XXXX und der XXXX sowie den Einkommensteuerbescheiden. Dass der Beschwerdeführer sozialversichert ist, zeigt die vorgelegte E-Card. Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ist einem aktuellen, im Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes einliegenden, GVS-Auszug zu entnehmen.
Der Beschwerdeführer legte im Verfahren einen Mietvertrag vor, welcher jedoch nicht mehr aktuell ist; dass der Beschwerdeführer nun in einer anderen Wohnung wohnt, ist einem ZMR-Auszug sowie seinen als glaubwürdig erkannten Angaben in der Verhandlung zu entnehmen; ebenso, dass er die Wohnung mit einem Freund teilt.
Die Aufenthaltsdauer und der Verbleib des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet nach Erlass einer Rückkehrentscheidung gegen ihn ergibt sich aus seinen eigenen Angaben im Verfahren. Da er seit dem negativen Ausgang des Verfahrens über seinen Antrag auf internationalen Schutz über keine andere Aufenthaltsberechtigung verfügte, war festzustellen, dass er sich jedenfalls seit Ende April unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Die Anzeige und das in Folge erlassene Straferkenntnis wegen unrechtmäßigen Aufenthalts ergeben sich unstrittig aus der im Akt einliegenden Anzeige sowie dem einliegenden Straferkenntnis.
Dass dem Beschwerdeführer die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes bewusst sein musste, stützt sich auf das gegen ihn erlassene Straferkenntnis vom 18.7.2013, im Zuge dessen Erlassung er einvernommen und über seine Verpflichtung zur Ausreise informiert worden war. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ihm daher die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes bewusst; von der rechtskräftigen Verpflichtung zur Ausreise hatte er bereits mit Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes am 29.4.2013 Kenntnis erlangt. Für die Annahme, dass das Verfahren noch offen wäre und eine Ausreise daher nicht notwendig (siehe zum diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers unter I.6.), lagen dem Beschwerdeführer keine objektivierbaren Anhaltspunkte vor.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit ist aus einem aktuell eingeholten Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich ersichtlich.
2.3. Zur Lage in Indien
Die Feststellung, wonach sich an der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, speziell im Punjab, in Bezug auf die im vorangehenden Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz behandelten Aspekte nichts geändert hat, beruht auf den in der mündlichen Verhandlung herangezogenen Berichten zur aktuellen Lage in Indien sowie den im angefochtenen Bescheid enthaltenen ausführlichen Länderfeststellungen, welche auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Die Länderfeststellungen beinhalten eine Vielzahl unbedenklicher, seriöser und aktueller Quellen, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist. Im gegenständlichen Erkenntnis wurden die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen, gekürzt auf den gegenständlich relevanten Inhalt der Länderberichte, wiedergegeben. Die Quellen, aus welchen sich diese ergeben, wurden zur leichteren Nachvollziehbarkeit bereits am Ort der Feststellungen im Fließtext angegeben.
In der mündlichen Verhandlung am 12.4.2018 wurden gegenüber den im Bescheid zu Grunde gelegten aktuellere Berichte in das Verfahren eingeführt. Das erkennende Gericht hat sich versichert, dass diese nichts entscheidend Neues ergeben und im Einklang mit den von der belangten Behörde herangezogenen Berichten stehen. Auch eine Einschau in allgemein zugängliche Medienberichterstattung zeigte keine wesentlichen Änderungen der diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Feststellungen und war überdies auch die im Allgemeinen vergleichsweise stabile Lage in Indien zu beachten.
Bei den in der Verhandlung herangezogenen Berichten handelt es sich um folgende:
* Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juli 2017)
* Auswärtiges Amt, Reise- und Sicherheitshinweise zu Indien (Stand April 2018)
* BBC News India country profile (January 2018)
* Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Indien (Stand 09.01.2017, Aktualität zuletzt überprüft am 21.12.2017)
* Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformationsblatt Republik Indien (2016)
* Human Rights Watch, World Report 2018
* India 2016 International Religious Freedom Report
* ÖB New Delhi, Indien Asylländerbericht (Stand Oktober 2017)
* UK Home Office, Country Information and Guidance, India: Religious minority groups (April 2015)
* US Department of State, India 2016 Human Rights Report, März 2017
* aktuelle Medienberichte / Informationen aus dem Internet (zB Wikipedia, Hindustan Times) zu Wahlen im Punjab am 04.02.2017 und nachfolgende politische Entwicklungen
Basierend auf diesen kohärenten Berichten zog der erkennende Richter in der mündlichen Verhandlung die Schlussfolgerung, dass eine Rückkehr nach Indien im Allgemeinen problemlos möglich ist und wurde diese wesentlich in die Feststellungen des gegenständlichen Erkenntnisses aufgenommen.
In der Beschwerde wurden die behördlichen Feststellungen zur Lage in Indien beziehungsweise die von der belangten Behörde herangezogenen Berichte nicht bezweifelt und ist der Beschwerdeführer auch der in der Verhandlung getroffenen Feststellung, dass im Allgemeinen eine Rückkehr nach Indien problemlos möglich wäre, nicht entgegengetreten.
Eine Feststellung, wonach der Beschwerdeführer in Indien aufgrund der dortigen allgemeinen Situation in eine seine Existenz bedrohende Notlage geriete, konnte sohin nicht getroffen werden und ergaben sich auch unter Berücksichtigung notorischer Medienberichterstattung im gesamten Verfahren keine Hinweise, die einen solchen Sachverhalt annehmen ließen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Verfahrensbestimmungen
Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich in seiner Entscheidung verfahrensrechtlich insbesondere auf §§ 1, 7 Abs 1 Z 1, 16 Abs 6, 18 Abs 7 BFA-VG, § 6 BVwGG sowie §§ 1, 17, 27, 28, 58 Abs 2 VwGVG.
Da gegenständlich der maßgebliche Sachverhalt mit Durchführung der Beschwerdeverhandlung am 12.4.2018 vollständig erhoben worden ist und somit feststeht, lagen gemäß § 28 Abs 2 VwGVG die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vor.
3.2. Zu Spruchteil A)
Mit der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bekämpft und richtet sich daher gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des angefochtenen Bescheides.
3.2.1. Zu Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides
Eingangs ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach, wenn in einem Verfahren betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ein substantiiertes Vorbringen zu einer nach Rückkehr in den Herkunftsstaat drohende Verfolgung erstattet wird, eine Erörterung dahingehend geboten ist, ob darin ein Antrag auf internationalen Schutz zu sehen ist; bejahendenfalls ist nach den Bestimmungen des AsylG 2005 zu verfahren (VwGH, 31.08.2017, Ra 2016/21/0367).
Dazu ist festzuhalten, dass zunächst der Beschwerdeführer (beziehungsweise dessen Rechtsvertreter) am Beginn der Verhandlung ausdrücklich gefragt worden ist, ob er weitere Anträge stellen wolle (siehe dazu unter I.11.). Der Beschwerdeführervertreter verneinte dies ausdrücklich und stimmte der rechtlichen Beurteilung des Gerichtes hinsichtlich des Prüfungsumfanges des gegenständlichen Verfahrens - Rückkehrentscheidung und nicht Antrag auf internationalen Schutz - zu.
Aus den Anträgen des Beschwerdeführers kann daher keinesfalls angenommen werden, dass dieser zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens betreffend die Erlassung der Rückkehrentscheidung einen Antrag auf internationalen Schutz hätte stellen wollen.
Aber auch aus den übrigen Ausführungen des Beschwerdeführers im Verfahren war nicht zu erkennen, dass diesem nach einer Rückkehr nach Indien Verfolgung in irgendeiner Art drohen würde; ein dahingehendes Vorbringen wurde auch implizit nicht erstattet. Ebenso wenig ergeben sich aus den Feststellungen zur aktuellen Lage in Indien Anhaltspunkte, die einen gegenteiligen Sachverhalt annehmen ließen.
Eine Erörterung, ob im Vorbringen des Beschwerdeführers ein Antrag auf internationalen Schutz zu sehen ist, war daher nicht geboten.
3.2.1.1. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG iSd Art 8 EMRK geboten ist.
3.2.1.2. Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren durchgängig vor, über keine Familienangehörigen im Bundesgebiet zu verfügen.
Ein Aufenthaltstitel zur Aufrechterhaltung des Familienlebens ist daher nicht zu erteilen und ist ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers jedenfalls zu verneinen.
3.2.1.3. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels könnte lediglich zur Aufrechterhaltung des Privatlebens des Beschwerdeführers geboten sein und die ihn betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte allenfalls in sein Privatleben eingreifen.
Zu prüfen ist daher, ob der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Privatleben in Österreich verfügt.
Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus und argumentiert im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/01/0479, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte."
3.2.1.4. Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit Stellung des rechtskräftig abgewiesenen Antrages auf internationalen Schutzes am 18.7.2012 in Österreich auf; ab Ende April längere Zeit unrechtmäßig. Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer von knapp über sechs Jahren, sohin mehr als drei Jahren, ist aber davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen geknüpft hat (siehe dazu unter II.1.2. zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers) und demnach über ein schützenswertes Privatleben verfügt.
Daher ist weiters die Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers zu prüfen.
Dabei ist eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen nach den in § 9 Abs 2 BFA-VG demonstrativ aufgezählten Kriterien erforderlich. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Auch bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit kommt der Dauer des Aufenthaltes Bedeutung zu:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. zuletzt VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; auch VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249; 30.08.2011, 2008/21/0605; 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165).
Der Zeitraum von sechs Jahren Aufenthalt in Österreich ist jedenfalls nicht so lang, dass allein deshalb von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist; er ist aber auch nicht als unerheblich zu werten und wurde vom Beschwerdeführer dazu genutzt, sich ein kleines soziales Umfeld zu schaffen und Integrationsschritte zu setzen, was er durch seine selbständige Arbeit, wodurch er seine Existenz inklusive Sozialversicherung sichern konnte, sowie durch Absolvierung eines Erste-Hilfe-Kurses und Leistung eines Rettungsdienstes XXXX demonstrierte.
Er lebt mit einem Freund gemeinsam in einer Wohngemeinschaft und hat Freunde, mit denen er sich ab und zu trifft; hinsichtlich dieser freundschaftlichen Bindungen ist allerdings keine besonders starke Beziehungsintensität hervorgekommen. Ansonsten arbeitet er vorwiegend als Zeitungszusteller.
Der Beschwerdeführer hat deutsche Sprachkenntnisse auf A2-Level erworben und kann damit auf einfachem Niveau kommunizieren. Über dieses grundlegende Sprachwissen hinausgehende Deutschkenntnisse sind nicht hervorgekommen; den begonnenen Kurs zur Erlangung des B1-Levels hat der Beschwerdeführer nicht fortgesetzt.
Durch die Vorlage eines Arbeitsvorvertrages mit einer Pizzeria bescheinigte er zudem, auch weiterhin selbsterhaltungsfähig bleiben zu wollen. Diese Umstände sind zugunsten des Beschwerdeführers zu werten und im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der durch den Beschwerdeführer gesetzten Integrationsschritte ist festzuhalten, dass er sich bislang nur aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz im Bundesgebiet aufhalten durfte, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen) und nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren, von dessen inhaltlicher Erfolglosigkeit er bereits im April 2013 erfuhr, verfügte. Er konnte seinen Aufenthalt in Österreich nur dadurch verlängern, indem er der Verpflichtung zur Ausreise nicht nachkam; dies sprach zentral gegen den Antrag des Beschwerdeführers und relativiert alle gesetzten Integrationsschritte wesentlich.
Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art 8 Abs 2 EMRK grundlegende Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013). Im Hinblick auf den unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz und den bereits seit April 2013 andauernden unrechtmäßigen Aufenthalt musste sich der Beschwerdeführer darüber im Klaren sein, dass er eingegangene Bindungen im Bundesgebiet nicht werde aufrechterhalten können.
Zur beruflichen Integration ist zudem darauf hinzuweisen, dass, wenn Fremde selbständig als Zeitungszusteller arbeiten und so für ihren Unterhalt sorgen, in dieser Tätigkeit keine entscheidungserhebliche berufliche Integration zu sehen ist (VwGH vom 7.5.2015, Zl 2013/22/0030).
Zu berücksichtigen ist weiters, dass der Inlandsaufenthalt überwiegend unrechtmäßig war (Hinweis E 30.6.2016, Ra 2016/21/0165; E 11.11.2013, 2013/22/0072).
Der Beschwerdeführer ist unrechtmäßig eingereist und hat dadurch gegen die öffentliche Ordnung verstoßen. In den sechs Jahren, während derer sich der Beschwerdeführer in Österreich aufgehalten hat, war der Aufenthalt nur zu einem geringen Teil rechtmäßig; die restliche Zeit hielt sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf; auch dadurch hat er gegen die öffentliche Ordnung verstoßen und fremdenrechtliche Normen missachtet.
Es wurde aus dem Grund des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Juli 2013 eine Geldstrafe über den Beschwerdeführer verhängt.
Darüber hinaus verfügte der Beschwerdeführer zeit seines Aufenthalts in Österreich über eine starke Bindung zu seinem Herkunftsstaat:
Bis zu seiner Ausreise hat der Beschwerdeführer sein Leben im Herkunftsstaat Indien verbracht, ist dort aufgewachsen, hat zwölf Jahre lang die Schule besucht und in einer Sicherheitsfirma gearbeitet. Er hat dort unbestritten seine Sozialisation erfahren, ist mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut und beherrscht die Landessprache. Seine Mutter und seine Geschwister sowie zwei Onkel leben nach wie vor in Indien, ebenso wie einige seiner Freunde. Seine Mutter und sein Bruder leben in einem eigenen Haus in einem Dorf im Punjab, in welchem auch der Beschwerdeführer zuletzt gelebt hat; seine Schwester lebt in der Nähe von XXXX . Seine Freunde halten sich ebenfalls beide im Punjab. Die Mutter des Beschwerdeführers ist Hausfrau, seine Geschwister und seine Freunde arbeiten in verschiedenen Jobs, ebenso seine Onkel. Er hat zu seiner Familie und seinen Freunden regelmäßig Kontakt.
In die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 28.4.2015, Ra 2014/18/0146; VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0199) auch die Rückkehrsituation des Fremden (insbesondere Gesundheitszustand, Existenzgrundlage, Lage im Herkunftsstaat). Wie unter II.1.2. zur Person des Beschwerdeführers festgestellt, ist dieser gesund und ergaben sich im gesamten Verfahren keinerlei Hinweise auf allfällige medizinische Probleme, die sich im Fall einer Rückkehr ergeben könnten. Im Speziellen ist auch die medizinische Versorgung, vor allem im Punjab, sichergestellt (siehe dazu unter II.1.3. zu den Feststellungen der Lage in Indien). Hinsichtlich der oben dargelegten intensiven Bindungen zum Heimatstaat und der dort erfahrenen Sozialisation und Bildung ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass im Fall einer Rückkehr die Schaffung einer Existenzgrundlage nicht möglich wäre (siehe auch wiederum unter II.1.2. und II.1.3.). Eine bürgerkriegsähnliche Situation liegt in Indien gemäß den getroffenen Feststellungen (II.1.3.) nicht vor und ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass Indien ein demokratischer Rechtsstaat ist. Diese Erwägungen decken sich auch mit der in der mündlichen Verhandlung gezogenen Schlussfolgerung, dass eine Rückkehr nach Indien im Allgemeinen problemlos möglich ist und kam hinsichtlich der individuellen Situation des Beschwerdeführers kein gegenteiliger Sachverhalt hervor.
Den Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.12.2014, 2012/22/0169; 15.12.2015, 2015/19/0247).
Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.2.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.4.2012, 2011/18/0253).
Aufgrund dieser Gesamtabwägung kommt das erkennende Gericht damit zum Schluss, dass zwar dem sechsjährigen Inlandsaufenthalt des Beschwerdeführers ein gewisses Gewicht zukommt und seine Interessen am Verbleib damit verstärkt sind und er zudem in dieser Zeit unstrittig Integrationsschritte setzte, die - wenn sie auch in einem jeweils nur grundlegenden Grad verwirklicht wurden - zu seinen Gunsten zu gewichten sind, sodass gewisse integrationsbegründende Aspekte gegeben sind. Es stehen dem aber, wie in der Abwägung oben aufgezeigt, auf der anderen Seite starke öffentliche Interessen gegenüber und stellt der unrechtmäßige Aufenthalt seit April 2013 durch das beharrliche irreguläre Verbleiben nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen dar.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib überwiegt und daher eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliegt.
Ein Aufenthaltstitel zur Aufrechterhaltung des Privatlebens ist demnach nicht zu erteilen und ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers zu verneinen.
3.2.1.5. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und verhältnismäßig und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides aus den dargelegten Gründen gemäß § 55 AsylG 2005, § 10 Abs 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs 3 FPG und § 9 BFA-VG abzuweisen.
3.2.2. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat die belangte Behörde zu Recht festgestellt, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gegeben ist.
Im gesamten Verfahren - vor allem im Zuge der Auseinandersetzung mit den getroffenen Länderfeststellungen sowie einer Einschau in allgemein zugängliche Medien zur aktuellen Lage in Indien unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beschwerdeführers - sind keine Hinweise hervorgekommen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde; insbesondere werden dadurch die Art 2 oder 3 EMRK oder das 6. beziehungsweise 13. ZPEMRK nicht verletzt und ist damit für den Beschwerdeführer keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden und steht der Abschiebung keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Abschiebung nach Indien ist daher zulässig.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. war somit aus den dargelegten Gründen gemäß § 52 Abs 9 FPG und § 46 FPG abzuweisen.
3.2.3. Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides
Gemäß § 55 Abs 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt; die Frist beträgt gemäß § 55 Abs 2 FPG vierzehn Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Solches wurde nicht dargetan und liegen keine Anhaltspunkte vor, die in concreto für eine längere Frist sprächen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. war somit aus den dargelegten Gründen gemäß § 55 FPG abzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl Nr 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich stets auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der europäischen Höchstgerichte stützen; diesbezügliche Zitate finden sich in der rechtlichen Beurteilung. Sofern die oben angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu (zum Teil) alten Rechtslagen erging, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Im konkreten Fall ging das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst nicht von der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab und ist diese auch nicht uneinheitlich. Die Revision ist im konkreten Fall zudem deshalb nicht zulässig, weil der Kern dieser Entscheidung (zur Rückkehrentscheidung) die Interessenabwägung anhand der Kriterien des Art 8 EMRK betraf, bei der es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, welche grundsätzlich - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgte - nicht revisibel ist (vgl etwa VwGH 24.5.2018, Ra 2018/19/0234, mwN).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Deutschkenntnisse, Erwerbstätigkeit, illegaler Aufenthalt,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W125.1428599.2.00Zuletzt aktualisiert am
16.10.2018