TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/3 W202 1437489-3

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Veröffentlicht am 03.09.2018
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Entscheidungsdatum

03.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W202 1437489-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2018, Zl. IFA-831143000/VZ:180352050, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 55, 58, 10 Abs. 3 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 07.08.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 10.08.2013 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesasylamtes einvernommen, wobei er unter anderem zu Protokoll gab, dass er in Österreich keinerlei Verwandte habe, er hier keine Kurse oder Ausbildungen absolviere, er nicht in einem Verein oder einer sonstigen Organisation tätig sei und auch keinerlei Freunde und Bekannte hier hätte. In Indien habe er bei seinen Eltern gewohnt und acht Jahre lang die Schule besucht und danach als Installateur gearbeitet.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 12.08.2013, Zahl 13 11.430 - BAT, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 i. V. m.

§ 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG ab und erkannte dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien aus (Spruchpunkt III.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.05.2014, W188 1437489-1/3E, wurde die Beschwerde betreffend die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Betreffend den Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 75 Abs. 20 Z. 1 AsylG das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Mit Schreiben vom 14.01.2015 verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme und übermittelte ihm unter einem mehrere Fragen zur Beantwortung.

Mit nicht datiertem Schreiben, beim Bundesamt eingegangen am 04.02.2015, nahm der damalige Vertreter des Beschwerdeführers insoweit Stellung, als er ausführte, der Beschwerdeführer halte sich nicht unerlaubt im Bundesgebiet auf. Die belangte Behörde hätte den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und wären die Länderfeststellungen im Rahmen eines gemeinsamen Ladungstermins gemeinsam zu erörtern. Dass die Gewährung von Asyl und subsidiären Schutz nicht gewährt worden seien, bedeute nicht, dass ein Aufenthaltstitel aus humanitären bzw. berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werden könne. Bezüglich der im Schreiben des BFA gestellten Fragen verweist das Schreiben auf die "(natürlich immer noch gleichermaßen) gültigen Aussagen [des Beschwerdeführers] im Asylverfahren".

Mit nicht datiertem Schreiben, beim Bundesamt eingegangen am 08.02.2016, beantragte der damalige Vertreter des Beschwerdeführers eine Fristerstreckung um weitere zwei Wochen.

Mit Schreiben vom 23.02.2016 gab der nunmehrige Parteienvertreter des Beschwerdeführers das Bestehen einer Vollmacht bekannt und beantragte unter einem eine Erstreckung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme auf den 05.04.2016.

Mit Schreiben vom 25.05.2016 nahm der Parteienvertreter des Beschwerdeführers Stellung. Ersucht werde, von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung Abstand zu nehmen und auszusprechen, dass eine Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet auf Dauer unzulässig sei. Der Beschwerdeführer halte sich seit zweieinhalb Jahren in Österreich auf und sei er während der Dauer seines Aufenthaltes bemüht gewesen, sich besser sprachlich und sozial zu integrieren. Er sei selbstständig als Zeitungszusteller erwerbstätig, wodurch die Finanzierung seines Lebensunterhaltes gewährleistet sei, sein künftiger Aufenthalt würde auch zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen. Sobald die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen würden, würde der Beschwerdeführer auch einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe sich während der Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet einen entsprechenden Freundeskreis aufgebaut. Die Verständigung in deutscher Sprache gelinge ihm stets besser, weshalb der Beschwerdeführer ersuche, von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung Abstand zu nehmen bzw. solle die Unzulässigkeit der Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet auf Dauer ausgesprochen werden.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.09.2016, Zahl: 831143000/1701783, wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 AsylG erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG i. V. m. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen. Es wurde gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 1-3 FPG wurde dem Beschwerdeführer eine 14tägige Frist ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt II.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17.10.2016, Zl. W202 1437489-2/2E, gemäß §§ 10, 57 AsylG, § 9 BFA-VG und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht dabei unter anderem Folgendes aus:

"Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit Anfang August 2013 ist als relativ kurz zu bezeichnen und wird weiter dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein, weswegen allfällige eingegangene Bindungen nicht schwer wiegen können.

Der Beschwerdeführer verfügt nach seinen Angaben hier zwar über Verwandte sowie über einen Freundes- und Bekanntenkreis, doch hält sich seine engere Familie, seine Eltern und Geschwister, mit denen er nach seinen Angaben in der Beschwerde sporadisch Kontakt habe, in Indien auf, er ist in seinem Herkunftsstaat aufgewachsen, hat dort die Schule besucht und als Installateur gearbeitet, er hat den allergrößten Teil seines Lebens in Indien verbracht, er spricht eine Sprache des Herkunftsstaates, wogegen er Deutsch erst soweit spricht, um sich im Alltag verständigen zu können, weswegen insgesamt betrachtet nicht erkannt werden kann, dass der Beschwerdeführer seiner Heimat entwurzelt und im Bundesgebiet derart verwurzelt wäre, dass ihm eine Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht zugemutet werden könnte.

Hinsichtlich der Beschäftigung des Beschwerdeführers als Zeitungszusteller ist für diesen schon deshalb nichts zu gewinnen, weil in der Tätigkeit als Zeitungszusteller keine entscheidungserhebliche berufliche Integration erblickt werden kann (vgl. VwGH 07.05.2014, 2013/22/0030 und 0031).

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Insgesamt betrachtet ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig (vgl. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0142; 18.03.2010, 2010/22/0023)."

In der Folge wurde der Beschwerdeführer im Hinblick auf eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung seitens des BFA geladen, doch kam dieser der Ladung nicht nach. Daraufhin erging seitens des BFA ein Festnahmeauftrag. Weiters wurde der Beschwerdeführer durch die LPD Wien wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes angezeigt. Am 22.03.2018 wurde der Beschwerdeführer seitens der LPD Wien festgenommen, über Auftrag des BFA nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme, in der der Beschwerdeführer seine grundsätzliche Bereitschaft, freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen, bekundete, entlassen.

Am 12.04.2018 brachte der Beschwerdeführer beim BFA den gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ein.

Am 12.04.2018 erging seitens des BFA ein Verbesserungsauftrag, wonach binnen vier Wochen ein gültiges Reisedokument im Original, Kopie und Übersetzung, eine Geburtsurkunde im Original, Kopie und Übersetzung oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument vorzulegen sei. Auf § 4 Abs. 1 Z. 3 AsylG-DV wurde hingewiesen.

Seitens des Beschwerdeführers erfolgte mit Schreiben von 05.04.2018 eine Stellungnahme, in der er im Wesentlichen Folgendes ausführte:

Seit der Rückkehrentscheidung in seinem Asylverfahren hätten sich vielfältige Änderungen des Sachverhaltes hinsichtlich der Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergeben. Maßgebliche Änderungen bestünden insbesondere in seinem Erwerb der deutschen Sprache, in der Intensivierung seiner sozialen Integration sowie in seiner beruflichen Integration in Österreich. Der Beschwerdeführer habe sich stark um eine Integration in Österreich bemüht, sei fast seit sechs Jahren in Österreich aufhältig, wobei der Aufenthalt zum überwiegenden Teil rechtmäßig gewesen sei, und er würde im Falle der Erteilung eines Aufenthaltstitels in Anbetracht seiner Arbeitswilligkeit, Arbeitsfähigkeit und des ihm zur Verfügung stehenden fördernden Umfeldes zahlreicher Freunde und Bekannter keinesfalls eine Belastung für die Gebietskörperschaft darstellen. Eine intensive Integration des Beschwerdeführers in Österreich sei gegeben. Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzung einer Erteilung der Rot-Weiß-Rot Karte gegeben seien, sei eine gesamtheitliche Betrachtung anzuwenden und somit pauschal das Vorliegen der Voraussetzungen zu beurteilen. Seit der abweisenden Entscheidung vor mittlerweile sechs Jahren habe sich eine maßgebliche Sachverhaltsänderung der Schützenswürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers ergeben. Eine Rückkehrentscheidung wäre eine Verletzung seiner Rechte nach Art 8 EMRK und daher ersuche er, den beantragten Aufenthaltstitel zu gewähren. Beigelegt wurden dem Schreiben ein ÖSD Zertifikat A2 sowie ein Meldezettel, jeweils in Kopie.

Mit Schreiben von 03.05.2018 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er trotz Bemühens keinen Reisepass vorlegen könne, da er als Flüchtling nach Österreich gekommen sei. In weiterer Folge wurde ein weiterer Meldezettel in Kopie vorgelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikels 8 EMRK vom 28.01.2015 gemäß § 55 AsylG zurückgewiesen und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt I.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).

Begründend führte das BFA zu Spruchpunkt I. aus, dass der Beschwerdeführer der Behörde bis dato seine Identität nicht nachgewiesen habe, obwohl er zur Vorlage entsprechender Unterlagen aufgefordert worden sei. Er habe keinerlei Dokumente vorgelegt, die ansatzweise die Angaben zu seiner behaupteten Identität untermauerten, er habe lediglich angegeben, am 13.11.2017 bei der indischen Botschaft vorgesprochen zu haben, eine Bestätigung darüber habe er nicht vorgelegt, weiters habe er bloß behauptet, dass er trotz Bemühens keinen Reisepass vorlegen könnte.

Hinsichtlich Spruchpunkt II. führte das BFA eine Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK durch, und kam zu dem Schluss, dass in Abwägung seiner privaten Interessen gegen das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit letzterem die größere Gewichtung zuzusprechen sei. Es sei daher eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Es ergebe sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus seinem Vorbringen eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG. Es sei somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z. 1-4 die genannten Voraussetzungen seine Abschiebung nach Indien zulässig sei.

Zu Spruchpunkt III. führte das BFA aus, dass in seinem Fall keine Gründe im Sinne des § 55 FPG gegeben seien, was bedeute, dass er ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen verpflichtet sei.

Gegen diesen Bescheid wurde durch den bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben, der im Wesentlichen folgendes Vorbringen erstattete:

Der Beschwerdeführer habe im Verfahren ausführlich und glaubwürdig vorgebracht, dass er aufgrund seiner Entwurzelung aus seiner Heimat trotz seines Bemühens keine weiteren Identitätsdokumente vorlegen könne, ohne dass ihm daraus ein Vorwurf zu machen sei, zumal auch die Urgenzen der Behörde selbst bei der indischen Botschaft bezüglich Ausstellung eines Heimreisezertifikates erfolglos gewesen seien. Der von der Behörde gerügte Mangel der Vorlage eines Identitätsdokumentes hätte daher angesichts der durchgehend glaubwürdigen und konsistenten Angaben des Beschwerdeführers über seine Identität als geheilt angesehen werden müssen. Der Beschwerdeführer beherrsche die deutsche Sprache auf mehr als ausreichendem Niveau, um sich im Alltag verständigen und auch eine berufliche Tätigkeit ausüben zu können, er habe konkrete Zukunftspläne und er habe sich in jeglicher Weise an das Leben in Österreich angepasst, im Gegensatz zur Situation, der er im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland ausgesetzt wäre, wo er wieder vor dem Nichts stehen würde. Bei einer Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß Art 8 EMRK sei eine gesamtheitliche Betrachtung anzuwenden. Der Beschwerdeführer wünsche, sich in Österreich zu integrieren, sich auf legale Weise seinen eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren, er habe bereits die deutsche Sprache erlernt und vielfältige soziale Kontakte geknüpft, und er stelle keineswegs eine Belastung für die Gebietskörperschaft dar. Der Beschwerdeführer sei arbeitsfähig und arbeitswillig und würde im Falle der Erteilung des Aufenthaltstitels sofort eine adäquate Beschäftigung aufnehmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien, stammt aus dem Bundesstaat Punjab und gehört der Religionsgemeinschaft der Hindus an.

Er reiste im August 2013 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 07.08.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, der negativ beschieden wurde. In seiner Heimat lebte der Beschwerdeführer im Elternhaus in der Stadt XXXX, Distrikt XXXX, Bundesstaat Punjab und besuchte acht Jahre die Grundschule, danach arbeitete er als Installateur. Seine Mutter, sein Vater, zwei Brüder und zwei Schwestern halten sich in Indien auf. Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs auf Niveau A2 erfolgreich absolviert, er spricht Deutsch, um sich im Alltag zu verständigen. Er verfügt im Bundesgebiet über einen Freundes- und Bekanntenkreis. Der Beschwerdeführer ist gesund und im erwerbsfähigen Alter, er war zuletzt als Zeitungszusteller tätig. Er weist keine strafrechtlichen Verurteilungen auf.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen beruhen auf den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten. Die Feststellungen ergeben sich hiebei vor allem aus den Angaben des Beschwerdeführers in seinen Einvernahmen und schriftlichen Eingaben. Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers beruht auf dem Auszug aus dem Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Zu A)

Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

Gemäß § 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln, wird wie folgt normiert:

"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

Gemäß § 8 Abs. 1 der AsylG-DV sind folgende Urkunden und Nachweise - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 leg. cit. - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschafts-urkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde."

Gemäß § 4 Abs. 1 AsylG-DV kann die Behörde auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder

3. im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber gemäß Abs. 2 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Gemäß 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, ist gemäß § 8 Abs. 1 AsylG-DV dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels unter anderem ein gültiges Reisedokument anzuschließen. Mit Schreiben von 12.04.2018 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise ein begründeter Antrag auf Heilung nach § 4 Abs. 1 Z. 3 AsylG-DV eingebracht werden könne, demzufolge nachzuweisen sei, dass die Beschaffung nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Ein derartiger begründeter Antrag auf Heilung nach § 4 Abs. 1 Z. 3 AsylG-DV wurde aber seitens des Beschwerdeführers nicht eingebracht, zumal der lapidare Hinweis, dass der Beschwerdeführer trotz Bemühens keinen Reisepass vorlegen könne, da er als Flüchtling nach Österreich gekommen sei, einen begründeten Antrag nach § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV nicht zu ersetzen vermag. Dementsprechend liegen die Voraussetzungen des § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG vor, sodass das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu Recht zurückgewiesen hat.

Gemäß § 52 Abs. 3 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird. Auch das AsylG sieht eine entsprechende zwingende Verbindung von Aussprüchen nach § 55 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung vor. § 10 Abs. 3 AsylG lautet: "Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."(vgl. dazu VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/082)

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG BGBl I. Nr. 87/2012 idgF zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 9 Abs. 3 BFA-VG lautet:

"Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Es liegen keine Hinweise vor, wonach der ledige und kinderlose Beschwerdeführer im Bundesgebiet ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führte. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens.

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert. In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Bei einer Abwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK ist eine Rückkehrentscheidung jedenfalls geboten:

Der Beschwerdeführer hält sich zwar mittlerweile seit fünf Jahren im Bundesgebiet auf, er verfügt über einen Freundes- und Bekanntenkreis sowie spricht er Deutsch auf Niveau A2, doch ist ihm schon entgegen zu halten, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war, im Übrigen der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet illegal ist. Dies musste dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein, weswegen allfällige eingegangene Bindungen nicht schwer wiegen können. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer bloß ein Bemühen um Integration dargelegt hat, eine fortgeschrittene Integration, wonach der Beschwerdeführer in berufliche oder sozialer Hinsicht integriert wäre, vermochte er jedoch nicht darzulegen. So ist zu der vom Beschwerdeführer vormals geltend gemachten Tätigkeit als Zeitungszusteller auszuführen, dass daraus keine maßgebliche Integration am Arbeitsmarkt abzuleiten ist (vgl. VwGH 11.06.2014, 2013/22/0356). Zudem hält sich seine Kernfamilie in Indien auf. Er spricht eine dortige Sprache auf muttersprachlichem Niveau, er wurde in Indien sozialisiert, sodass insgesamt betrachtet (weiterhin) nicht angenommen werden kann, dass der Beschwerdeführer seiner Heimat entwurzelt und im Bundesgebiet derart verwurzelt wäre, dass ihm eine Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht zugemutet werden könnte.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Insgesamt betrachtet ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig (vgl. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0142; 18.03.2010, 2010/22/0023).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, weil nach den tragenden Gründen des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes 30.05.2014, W188 1437489-1/3E, betreffend die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberichtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung nach Indien im Sinne des § 50 FPG ergeben würden. (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119)

Zudem hat sich seit Erlassung des genannten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes keine relevante Änderung des Sachverhalts ergeben, weder im Hinblick auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, noch im Hinblick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal in den entscheidungswesentlichen Punkten die Beschwerde dem angefochtenen Bescheid nicht ausreichend substantiiert entgegen trat, die Entscheidungsgrundlagen unzweifelhaft vorlagen. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316; 28.05.2014, 2014/20/0017 und 0018; 22.11.2006, 2005/20/0406 u.v.a.).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Deutschkenntnisse, Erwerbstätigkeit, Interessenabwägung,
öffentliches Interesse, Privatleben, Reisedokument,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W202.1437489.3.00

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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