TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/12 97/09/0249

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Veröffentlicht am 12.11.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des ES in M, vertreten durch Dr. Clemens Schnelzer und Mag. Johann Juster, Rechtsanwälte in 3910 Zwettl, Landstraße 46, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 24. Juni 1997, Zl. Senat-ZT-95-124, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 24. Juni 1997 gerichtet, mit welchem gegen den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG zwei Geldstrafen in der Höhe von S 5.000,-- verhängt und gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Kostenbeitrag von S 1.000,-- vorgeschrieben wurde, weil der Beschwerdeführer in der Zeit "4.7.1994 - Ende September 1994" an einem näher genannten Ort zwei namentlich genannte polnische Staatsbürger beschäftigt habe, obwohl weder ihm für diese Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt gewesen sei, noch die Ausländer im Besitz von Arbeitserlaubnissen oder Befreiungsscheinen gewesen wären.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer Hälfteeigentümer des landwirtschaftlichen Betriebes am genannten Standort sei sowie Inhaber eines Sägewerksbetriebes in derselben Gemeinde. Die im Spruch genannten polnischen Staatsbürger hätten während des spruchgegenständlichen Zeitraumes Arbeiten in der Landwirtschaft für den Beschwerdeführer verrichtet. Hiebei sei ein Entgelt in der Höhe von S 500,-- pro Arbeitstag bzw. freie Kost und Quartier vereinbart worden. Die Arbeitsaufträge seien durch den Beschwerdeführer erteilt worden und auch die Entlohnung sei durch diesen erfolgt.

Arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen für diese Tätigkeiten wären nicht vorgelegen.

Die Ausländer seien anlässlich einer Schwerpunktaktion bezüglich der Grenzüberwachung am 15. Dezember 1994 festgenommen und am 16. Dezember 1994 der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vorgeführt worden. Im Zuge der "fremdenpolizeilichen Behandlung" der beiden Ausländer hätten sich Hinweise auf die illegale Beschäftigung in den vergangenen Monaten ergeben, insbesondere auch im verfahrensgegenständlichen Zeitraum für den Beschwerdeführer. Aus den übereinstimmenden Angaben der in der Verhandlung vor der belangten Behörde einvernommenen zwei Zeugen (einer Vernehmungsbeamtin der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach und eines Gendarmeriebeamten des Grenzüberwachungspostens Katzelsdorf) ergebe sich, dass beide Ausländer im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme freiwillig und ohne Zwang angegeben hätten, beim Beschuldigten gearbeitet zu haben. Aufgrund der bei den Ausländern vorgefundenen Effekten sei im Zusammenhang mit den Angaben der Ausländer zweifelsfrei die Feststellung der Namen und Adressen der durch die Ausländer bezeichneten Dienstgeber zu ermitteln gewesen. Beide Ausländer seien im Beisein eines Dolmetschers einvernommen worden und hätten nach dem Inhalt der Niederschrift übereinstimmend den Tatzeitraum bezeichnet, während welchem sie diverse Arbeiten in der Landwirtschaft (und teilweise im Sägewerksbetrieb) des Beschwerdeführers erbracht hätten. Dass es sich bei den in der Niederschrift enthaltenen Angaben um jene der Ausländer handle, bestätige die in der Verhandlung vor der belangten Behörde einvernommene Zeugin zweifelsfrei. Demnach sei der Name des Beschwerdeführers durch die Ausländer im Zuge der Befragung mit Sicherheit angegeben worden und seien die in den Niederschriften enthaltenen Angaben jene der Ausländer. Im Übrigen sei die Niederschrift dem jeweiligen Ausländer vor Unterschriftsleistung in seiner Muttersprache noch einmal vorgelesen worden. Die Verlesung der Niederschriften mit den Ausländern sei aufgrund des § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG zulässig, da Ladungsversuche betreffend die beiden Ausländer in Polen erfolglos geblieben seien. Die beiden Ausländer, über welche ein Aufenthaltsverbot verhängt worden sei, hätten an der Verhandlung nicht teilgenommen.

Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er macht im Wesentlichen geltend, dass die Aussagen der beiden Ausländer bei der mündlichen Verhandlung zu Unrecht verlesen worden seien. Sie seien zu einem der beiden Termine der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht geladen worden und trotz Ladung zum zweiten Termin nicht erschienen. Der Umstand, dass ein Aufenthaltsverbot gegen die beiden Ausländer verhängt worden sei, könne die Verlesung nicht rechtfertigen, da gemäß § 23 Abs. 2 des Fremdengesetzes die Wiedereinreise der beiden Fremden trotz eines gültigen Aufenthaltsverbotes möglich und zulässig gewesen wäre. Darüber hinaus hätte die Möglichkeit bestanden, die beiden Ausländer im Rechtshilfeweg in Polen vernehmen zu lassen. Diesbezüglich verweist der Beschwerdeführer auf § 252 Abs. 1 StPO und der dazu ergangenen Rechtsprechung, wonach die Verlesung einer mit einem Zeugen, der im Ausland wohne, aufgenommenen Niederschrift nur und erst dann zulässig sei, wenn dessen Vernehmung im Rechtshilfeweg nicht möglich sei und der Zeuge auch nicht zum Erscheinen vor dem inländischen Gericht veranlasst werden könne.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid auch deswegen für rechtswidrig, weil in dessen Spruch entgegen § 44a VStG das Ende der Tatzeit mit "Ende September 1994" nicht ausreichend präzise umschrieben sei.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie darauf hinweist, dass sie die Ladung der beiden Ausländer zur öffentlichen mündlichen Verhandlung sehr wohl versucht habe. Eine Vernehmung im Rechtshilfeweg sei im Verwaltungsstrafrecht nicht vorgesehen. Die Umschreibung des Endes des Tatzeitraumes mit "Ende September 1994" sei ausreichend präzise. Die belangte Behörde beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 895/1995 haben folgenden Wortlaut:

"§ 2. ...

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a)

in einem Arbeitsverhältnis,

b)

in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

c)

in einem Ausbildungsverhältnis,

d)

nach den Bestimmungen des § 18 oder

e)

überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

a)

in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,

b)

in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird oder der Veranstalter und

c)

in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. ...

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1.) wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder

...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 240.000 S;

..."

Der Beschwerdeführer meint, die Verlesung und Verwertung der Aussagen der beiden Ausländer vor der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach sei unzulässig gewesen, es hätte eine Vernehmung im Rechtshilfeweg erfolgen müssen.

Dieser Beschwerdevorwurf trifft nicht zu. Die belangte Behörde hat die beiden Ausländer, die sich unbestritten im Ausland aufhalten, nämlich zum Erscheinen zur öffentlichen Verhandlung vor der belangten Behörde eingeladen. Die beiden Ausländer haben dieser Aufforderung keine Folge geleistet. Auch wäre - darauf weist die belangte Behörde zutreffend hin - die Einvernahme der beiden Ausländer im Rechtshilfeweg durch polnische Gerichte oder Verwaltungsbehörden im Hinblick auf die bestehende Vertragsrechtslage zwischen Österreich und Polen nicht zu verlangen gewesen. Die Verlesung der Aussagen der beiden polnischen Staatsbürger war daher gemäß § 51g Abs. 3 VStG wegen deren entfernten Aufenthaltes zulässig.

Die belangte Behörde hat auch aufgrund der von ihr auf zulässige Weise aufgenommenen Beweise schlüssig begründet, weshalb sie zu der Annahme gelangte, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand des § 3 Abs. 1 AuslBG erfüllt.

Auch soweit der Beschwerdeführer rügt, mit der im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltenen Umschreibung des Endes des Tatzeitraumes mit "bis Ende September" sei die ihm vorgeworfene Tat entgegen § 44a VStG nicht präzise genug umschrieben, weil bei dieser Formulierung kein Zweifel daran bestehen kann, dass der Tatzeitraum dem Spruch des angefochtenen Bescheides zufolge erst am letzten Tag des Septembers 1994 geendet hat, ist die Beschwerde nicht begründet.

Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch selbst geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 96/09/0282). Der Spruch hat daher nicht nur die Sachverhaltselemente, von denen die Zuordnung eines Tatverhaltens zu den Merkmalen des Straftatbestandes abhängt, zu bezeichnen, sondern grundsätzlich auch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat, und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 6. November 1995, Zl. 95/04/0122, und die dort zitierte Vorjudikatur). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid in Ansehung der Bezeichnung der Tatzeit gerecht. Anders als in jenem Fall, in welchem der Beginn der Tatzeit mit dem unbestimmten Wort "Ende" des Monats umschrieben wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. September 1999, Zl. 98/09/0084), ist im Hinblick auf den vorgenannten Zweck des § 44a Z. 1 VStG kein Zweifel, dass mit einer solchen Formulierung, wenn damit das Ende eines Tatzeitraumes umschrieben wird, tatsächlich ein Zeitraum bis zum letzten Tag des genannten Monats zu verstehen ist, weil dem Ende eines Monats nur dessen letzter Tag gemeint sein kann.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. November 1999

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997090249.X00

Im RIS seit

12.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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