Entscheidungsdatum
05.09.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W192 2203704-1/8E
W192 2203499-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO über die Beschwerden von XXXX , beide StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1.) 26.07.2018, Zl. 1180807102/180120531-EAST Ost, und 2.) vom 01.07.2018, Zl.1180825808/180120574-EAST Ost, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, die volljährige Erstbeschwerdeführerin ist Mutter und gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Die beschwerdeführenden Parteien stellten am 05.02.2018 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich, nachdem sie aus Tschechien kommend in das Bundesgebiet eingereist waren.
Hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin liegt eine EURODAC-Treffermeldung bezüglich einer Antragstellung auf internationalen Schutz in Deutschland vom 19.09.2011 vor.
In den Verwaltungsakten befinden sich zudem Abgleichsberichte aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres sowie Auskünfte aus dem CVIS jeweils vom 05.02.2018, wonach sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch der minderjährige Zweitbeschwerdeführer im Besitz eines durch die tschechische Botschaft Moskau ausgestellten, im Zeitraum von 28.01.2018 bis 19.02.2018 gültigen, Schengenvisums der Kategorie C gewesen sind.
Im Verlauf ihrer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.02.2018 brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, an keinen Krankheiten zu leiden, welche sie an der Durchführung der Einvernahme hindern würden, sie sei jedoch HIV-positiv. Sie habe sich im Dezember 2017 entschlossen, ihren Herkunftsstaat Richtung Österreich zu verlassen, da ihr Cousin hier leben würde. Mit Ausnahme des mit ihr gereisten minderjährigen Zweibeschwerdeführers hätte sie keine familiären Anknüpfungspunkte in Europa. Ihre Eltern und zwei Brüder hielten sich unverändert in der Russischen Föderation auf. Die Erstbeschwerdeführerin hätte ihren Herkunftsstaat am 28.01.2018 legal verlassen und sei nach Durchreise durch Tschechien am gleichen Datum in Österreich eingetroffen. Über den Aufenthalt in Tschechien könne sie nichts sagen, da dieser lediglich wenige Stunden gedauert hätte. Im Jahr 2011 hätte sie in Deutschland um Asyl angesucht, das dortige Verfahren sei negativ entschieden worden. Ihren Herkunftsstaat hätte sie aus Angst vor ihrem Vater verlassen, welcher gewollt hätte, dass die Erstbeschwerdeführerin zu ihrem in Georgien lebenden Ex-Lebensgefährten zurückkehre.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 08.02.2018 ein die beschwerdeführenden Parteien betreffendes Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") an Tschechien.
Mit Schreiben vom 06.04.2018, beim BFA am selben Tag eingelangt, stimmten die tschechischen Behörden diesem Gesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Am 20.06.2018 erfolgte nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit eines Rechtsberaters die niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer wurde aufgrund seines Lebensalters nicht gesondert einvernommen. Die Erstbeschwerdeführerin erklärte, sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen und bislang wahrheitsgemäße Angaben erstattet zu haben. Ihre Original-Dokumente befänden sich in Russland, sie könne lediglich Kopien vorweisen. Jeweils in Kopie vorgelegt wurden die russische Geburtsurkunde des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers, ein russischer Meldezettel sowie georgische und russische Unterlagen über die HIV-Infektion der Erstbeschwerdeführerin. Den Reisepass, mit welchem sie legal eingereist wäre, hätte ihr Cousin genommen und ihn zur Mutter der Erstbeschwerdeführerin geschickt. Die Erstbeschwerdeführerin sei seit 2014 HIV-positiv und leide seit der Diagnose unter Schlafstörungen. Aktuell befinde sie sich in Behandlung in einem österreichischen AIDS-Zentrum und nehme Beruhigungsmittel sowie Tabletten gegen HIV ein. Entsprechende medizinische Unterlagen werde sie nachreichen. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer sei gesund. Die Erstbeschwerdeführerin sei nach jesidischem Gesetz mit einem in Georgien lebenden Mann verheiratet, welchen sie jedoch nie heiraten habe wollen. In Deutschland hätte die Erstbeschwerdeführerin eine Tante; in Tschechien habe sie ebenfalls Verwandte, welche sie jedoch nicht gut kennen würde. Außerdem habe sie Verwandte in Belgien sowie einen Onkel und einen Cousin in Österreich, zu welchen sie jedoch keinen Kontakt hätte. Die Erstbeschwerdeführerin bestätigte, mit einem gültigen tschechischen Visum nach Österreich eingereist zu sein. In Tschechien hätte sie sich lediglich ein bis zwei Stunden im Transitbereich aufgehalten. Sie sei von Russland auf dem Luftweg nach Tschechien gelangt und von dort mit dem Zug nach Österreich weitergereist. Über die vorliegende Zustimmungserklärung Tschechiens für die Führung ihres Verfahrens auf internationalen Schutz sowie die beabsichtigte Vorgehensweise des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im Sinne einer Zurückweisung ihres in Österreich gestellten Antrages und Außerlandesbringung nach Tschechien in Kenntnis gesetzt, erklärte die Erstbeschwerdeführerin, ihr Vater hätte viele Verwandte und Bekannte in Tschechien und sie hätte Angst, dass er sie in Tschechien finden werde; ihre Mutter hätte ihr mitgeteilt, dass ihrem Vater bekannt wäre, dass sie sich in Tschechien aufhielte. Nach Übersetzung der durch die Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Lage in Tschechien wiederholte die Erstbeschwerdeführerin, sie hätte Angst, dass ihr Vater sie in Tschechien finden würde. In Österreich würde ihr mit Medikamenten und psychologischer Betreuung geholfen werden.
Mit Eingabe vom 21.06.2018 legte die Erstbeschwerdeführerin ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor. Mit Schreiben vom 02.07.2018 informierte die Erstbeschwerdeführerin darüber, dass ihre Mutter ihr telefonisch mitgeteilt hätte, dass ihr Reisepass und jener ihres Sohnes zerrissen worden wären und daher nicht vorgelegt werden könnten. Gleichzeitig wurden weitere medizinische Unterlagen in Vorlage gebracht.
Durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde eine Übersetzung der durch die Erstbeschwerdeführerin vorgelegten georgischen und russischen Dokumente ins Deutsche veranlasst (vgl. AS 331 ff).
Mit Eingabe vom 29.06.2018 wurde ein Ambulanzbefund betreffend den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer übermittelt.
2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Tschechien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Tschechien wurden im angefochtenen Bescheid der Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):
1. Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MVCR 5.8.2016; vgl. MVCR o.D.a, MVCR o.D.b für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (5.8.2016): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.a): Course of administrative proceedings for granting international protection, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/course-of-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
2. Dublin-Rückkehrer
In der Tschechischen Republik werden Take charge-Rückkehrer automatisch in ein Aufnahmezentrum gebracht, wo diese gefragt werden, ob ihr Verfahren in der Tschechischen Republik fortgesetzt werden soll.
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Wenn ja, wird der Rückkehrer registriert, der Antrag formell eingebracht und das Verfahren fortgesetzt.
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Wenn der Rückkehrer kein Verfahren in der Tschechischen Republik wünscht, wird dieses formell beendet. Der Rückkehrer könnte beantragen in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden, ansonsten fällt er unter das Femdenrecht.
Im Falle von Take back-Rückkehrern deren vorhergehendes Asylverfahren noch läuft, werden diese in ein Asylzentrum gebracht und das Verfahren wird fortgesetzt.
Take back-Rückkehrer deren vorhergehendes Asylverfahren bereits abgeschlossen ist, werden in ein Aufnahmezentrum gebracht und gefragt, ob sie einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stellen wollen.
* Wenn ja, wird der Rückkehrer erneut registriert und der Antrag auf internationalen Schutz formell eingebracht (gilt als Folgeantrag).
* Wenn kein Asylantrag gestellt wird, wird das Verfahren beendet. Der Rückkehrer könnte beantragen, in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden. Ansonsten steht der Status der Person unter dem Alien Act-Verfahren. Der Rückkehrer könnte beantragen in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden, ansonsten fällt er unter das Femdenrecht.
Die Versorgung von Dublin-Rückkehrern in der Tschechischen Republik unterscheidet sich nicht von jener für andere Antragsteller (EASO 24.10.2017).
Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren. Wenn ein vorheriges Asylverfahren eingestellt wurde weil sich der Antragsteller dem Verfahren entzogen hat (z.B. Nichterscheinen zum Interview), wird ein neuer Antrag inhaltlich behandelt. Wenn ein Rückkehrer bereits eine inhaltlich negative Asylentscheidung in der Tschechischen Republik erhalten hat, muss ein Folgeantrag neue Elemente enthalten um zulässig zu sein. Dublin-Rückkehrer haben denselben Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und Unterbringung wie andere Antragsteller (MVCR 16.8.2016).
Quellen:
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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (16.8.2016), per E-Mail
3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Die Zahl unbegleiteter minderjähriger Asylwerber (UMA) ist in der Tschechischen Republik sehr gering. 2015 haben sechs, 2014 sechs und 2013 zwei UMA Asyl beantragt. Sowohl die Bestimmungen des Gesetztes über den sozialen und rechtlichen Schutz von Kindern als auch des Asylgesetzes enthalten Regelungen, um ausreichenden Schutz für UMA zu gewährleisten (EPP 21-22.10.2015).
UMA werden zuerst zur Polizei gebracht und dann wird das Innenministerium verständigt, welches das erste Interview durchführt (Nidos/Caritas International/France Terre d'Asile 1.2015). Laut Asylgesetz beantragt das Innenministerium beim zuständigen Gericht die Bestellung eines gesetzlichen Vormunds, welcher den UMA während des Asylverfahrens vertritt (EPP 21-22.10.2015). Die Vormundschaft wird von einem Mitarbeiter der NGO Organizace Pro Pomoc Uprchlíkúm (OPU) übernommen (Nidos/Caritas International/France Terre d'Asile 1.2015).
Bei Zweifeln am Alter des Antragstellers kann das Innenministerium eine medizinische Altersfeststellung beantragen. Wenn der UMA die Untersuchung verweigert, wird er als Erwachsener behandelt. Die Altersfeststellung wird in der Regel in einem Krankenhaus mittels Handgelenksröntgen durchgeführt (EPP 21-22.10.2015).
UMA werden in einer Einrichtung für Kinder ausländischer Staatsangehöriger in Prag untergebracht (Nidos/Caritas International/France Terre d'Asile 1.2015; vgl. OPU o.D.). Dort bietet die NGO Organisation for Aid to Refugees (OPU) einmal pro Woche kostenlose soziale und rechtliche Beratung an. Weiters kann OPU je nach Bedarf psychologische Hilfe und Dolmetscher vermitteln und betreibt eine 24/7-Hotline für UMA. Derzeit ist OPU die einzige NGO, die sich für UMA und die Verbesserung ihrer Betreuungssituation einsetzt (OPU o.D.).
Beim Zugang zu medizinischer Versorgung sind UMA mit tschechischen Bürgern gleichgestellt. Der Schulbesuch ist für UMA obligatorisch. Bei Bedarf erhalten UMA eine psychologische Betreuung (EPP 21-22.10.2015).
In der Tschechischen Republik werden spezielle Bedürfnisse von vulnerablen Asylwerbern im Interview erhoben. Als Vulnerable gelten UMA, Kinder mit speziellen Bedürfnissen, Opfer von Menschenhandel, Personen mit medizinischen oder psychologischen Bedürfnissen/Traumatisierte und Menschen mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis (EMN 2014). Die Bedürfnisse vulnerabler Personen werden bei der Unterbringung berücksichtigt (AA 11.11.1999).
Quellen:
-
AA - Asylum Act (11.11.1999), Stand: 3.4.2016, http://www.mvcr.cz/mvcren/file/asylum-act.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 11.4.2018
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EPP - Eastern Partnership Panel on Migration and Asylum (21-22.10.2015): Expert meeting on Unaccompanied Minor Asylum Seekers,
http://www.eapmigrationpanel.org/sites/default/files/files/matrix_compilation_umas.pdf, Zugriff 11.4.2018
-
Nidos/Caritas International/France Terre d'Asile (1.2015): Manual and project report - Dublin for Guardians, https://engi.eu/wp-content/uploads/2016/11/Manual-and-project-report-Dublin-for-Guardians.pdf, Zugriff 11.4.2018
-
OPU - Organization for Aid to Refugees (o.D.): Unaccompanied minors,
https://www.opu.cz/en/co-delame/pomoc-nezletilym-bez-doprovodu/, Zugriff 11.4.2018
4. Non-Refoulement
Personen, welche die Bedingungen für internationalen Schutz nicht erfüllen, aber wegen eines Risikos ernster Gefährdung nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, können subsidiären Schutz erhalten (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Czech Republic, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395772.html, Zugriff 11.4.2018
5. Versorgung
Die Tschechische Republik verfügt zur Unterbringung von Asylwerbern über Empfangszentren, Unterbringungszentren und Integrationsasylzentren. Sie alle unterstehen dem tschechischen Innenministerium und werden von der Refugee Facility Administration verwaltet. Zuerst kommen Antragsteller in ein geschlossenes Reception Center (ReC). ReC gibt es in Zastávka u Brna und am Flughafen Prag Ruzyne. Der Aufenthalt ist dort verpflichtend, es erfolgen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung und eine medizinische Untersuchung. Neben der Unterkunft und Verpflegung gibt es in ReC soziale und psychologische Dienste, medizinische Versorgung etc. Danach kommen Asylwerber bis zum rechtskräftigen Ende ihres Verfahrens in ein offenes Residential Center (RC), in dem sie das Recht auf Unterkunft, Verpflegung, rechtliche und psychologische Hilfe usw., sowie ein Taschengeld haben. Sozialarbeit hat einen hohen Stellenwert. RC gibt es in folgenden Gemeinden: Kostelec nad Orlicí und Havírov. Wenn Asylwerber über Finanzmittel über dem Existenzminimum verfügen, müssen sie sich an den Kosten für Unterkunft und Essen beteiligen. Asylwerber haben unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auch außerhalb des Unterbringungszentrums privat zu wohnen. Schutzsuchende können dann auch, wiederum unter bestimmten Bedingungen, für 3 Monate finanzielle Zuwendungen erhalten (MVCR 5.8.2016; vgl. RFA o.D., NIEM 12.2017). Die Bedürfnisse vulnerabler Personen werden bei der Unterbringung berücksichtigt (AA 11.11.1999). Es gibt darüber hinaus noch drei Schubhafteinrichtungen in Belá pod Bezdezem, Vyšní Lhoty und Balková (RFA o.D.; vgl. NIEM 12.2017).
Die Höhe des Taschengeldes liegt in den Zentren in denen Essen bereitgestellt wird, bei 1,20 Euro pro Person und Tag. In den Zentren in denen selbst gekocht werden kann, liegt sie bei 4,50 Euro. Die Qualität der Unterbringung wird alle 6 Monate kontrolliert. Unabhängige Überprüfungen durch den Ombudsmann sowie das Gesundheitsamt sind möglich. Tschechien verfügt über etwa 673 Unterbringungsplätze, inklusive jener für Vulnerable und UMA. In den Empfangszentren gibt es Büchereien, Interneträume, Sportplätze, Gelegenheiten zur künstlerischen, handwerklichen und musischen Betätigung, Bereiche für Kinder und Basis-Sprachkurse. In den offenen Unterbringungszentren gibt es zusätzlich Möglichkeiten außerhalb der Zentren, wie etwa Ausflüge (EMN 2014). Nach Ablauf von sechs Monaten ab Antragstellung, haben Asylwerber legalen Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie über eine gültige Arbeitserlaubnis der regionalen Niederlassung des Arbeitsmarktservices der Tschechischen Republik verfügen (MVRC 7.3.2017).
Quellen:
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AA - Asylum Act (11.11.1999), Stand: 3.4.2016, http://www.mvcr.cz/mvcren/file/asylum-act.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (5.8.2016): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx?q=Y2hudW09Mw%3D%3D, Zugriff 11.4.2018
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (7.3.2017): Information for employers,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/information-for-employers.aspx, Zugriff 11.4.2018
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NIEM - National Integration Evaluation Mechanism (12.2017): Asylum seekers and beneficiaries of international protection in V4 countries,
https://www.clovekvtisni.cz/media/publications/876/file/v4niem-repot-cz-hu-pl-sk-complete.pdf, Zugriff 11.4.2018
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RFA - Refugee Facilities Administration (o.D.): Facilities aministered by RFA of the Ministry of the Interior, http://www.suz.cz/en/, Zugriff 11.4.2018
5.1. Medizinische Versorgung
Asylwerber genießen die Leistungen des öffentlichen Krankenversicherungssystems (MVCR o.D.b).
Das tschechische Finanzministerium bezahlt die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge für bestimmte Gruppen wirtschaftlich inaktiver Personen, darunter auch Asylwerber (HiT 2015).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
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HiT - European Observatory on Health Systems and Policies: Health Systems in Transition, Vol. 17 No. 1 2015; Czech Republic, Health system review, 2015,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1441871505_czech-hit.pdf, Zugriff 11.4.2018
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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
Die Anträge auf internationalen Schutz seien zurückzuweisen, weil gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO Tschechien für die Prüfung der Anträge zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Parteien ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die beschwerdeführenden Parteien in Tschechien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgung ausgesetzt gewesen wären oder dies künftig zu erwarten hätten. Soweit die Erstbeschwerdeführerin die Befürchtung geäußert hätte, in Tschechien von Bekannten ihres Vaters gefunden zu werden, habe sie hierdurch keine konkrete Verfolgungsgefahr aufgezeigt und lasse sich ihren Angaben selbst im Falle des tatsächlichen Vorliegens einer Gefährdung keinesfalls mangelnder Schutzwille oder mangelnde Schutzfähigkeit des tschechischen Staates entnehmen. Die Erstbeschwerdeführerin hätte jedenfalls die zumutbare Möglichkeit, sich an die dortigen Polizeibehörden zu wenden. Auch aus medizinischer Sicht seien keine Überstellungshindernisse gegeben, da die Erstbeschwerdeführerin bezüglich ihrer HIV-Infektion sowie den weiters vorliegenden gesundheitlichen Problemen jedenfalls in Tschechien eine adäquate medizinische Versorgung erhalten könnte. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer sei gesund. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, da die BeschwerdeführerInnen lediglich Familienbindungen untereinander im Bundesgebiet hätten und ihre (kurze) Aufenthaltsdauer kein relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens begründe, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.
Die angeführten Bescheide wurden der Erstbeschwerdeführerin nachweislich am 31.07.2018 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.
3. Gegen die dargestellten Bescheide richtet sich die mit für die Erstbeschwerdeführerin und den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer gleichlautendem Schriftsatz vom 09.08.2018 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher beantragt wurde, die angefochtenen Bescheide zu beheben, die Verfahren in Österreich in Ausübung des Selbsteintrittsrechts zuzulassen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde im Wesentlichen auf einen europa- und fremdenfeindlichen Kurs der tschechischen Regierung hingewiesen, vor dessen Hintergrund die von der Behörde angenommene Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden in Bezug auf die von der Erstbeschwerdeführerin vorgebrachte Gefährdung durch ihren Vater anzuzweifeln wäre.
Der Beschwerde beiliegend übermittelt wurden ein Internetausdruck eines Nachrichtenberichts vom 26.12.2015, demzufolge der Präsident der Tschechischen Republik die Flüchtlingsbewegung als "organisierte Invasion" bezeichnet hätte sowie Teile der großteils bereits zu einem früheren Zeitpunkt in Vorlage gebrachten und durch das Bundesamt übersetzten russischen respektive georgischen Unterlagen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter und gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers, mit welchem gemeinsam sie im Jänner 2018 auf dem Luftweg über Tschechien in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten eingereist ist. Nach kurzzeitigem Aufenthalt begaben sich die beschwerdeführenden Parteien nach Österreich und suchten am 05.02.2018 um die Gewährung internationalen Schutzes an. Für sie wurde jeweils ein von 29.01.2018 bis 19.02.2018 gültiges Visum der Kategorie C vom tschechischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in Moskau ausgestellt.
Das BFA richtete am 08.02.2018 ein die BeschwerdeführerInnen betreffendes Aufnahmegesuch an Tschechien, welchem die tschechischen Behörden mit am 06.04.2018 eingelangtem Schreiben gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Tschechien an.
Konkrete, in den Personen der beschwerdeführenden Parteien gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.
Die Erstbeschwerdeführerin ist HIV-positiv und leidet seit der diesbezüglichen Diagnose im Jahr 2014 an Schlafstörungen. Zudem befand sich die Erstbeschwerdeführerin im Bundesgebiet in zahnärztlicher, gynäkologischer sowie dermatologischer Behandlung, wobei sich den diesbezüglich vorgelegten Befunden keine schwerwiegende Erkrankung entnehmen lässt. Beim minderjährigen Zweitbeschwerdeführer liegt keine schwerwiegende oder gar lebensbedrohliche Erkrankung vor. Er wurde am 22.06.2018 aufgrund eines unspezifischen resp. Infekts sowie Gastroenteritis (Magen-Darm-Grippe) ambulant behandelt.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie der gültigen Schengen-Visa ergeben sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Rahmen der Einvernahmen im Zusammenhalt mit - in den Verwaltungsakten dokumentierten - Auskünften aus dem VIS-System des Bundesministeriums für Inneres vom 05.02.2018.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der beschwerdeführenden Parteien seitens Tschechiens leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt den Verwaltungsakten ein - zwischen der österreichischen und der tschechischen Dublin-Behörde ab.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seinen Entscheidungen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Tschechien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Die BeschwerdeführerInnen sind der Richtigkeit dieser Feststellungen nicht auf entsprechendem fachlichem Niveau entgegengetreten. Soweit in der Beschwerde ein europa- und fremdenfeindlicher Kurs der tschechischen Regierung angesprochen wird, sind die getroffenen Ausführungen in Zusammenschau mit dem gleichzeitig übermittelten Nachrichtenbericht aus Dezember 2015 nicht zur Begründung der Annahme geeignet, dass Tschechien im gegenständlichen Fall eine gegen die geltende Rechtslage verstoßende Haltung einnehmen oder sich seiner Verantwortung gegenüber in Tschechien aufhältigen Asylwerbern entziehen würde. Im Übrigen hat sich Tschechien ausdrücklich zu einer Aufnahme der beschwerdeführenden Parteien bereiterklärt.
Soweit die Erstbeschwerdeführerin vorgebracht hat, sie fürchte, in Tschechien von ihrem Vater gefunden zu werden, zumal selbiger dort Bekannte und Verwandte hätte, hat bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zutreffend darauf hingewiesen, dass die Erstbeschwerdeführerin durch dieses Vorbringen keine konkrete Gefährdung ihrer Person aufgezeigt hat. Selbst wenn die Erstbeschwerdeführerin tatsächlich einer Gefährdung durch ihren Vater unterliegen würde, stünde es dieser offen, allfällige strafrechtswidrige Handlungen durch ihren Vater bei den Sicherheitsbehörden der Tschechischen Republik zur Anzeige zu bringen und die dortigen staatlichen Schutzmechanismen in Anspruch zu nehmen. Die Erstbeschwerdeführerin hat zu keinem Zeitpunkt aufgezeigt, dass der tschechische Staat in Bezug auf Übergriffe von privater Seite generell respektive im konkreten Fall der Erstbeschwerdeführerin keine Schutzfähigkeit oder Schutzwilligkeit aufweisen würde. Soweit in der Beschwerdeschrift unter Hinweis auf die politische Entwicklung in der Tschechischen Republik angezweifelt wurde, dass sich die dortigen staatlichen Organe um derartige Dinge "kümmern" würden, stellt sich dieses Vorbringen als bei weitem zu vage dar, um eine speziell die beschwerdeführenden Parteien betreffende maßgebliche Gefährdungslage konkret aufzuzeigen.
Die Feststellungen bezüglich des Gesundheitszustandes der Erstbeschwerdeführerin sowie der in Österreich (bzw. vormals in der Russischen Föderation und Georgien) durchgeführten medizinischen Behandlungen ergeben sich aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen in Zusammenschau mit ihren eigenen Angaben.
Zu den seitens der Erstbeschwerdeführerin vorgelegten (im Zuge der Beschwerdeeinbringung teils nochmals übermittelten) medizinischen Unterlagen aus der Russischen Föderation sowie Georgien ist festzuhalten, dass diese durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer Übersetzung ins Deutsche zugeführt worden sind und zusammengefasst Auskunft über die Krankengeschichte der Erstbeschwerdeführerin geben, jedoch mit Ausnahme der auch in diesen dokumentierten HIV-Infektion, keinen Hinweis auf einen gegenwärtig vorliegenden Krankheitszustand/Behandlungsbedarf enthalten.
Aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 20.06.2018 in Zusammenschau mit den in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen ergibt sich nicht, dass diese aktuell an einem schwerwiegenden oder akut lebensbedrohlichen Krankheitszustand leidet, welcher einer Überstellung in den Nachbarstaat Tschechien per se entgegenstehen würde. Die Erstbeschwerdeführerin befand sich in Österreich nicht in stationärer Behandlung und es sind gegenwärtig keine unaufschiebbaren medizinischen Behandlungen geplant. Entgegenstehendes wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet. Wie vom Bundesamt unter Verweis auf die getroffenen Länderfeststellungen weiters aufgezeigt, besteht für die Erstbeschwerdeführerin in Tschechien ebenfalls Zugang zu medizinischer Versorgung, zumal sie dort als Asylwerberin Leistungen des öffentlichen Krankenversicherungssystems genießt. Auch bei der Unterbringung wird auf die Bedürfnisse vulnerabler Personen Bedacht genommen. Durch die Erstbeschwerdeführerin respektive ihren bevollmächtigten Vertreter wurde zudem zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass die Erstbeschwerdeführerin oder ihr minderjähriger Sohn in Tschechien keinen Zugang zu einer notwenigen medizinischen Behandlung haben würde. Der Umstand des Nichtvorliegens schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen beim Zweitbeschwerdeführer ergibt sich aus dem bezugnehmenden Vorbringen seiner gesetzlichen Vertreterin und den in Vorlage gebrachten ärztlichen Unterlagen vom 22.06.2018.
Die Feststellung betreffend das Nichtvorliegen ausgeprägter privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der beschwerdeführenden Parteien in Österreich basiert auf den eigenen Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin. Soweit die Erstbeschwerdeführerin einen in Österreich lebenden Cousin sowie einen Onkel erwähnt hat, ist festzuhalten, dass sie zu den Genannten eigenen Angaben zufolge nicht in Kontakt steht, sodass bereits vor diesem Hintergrund das Vorliegen einer schützenswerten familiären oder privaten Beziehung zu verneinen ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:
KAPITEL II
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien
für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 12
Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den