Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des P A in G, vertreten durch Mag. Martin Sauseng, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Mai 2018, Zl. W105 2179142- 1/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 24. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinem Fluchtgrund befragt, brachte er vor, es sei in seiner Herkunftsregion immer wieder zu Angriffen durch die Taliban gekommen. Die Taliban würden ihn töten wollen, da sein Vater und sein Bruder für die Amerikaner gearbeitet hätten.
2 Mit Bescheid vom 19. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen uns Asyl (BFA) den Antrag vollinhaltlich ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für eine freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Mai 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebracht en Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht, die Beweiswürdigung des Erkenntnisses sei im Zusammenhang mit den herangezogenen Länderfeststellungen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden. Das BVwG stütze sich in Bezug auf die innerstaatliche Fluchtalternative ausschließlich auf ein Gutachten von Mag. M. Diesem habe das BVwG fälschlicherweise eine erhöhte Beweiskraft zuerkannt. Diese Begründung würde von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen und sei somit definitiv einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich. Die Relevanz des genannten Verfahrensmangels sei dadurch gegeben, dass die in der Beschwerde eingebrachten Länderberichte von internationalen Organisationen zur Sicherheitslage in Kabul ein gerade andersgelagertes Bild zur Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative darstellen würden.
8 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 5.4.2018, Ra 2017/19/0538, mwN).
10 Im vorliegenden Fall vermag die Revision eine unvertretbare Beweiswürdigung nicht aufzuzeigen. Soweit sie eine solche in Zusammenhang mit den länderkundlichen Gutachten behauptet, ist ihr entgegen zu halten, dass sich das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung der allgemeinen Begebenheiten in Afghanistan nicht nur auf das - von der Revision als grob mangelhaft angesehene - Gutachten von Mag. M., sondern auch tragend auf Länderberichte gestützt hat, denen die Revision nicht überzeugend entgegen getreten ist (vgl. etwa VwGH 5.4.2018, Ra 2017/19/0538; VwGH 6.6.2018, Ra 2018/01/0239, beide mwN). Darüber hinaus legt die Revision aber auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar. Die Revision vermag - auch durch die in der Beschwerde vorgelegten Länderberichte, auf die in der Revision Bezug genommen wird - nicht aufzuzeigen, dass das BVwG bei der Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den Revisionswerber insbesondere in Kabul im angefochtenen Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Die Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative, bei der die allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und die persönlichen Umstände des Asylwerbers als anzuwendender Maßstab zu berücksichtigen sind, ist letztlich eine Entscheidung im Einzelfall (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2018/20/0096).
11 Im vorliegenden Fall wirft die Einschätzung des BVwG, dass der Revisionswerber als 20-jähriger, gesunder, anpassungs- und arbeitsfähiger Mann mit zehnjähriger Schulausbildung und sozialen Anknüpfungspunkten in Afghanistan aufgrund der aufgezeigten Umstände des Einzelfalls insbesondere in Kabul im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes eine zumutbare innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative vorfinde, keine grundsätzliche Rechtsfrage auf (vgl. zB VwGH 27.6.2018, Ra 2018/18/0269; 8.9.2016, Ra 2016/20/0063).
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 10. September 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190386.L00Im RIS seit
19.10.2018Zuletzt aktualisiert am
22.10.2018